BGer 1B_678/2021 | |||
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BGer 1B_678/2021 vom 30.12.2021 | |
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1B_678/2021 |
Urteil vom 30. Dezember 2021 |
I. öffentlich-rechtliche Abteilung | |
Besetzung
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Bundesrichter Chaix, präsidierendes Mitglied,
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Bundesrichter Haag, Bundesrichter Müller,
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Gerichtsschreiberin Dambeck.
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Verfahrensbeteiligte | |
A.________,
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Beschwerdeführer,
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vertreten durch Rechtsanwalt Marcel Baeriswyl,
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gegen
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Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern,
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Nordring 8, Postfach, 3001 Bern,
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vertreten durch die Staatsanwaltschaft
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des Kantons Bern, Region Bern-Mittelland,
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Amthaus, Hodlerstrasse 7, 3011 Bern.
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Gegenstand
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Strafverfahren; Verlängerung Untersuchungshaft,
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Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts
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des Kantons Bern, Beschwerdekammer in Strafsachen,
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vom 8. November 2021 (BK 21 468).
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Sachverhalt: | |
A.
| 1 |
Die Regionale Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland führt ein Strafverfahren gegen A.________ wegen des Verdachts auf vorsätzliche Tötung und Drohung. A.________ wurde am 25. Dezember 2020 festgenommen und mit Entscheid des Kantonalen Zwangsmassnahmengerichts vom 28. Dezember 2020 für die Dauer von drei Monaten in Untersuchungshaft versetzt. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft verlängerte das Zwangsmassnahmengericht die Untersuchungshaft am 30. März 2021 um sechs Monate und am 4. Oktober 2021 um drei Monate bis zum 24. Dezember 2021.
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Den Entscheid des Zwangsmassnahmengerichts vom 4. Oktober 2021 focht A.________ beim Obergericht des Kantons Bern, Beschwerdekammer in Strafsachen, an. Dieses wies die Beschwerde mit Beschluss vom 8. November 2021 ab.
| 3 |
B.
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Mit Eingabe vom 15. Dezember 2021 führt A.________ Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht und beantragt, der Beschluss des Obergerichts vom 8. November 2021 sei aufzuheben und er sei unverzüglich aus der Untersuchungshaft zu entlassen. Es sei festzustellen, dass vorliegend weder ein dringender Tatverdacht noch eine ernsthaft zu befürchtende Flucht- und/oder Wiederholungsgefahr vorliege. In prozessualer Hinsicht stellt er Antrag auf Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.
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Die Vorinstanz verzichtet auf eine Vernehmlassung. Die Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern beantragt unter Verweis auf den angefochtenen Beschluss die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei.
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Erwägungen: |
1. | |
1.1. Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid betreffend die Verlängerung der Untersuchungshaft. Dagegen steht grundsätzlich die Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht gemäss Art. 78 ff. BGG offen. Der Beschwerdeführer hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen und befindet sich, soweit aus den Akten ersichtlich, nach wie vor in Haft. Er hat folglich ein aktuelles, rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und ist somit gemäss Art. 81 Abs. 1 BGG zur Beschwerde berechtigt. Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde grundsätzlich einzutreten.
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1.2. Zusätzlich zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur unverzüglichen Haftentlassung beantragt der Beschwerdeführer die Feststellung, dass vorliegend weder ein dringender Tatverdacht betreffend vorsätzlicher Tötung und Drohung noch eine ernsthaft zu befürchtende Flucht- und/oder Wiederholungsgefahr vorliege. Ein Interesse an einer derartigen Feststellung, das über das Interesse an der Gutheissung der übrigen Rechtsbegehren hinausgeht, wird indes nicht dargetan und ist auch nicht erkennbar (vgl. BGE 114 II 253 E. 2a; Urteile 1B_6/2019 vom 31. Januar 2019 E. 1.2; 1B_253/2018 vom 26. Juni 2018; je mit Hinweisen). Auf die Beschwerde ist daher insoweit nicht einzutreten.
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1.3. Anfechtungsobjekt des vorliegenden Verfahrens bildet allein der Beschluss des Obergerichts vom 8. November 2021. Soweit der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Beschwerde auch die Anträge der Staatsanwaltschaft und Entscheide des Zwangsmassnahmengerichts betreffend Haftanordnung bzw. -verlängerung bemängelt, ist daher nicht darauf einzugehen.
