VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGer 2C_451/2021  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Bearbeitung, zuletzt am 25.06.2021, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
BGer 2C_451/2021 vom 09.06.2021
 
[img]
 
 
2C_451/2021
 
 
Urteil vom 9. Juni 2021
 
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Seiler, Präsident,
 
Gerichtsschreiber Businger.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________ AG,
 
Beschwerdeführerin,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Hanspeter Kaspar,
 
gegen
 
Wettbewerbskommission,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Publikation des Schlussberichts des Sekretariats
 
der WEKO im Verfahren 32-0246,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung II,
 
vom 16. April 2021 (B-4139/2015).
 
 
Erwägungen:
 
 
1.
 
1.1. Nachdem beim Sekretariat der Wettbewerbskommission (WEKO) eine Anzeige gegen die B.________ AG eingegangen war, eröffnete es am 30. August 2012 eine Vorabklärung gegen die A.________ AG zur Prüfung, ob Anhaltspunkte für einen allfälligen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung der B.________ AG im Bereich der TV-Vermarktung und/oder Radiowerbevermittlung im Sinn von Art. 7 des Bundesgesetzes über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz; KG; SR 251) bestehen.
 
1.2. Mit Schlussbericht vom 12. November 2014 stellte das Sekretariat das Verfahren ein. Mit Schreiben vom 24. November 2014 übermittelte es den Bericht der A.________ AG und informierte diese darüber, dass es den Schlussbericht in der Schriftenreihe "Recht und Politik des Wettbewerbs" (RPW) zu publizieren beabsichtige. Die A.________ AG habe deshalb mitzuteilen, ob der Bericht Geschäftsgeheimnisse enthalte, die vor der Veröffentlichung abzudecken seien. In der Folge kam es zwischen dem Sekretariat und der A.________ AG zu keiner Einigung bezüglich der Frage, ob und in welcher Form der Schlussbericht zu veröffentlichen sei. Deshalb verfügte das Sekretariat zusammen mit einem Mitglied des Präsidiums der WEKO am 27. Mai 2015, dass der Schlussbericht des Sekretariats vom 12. November 2014 in der Version gemäss Anhang veröffentlicht werde.
 
1.3. Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das Bundesverwaltungsgericht am 16. April 2021 teilweise gut. Es hob die Publikationsverfügung vom 27. Mai 2015 insoweit auf, als sie eine Veröffentlichung des Schlussberichts in der Version vorsehe, die sich im Anhang der Verfügung befinde. Zudem hob es die vorinstanzliche Verlegung der Verfahrenskosten auf. Im Übrigen wies es die Beschwerde ab, soweit es auf sie eintrat und sie nicht gegenstandslos geworden war (Ziff. 2.1). Es untersagte der Vorinstanz, den Schlussbericht in der genannten Version zu veröffentlichen (Ziff. 2.2) und wies die Sache zu weiterer Schwärzung und Anonymisierung des Schlussberichts im Sinn der Erwägungen sowie zur Neuverlegung der Kosten- und Entschädigungsfolgen an die Vorinstanz zurück (Ziff. 2.3).
 
1.4. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 28. Mai 2021 beantragt die A.________ AG dem Bundesgericht, das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts sei insoweit aufzuheben, als es die Veröffentlichung des Schlussberichts in geschwärzter Form im Sinne der Erwägungen zulasse. Auch die vorinstanzlichen Kosten- und Entschädigungsfolgen seien aufzuheben und es sei die Nichtigkeit der Publikationsverfügung vom 27. Mai 2015 festzustellen. Weiter sei der WEKO zu untersagen, den Schlussbericht vom 12. November 2014 zu publizieren, eventualiter sei der Schlussbericht unter Weglassung der streitigen Passagen zu publizieren, subeventualiter sei der Schlussbericht mit einer vollen Gegendarstellung zu publizieren. Schliesslich sei der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu erteilen. Das Bundesgericht hat keine Instruktionsmassnahmen verfügt. Mit dem vorliegenden Entscheid in der Sache wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos.
 
 
2.
 
2.1. Das Bundesgericht hat sich im Urteil 2C_250/2019 vom 17. Juli 2020 eingehend mit einem Rückweisungsentscheid betreffend eine Publikationsverfügung befasst. In jenem Fall hob das Bundesverwaltungsgericht die Publikationsverfügung teilweise auf und wies die Sache zu weiterer Schwärzung und Anonymisierung des Schlussberichts im Sinn der Erwägungen sowie zur Neuverlegung der Kosten- und Entschädigungsfolgen an die WEKO zurück. Das Bundesgericht erwog, dass der Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts einen Zwischenentscheid darstelle, da der WEKO bei der Umsetzung ein Ermessensspielraum verbleibe. Weil die Voraussetzungen zur Anfechtung eines Zwischenentscheids nach Art. 93 Abs. 1 BGG nicht erfüllt seien, könne auf die Beschwerde nicht eingetreten werden.
 
