BGer 9C_635/2020 | |||
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BGer 9C_635/2020 vom 06.07.2021 | |
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9C_635/2020 |
Urteil vom 6. Juli 2021 |
II. sozialrechtliche Abteilung | |
Besetzung
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Bundesrichter Parrino, Präsident,
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Bundesrichter Stadelmann,
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Bundesrichterin Moser-Szeless,
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Gerichtsschreiberin N. Möckli.
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Verfahrensbeteiligte | |
A.________,
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vertreten durch Advokat Jürg Tschopp,
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Beschwerdeführerin,
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gegen
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AXA Leben AG,
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General Guisan-Strasse 40, 8400 Winterthur,
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vertreten durch Advokatin Dr. Annka Dietrich,
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Beschwerdegegnerin.
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Gegenstand
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Berufliche Vorsorge,
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Beschwerde gegen das Urteil des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Basel-Stadt vom 15. Juli 2020 (BV.2020.17).
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Sachverhalt: | |
A.
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A.________ (ehemals B.________) schloss mit der AXA Leben AG eine Vorsorgeversicherung der gebundenen Vorsorge (Säule 3a) mit Beginn per 1. Januar 2014 ab, die eine "Erlebensfall-Versicherung" und eine "Prämienbefreiung bei Erwerbsunfähigkeit" umfasst (Police Nr. xxx vom 24. Februar 2014). Die AXA Leben AG stellte der Versicherten wegen der Heirat und damit verbundenen Namensänderung eine neue Police (Nr. xxx), datierend vom 23. Dezember 2014 zu.
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Am 22. April 2015 teilte die Versicherte der AXA Leben AG mit, dass seit April 2014 eine Arbeitsunfähigkeit bestehe. In der Folge kündigte die AXA Leben AG mit Schreiben vom 5. Juni 2015 den Versicherungsvertrag wegen einer Anzeigepflichtverletzung. Gleichzeitig unterbreitete sie A.________ einen neuen Versicherungsvertrag mit Wegfall der Prämienbefreiung bei Erwerbsunfähigkeit, welchen diese am 11. Juni 2015 annahm. Die AXA Leben AG stellte am 7. August 2015 die neue Police (Nr. xxx) aus.
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B.
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Die von A.________ (Klägerin) am 31. Dezember 2019 gegen die AXA Leben AG (Beklagte) erhobene Klage wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt mit Urteil vom 15. Juli 2020 ab.
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C.
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A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und beantragen, das vorinstanzliche Urteil sei aufzuheben. Das kantonale Gericht sei anzuweisen, ihre Ansprüche aus der Lebensversicherungspolice 3a abzuklären (Kausalität und verspätete Krankmeldung) und die Beschwerdebeklagte zu verurteilen, den ihr zustehenden Anspruch von Fr. 42'847.47 zu bezahlen. Eventualiter sei die Beschwerdebeklagte zu verurteilen, ihr Fr. 42'847.47 (als Prämienbefreiung) zu bezahlen, zuzüglich Zins ab entsprechender Prämienzahlung durch die Klägerin an ihre neue Lebensversicherungspolice bei der Beklagten und die bei Vertragsablauf versprochene Versicherungsleistung zu erbringen.
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Die AXA Leben AG lässt auf Abweisung der Beschwerde schliessen, während sich das Bundesamt für Sozialversicherungen nicht vernehmen lässt.
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In ihren Eingaben vom 4. bzw. 12. Januar 2021 halten A.________ und die AXA Leben AG an ihren eingangs gestellten Rechtsbegehren fest.
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Erwägungen: | |
1.
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Streitigkeiten aus einer gebundenen Vorsorgeversicherung der Säule 3a nach Art. 82 Abs. 2 BVG fallen in die sachliche Zuständigkeit der Berufsvorsorgegerichte (Art. 73 Abs. 1 lit. b BVG, in Kraft seit 1. Januar 2005). Letztinstanzlich ist die II. sozialrechtliche Abteilung des Bundesgerichts zuständig (Art. 35 lit. e des Reglementes für das Bundesgericht vom 20. November 2006 [SR 173.110.131] in Verbindung mit Art. 49 und 73 BVG).
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2.
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Aus der Beschwerde ergibt sich, welche Schlussfolgerungen die Beschwerdeführerin für bundesrechtswidrig hält und aus welchem Grund (vgl. E. 5.3 folgend). Daher ist entgegen der Ansicht der Beschwerdegegnerin - auch mit Blick auf die Begründungsdichte des angefochtenen Urteils - die Beschwerde hinreichend begründet. Auf die Beschwerde ist einzutreten.
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3.
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Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG).
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4. | |
4.1. Strittig ist, ob die Beschwerdeführerin bei im April 2014 eingetretener Erwerbsunfähigkeit Anspruch auf Leistungen aus der vereinbarten "Prämienbefreiung bei Erwerbsunfähigkeit" hat, obwohl die Beschwerdegegnerin den Versicherungsvertrag mit Schreiben vom 5. Juni 2015 wegen einer Anzeigepflichtverletzung der Beschwerdeführerin wirksam gekündigt hat.