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1.4. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Eine entsprechende Sachverhaltsrüge ist substanziiert vorzubringen (vgl. Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 147 I 1 E. 3.5). Das Bundesgericht prüft nur klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen; auf rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein (BGE 141 IV 249 E. 1.3.1; 140 III 264 E. 2.3 mit Hinweisen).
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Der Beschwerdeführer bringt zwar an verschiedenen Stellen in seiner Beschwerde vor, der Sachverhalt sei von der Vorinstanz offensichtlich unrichtig festgestellt worden. Jedoch zeigt er nicht auf, inwiefern dies der Fall sein sollte, weshalb auf diese Rüge, mangels Substanziierung, nicht eingegangen wird.
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2.
| 12 |
Untersuchungshaft ist gemäss Art. 221 Abs. 1 StPO zulässig, wenn die beschuldigte Person eines Verbrechens oder Vergehens dringend verdächtig ist (allgemeiner Haftgrund) und ernsthaft zu befürchten ist, dass sie sich durch Flucht dem Strafverfahren oder der zu erwartenden Sanktion entzieht (Fluchtgefahr; lit. a) oder durch schwere Verbrechen oder Vergehen die Sicherheit anderer erheblich gefährdet, nachdem sie bereits früher gleichartige Straftaten verübt hat (Wiederholungsgefahr; lit. c). Überdies muss die Haft verhältnismässig sein (vgl. Art. 5 Abs. 2 und Art. 36 Abs. 3 BV, Art. 197 Abs. 1 lit. c und d sowie Art. 212 Abs. 2 lit. c StPO). Das zuständige Gericht ordnet an Stelle der Untersuchungshaft eine oder mehrere mildere Massnahmen an, wenn sie den gleichen Zweck wie die Haft erfüllen (Art. 237 Abs. 1 StPO).
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Die Vorinstanz erachtete sowohl den dringenden Tatverdacht der vorsätzlichen Tötung und Drohung als auch die Haftgründe der Flucht- und Wiederholungsgefahr sowie die Verhältnismässigkeit der Haftverlängerung als gegeben.
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3.
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Der Beschwerdeführer bestreitet das Vorliegen eines dringenden Tatverdachts im Sinne von Art. 221 Abs. 1 StPO sowohl in Bezug auf die vorsätzliche Tötung als auch die Drohung.
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3.1. Bei der Überprüfung des dringenden Tatverdachts im Sinne von Art. 221 Abs. 1 StPO ist keine erschöpfende Abwägung sämtlicher belastender und entlastender Beweise vorzunehmen. Zu prüfen ist vielmehr, ob aufgrund der bisherigen Untersuchungsergebnisse genügend konkrete Anhaltspunkte für ein Verbrechen oder Vergehen und eine Beteiligung der beschuldigten Person an dieser Tat vorliegen, die Strafbehörden somit das Bestehen eines dringenden Tatverdachts mit vertretbaren Gründen bejahen durften. Im Haftprüfungsverfahren genügt dabei der Nachweis von konkreten Verdachtsmomenten, wonach das untersuchte Verhalten mit erheblicher Wahrscheinlichkeit die fraglichen Tatbestandsmerkmale erfüllen könnte. Zur Frage des dringenden Tatverdachts bzw. zur Schuldfrage hat das Bundesgericht weder ein eigentliches Beweisverfahren durchzuführen noch dem erkennenden Strafgericht vorzugreifen. Zu Beginn der Strafuntersuchung sind die Anforderungen an den dringenden Tatverdacht geringer als in späteren Stadien. Im Laufe des Strafverfahrens ist ein immer strengerer Massstab an die Erheblichkeit und Konkretheit des Tatverdachts zu stellen. Nach Durchführung der in Betracht kommenden Untersuchungshandlungen muss eine Verurteilung als wahrscheinlich erscheinen (zum Ganzen: BGE 143 IV 330 E. 2.1; 143 IV 316 E. 3.1 f.; je mit Hinweisen).
