BGer 6B_536/2020 | |||
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BGer 6B_536/2020 vom 23.06.2021 | |
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6B_536/2020 |
Urteil vom 23. Juni 2021 |
Strafrechtliche Abteilung | |
Besetzung
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Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, Präsidentin,
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Bundesrichter Denys,
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Bundesrichter Muschietti,
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Bundesrichterin Koch,
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Bundesrichter Hurni,
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Gerichtsschreiberin Lustenberger.
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Verfahrensbeteiligte | |
Eidgenössische Spielbankenkommission ESBK, Eigerplatz 1, 3003 Bern,
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Beschwerdeführerin,
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gegen
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1. A.________,
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2. B.________,
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beide vertreten durch Rechtsanwalt Hans-Jacob Heitz,
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Beschwerdegegner,
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Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8090 Zürich.
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Gegenstand
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Übertretung des Spielbankengesetzes nach Art. 56 Abs. 1 lit. a SBG; Anwendbarkeit der lex mitior,
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Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Strafkammer, vom 19. Februar 2020 (SU190013-O/U/cs).
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Sachverhalt: | |
A.
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A.________ hat zwei Spielautomaten, auf denen Glücksspiele installiert waren, erworben und diese vom 20. bis am 24. März 2017 im Restaurant von B.________ - und damit ausserhalb einer konzessionierten Spielbank - aufgestellt und eingerichtet. B.________ stellte sein Lokal zur Verfügung, um die Spielautomaten einer unbeschränkten Anzahl potentieller Spieler zugänglich zu machen und hätte dafür von A.________ Fr. 600.-- monatlich erhalten sollen.
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B.
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Mit Strafverfügung vom 17. Oktober 2018 erklärte die Eidgenössische Spielbankenkommission ("ESBK") A.________ und B.________ der Organisation von Glücksspielen ausserhalb konzessionierter Spielbanken schuldig. Nachdem beide Beschuldigte die gerichtliche Beurteilung verlangt hatten, wurden sie mit Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 5. März 2019 wegen Übertretung gegen das Bundesgesetz vom 18. Dezember 1998 über Glücksspiele und Spielbanken (Spielbankengesetz, SBG; SR 935.52) zu Bussen von Fr. 2'000.-- (A.________) und Fr. 1'400.-- (B.________) verurteilt.
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C.
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Auf Berufung der ESBK bestätigte das Obergericht des Kantons Zürich am 19. Februar 2020 das erstinstanzliche Urteil. Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr fiel ausser Ansatz.
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D.
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Gegen dieses Urteil führt die ESBK Beschwerde in Strafsachen vor Bundesgericht. Sie beantragt, das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 19. Februar 2020 sei hinsichtlich der Schuldsprüche, der ausgesprochenen Bussen sowie der zweitinstanzlichen Kostenverlegung aufzuheben und zur Neubeurteilung unter Berücksichtigung von Art. 2 VStrR (SR 313.0) i.V.m. Art. 2 Abs. 2 aStGB an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Erwägungen: | |
1.
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Angefochten ist ein Endentscheid in Strafsachen einer letzten kantonalen Instanz, die als oberes Gericht auf Berufung hin geurteilt hat (Art. 80 und 90 BGG). Die Beschwerdelegitimation der Beschwerdeführerin ergibt sich aus Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 7 BGG i.V.m. Art. 74 Abs. 1 VStR und Art. 57 Abs. 1 SBG bzw. Art. 134 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 29. September 2017 über Geldspiele (Geldspielgesetz, BGS; SR 935.51). Unter Berücksichtigung von Art. 45 Abs. 1, Art. 46 Abs. 1 lit. a und Art. 48 Abs. 1 BGG wurde die Beschwerdefrist (Art. 100 Abs. 1 BGG) gewahrt. Auf die Beschwerde wird eingetreten.