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4.2. | |
4.2.1. Die Verletzung der Anzeigepflicht und deren Folgen im Bereich der weitergehenden beruflichen Vorsorge beurteilen sich nach den statutarischen und reglementarischen Bestimmungen der Vorsorgeeinrichtung. Wenn die Parteien die Anzeigepflicht und ihre Folgen vertraglich nicht geregelt haben - wie hier -, kommen Art. 4 ff. VVG (SR 221.229.1) analogieweise zur Anwendung (SVR 2019 BVG Nr. 48 S. 187, 9C_702/2018 E. 3.2; SVR 2017 BVG Nr. 1 S. 1, 9C_308/2016 E. 4; BGE 116 V 218 E. 4).
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4.2.2. Art. 6 VVG, soweit vorliegend von Interesse, lautet wie folgt: Hat der Anzeigepflichtige beim Abschluss der Versicherung eine erhebliche Gefahrstatsache, die er kannte oder kennen musste und über die er schriftlich befragt worden ist, unrichtig mitgeteilt oder verschwiegen, so ist der Versicherer berechtigt, den Vertrag durch schriftliche Erklärung zu kündigen (Abs. 1 erster Satz). Wird der Vertrag durch Kündigung nach Absatz 1 aufgelöst, so erlischt auch die Leistungspflicht des Versicherers für bereits eingetretene Schäden, deren Eintritt oder Umfang durch die nicht oder unrichtig angezeigte erhebliche Gefahrstatsache beeinflusst worden ist (Abs. 3 erster Satz).
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Nach dieser Regelung ist das Bestehen eines Kausalzusammenhangs zwischen der unrichtig mitgeteilten oder verschwiegenen Gefahrstatsache und dem Einritt oder dem Umfang des Schadens für den Leistungsanspruch des Antragstellers bzw. Anzeigepflichtigen von Bedeutung, nicht jedoch für die Gültigkeit der Kündigung des Vertrages durch den Versicherer (BGE 138 III 416 E. 6.6).
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5. | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
5.1. Die Vorinstanz erwog, aus der Kündigung der Vorsorgeversicherung durch die Beschwerdegegnerin mit Schreiben vom 5. Juni 2015 folge, dass die Prämienzahlungspflicht der Versicherungsnehmerin im Juni 2015 geendet habe. Für die Zeit danach seien aus dem fraglichen Vertragsverhältnis keine Prämien mehr geschuldet gewesen, von welchen die Beschwerdeführerin hätte befreit werden können. Zudem sei im Zeitpunkt der Kündigung aufgrund der verspäteten Meldung der Erwerbsunfähigkeit noch kein Anspruch auf Prämienbefreiung entstanden. Die Beschwerdeführerin habe daher keinen Anspruch auf Befreiung von der Prämienzahlungspflicht.
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5.2. Diesen Standpunkt vertritt auch die Beschwerdegegnerin. Sie legt dar, bei der im Streit stehenden Versicherung sei die Prämienzahlung und damit auch die Prämienbefreiung akzessorischer Bestandteil der Lebensversicherung. Erlösche Letztere, folge auch die Pflicht zur Prämienbefreiung demselben Schicksal. Im Zeitpunkt der Kündigung sei weder die in der Police festgehaltene Bedingung "Erleben am 01.02.2025" noch die Bedingung "Tod", mithin keines der in der Hauptsache versicherten Ereignisse eingetreten gewesen. Eingetreten gewesen sei einzig das versicherte Ereignis "Erwerbsunfähigkeit", welches jedoch nicht vor Januar 2016 zu einem Leistungsanspruch geführt habe. Bei Erlöschen des Vertrages seien somit keine Leistungen geschuldet gewesen. Weiter führt die Beschwerdegegnerin aus, dass die Prämienbefreiung resolutiv bedingt sei, weshalb mit einer Kündigung der Versicherungsanspruch aufgehoben werde.
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5.3. Die Beschwerdeführerin ist hingegen der Auffassung, sie habe die Pflicht nicht verletzt, die Erkrankung zu melden. Daher beginne die Prämienbefreiung ab dem 30. April 2015. Zudem habe die Kündigung der Police durch den Versicherer grundsätzlich keinen Einfluss auf dessen Leistungspflicht. Die Vorinstanz gehe fälschlicherweise, in Verletzung von Art. 6 Abs. 3 VVG - der auch bei den Leistungen aus Prämienbefreiung zur Anwendung komme - davon aus, mit der Rechtmässigkeit der Kündigung erübrige sich die Frage des Kausalzusammenhangs. Die Prämienbefreiung sei ein eigenständiger Versicherungsanspruch. Eine erwerbsunfähige Person habe deshalb Anspruch auf Prämienbefreiung, auch wenn der Versicherungsvertrag aufgehoben respektive gekündigt worden sei.
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6.
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In der Versicherungspolice vom 24. Februar 2014 wird unter der Rubrik "unsere Leistungen" Folgendes bestimmt:
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