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Informationen zum Dokument  BGer 9C_253/2021  Materielle Begründung
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BGer 9C_253/2021 vom 21.07.2021
 
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9C_253/2021
 
 
Urteil vom 21. Juli 2021
 
 
II. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Parrino, Präsident,
 
Bundesrichter Stadelmann,
 
nebenamtliche Bundesrichterin Bechaalany,
 
Gerichtsschreiberin Dormann.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Peter Hübner,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Invalidenversicherung,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 10. März 2021 (IV.2020.00311).
 
 
Sachverhalt:
 
A.
1
Der 1961 geborene A.________ bezog eine ganze Rente der Invalidenversicherung für die Zeit vom 1. August 2006 bis zum 31. Januar 2007 sowie vom 1. August 2012 bis zum 31. März 2013 (Verfügungen vom 26. Juli 2016; Urteil 9C_34/2018 vom 4. Dezember 2018). Im April 2018 meldete er sich erneut zum Leistungsbezug an. Nach Abklärungen - insbesondere Einholung des interdisziplinären Gutachtens der GA eins GmbH (heute: GA eins AG; nachfolgend: GA1) vom 24. Oktober 2019 und Durchführung des Vorbescheidverfahrens verneinte die IV-Stelle des Kantons Zürich mit Verfügung vom 13. März 2020 einen Leistungsanspruch.
2
B.
3
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 10. März 2021 ab. Zufolge Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege sprach es dem Rechtsvertreter des Versicherten gleichzeitig eine Entschädigung von Fr. 3332.- zu.
4
C.
5
A.________ lässt mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragen, unter Aufhebung des Urteils vom 10. März 2021 sei ihm die im April 2018 beantragte Invalidenrente zuzusprechen; eventualiter sei die Sache zu weitern medizinischen Abklärungen an die IV-Stelle zurückzuweisen. Es sei festzustellen, dass gegen die am GA1-Gutachten mitwirkenden Fachärzte ein Ausstands- und Ablehnungsgrund wegen Befangenheit bestehe, und dementsprechend sei das GA1-Gutachten aus dem Recht zu weisen. Das kantonale Gericht sei anzuweisen, seinen Rechtsvertreter für das vorinstanzliche Verfahren mit Fr. 5653.95 zu entschädigen.
6
 
Erwägungen:
 
 
1.
 
1.1. Soweit mit der Beschwerde "namens und im Auftrag" des Versicherten eine höhere Entschädigung seines unentgeltlichen Rechtsvertreters für das kantonale Verfahren verlangt wird, ist sie unzulässig (vgl. Art. 89 Abs. 1 lit. c BGG; Urteil 9C_376/2019 vom 10. September 2019 E. 1 mit Hinweisen).
7
1.2. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 135 II 384 E. 2.2.1). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG).
8
2.
9
Vorab ist auf formelle Rügen einzugehen. Es liegt keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör resp. der Begründungspflicht durch das kantonale Gericht vor, wenn eine sachgerechte Anfechtung des vorinstanzlichen Entscheids möglich war (vgl. BGE 142 III 433 E. 4.3.2 mit Hinweisen). Das trifft hier zu.
10
Soweit der Beschwerdeführer der IV-Stelle eine (schwere) Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör vorwirft, ergibt sich ebenfalls nichts für ihn: Eine solche kann ausnahmsweise als geheilt gelten, wenn - wie hier - die Rechtsmittelinstanz auch den Sachverhalt frei überprüfen kann und die Rückweisung ein formalistischer Leerlauf wäre (BGE 142 II 218 E. 2.8.1; 137 I 195 E. 2.3.2). Ein Grund für eine Änderung dieser Praxis wird nicht vorgebracht (vgl. zu den Voraussetzungen BGE 141 II 297 E. 5.5.1). Weiter tangiert der Verzicht auf eine Stellungnahme im Beschwerdeverfahren nicht den Anspruch der Gegenpartei auf rechtliches Gehör, und er ist auch sonst nicht bundesrechtswidrig.
11
 
3.
 
