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Informationen zum Dokument  BGer 2C_557/2021  Materielle Begründung
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BGer 2C_557/2021 vom 03.08.2021
 
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2C_557/2021
 
 
Urteil vom 3. August 2021
 
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Seiler, Präsident,
 
Gerichtsschreiber Businger.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
1. A.________,
 
2. B.________,
 
Beschwerdeführerinnen,
 
beide vertreten durch C.________,
 
gegen
 
Sicherheits- und Justizdepartement des Kantons St. Gallen,
 
Migrationsamt des Kantons St. Gallen.
 
Gegenstand
 
Vorläufige Aufnahme (unentgeltliche Rechtspflege),
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen, Abteilung II, vom 8. Juni 2021 (B 2021/125).
 
 
Erwägungen:
 
 
1.
 
1.1. A.________ (geb. 1987) und ihre Tochter B.________ (geb. 2009) sind Staatsangehörige von Eritrea. Sie reisten am 14. September 2017 illegal in die Schweiz ein und ersuchten um Asyl. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) wies das Gesuch am 2. November 2017 ab, bestätigt vom Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 3. Juli 2019. Weitere Asyl- sowie Wiedererwägungsgesuche blieben erfolglos; zuletzt wies das Bundesverwaltungsgericht eine Beschwerde mit Urteil D-870/2021 vom 10. März 2021 ab.
 
1.2. Am 27. Januar 2017 ersuchten A.________ und B.________ das Migrationsamt des Kantons St. Gallen darum, dem SEM einen Antrag um vorläufige Aufnahme zu unterbreiten. Nachdem das Migrationsamt das Verfahren zuerst sistiert hatte, erhob es am 24. März 2021 einen Kostenvorschuss von Fr. 210.--. In der Folge ersuchten A.________ und B.________ um unentgeltliche Rechtspflege. Das Migrationsamt überwies das Gesuch an das Sicherheits- und Justizdepartement des Kantons St. Gallen, welches es am 17. Mai 2021 abwies. Diesen Entscheid bestätigte das Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen am 8. Juni 2021.
 
1.3. Mit "verwaltungsrechtlicher Beschwerde" bzw. subsidiärer Verfassungsbeschwerde vom 9. Juli 2021 beantragen A.________ und B.________ dem Bundesgericht, in Aufhebung des angefochtenen Entscheids sei das Migrationsamt anzuweisen, das Verfahren an die Hand zu nehmen, eventualiter sei die Sache zum Neuentscheid zurückzuweisen. Sodann sei festzustellen, dass der angefochtene Entscheid verschiedene Grund- und Menschenrechte verletze. In prozessualer Hinsicht sei die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren sowie die unentgeltliche Verbeiständung zwecks Ergänzung der Beschwerde. Das Bundesgericht hat keine Instruktionsmassnahmen verfügt.
 
 
2.
 
Angefochten ist ein Entscheid betreffend Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege. In der Sache geht es um eine vorläufige Aufnahme. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten steht deshalb nicht zur Verfügung (Art. 83 lit. c Ziff. 3 BGG) und die Eingabe der Beschwerdeführerinnen ist als subsidiäre Verfassungsbeschwerde entgegen zu nehmen.
 
3.
 
Das Verwaltungsgericht hat den Streitgegenstand auf die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege im Verwaltungsverfahren beschränkt (vgl. E. 3 des angefochtenen Entscheids). Die Beschwerdeführerinnen legen nicht dar, inwieweit diese Beschränkung gegen verfassungsmässige Rechte verstösst. Damit beschränkt sich auch der Streitgegenstand vor Bundesgericht auf die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege. Soweit die Ausführungen in der Beschwerde darüber hinausgehen und etwa rechtskräftige Asylentscheide, der Aufenthalt im Nothilfezentrum oder die Kostenvorschussverfügung des Migrationsamts betreffen, kann darauf nicht eingetreten werden. Das gilt auch, soweit mehrere Feststellungsanträge gestellt werden, ohne dass ein Feststellungsinteresse dargetan wird oder ersichtlich ist.
 
 
4.
 