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2. | |
2.1. Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Vorinstanz habe zu Unrecht das alte Recht (SBG) anstelle des neuen (BGS) zur Anwendung gebracht und damit die "lex mitior"-Regel falsch angewendet. Werde eine blosse Übertretung (SBG) zu einem Vergehen (BGS) hochgestuft, so sei im neuen Tatvorwurf zwar grundsätzlich eine Verschärfung zu sehen, die dem Rückwirkungsverbot unterliege. Eine Ausnahme liege nach BGE 134 IV 82 E. 7.2.4 jedoch vor, wenn sich eine (unbedingte) Busse und eine bedingte Geldstrafe gegenüberstünden. Eine solche Ausnahme sei im konkreten Fall gegeben, weshalb das BGS als milderes Recht zur Anwendung gelangen müsse. Indem die Vorinstanz stattdessen das SBG als milderes Recht für anwendbar erkläre, verstosse sie gegen die klare Rechtsprechung des Bundesgerichts.
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2.2. Zur Begründung der Bestimmung der lex mitior wird im vorinstanzlichen Urteil ausgeführt, unter neuem Recht drohe den Beschwerdegegnern eine Bestrafung wegen eines Vergehens, womit ihnen der schwerwiegendere Vorwurf gemacht werde als nach altem Recht, welches das fragliche Verhalten als Übertretung ahnde. Diese Schlussfolgerung stehe im Einklang mit dem vom Gesetzgeber intendierten Zweck, mit Erlass des BGS eine Schärfung der Strafnormen vorzunehmen.
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3. | |
3.1. Am 1. Januar 2019 ist das SBG durch das BGS ersetzt worden. Mit Inkrafttreten des BGS haben sich unter anderem die Strafbestimmungen geändert. Gemäss Art. 56 Abs. 1 lit. a SBG wird mit Haft oder Busse bis zu Fr. 500'000.-- bestraft, wer Glücksspiele ausserhalb konzessionierter Spielbanken organisiert oder gewerbsmässig anbietet. Nach neuem Recht wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer vorsätzlich ohne die dafür nötigen Konzessionen oder Bewilligungen Spielbankenspiele oder Grossspiele durchführt, organisiert oder zur Verfügung stellt (Art. 130 Abs. 1 lit. a BGS).
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3.2. Unbestritten ist, dass die Beschwerdegegner mit ihrem Verhalten den Tatbestand von Art. 56 Abs. 1 lit. a SBG resp. Art. 130 Abs. 1 lit. a BGS erfüllt haben. Die zu beurteilenden Taten spielten sich im März 2017 und damit zeitlich unter der Geltung des alten Rechts ab.
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4. | |
Hat der Täter vor Inkrafttreten eines neuen Gesetzes eine Straftat begangen, erfolgt die Beurteilung aber erst nachher, gelten die Strafbestimmungen des bisherigen Rechts, sofern die Bestimmungen des neuen Rechts für ihn nicht milder sind (Grundsatz der lex mitior, Art. 2 StGB).
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Ob das neue im Vergleich zum alten Gesetz milder ist, beurteilt sich nicht nach einer abstrakten Betrachtungsweise, sondern in Bezug auf den konkreten Fall (Grundsatz der konkreten Vergleichsmethode). Das Gericht hat die Tat sowohl nach altem als auch nach neuem Recht (hypothetisch) zu prüfen und durch Vergleich der Ergebnisse festzustellen, nach welchem der beiden Rechte der Täter besser gestellt ist (BGE 142 IV 401 E. 3.3; 134 IV 82 E. 6.2.1; Urteile 6B_1308/2020 vom 5. Mai 2021 E. 4.2.2; je mit Hinweisen). Die günstigere Rechtslage bestimmt sich dabei nicht nach dem subjektiven Empfinden des Täters, sondern nach objektiven Gesichtspunkten (Grundsatz der Objektivität, BGE 134 IV 82 E. 6.2.2 mit Hinweisen).
