BGer 5A_21/2021 | |||
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BGer 5A_21/2021 vom 19.11.2021 | |
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5A_21/2021 |
Urteil vom 19. November 2021 |
II. zivilrechtliche Abteilung | |
Besetzung
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Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied,
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Bundesrichter Marazzi, Schöbi,
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Gerichtsschreiber Buss.
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Verfahrensbeteiligte | |
A.________ AG,
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vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Guido Urbach und/oder Rechtsanwalt Patrick Schönenberger,
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Beschwerdeführerin,
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gegen
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B.________ GmbH,
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vertreten durch Rechtsanwalt Marcel C. Steinegger und/oder Rechtsanwalt Yannik Hässig,
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Beschwerdegegnerin.
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Gegenstand
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Definitive Rechtsöffnung,
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Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, vom 23. November 2020 (RT200178-O/U).
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Sachverhalt: | |
A.
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Mit Urteil vom 5. Oktober 2020 erteilte das Bezirksgericht Meilen der B.________ GmbH, in der gegen die A.________ AG eingeleiteten Betreibung Nr. xxx (Betreibungsamt Küsnacht-Zollikon-Zumikon, Zahlungsbefehl vom 6. August 2020) gestützt auf ein Urteil des Landgerichts München I vom 8. März 2018 definitive Rechtsöffnung für Fr. 1'563'865.70 nebst Zins zu 4.12 % seit 1. Dezember 2016, Fr. 158'611.34, die Betreibungskosten sowie für Kosten und Entschädigung gemäss Ziff. 2 bis 5 dieses Entscheids.
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B.
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Die von der A.________ AG gegen den Rechtsöffnungsentscheid erhobene Beschwerde an das Obergericht des Kantons Zürich blieb erfolglos (Urteil vom 23. November 2020).
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C.
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Mit Eingabe vom 11. Januar 2021 ist die A.________ AG an das Bundesgericht gelangt. Die Beschwerdeführerin beantragt die vollumfängliche Aufhebung des obergerichtlichen Urteils und die Abweisung des Rechtsöffnungsbegehrens der B.________ GmbH, (nachfolgend Beschwerdegegnerin). Zudem stellt sie ein Gesuch um aufschiebende Wirkung, dem sich die Beschwerdegegnerin mit Stellungnahme vom 21. Januar 2021 widersetzt hat. Mit Präsidialverfügung vom 25. Januar 2021 hat das Bundesgericht das Gesuch um aufschiebende Wirkung abgewiesen.
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Das Bundesgericht hat die kantonalen Akten beigezogen, in der Sache hingegen keine Vernehmlassungen eingeholt.
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Erwägungen: |
1. | |
1.1. Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid über ein Rechtsöffnungsbegehren mit vorfrageweiser Anerkennung eines Lugano-Urteils, mithin eine Zwangsvollstreckungssache (Art. 72 Abs. 2 lit. a BGG; Urteil 5A_387/2016 vom 7. September 2016 E. 1.1). Die gesetzliche Streitwertgrenze wird erreicht (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG). Die Beschwerde in Zivilsachen ist gegeben.
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1.2. Mit vorliegender Beschwerde kann die Verletzung von Bundes- und Völkerrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a und b BGG). In der Beschwerde ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG). Die Verletzung verfassungsmässiger Rechte ist ebenfalls zu begründen, wobei hier das Rügeprinzip gilt (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 142 III 364 E. 2.4).
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2. | |
2.1. Für die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung der hier in Rede stehenden deutschen Entscheidung in der Schweiz ist das (revidierte) Lugano-Übereinkommen vom 30. Oktober 2007 (LugÜ; SR 0.275.12) massgebend. Die Vollstreckbarerklärung kann nach Wahl des Gläubigers (wie hier) im Rahmen des Rechtsöffnungsverfahrens vorfrageweise erfolgen (BGE 143 III 404 E. 5.2.1; 135 III 324 E. 3.3; Urteil 5A_939/2016 vom 24. August 2017 E. 3.2; STAEHELIN/BOPP, in: Lugano-Übereinkommen, Dasser/Oberhammer [Hrsg.], 3. Aufl. 2021, N. 18 ff. zu Art. 38 LugÜ).
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2.2. Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass die gemäss Art. 38 Abs. 1 LugÜ verlangte Vollstreckbarkeit des ausländischen Urteils nicht gegeben sei.
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2.2.1. Nach Art. 38 Abs. 1 LugÜ kann eine Entscheidung in einem anderen LugÜ-Vertragsstaat nur dann vollstreckbar erklärt werden, wenn sie im Urteilsstaat nach dortigem Recht vollstreckbar ist. Der Begriff der Vollstreckbarkeit eines ausländischen LugÜ-Entscheids im Urteilsstaat meint die Vollstreckbarkeit in formeller Hinsicht (abstrakte Vollstreckbarkeit); die Voraussetzungen, unter denen der Entscheid im Urteilsstaat tatsächlich vollstreckt werden kann, sind im Rahmen des LugÜ nicht von Belang (Urteil 5A_934/2016 vom 23. August 2017 E. 5.3; STAEHELIN/BOPP, a.a.O., N. 31 zu Art. 38 LugÜ; HOFMANN/KUNZ, in: Basler Kommentar, Lugano-Übereinkommen, 2. Aufl. 2016, N. 117 zu Art. 38 LugÜ). In diesem Sinne hat das Bundesgericht festgehalten, dass etwa die Erteilung der deutschen Vollstreckungsklausel keine Voraussetzung der Vollstreckbarkeit im Sinne von Art. 38 Abs. 1 LugÜ darstellt (zit. Urteil 5A_934/2016 E. 5.3 mit Hinweisen).
