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Informationen zum Dokument  BGer 1C_280/2021  Materielle Begründung
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BGer 1C_280/2021 vom 24.06.2021
 
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1C_280/2021
 
 
Urteil vom 24. Juni 2021
 
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident,
 
Gerichtsschreiber Störi.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.A.________,
 
handelnd durch B.A.________,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
C.________, c/o Schulärztlicher Dienst, Walchestrasse 21, 8006 Zürich,
 
Beschwerdegegnerin,
 
Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat,
 
Postfach, 8036 Zürich,
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8090 Zürich.
 
Gegenstand
 
Ermächtigung,
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, III. Strafkammer, vom 12. April 2021 (TB210035).
 
 
Erwägungen:
 
1.
 
Am 15. Dezember 2020 verfügte die Leiterin des Schulärztlichen Dienstes des Kantons Zürich, C.________, die Quarantäne über die Kinder der Klasse 6a der Primarschule D.________, darunter A.A.________. Dessen Vater, B.A.________, reichte in der Folge eine Strafanzeige gegen C.________ wegen Verleumdung, Verstössen gegen das Epidemiengesetz (EpG) und Freiheitsberaubung ein. Die Quarantäne könne sich nicht auf eine gesetzliche Grundlage stützen und beruhe auf der unwahren, verleumderischen Behauptung, dass A.A.________ engen Kontakt mit einer an Corona erkrankten Person gehabt habe.
 
Am 5. Februar 2021 überwies die Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat die Akten ans Obergericht des Kantons Zürich mit dem Antrag, über die Erteilung bzw. Nichterteilung der Ermächtigung zur Durchführung einer Strafuntersuchung zu entscheiden.
 
Mit Beschluss vom 12. April 2021 erteilte das Obergericht der Staatsanwaltschaft die Ermächtigung zur Eröffnung eines Strafverfahrens gegen C.________ nicht.
 
Mit Beschwerde vom 14. Mai 2021 beantragt A.A.________ sinngemäss, diesen Beschluss aufzuheben und die Sache an die Staatsanwaltschaft zur Eröffnung einer Strafuntersuchung zurückzuweisen.
 
Vernehmlassungen wurden keine eingeholt.
 
2.
 
Nach Art. 7 Abs. 2 lit. b StPO i.V.m. § 148 des Zürcher Gerichtsorganisationsgesetzes vom 10. Mai 2010 (GOG) entscheidet das Obergericht über die Eröffnung oder Nichtanhandnahme einer Strafuntersuchung gegen Beamte im Sinn von Art. 110 Abs. 3 StGB wegen im Amt begangener Vergehen oder Verbrechen. Mit dem angefochtenen Entscheid hat es das Obergericht abgelehnt, die Staatsanwaltschaft zur Strafverfolgung der Leiterin des Schulärztlichen Dienstes, einer Beamtin im Sinne dieser Bestimmung, zu ermächtigen. Damit fehlt es an einer Prozessvoraussetzung für die Durchführung des Strafverfahrens, womit das Verfahren abgeschlossen ist. Angefochten ist damit ein Endentscheid (Art. 90 BGG) einer letzten kantonalen Instanz (Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG), gegen den nach der Rechtsprechung die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zulässig ist (BGE 137 IV 269 E. 1.3.1). Es ist allerdings Sache des Beschwerdeführers, sowohl darzulegen, dass die Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, soweit das nicht offensichtlich ist (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.1; 353 E. 1), als auch, dass der angefochtene Entscheid Bundesrecht verletzt (BGE 135 III 127 E. 1.6 S. 130; 134 II 244 E. 2.1 und 2.2 S. 245 f.; je mit Hinweisen).
 
Gegenstand der Strafanzeige bildet die von der Leiterin des Schulärztlichen Dienstes erlassene Verfügung vom 15. Dezember 2020, mit welcher sie über die Schulklasse des Beschwerdeführers Quarantäne anordnete, nachdem zuvor zwei Kinder positiv auf das Corona-Virus getestet worden waren.
 