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3.2. Die Vorinstanz hielt gestützt auf die Akten fest, der Beschwerdeführer habe sich am 25. Dezember 2020 bei der Kantonspolizei Bern gemeldet und angegeben, soeben seine Freundin erschossen zu haben. Kurze Zeit später habe sich B.________ ebenfalls bei der Polizei gemeldet und mitgeteilt, dass er vom Beschwerdeführer über den Vorfall informiert worden sei. Anlässlich seiner Einvernahmen vom 25. und 26. Dezember 2020 habe der Beschwerdeführer zu Protokoll gegeben, dass er und seine Freundin am 25. Dezember 2020 noch "Diskussionen" wegen deren Tochter gehabt hätten. Nachdem diese dann zu ihrem Vater gegangen sei, hätten sie "gespässelt" und gelacht. Während des "Blödelns" habe sich ein Schuss aus der Waffe, die er in den Händen gehalten habe, gelöst. Zur Tat selber habe der Beschwerdeführer keine konkreten Fragen beantworten können. An weiteren Einvernahmen vom 3. Februar 2021 und 10. März 2021 habe er sich an keine Details mehr erinnern bzw. keine Detailfragen bezüglich Schussabgabe beantworten können. Dem rechtsmedizinischen Gutachten vom 16. Juli 2021 samt Ergänzungsgutachten könne entnommen werden, dass der Abstand zwischen der Waffenmündung und dem Einschuss im Kopf der Verstorbenen wahrscheinlich mehr als 20 cm, jedoch weniger als 60 cm betragen habe (sogenannter Nahschuss). Unbestritten sei, dass der Beschwerdeführer regelmässig viel Alkohol und Cannabis konsumiert habe. Die forensisch-toxikologische Alkoholbestimmung habe bei ihm für den Tatzeitpunkt einen Minimalwert von 2.33 Gewichtspromille und einen Maximalwert von 3.32 Gewichtspromille ergeben. Weiter sei der Beschwerdeführer positiv auf Cannabis getestet worden.
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Nach einer Erörterung der Aussagen der Tochter der Verstorbenen, deren Vaters und weiterer Personen sowie des Wahrnehmungsberichts der Kantonspolizei Bern vom 25. Dezember 2020 hielt die Vorinstanz fest, der dringende Tatverdacht der vorsätzlichen Tötung könne nicht ernsthaft in Abrede gestellt werden. Die vom Beschwerdeführer geltend gemachte "Unfallversion" überzeuge in keiner Weise und erscheine unter Berücksichtigung der Gesamtakten nicht glaubhaft. Derzeit müsse davon ausgegangen werden, dass es am 25. Dezember 2020 zu Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Beschwerdeführer und der Verstorbenen gekommen sei. Es spreche einiges dafür, dass sich die Situation zugespitzt haben müsse: Der Beschwerdeführer sei an jenem Tag unter Alkohol- und Drogeneinfluss gestanden, aufgebracht gewesen, habe eine Waffe bei sich gehabt und werde von verschiedener Seite - insbesondere unter Alkoholeinfluss - als aufbrausend, impulsiv und aggressiv beschrieben. Zudem hätten Ex-Partnerinnen des Beschwerdeführers geschildert, dass ihnen der Beschwerdeführer ebenfalls gedroht habe resp. er diese tätlich angegangen sei. Zusammengefasst sei der Verdacht der vorsätzlichen Schussabgabe und damit der vorsätzlichen Tötung als dringend zu qualifizieren.
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Auch hinsichtlich der dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Drohung, wonach er anlässlich des nach der Schussabgabe geführten Telefongesprächs B.________ mit der Erschiessung gedroht haben solle, sei der dringende Tatverdacht zu bejahen. B.________ habe gegenüber der Polizei zu Protokoll gegeben, dass der Beschwerdeführer ihm zunächst in aufgelöstem Zustand berichtet habe, "Scheisse gebaut" und seine Freundin erschossen zu haben. Dann habe seine Stimmung um 180 Grad gekehrt, sei er aggressiv geworden und habe ihn als Betrüger beschimpft und dabei gesagt, dass er (B.________) der nächste sei, den er erschiessen werde.
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3.3. Der Beschwerdeführer bringt dagegen vor, die Vorinstanz verkenne, dass er sich zur Tatzeit unter enormem Alkohol- und Drogeneinfluss (Cannabis) befunden habe. Zudem wirke es parteiisch und gesucht, ihm die Erinnerungslücken anzulasten. Wie sich der Tathergang ereignet habe, sei nach wie vor völlig ungewiss. Es könnte sich auch um eine fahrlässige Tatbegehung, um einen Unfall etc. gehandelt haben. Die Mutmassungen, wonach es sich um ein Beziehungsdelikt und eine vorsätzliche Schussabgabe gehandelt haben könnte, seien nicht erhärtet. Der dringende Tatverdacht der vorsätzlichen Tötung sei daher nicht gegeben. Seit Beginn des Strafverfahrens habe sich diesbezüglich nichts geändert.