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Steht einmal fest, dass die Strafbarkeit des fraglichen Verhaltens unter neuem Recht fortbesteht, sind die gesetzlichen Strafrahmen bzw. Sanktionen zu vergleichen (BGE 134 IV 82 E. 6.2.1; Urteil 6B_310/2014 vom 23. November 2015 E. 4.1.1; je mit Hinweis). In der Rangordnung, die sich aus der Abstufung der Strafarten und der Strafvollzugsmodalitäten ergibt, liegt eine Bewertung des Gesetzgebers, die dem Vergleich zwischen altem und neuem Recht als verbindlicher Massstab zu Grunde zu legen ist. Auszugehen ist daher von einer eigentlichen Kaskadenanknüpfung: (1.) Die Sanktionen (Hauptstrafen) sind nach der Qualität der Strafart zu vergleichen. (2.) Bei gleicher Strafart entscheidet sich der Vergleich aufgrund der Strafvollzugsmodalität. (3.) Bei gleicher Strafart und Strafvollzugsmodalität kommt es auf das Strafmass an. (4.) Bei Gleichheit der Hauptstrafe sind allfällige Nebenstrafen zu berücksichtigen. Erst wenn sich die Entscheidung auf einer Stufe nicht herbeiführen lässt, weil sich im konkreten Fall keine Veränderung der Rechtsfolgen ergibt, ist der Vergleich auf der nächsten Stufe fortzusetzen (BGE 134 IV 82 E. 7.1; Urteil 6B_677/2019 vom 12. Dezember 2019 E. 2.1.2; je mit Hinweisen).
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5.
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Soweit die Beschwerdeführerin aus BGE 134 IV 82 E. 7.2.4 schlussfolgert, eine Busse habe generell als schärfere Sanktion als eine bedingte Geldstrafe zu gelten, kann ihr nicht gefolgt werden.
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5.1. | |
5.1.1. Die von der Beschwerdeführerin angerufene Rechtsprechung erging in Bezug auf diejenigen Bereiche intertemporalen Übergangsrechts, in denen die per 1. Januar 2007 in Kraft getretene Neuordnung des Sanktionensystems eine Rolle spielt (vgl. BGE 134 IV 82 E. 2 und 3). Konkret bezieht sich der in BGE 134 IV 82 E. 7.2.4 vorgenommene Vergleich von Geldstrafe und Busse auf die Konstellation, in der die altrechtliche Busse, wo sie nicht bloss der Sanktionierung von Übertretungen diente, durch die Geldstrafe ersetzt wurde resp. neu als Geldstrafe bezeichnet werden sollte (vgl. Botschaft vom 21. September 1998 zur Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuches, BBl 1999 S. 2017 Ziff. 213.11). In solchen Fällen sind Bussen und Geldstrafen qualitativ gleichwertig, da beide Sanktionen den Täter im Rechtsgut Vermögen treffen. Bei einer bedingten Geldstrafe ist dieser Eingriff jedoch - auch wenn der Geldstrafenbetrag höher liegt als der Bussenbetrag - weniger intensiv, weshalb sie als milder anzusehen ist (BGE 134 IV 82 E. 7.2.4 und 8.3).
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5.1.2. Anders verhält es sich beim Vergleich der Strafbestimmungen des SBG und des BGS. Mit der Einführung des BGS sollte Art. 106 BV ("Geldspiele") umgesetzt und "eine kohärente sowie zweck- und zeitgemässe Regelung des Geldspiels in der Schweiz" geschaffen werden (Botschaft vom 21. Oktober 2015 zum Geldspielgesetz, BBl 2015 S. 8388). Im Zuge dieser Neuordnung wurde die Terminologie der Strafbestimmungen nachträglich an den per 1. Januar 2007 in Kraft getretenen allgemeinen Teil des StGB angepasst (BBl 2015 S. 8497 Ziff. 2.10). Von dieser reinen Anpassung der Begrifflichkeiten (vgl. E. 5.1.1 hiervor) zu unterscheiden sind diejenigen Bestimmungen, bei denen der Gesetzgeber gezielt eine Strafschärfung vorsah und altrechtliche Übertretungen bewusst zu Vergehen oder gar Verbrechen hochstufte, wie dies bei den vorliegend interessierenden Art. 56 Abs. 1 lit. a SBG und Art. 130 Abs. 1 lit. a BGS der Fall ist. Die in BGE 134 IV 82 E. 7.2.4 begründete Rechtsprechung lässt sich deshalb nicht ohne Weiteres auf die vorliegende Konstellation, in der mit dem Übergang von Busse zu Geldstrafe nicht unerhebliche inhaltliche Anpassungen einhergehen, übertragen. Sie ist in ihrer Absolutheit je nach Fallkonstellation zu relativieren.
