BGer 1B_535/2020 | |||
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BGer 1B_535/2020 vom 28.07.2021 | |
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1B_535/2020 |
Urteil vom 28. Juli 2021 |
I. öffentlich-rechtliche Abteilung | |
Besetzung
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Bundesrichter Chaix, präsidierendes Mitglied,
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Bundesrichterin Jametti, Bundesrichter Müller,
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Gerichtsschreiber Forster.
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Verfahrensbeteiligte | |
A.________,
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Beschwerdeführer,
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vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Patrick Götze,
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gegen
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Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich,
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Abt. qualifizierte Wirtschaftsdelikte
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und internationale Rechtshilfe,
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Weststrasse 70, Postfach 9717, 8036 Zürich.
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Gegenstand
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Strafverfahren; Entsiegelung,
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Beschwerde gegen das Urteil des Bezirksgerichts Zürich,
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Zwangsmassnahmengericht, Vizepräsident,
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vom 7. September 2020 (GM180049-L/U).
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Sachverhalt: | |
A.
| 1 |
Das Bezirksgericht Zürich, Vizepräsident des Zwangsmassnahmengerichtes (ZMG), erliess am 7. September 2020, auf Entsiegelungsgesuch der Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich hin, einen Entsiegelungsentscheid (vom ZMG als "Urteil" bezeichnet).
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B.
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Den Entsiegelungsentscheid focht A.________ mit Beschwerde vom 12. Oktober 2020 beim Bundesgericht an. Er beantragt im Hauptstandpunkt die Aufhebung des angefochtenen Entscheides und die Rückweisung der Sache zur Neubeurteilung.
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Das ZMG liess sich am 16. Oktober 2020 vernehmen, die Staatsanwaltschaft am 19. Oktober 2020. Mit Verfügung vom 23. Oktober 2020 bewilligte das Bundesgericht die aufschiebende Wirkung der Beschwerde. Innert der auf den 10. November 2020 angesetzten (fakultativen) Frist ging keine Replik des Beschwerdeführers ein.
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Erwägungen: | |
1.
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Der Beschwerdeführer kritisiert das Dispositiv des angefochtenen Entscheides als widersprüchlich und fehlerhaft. Eine Stichprobe habe ergeben, dass mindestens 23 Einzeldateien ("Hashwerte") sowohl unter Ziffer 2 des Dispositives (Entsiegelung bewilligt) als auch in dessen Ziffer 3 (Entsiegelung nicht bewilligt) aufgeführt würden. Der Entsiegelungsentscheid erweise sich als offensichtlich widersprüchlich und nicht vollstreckbar. Das Dispositiv sei für ihn als Betroffenen nicht zu deuten, was ihm eine wirksame Beschwerdeführung verunmögliche. Der angefochtene Entscheid weise weitere schwerwiegende Unzulänglichkeiten auf. Dessen innere Systematik sei für den Leser höchst anspruchsvoll, zumal das "Zusammenspiel" zwischen den Erwägungen und dem Dispositiv äusserst unübersichtlich aufgebaut werde. Auch in diesem Zusammenhang enthalte der Entscheid diverse Fehler und Unklarheiten, die die Beschreitung des Rechtsweges zusätzlich erschwerten:
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Stichproben ergäben, dass gewisse im Dispositiv erwähnte Dateien doppelt und mehrfach (eine davon mindestens sechzehn Mal) aufgeführt würden. Wie dies zu interpretieren sei, könne dem Entscheid nicht entnommen werden. Sodann habe es die Vorinstanz versäumt, eine innere Kohärenz zwischen ihren Erwägungen und dem Dispositiv herbeizuführen: Die in den Erwägungen verwendeten Kategorien von Einzeldateien und die dortige Systematik habe sie im unübersichtlichen Dispositiv nicht übernommen. Für weitere Verwirrung sorge auch der Umstand, dass die in den Erwägungen genannten Kategorien von Einzeldateien nicht ausreichend bestimmbar seien. Einer der kategorisierten "Hashwerte" komme zum Beispiel sowohl auf Seite 47 als auch auf Seite 120 vor.