2.2. Im vorliegenden Fall hat das Bundesverwaltungsgericht in E. 5.4 des angefochtenen Urteils die von der WEKO nachträglich in Aussicht gestellten Anonymisierungen, Pseudonymisierungen bzw. Unkenntlichmachungen aufgeführt und in E. 5.5 in Bezug auf die von der Beschwerdeführerin beantragten Schwärzungen festgehalten, welche Aussagen Geschäftsgeheimnisse betreffen und deshalb zu schwärzen seien. Insofern besteht in diesem Bereich kein Ermessensspielraum mehr. In Bezug auf die Anonymisierung hat die Vorinstanz ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin als privates Interesse neben der Wahrung ihres Geschäftsgeheimnisses lediglich dasjenige an ihrem guten Ruf geltend mache. Das öffentliche Interesse überwiege allerdings das private, folglich "dürfen die Personendaten ausserhalb des Begriffs des Geschäftsgeheimnisses soweit erforderlich in anonymisierter Form publiziert werden" (vgl. E. 6.6 des angefochtenen Urteils). Vor diesem Hintergrund hat die Vorinstanz in E. 9.2 erwogen, dass die WEKO im Schlussbericht neben den vorher erwähnten Anpassungen "allfällige weitere angemessene Anonymisierungen und/oder Pseudonymisierungen vorzunehmen" habe, womit ihr ein Ermessensspielraum bei der Umsetzung des angefochtenen Urteils verbleibt. Folglich ist der Rückweisungsentscheid als Zwischenentscheid zu qualifizieren, was auch von der Beschwerdeführerin nicht bestritten wird.
 
 
3.
 
3.1. Nach Art. 93 Abs. 1 BGG ist gegen selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide die Beschwerde zulässig, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (lit. a) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (lit. b). Die beschwerdeführende Partei hat darzulegen, dass eine dieser beiden Voraussetzungen erfüllt ist, es sei denn, deren Vorliegen springe geradezu in die Augen (BGE 142 V 26 E. 1.2).
 
3.2. Die Beschwerdeführerin bringt vor, ihr erwachse aus dem angefochtenen Urteil ein nicht wieder gutzumachender Nachteil. Der Schlussbericht unterstelle sie de facto der Missbrauchskontrolle und der Meldepflicht nach Art. 9 Abs. 4 KG. Ferner erhöhe die Publikation die Möglichkeit von ungerechtfertigten Schadenersatzklagen. Das angefochtene Urteil ermögliche die Publikation des Schlussberichts. Weiter sei die Publikationsverfügung der WEKO nichtig und liefe das Nichteintreten auf die Beschwerde auf einen prozessualen Leerlauf hinaus, weil sie die neue Publikationsverfügung erneut anfechten müsste.
 
3.3. Es kann offengelassen werden, ob die Beschwerdeführerin mit ihren Vorbringen aufzuzeigen vermag, dass ihr aus der Publikation des Schlussberichts ein Nachteil erwachsen könnte. Denn der angefochtene Zwischenentscheid ordnet nicht endgültig die Publikation des Schlussberichts in einer bestimmten Form an. Die WEKO hat in Umsetzung des Rückweisungsentscheids - wobei sie wie erwähnt über einen Ermessensspielraum verfügt (vgl. vorne E. 2.2) - eine neue Publikationsverfügung zu erlassen. Diese kann wiederum beim Bundesverwaltungsgericht und - falls keine weitere Rückweisung erfolgt - danach beim Bundesgericht angefochten werden und die Beschwerdeführerin kann dannzumal ihre Einwände gegen die Publikation vollumfänglich geltend machen, was auch bezüglich der behaupteten Nichtigkeit der Publikationsverfügung gilt. Die geltend gemachten Nachteile in Bezug auf Art. 7 oder 9 KG ergeben sich aus dem Inhalt des Berichts, nicht aus dessen Publikation, die hier einzig Streitgegenstand ist. Folglich bewirkt das angefochtene Urteil offensichtlich keinen nicht wieder gutzumachenden Nachteil. Dieser ergibt sich auch nicht daraus, dass das Verfahren mit dem Rückweisungsentscheid verzögert oder verteuert wird (BGE 136 II 165 E. 1.2.1). Insoweit geht das Argument fehl, dass die erneute Anfechtung der Publikationsverfügung beim Bundesverwaltungsgericht einen prozessualen Leerlauf darstellen könnte.
 
3.4. Zusammenfassend zeigt die Beschwerdeführerin nicht auf, dass das angefochtene Urteil einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken könnte. Die Beschwerde erweist sich deshalb als offensichtlich unzulässig; darauf ist im vereinfachten Verfahren durch den Einzelrichter nicht einzutreten (Art. 108 Abs. 1 lit. a BGG).
 
4.
 
Die Gerichtskosten sind der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
 
 
Demnach erkennt der Präsident:
 
1.
 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung II, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 9. Juni 2021
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Seiler
 
Der Gerichtsschreiber: Businger
 
© 1994-2021 Das Fallrecht (DFR).