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5.1.3. Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich somit von anderen Fällen, in welchen das Bundesgericht jüngst auf BGE 134 IV 82 E. 7.2.4 Bezug nahm. Im Urteil 6B_1309/2020 vom 2. Juni 2021 E. 1 hatte es darüber zu befinden, ob die Vorinstanz das Verbot der reformatio in peius verletzt hatte, indem sie den Beschwerdeführer anstatt mit einer bedingten Geldstrafe von 45 Tagessätzen zu Fr. 50.-- und einer Verbindungsbusse von Fr. 450.-- (so die Strafe gemäss erstinstanzlichem Urteil) mit einer bedingten Geldstrafe von 54 Tagessätzen zu Fr. 90.-- bestrafte. In diesem Fall hatte bereits die erste Instanz einen Schuldspruch wegen eines Vergehens verhängt. Es kam folglich nicht zu einer Verschärfung der massgeblichen Deliktsart (vgl. E. 5.2.1 ff. hiernach), weshalb sich die Anwendung der in BGE 134 IV 82 E. 7.2.4 begründeten Rechtsprechung rechtfertigte. Gleiches gilt für die bundesgerichtlichen Erwägungen im Urteil 6B_903/2020 vom 10. März 2021 E. 7.2 ff. Auch dort hatte die Erstinstanz den Beschwerdeführer wegen eines Vergehens schuldig erklärt und nebst einer bedingten Geldstrafe eine Verbindungsbusse ausgesprochen. Die Vorinstanz erhöhte im Berufungsverfahren die Busse und damit den unbedingt zu bezahlenden Teil der Strafe von Fr. 300.-- auf Fr. 500.--, worin das Bundesgericht eine Verletzung des Verschlechterungsverbots erblickte.
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5.2. Stehen sich wie hier eine Geldstrafe und eine Übertretungsbusse gegenüber, ist letztere als mildere Sanktion zu werten.
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5.2.1. Dies ergibt sich bereits aus der Systematik des Gesetzes, die verschiedene Straftatkategorien (Verbrechen, Vergehen und Übertretungen) kennt, wobei die Strafen mit diesen drei Deliktstypen korrelieren. Die Geldstrafe dient der Ahndung von Vergehen (Art. 10 Abs. 3 StGB). Bei ihrer Einführung sollte sie (zumindest) im unteren Sanktionenbereich gleichwertig an die Stelle von insbesondere kurzen Freiheitsstrafen treten und "mehr als eine blosse Busse sein" (BGE 134 IV 60 E. 4.3 und 5.2 mit Hinweisen). Demgegenüber werden Übertretungen und damit geringfügige Delikte mit Busse geahndet (Art. 103 StGB). Den Charakter von Übertretungen bringt das Gesetz verschiedentlich zum Ausdruck: So werden der unrechtmässige Bezug von Leistungen einer Sozialversicherung oder der Sozialhilfe (Art. 148a Abs. 2 StGB) genauso wie die Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase ohne verbrecherische Absicht (Art. 225 Abs. 2 StGB) "in leichten Fällen" - so der Wortlaut der jeweiligen Bestimmung - mit Busse bestraft. Ebenfalls "nur" eine Busse droht bei einer Tätlichkeit (Art. 126 StGB), einem geringfügigen Vermögensdelikt (Art. 172ter Abs. 1 StGB), sexueller Belästigung (Art. 198 StGB) oder zum Teil bei fahrlässiger anstatt vorsätzlicher Begehung einer Tat (Art. 219, Art. 235 Ziff. 1 und 2, Art. 236 Abs. 1 und 2, Art. 243, Art. 317, Art. 318 und Art. 322bis StGB). Ist nun die Busse die gesetzlich vorgesehene Sanktion für die Deliktskategorie der Übertretungen, bei welcher der Eingriff in das betroffene Rechtsgut am geringsten ist, folgt daraus der logische Schluss, dass die Busse innerhalb des Sanktionensystems als mildeste Sanktion konzipiert ist (so auch STEFAN HEIMGARTNER, in: Basler Kommentar, Strafrecht, 4. Aufl. 2020, N. 13 zu Vor Art. 103 StGB mit Hinweis).