3.1. Bei einer Neuanmeldung zum Leistungsbezug finden die Grundsätze zur Rentenrevision analog Anwendung (Art. 17 Abs. 1 ATSG; Art. 87 Abs. 2 und 3 IVV [SR 831.201]; BGE 130 V 71 E. 3.2.3), weshalb zunächst eine anspruchsrelevante Veränderung des Sachverhalts erforderlich ist, und erst in einem zweiten Schritt der (Renten-) Anspruch in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht umfassend zu prüfen ist (BGE 141 V 9; Urteile 9C_135/2021 vom 27. April 2021 E. 2.1; 9C_27/2019 vom 27. Juni 2019 E. 2). Für die Annahme einer solchen Veränderung genügt unter medizinischen Aspekten weder eine im Vergleich zu früheren ärztlichen Einschätzungen ungleich attestierte Arbeitsunfähigkeit noch eine unterschiedliche diagnostische Einordnung des geltend gemachten Leidens, entscheidend ist vielmehr eine veränderte Befundlage (Urteil 9C_135/2021 vom 27. April 2021 E. 2.1 mit Hinweisen).
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3.2. Die Vorinstanz hat gestützt auf das interdisziplinäre GA1-Gutachten vom 24. Oktober 2019 und eine dazu eingeholte Ergänzung vom 12. Oktober 2020 festgestellt, dass sich der Gesundheitszustand des Versicherten seit der letzten Begutachtung durch die ZVMB GmbH (deren Gutachten vom 1. Dezember 2014 den Verfügungen der IV-Stelle vom 26. September 2016 zugrunde gelegen habe) nicht wesentlich verändert habe.
13
3.3. Der Umstand, dass die GA1 - die über einen Vertrag mit dem Bundesamt für Sozialversicherungen nach Art. 72bis IVV (SR 831.201) verfügt - (allenfalls) von einer Holdinggesellschaft beherrscht wird und insoweit gewinnorientiert ist, lässt nicht auf fehlende Unabhängigkeit bei der Begutachtung schliessen.
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Was der Beschwerdeführer gegen den GA1-Arzt Dr. med. B.________ vorbringt, hält ebenfalls nicht stand. Er verfügt gemäss Medizinalberuferegister (www.medregom.admin.ch) seit 2003 über einen Eidgenössischen Weiterbildungstitel für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates und damit über die nötige fachärztliche Qualifikation. Zweifel an dessen Doktortitel werden erstmals vor Bundesgericht und damit verspätet vorgebracht (vgl. Art. 99 Abs. 1 BGG und BGE 143 V 66 E. 4.3), weshalb sich diesbezügliche Weiterungen erübrigen. Kritische Presseberichte über ihn oder eine hier nicht beteiligte Gutachterstelle sind kein triftiger Grund für eine Ablehnung im Sinne von Art. 44 ATSG.
15
Im Übrigen beschränkt sich der Beschwerdeführer darauf, die im GA1-Gutachten enthaltenen diagnostischen Einordnungen und Einschätzungen der Arbeitsfähigkeit in appellatorischer Weise zu kritisieren. Eine anspruchsrelevante Veränderung des Sachverhalts seit Erlass der Verfügungen vom 26. Juli 2016 macht er nicht substanziiert geltend, und konkrete Anhaltspunkte dafür sind auch nicht ersichtlich.
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3.4. Nach dem Gesagten bleibt die vorinstanzliche Feststellung eines (auch in erwerblicher Hinsicht) unveränderten Sachverhalts für das Bundesgericht verbindlich (vgl. vorangehende E. 1.2). Damit fehlt ein Revisionsgrund im Sinne von Art. 17 ATSG. Folglich hat die Vorinstanz zu Recht im Zusammenhang mit der Neuanmeldung einen Rentenanspruch verneint.
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3.5. Die Beschwerde ist offensichtlich unbegründet, weshalb sie im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a und Abs. 3 BGG mit summarischer Begründung und unter Hinweis auf den kantonalen Gerichtsentscheid erledigt wird.
18
4.
19
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
20
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 21. Juli 2021
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Parrino
 
Die Gerichtsschreiberin: Dormann
 
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