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Auch hinsichtlich der ihm vorgeworfenen Drohung bestehe kein dringender Tatverdacht. Es handle sich dabei lediglich um Behauptungen des angeblich von der Drohung Betroffenen, die weder durch Aufnahmen noch durch Drittpersonen bestätigt werden könnten.
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3.4. Entgegen der vom Beschwerdeführer vertretenen Auffassung stellte die Vorinstanz selber fest, dass sich der Beschwerdeführer an jenem Tag unter Alkohol- und Drogeneinfluss befunden habe. Nach ihrer Einschätzung vermochte der vorgängige Konsum vorsätzliches Handeln jedoch nicht auszuschliessen. Der Beschwerdeführer sei es gewohnt gewesen, viel Alkohol zu trinken, und nach der Tat in der Lage gewesen, die Polizei und Drittpersonen zu kontaktieren und deren Anweisungen zu befolgen. Auch im forensisch-psychiatrischen Gutachten werde im Übrigen von zur Tatzeit erhaltener Einsichtsfähigkeit ausgegangen. Dass diese Ausführungen der Vorinstanz nicht zutreffen sollten, macht der Beschwerdeführer nicht geltend. Nicht nachvollziehbar ist zudem, inwiefern die Vorinstanz dem Beschwerdeführer dessen Erinnerungslücken "angelastet" haben sollte: Die Vorinstanz hielt in diesem Zusammenhang lediglich fest, bis heute habe der Beschwerdeführer keine nähere Erklärung beibringen können, wie sich das "Blödeln" und das "Käpslipistole-Spielen" genau zugetragen haben sollen. Selbst wenn beim "Blödeln" oftmals kein Sinn und Zweck erkennbar sei, dürfe erwartet werden, dass die diesbezügliche Situation bzw. der entsprechende Geschehensablauf geschildert werden könne. Ob die vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang geltend gemachten Erinnerungslücken als Schutzbehauptung bezeichnet werden müssten oder auf eine Schutzreaktion oder Verdrängung zurückzuführen seien, könne dahingestellt bleiben. Immerhin falle auf, dass sich der Beschwerdeführer gut an die Zeit nach der Tat zu erinnern vermöge. Schliesslich ist dem angefochtenen Beschluss zu entnehmen, dass zwischenzeitlich offenbar ein 3D-Modell zur Tatrekonstruktion erstellt worden sei. Dem Anzeigerapport vom 28. September 2021 könne diesbezüglich entnommen werden, dass die erstellte virtuelle Tatrekonstruktion eindeutig aufzeige, dass es sich bei der Schussabgabe unmöglich um einen Unfall handeln könne. Auch mit dieser Feststellung der Vorinstanz setzt sich der Beschwerdeführer nicht auseinander.
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Nach dem Gesagten hat sich die Vorinstanz ausführlich mit den bisherigen Untersuchungsergebnissen auseinandergesetzt und ist nicht zu beanstanden, dass sie das Vorliegen konkreter Anhaltspunkte für eine vorsätzliche Tötung und eine diesbezügliche Beteiligung des Beschwerdeführers bejahte. Mit seinen Vorbringen, "die genauen Umstände und der Hergang" seien "nach wie vor völlig unklar", vermag der Beschwerdeführer den dringenden Tatverdacht vorliegend nicht zu zerstreuen. Hinsichtlich der dem Beschwerdeführer ebenfalls vorgeworfenen Drohung hat gemäss den Ausführungen im angefochtenen Beschluss bisher einzig eine Einvernahme des Bedrohten selber stattgefunden. Dass die Vorinstanz auch diesbezüglich von einem dringenden Tatverdacht ausgegangen ist, ist derzeit ebenfalls nicht zu beanstanden. Im Übrigen obliegt die Beweiswürdigung dem Strafgericht, dem im Rahmen des Haftverfahrens nicht vorzugreifen ist.
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4.
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Des Weiteren bestreitet der Beschwerdeführer das Vorliegen der von der Vorinstanz bejahten Flucht- und Wiederholungsgefahr im Sinne von Art. 221 Abs. 1 lit. a und c StPO.