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Darüber hinaus sind Versuch und Gehilfenschaft bei Übertretungen nur in den vom Gesetz ausdrücklich bestimmten Fällen strafbar (Art. 105 Abs. 2 StGB). Strafprozessuale Zwangsmassnahmen dürfen oftmals nur bei Verbrechen und Vergehen, nicht jedoch bei Übertretungen angeordnet werden; so etwa die Untersuchungshaft (Art. 221 Abs. 1 StPO), die DNA-Analyse (Art. 255 Art. 1 StPO), die Observation (Art. 282 Abs. 1 lit. a StPO), die Überwachung von Bankbeziehungen (Art. 284 StPO) oder die verdeckte Ermittlung und Fahndung (Art. 286 Abs. 2 und Art. 298b Abs. 1 lit. a StPO). Ebenso sind gemäss Art. 105 Abs. 3 StGB freiheitsentziehende Massnahmen nach Art. 59-61 und Art. 64 StGB, das Tätigkeitsverbot nach Art. 67 StGB, das Kontakt- und Rayonverbot nach Art. 67b StGB und die Veröffentlichung des Urteils bei diesem Deliktstypus nur in gesetzlich ausdrücklich vorgesehenen Fällen zulässig (Art. 68 StGB). Eine Landesverweisung wegen einer Übertretung ist ausgeschlossen (Art. 105 Abs. 1, Art. 66a und Art. 66abis StGB). Daraus erhellt, dass der Tatvorwurf eines Vergehens ungleich schwerer wiegt als derjenige einer Übertretung.
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5.2.2. Im Weiteren sieht das Gesetz für Busse und Geldstrafe verschiedene Strafvollzugsmodalitäten vor. Nebst der Freiheitsstrafe ist nur die Geldstrafe, nicht aber die Busse dem bedingten Vollzug zugänglich (Urteile 6B_1309/2020 vom 2. Juni 2021 E. 1.3.3; 6B_903/2020 vom 10. März 2021 E. 7.2.2). Die Vollzugsform wird allein entsprechend den Bewährungsaussichten des Täters bestimmt (Art. 42 Abs. 1 StGB; BGE 134 IV 1 E. 4). Bei Ausfällen einer bedingten Strafe kann das Gericht für die Dauer der Probezeit gestützt auf Art. 44 Abs. 2 StGB Bewährungshilfe anordnen und dem Verurteilten Weisungen, namentlich in Bezug auf Beruf, Wohnort, das Führen eines Motorfahrzeugs, den Schadenersatz oder ärztliche und psychologische Betreuung erteilen (Art. 94 StGB; BGE 130 IV 1 E. 2.1; Urteil 6B_173/2018 vom 5. Juli 2018 E. 2.2.4 mit Hinweisen). Oftmals greifen derartige Weisungen merklich stärker in die persönliche Freiheit des Betroffenen ein als der durch eine Busse bewirkte Konsumverzicht, was für die erhöhte Strenge der Geldstrafe spricht.
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Bewährt sich der zu einer bedingten Strafe verurteilte Täter sodann nicht, hat das Gericht den Widerruf der Strafe zu prüfen (Art. 46 Abs. 1 StGB). Falls der Täter aufgrund eines solchen Widerrufs die vom Erstgericht bedingt ausgesprochene Geldstrafe doch zu bezahlen hat, entschiede - folgt man dem Standpunkt der Beschwerdeführerin - nachträglich die Vollzugsform über die Schwere der Sanktion, da sich die Busse im Rückblick unter Umständen als günstiger herausstellen würde. Die lex mitior ist jedoch bereits im Urteil des Erstgerichts festzulegen. Die von der Beschwerdeführerin vertretene Ansicht würde zu Ergebnissen führen, die vom Gesetzgeber nicht gewollt sein können.
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5.2.3. Nebst dem hat die Verurteilung wegen eines Vergehens zwingend einen Eintrag im Strafregister zur Folge (Art. 366 Abs. 2 lit. a StGB), während ein solcher Eintrag bei Übertretungen die Ausnahme darstellt (Art. 366 Abs. 2 lit. b StGB i.V.m. Art. 3 Abs. 1 lit. c und d der Verordnung vom 29. September 2006 über das Strafregister [VOSTRA-Verordnung; SR 331]). In diesem Punkt hat ein Schuldspruch wegen eines Vergehens für den Betroffenen somit direkt wahrnehmbare Konsequenzen, ja eine eigentliche Prangerfunktion, wogegen eine Übertretung mit der Bezahlung der Busse in den meisten Fällen abgegolten und abgeschlossen ist.