Das Obergericht hat im angefochtenen Entscheid dazu ausgeführt, das EpG regle nach dessen Art. 1 den Schutz des Menschen vor übertragbaren Krankheiten und sehe die dafür nötigen Massnahmen vor. Nach Art. 31 Abs. 1 i.V.m. Art. 35 Abs. 1 lit. a EpG könne die zuständige kantonale Behörde (hier die Leiterin des Schulärztlichen Dienstes) eine krankheits- oder ansteckungsverdächtige Person unter Quarantäne stellen, wenn die medizinische Überwachung als mildere Massnahme nicht genüge. Die Anordnung der Quarantäne zur Einschränkung der Ausbreitung des Coronavirus habe im pflichtgemässen Ermessen der Leiterin des Schulärztlichen Dienstes gelegen. Ob die Massnahme verhältnismässig gewesen sei, hätte in einem verwaltungsrechtlichen Verfahren überprüft werden können. Dass sie sie unter Verletzung ihrer Amtspflichten im Sinne von Art. 312 StGB missbräuchlich angeordnet habe, sei in Anbetracht der Pandemie und insbesondere der sich im Dezember 2020 neu ausbreitenden Virusmutationen nicht ersichtlich. Damit gebe es auch keine Anhaltspunkte für eine unrechtmässige "Freiheitsberaubung" oder eine strafrechtlich relevante Nötigung. Unbegründet sei auch der Vorwurf der Verleumdung im Sinn von Art. 174 StGB, sei doch die Aussage, der Beschwerdeführer habe engen Kontakt mit einer an Corona erkrankten Person gehabt, von vornherein nicht ehrenrührig und damit nicht tatbestandsmässig.
 
Der Beschwerdeführer setzt sich mit diesen Ausführungen des Obergerichts nicht sachgerecht auseinander. Er bestreitet im Wesentlichen die Zuverlässigkeit der PCR-Tests und vertritt die Auffassung, dass aufgrund dieser untauglichen Tests keine Quarantänen angeordnet werden dürften. Weiter ist er der Auffassung, dass es nach den Henle-Kochschen Postulaten keinen wissenschaftlichen Beweis für die Existenz des SARS-CoV-2 Virus gebe, weshalb auch unklar sei, ob ein solcher Test genau auf dieses Virus anspreche oder nicht auf andere Viren aus der Corona-Familie, welche jedes Jahr in der Grippesaison aufträten.
 
Wie das Obergericht dem Beschwerdeführer bereits erläutert hat, weisen solche und weitere, gegen die wissenschaftliche Begründetheit der angeordneten Massnahme gerichtete Einwände, selbst wenn sie begründet wären, nicht auf ein strafbares Verhalten der Leiterin des Schulärztlichen Dienstes hin. Er hätte sie in einem gegen die Quarantäneverfügung gerichteten verwaltungsrechtlichen Beschwerdeverfahren überprüfen lassen können. Das Gleiche gilt für die Behauptung des Beschwerdeführers, es stehe fest und sei damit auch der Leiterin des Schulärztlichen Dienstes bekannt gewesen, dass asymptomatische bzw. "gesunde" Personen das Corona-Virus nicht weiterverbreiten könnten; deshalb sei die von ihr über ihn angeordnete Quarantäne pflichtwidrig bzw. missbräuchlich gewesen sei. Diese Argumentation ist schon deshalb unbegründet, weil die Schulmedizin bzw. die vom Bundesrat zu seiner Beratung zugezogenen führenden Epidemiologen und Virologen jedenfalls im Dezember 2020 die Auffassung, asymptomatische Träger des Covid-Virus seien nicht ansteckend, keineswegs teilten.
 
Zusammenfassend setzt sich der Beschwerdeführer mit dem angefochtenen Entscheid nicht sachgerecht auseinander und bringt nichts vor, was die offensichtlich zutreffende Einschätzung des Obergerichts, die in der Strafanzeige erhobenen Vorwürfe seien von vornherein nicht geeignet, einen Anfangsverdacht für ein strafbares Verhalten der Beschwerdegegnerin zu begründen, in Frage zu stellen.
 
3.
 
Auf die Beschwerde ist wegen Verletzung der gesetzlichen Begründungspflicht nicht einzutreten. Ausnahmsweise kann auf die Erhebung von Kosten verzichtet werden.
 
 
Demnach erkennt der Präsident:
 
1.
 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
 
2.
 
Es werden keine Kosten erhoben.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat, der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 24. Juni 2021
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Kneubühler
 
Der Gerichtsschreiber: Störi
 
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