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Der Entscheid sei deshalb vom Bundesgericht aufzuheben, und die Vorinstanz sei anzuweisen, ihn "integral zu verbessern" und den Verfahrensbeteiligten danach neu zu eröffnen. Andernfalls würden das rechtliche Gehör des Beschwerdeführers und sein Anspruch auf eine wirksame Beschwerde verletzt.
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2.
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Das ZMG räumt in seiner Stellungnahme ein, dass teilweise "die gleichen Hashwerte" sowohl in Ziffer 2 als auch in Ziffer 3 des Dispositives des angefochtenen Entscheides aufgeführt wurden. Die fraglichen "Hashwerte" seien (im Sinne eines Redaktionsfehlers) unter Ziffer 2 des Dispositives "fälschlicherweise nicht gelöscht" worden. Die falsch zugeordneten Einzeldateien würden vom Beschwerdeführer nicht vollständig genannt. Insgesamt betreffe dieser Fehler 46 getaggte (bei Suchabfragen markierte) "Hashwerte". Zwar treffe auch der Hinweis des Beschwerdeführers zu, dass einige "Hashwerte" unter derselben Dispositivziffer mehrfach aufgeführt würden. Dies sei jedoch nicht zu beanstanden, da aufgrund verschiedener Stichwort-Suchläufe mehrere "Tags" für die gleiche Einzeldatei möglich seien.
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3.
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Die Staatsanwaltschaft macht in ihrer Vernehmlassung geltend, sie habe im Entsiegelungsverfahren "weder die Liste mit den angeblich vom Geheimnisschutz betroffenen Rechtsanwälten bzw. Vertrauenspersonen" erhalten, "noch entsprechende Vollmachten" oder eine (wenigstens kursorische) Beschreibung der angeblichen Mandate. Auch sie, die Staatsanwaltschaft, sehe sich daher ausserstande zu beurteilen, ob es sich um ein rechtmässiges Entsiegelungsurteil handle.
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4.
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Gemäss Art. 112 Abs. 1 BGG müssen die Entscheide, welche der Beschwerde ans Bundesgericht unterliegen, bestimmten Anforderungen genügen. Zu diesen Anforderungen gehört, dass die Entscheide die massgebenden Gründe tatsächlicher und rechtlicher Art (lit. b) sowie ein nachvollziehbares Dispositiv (lit. c) enthalten. Gemäss Art. 112 Abs. 3 BGG kann das Bundesgericht einen Entscheid, der den Anforderungen von Absatz 1 nicht genügt, an die kantonale Behörde zur Verbesserung zurückweisen oder aufheben.
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5.
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Das Dispositiv des angefochtenen Entsiegelungsentscheides umfasst 244 Seiten und bezieht sich auf tausende elektronische Einzeldateien (sogenannte getaggte "Hashwerte"). Das Dispositiv ist - selbst im Vergleich mit den komplexesten Entsiegelungsverfahren - unüblich lang und unübersichtlich ausgefallen. Zudem enthalten das Dispositiv und die Erwägungen des Entscheides, wie auch die Vorinstanz grundsätzlich einräumt, diverse inhaltliche und formale Fehler bzw. Unklarheiten.
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Zwar ist das ZMG nicht dafür verantwortlich, wenn die Staatsanwaltschaft relativ grosse Mengen an Dateien sichergestellt und gesiegelt und diesbezüglich ein Entsiegelungsgesuch gestellt hat. Das ZMG hat jedoch das ihm Zumutbare zu unternehmen, um ein im Lichte von Art. 112 Abs. 1 lit. c BGG justiziables, das heisst, ein für die Verfahrensbeteiligten und die Beschwerdeinstanz nachvollziehbares (und möglichst fehlerfreies) Entscheid-Dispositiv zu erlassen. Der angefochtene Entscheid erfüllt diesbezüglich die Anforderungen von Art. 112 Abs. 1 BGG nicht. Er ist aufzuheben, und das Verfahren ist gestützt auf Art. 112 Abs. 3 BGG an die Vorinstanz zur Verbesserung und neuen Entscheidung zurückzuweisen.