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5.2.4. Eine weitere Inkohärenz in der von der Beschwerdeführerin vertretenen Auffassung zeigt sich schliesslich im allfällig durch einen Beschuldigten angestrebten Berufungsverfahren. Beantragt er einen Schuldspruch wegen einer Übertretung anstelle eines Vergehens - so etwa wegen einfacher anstatt wegen grober Verkehrsregelverletzung - und dringt er damit im Berufungsverfahren durch, ohne dass die Staatsanwaltschaft Anschlussberufung erhoben hat, zieht die Ansicht der Beschwerdeführerin, wonach die Busse generell strenger ist als die bedingte Geldstrafe, nicht lösbare Widersprüche nach sich. Denn eine Bestrafung mit einer Busse, verstanden als härtere Sanktion, würde gegen das Verbot der reformatio in peius (Art. 391 Abs. 2 StPO) verstossen, weshalb der Beschuldigte, da eine anderweitige gesetzlich nicht vorgesehene Strafe nicht verhängt werden kann, straflos bleiben müsste. Dass solche unbefriedigenden Rechtsfolgen nicht Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung sein können, liegt auf der Hand.
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5.2.5. Wie vom Bundesgericht in früheren Urteilen festgehalten (BGE 144 IV 217 E. 2.3.1; Urteile 6B_756/2018 vom 15. November 2018 E. 2.4; 6B_323/2010 vom 23. Juni 2010 E. 2.2; je mit Hinweisen) und wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, sind Bussen (im Geldsummensystem) und Geldstrafen (im Tagessatzsystem) keine gleichartigen Strafarten. Damit bewirkt ein übergangsrechtlicher Wechsel von Übertretung zu Vergehen einen Wechsel in der Strafart, in der die Busse als die mildere Strafart zu gelten hat.
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Gemäss der in BGE 134 IV 82 E. 7.1 festgelegten Rangordnung beurteilt sich die lex mitior in einem ersten Schritt nach der einschlägigen Strafart (siehe E. 4.1 hiervor). Sind in Bussen und Geldstrafen ungleichartige Strafen zu erblicken, lässt sich das objektiv günstigere Recht bereits auf der ersten Stufe der Kaskadenprüfung bestimmen, ohne dass diese auf der nächsten Stufe fortgesetzt werden müsste und die Vollzugsform eine Rolle spielen würde.
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5.3. Zusammenfassend stellt die Geldstrafe unabhängig von der Strafvollzugsmodalität und der Höhe des Betrags die schwerere Strafart als die Übertretungsbusse dar. Milderes Recht im Sinne von Art. 2 Abs. 2 StGB ist vorliegend, wo kein Anwendungsfall nach BGE 134 IV 82 E. 7.2.4 gegeben ist, somit dasjenige, welches eine Busse vorsieht.
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6.
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Nach dem Gesagten hat die Vorinstanz zur Recht Art. 56 Abs. 1 lit. a SBG ("Übertretungen") anstelle des neuen Art. 130 Abs. 1 lit. a BGS ("Verbrechen und Vergehen") zur Anwendung gebracht. Die Beschwerde ist abzuweisen.
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Der unterliegenden Beschwerdeführerin sind keine Kosten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 4 BGG). Den Beschwerdegegnern wird keine Entschädigung zugesprochen, da sie im bundesgerichtlichen Verfahren nicht zur Vernehmlassung eingeladen wurden und ihnen somit keine Umtriebe entstanden sind. Das Gesuch des Beschwerdegegners 1 um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege vom 25. Mai 2020 wird gegenstandslos.
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Demnach erkennt das Bundesgericht: | |
1.
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Die Beschwerde wird abgewiesen.
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2.
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Es werden keine Kosten erhoben.
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3.
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Dieses Urteil wird den Parteien, der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 23. Juni 2021
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Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Die Präsidentin: Jacquemoud-Rossari
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Die Gerichtsschreiberin: Lustenberger
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