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2.2.2. Es steht fest, dass die Beschwerdeführerin ihrem Rechtsöffnungsgesuch jeweils im Original einerseits eine vollstreckbare Ausfertigung des Urteils des Landgerichts München I vom 8. März 2018 und andererseits die Bescheinigung nach Art. 54 / Anhang V LugÜ des Landgerichts München I beigelegt hat. Das einzige Argument, welches die Beschwerdeführerin gegen die Erteilung der Rechtsöffnung vorbringt ist, dass nicht ihre heutige (A.________ AG), sondern ihre frühere Firmenbezeichnung (C.________ AG) im Urteil des Landgerichts München I vom 8. März 2018 genannt sei. Diese falsche Bezeichnung im deutschen Urteil führe (nach dortigem Recht) dazu, dass es in Deutschland nicht ohne zusätzlichen Zwischenschritt vollstreckt werden könne. Es handle sich um eine bereits bei Erlass des Titels vorliegende Unrichtigkeit, die zunächst zwingend gemäss § 319 dt. ZPO berichtigt werden müsse.
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2.2.3. Der von der Beschwerdeführerin gegen die vorfrageweise Anerkennung im Rechtsöffnungsverfahren vorgebrachte Einwand greift nicht durch. Die Vorinstanz hat unter Hinweis auf die Rechtsprechung und Lehre in Deutschland festgehalten, dass eine nicht berücksichtigte Namensänderung im Rubrum eines deutschen Urteils dann nicht schadet, wenn die Feststellung der Identität des Gläubigers oder Schuldners mit dem im Titel bezeichneten Namensträger durch das Vollstreckungsorgan sicher gewährleistet bleibt (Beschluss des deutschen Bundesgerichtshofs [BGH] vom 21. Juli 2011, I ZB 93/10, E. III/1 und 3); dies gelte auch dann, wenn die Namensänderung - wie vorliegend - bei Erlass des Titels bereits erfolgt gewesen sei (SEIBEL, in: Zöller, Zivilprozessordnung, 33. Aufl. 2020, N. 9 f. zu § 750 dt. ZPO). Dem kann beigefügt werden, dass es der deutsche Bundesgerichtshof in Rn. 13 des zitierten Beschlusses (bestätigt mit Beschluss des BGH vom 14. Januar 2016, V ZB 148/14, Rn. 20) sogar als entbehrlich angesehen hat, dass in diesen Fällen die Klausel ergänzt oder berichtigt wird (s. dazu auch SEIBEL, a.a.O., N. 31 ff. zu § 727 dt. ZPO). Demgegenüber vermag die Beschwerdeführerin auch vor Bundesgericht weder Judikatur noch Literatur anzuführen, aus welcher sich ergeben würde, dass die Feststellung der Identität des unter einem früheren anderen Namen (Firma) bezeichneten Gläubigers oder Schuldners nach deutschem Recht selbst dann nicht durch das Vollstreckungsorgan erfolgen kann, wenn sich die Parteiidentität für das Vollstreckungsorgan auf Grund eigener Ermittlungen - wie durch Einsichtnahme in das Handelsregister - zweifelsfrei ergibt. Bereits daran scheitert die Beschwerde. Ohnehin bedeutet Vollstreckbarkeit im Sinne von Art. 38 Abs. 1 LugÜ entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht, dass auch alle Voraussetzungen des Zwangsvollstreckungsverfahrens des Urteilsstaats in dem Sinne, dass der Gläubiger bzw. das staatliche Vollstreckungsorgan sofort zur tatsächlichen Vollstreckung übergehen kann, gegeben sein müssen, denn die Zwangsvollstreckung soll in einem anderen Staat erfolgen (vorne E. 2.2.1). Vorliegend ergibt sich unmittelbar aus dem Handelsregister und ist unbestritten, dass es sich bei der Beschwerdeführerin um die Beklagte 3 des oben genannten Entscheids des Landgerichts München I vom 8. März 2018 und damit die richtige Antragsgegnerin handelt; eine vorgängige Bestätigung der Parteiidentität durch eine erststaatliche Behörde ist unter solchen Umständen nicht erforderlich (in diesem Sinne auch GEIMER/SCHÜTZE, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 3. Aufl. 2010, N. 27 zu Art. 38 aEuGVVO und KROPHOLLER/VON HEIN, Europäisches Zivilprozessrecht, 9. Aufl. 2011, N. 13 zu Art. 38 aEuGVVO).
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3.
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Aus den dargelegten Gründen ist der Beschwerde kein Erfolg beschieden. Die Beschwerdeführerin wird damit kostenpflichtig und hat die Beschwerdegegnerin für ihre Stellungnahme zum antragsgemäss abgewiesenen Gesuch um aufschiebende Wirkung zu entschädigen (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 1 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht: | |
1.
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Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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2.
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Die Gerichtskosten von Fr. 15'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
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3.
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Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 800.-- zu entschädigen.
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4.
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Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 19. November 2021
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Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Das präsidierende Mitglied: Escher
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Der Gerichtsschreiber: Buss
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