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Im Lichte von Art. 112 Abs. 1 BGG sollte der Entsiegelungsentscheid namentlich wie folgt verbessert werden:
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Die Sachverhaltserwägungen des Entsiegelungsentscheides sollten auch eine kurze Zusammenfassung der wesentlichen Prozessgeschichte vor der prozessleitenden Verfügung des ZMG vom 9. Juli 2019 enthalten (Gegenstand der Strafuntersuchung, Daten der Sicherstellungen und der Siegelungsbegehren, Datum und Gegenstand des Entsiegelungsgesuches). Sodann hat das ZMG zu prüfen, ob das Dispositiv nicht in deutlich verkürzter und übersichtlicherer Form ausgefertigt werden kann (z.B. indem auch im Dispositiv - so wie in den Erwägungen - die "Kategorien" der Dateien angegeben und die zugehörigen Nummern bzw. "Hashwerte" der Einzeldateien in einem separaten Anhang nachvollziehbar aufgeführt würden). Dem ZMG stünde es nötigenfalls frei, diesbezüglich die Hilfe von technischen Experten in Anspruch zu nehmen (vgl. Art. 248 Abs. 4 StPO).
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Soweit es sich für das ZMG - wider Erwarten - als unumgänglich erweisen sollte, ein Dispositiv mit mehreren hundert Seiten Umfang zu erlassen und für tausende einzeln aufgelistete Dateien einen Entsiegelungsentscheid zu fällen, wäre zumindest Folgendes zu empfehlen: Einem äusserst umfangreichen und unübersichtlichen Dispositiv müsste jedenfalls eine Zusammenfassung bzw. ein Inhaltsverzeichnis vorangestellt werden mit kohärenten Erklärungen, auf welchen Seiten und Ziffern des Dispositives welche entsiegelungsrelevanten Entscheide vorgenommen werden (unterteilt in: Feststellung der Gegenstandslosigkeit, Gutheissung bzw. Abweisung des Entsiegelungsgesuches, und mit nachvollziehbarer Identifizierung der betroffenen Dateien).
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Weiter wird - gerade bei einem komplexen Entsiegelungsentscheid wie dem vorliegenden - darauf zu achten sein, formale und inhaltliche Fehler zu korrigieren und möglichst zu vermeiden. (Formale Fehler finden sich derzeit z.B. bei der Nummerierung der Erwägungen: zwei mal Ziffer "I.", S. 2-10 und S. 10-30.)
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Schliesslich wird das ZMG, auch im Lichte der Stellungnahme der Staatsanwaltschaft, zu prüfen haben, ob die Erwägungen des Entsiegelungsentscheides alle nötigen Sachangaben enthalten, damit die Verfahrensbeteiligten (und gegebenenfalls die Beschwerdeinstanz) die Rechtmässigkeit des Entscheides überprüfen können.
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6.
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Die Beschwerde ist gutzuheissen, der angefochtene Entscheid aufzuheben, und das Verfahren ist zur neuen Entscheidung - im Sinne der obigen Erwägungen - an die Vorinstanz zurückzuweisen. Der verbesserte Entscheid wird den Verfahrensbeteiligten mit Rechtsmittelbelehrung neu zu eröffnen sein.
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Es sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 66 Abs. 4 BGG). Dem Beschwerdeführer ist eine angemessene Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 68 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht: | |
1.
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Die Beschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Bezirksgerichts Zürich, Zwangsmassnahmengericht, Vizepräsident, vom 7. September 2020 aufgehoben, und das Verfahren wird zur neuen Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.
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2.
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Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
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3.
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Der Kanton Zürich (Kasse des Bezirksgerichtes Zürich) hat dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung von Fr. 2'000.-- (pauschal, inkl. MWST) zu entrichten.
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4.
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Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Bezirksgericht Zürich, Zwangsmassnahmengericht, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 28. Juli 2021
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Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Das präsidierende Mitglied: Chaix
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Der Gerichtsschreiber: Forster
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