4.1. Mit der subsidiären Verfassungsbeschwerde kann einzig die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten gerügt werden (Art. 116 BGG), was bedeutet, dass die Beschwerde einer qualifizierten Rüge- und Begründungsobliegenheit zu genügen hat (Art. 106 Abs. 2 BGG in Verbindung mit Art. 117 BGG). In der Beschwerde ist klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids darzulegen, dass und inwiefern verfassungsmässige Individualrechte verletzt worden sein sollen (BGE 142 II 369 E. 2.1). Auf bloss allgemein gehaltene, appellatorische Kritik am vorinstanzlichen Entscheid geht das Bundesgericht nicht ein (BGE 141 IV 369 E. 6.3).
 
4.2. Das Verwaltungsgericht hat erwogen, es sei zweifelhaft, ob das kantonale Migrationsamt nach Art. 46 Abs. 2 des Asylgesetzes vom 26. Juni 1998 (AsylG; SR 142.31) überhaupt zuständig sei, die vorläufige Aufnahme infolge Unzulässigkeit bzw. Unzumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs zu beantragen. Doch selbst wenn es zuständig wäre, müsste das Verfahren als aussichtslos bezeichnet werden, nachdem die Asylbehörden des Bundes die Vorbringen der Beschwerdeführerinnen bereits mehrfach geprüft und verworfen hätten.
 
4.3. Mit diesen Erwägungen setzt sich die Beschwerde nicht auseinander. Soweit sich die Beschwerde überhaupt zum Streitgegenstand äussert (vgl. vorne E. 3), geht sie weder substanziiert auf die vorinstanzlichen Erwägungen zu Art. 46 Abs. 2 AsylG noch auf den Umstand ein, dass Vollzugshindernisse von den zuständigen Bundesbehörden bereits mehrfach geprüft und verworfen worden sind. Aus der Beschwerde wird deutlich, dass es den Beschwerdeführerinnen letztlich darum geht, die ergangenen Asyl- und Wegweisungsentscheide von einer kantonalen Behörde überprüfen zu lassen; dies ist aber nicht zulässig. Weisen die zuständigen Bundesbehörden (SEM; Bundesverwaltungsgericht) das Asylgesuch ab und verweigern sie die vorläufige Aufnahme, grenzt es an Rechtsmissbrauch, ein Gesuch um vorläufige Aufnahme bei den kantonalen Behörden einzureichen, das auf denselben Grundlagen wie das Asylgesuch beruht. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Beschwerdeführerinnen den Asylentscheid der Bundesbehörden als nicht vereinbar mit Landes- und Völkerrecht betrachten. Ein entsprechendes Gesuch an die kantonalen Behörden macht auch deshalb keinen Sinn, weil diese die vorläufige Aufnahme lediglich beantragen und nicht selber verfügen können (Art. 83 Abs. 6 AIG [SR 142.20]). Was schliesslich die pauschal behauptete technische Unmöglichkeit des Wegweisungsvollzugs betrifft, kann keine Rede davon sein, diese sei "unbestrittenermassen und unbestreitbarerweise gegeben", nachdem das Bundesverwaltungsgericht die Durchführbarkeit des Vollzugs im Urteil D-870/2021 vom 10. März 2021 ausdrücklich bejaht hat. Vor diesem Hintergrund verstösst die Auffassung der Vorinstanz, das beim Migrationsamt hängige Verfahren sei aussichtslos, offensichtlich nicht gegen Verfassungsrecht.
 
5.
 
Auf die Beschwerde ist mangels einer hinreichenden Begründung im vereinfachten Verfahren durch den Einzelrichter nicht einzutreten (Art. 108 Abs. 1 lit. b BGG). Die Gerichtskosten sind der Beschwerdeführerin 1 aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ist wegen Aussichtslosigkeit abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG e contrario).
 
 
Demnach erkennt der Präsident:
 
1.
 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
 
2.
 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.
 
3.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden der Beschwerdeführerin 1 auferlegt.
 
4.
 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen, Abteilung II, und dem Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 3. August 2021
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Seiler
 
Der Gerichtsschreiber: Businger
 
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