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4.1. Gemäss Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO sind drei Elemente für das Vorliegen von Wiederholungsgefahr konstitutiv. Erstens muss grundsätzlich das Vortatenerfordernis erfüllt sein und es müssen schwere Vergehen oder Verbrechen drohen. Zweitens muss hierdurch die Sicherheit anderer erheblich gefährdet sein. Drittens muss die Tatwiederholung ernsthaft zu befürchten sein, was anhand einer Rückfallprognose zu beurteilen ist (BGE 143 IV 9 E. 2.5).
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Was das Vortatenerfordernis betrifft, können sich die bereits begangenen Straftaten zunächst aus rechtskräftig abgeschlossenen Strafverfahren ergeben. Sie können jedoch auch Gegenstand eines noch hängigen Strafverfahrens bilden, in dem sich die Frage der Untersuchungs- bzw. Sicherheitshaft stellt, sofern mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststeht, dass die beschuldigte Person solche Straftaten begangen hat. Der haftrechtliche Nachweis, dass die beschuldigte Person eine Straftat verübt hat, gilt bei einem glaubhaften Geständnis oder einer erdrückenden Beweislage als erbracht (BGE 143 IV 9 E. 2.3.1; 137 IV 84 E. 3.2 mit Hinweisen). Die Gefährlichkeit der beschuldigten Person lässt sich in diesem Sinne sowohl aufgrund von bereits abgeurteilten Vortaten beurteilen als auch im Gesamtkontext der ihr neu vorgeworfenen Delikte, sofern mit ausreichender Wahrscheinlichkeit erstellt ist, dass sie diese begangen hat (BGE 143 IV 9 E. 2.6 mit Hinweis). Erweisen sich die Risiken als untragbar hoch (sogenannte "qualifizierte Wiederholungsgefahr"), kann vom Vortatenerfordernis sogar vollständig abgesehen werden. Aufgrund einer systematisch-teleologischen Auslegung von Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO ist das Bundesgericht zum Schluss gekommen, es habe nicht in der Absicht des Gesetzgebers gelegen, mögliche Opfer von schweren Gewaltdelikten einem derart hohen Rückfallrisiko auszusetzen (BGE 143 IV 9 E. 2.3.1; 137 IV 13 E. 3 f.).
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Bei der Beurteilung der Schwere der drohenden Delikte sind neben der abstrakten Strafdrohung gemäss Gesetz insbesondere auch das betroffene Rechtsgut und der Kontext, namentlich die konkret von der beschuldigten Person ausgehende Gefährlichkeit bzw. das bei ihr vorhandene Gewaltpotenzial, einzubeziehen. Die erhebliche Gefährdung der Sicherheit anderer durch drohende Verbrechen oder schwere Vergehen kann sich grundsätzlich auf Rechtsgüter jeder Art beziehen. Im Vordergrund stehen Delikte gegen die körperliche und sexuelle Integrität (BGE 146 IV 136 E. 2.2; 143 IV 9 E. 2.6-2.7; je mit Hinweisen).
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Massgebliche Kriterien bei der Beurteilung der Rückfallprognose sind nach der Praxis des Bundesgerichtes insbesondere die Häufigkeit und Intensität der fraglichen Delikte. Bei dieser Bewertung sind allfällige Aggravationstendenzen, wie eine zunehmende Eskalation respektive Gewaltintensität oder eine raschere Kadenz der Taten, zu berücksichtigen. Zu würdigen sind des Weiteren die persönlichen Verhältnisse der beschuldigten Person. Liegt bereits ein psychiatrisches Gutachten vor, ist dieses ebenfalls in die Beurteilung miteinzubeziehen. In der Regel erscheint die Gefährdung der Sicherheit anderer umso höher, je schwerer die drohende Tat wiegt. Betreffend die Anforderungen an die Rückfallgefahr gilt hingegen eine umgekehrte Proportionalität. Dies bedeutet: je schwerer die drohenden Taten sind und je höher die Gefährdung der Sicherheit anderer ist, desto geringere Anforderungen sind an die Rückfallgefahr zu stellen. Liegen die Tatschwere und die Sicherheitsrelevanz am oberen Ende der Skala, so ist die Messlatte zur Annahme einer rechtserheblichen Rückfallgefahr tiefer anzusetzen. Zugleich ist daran festzuhalten, dass der Haftgrund der Wiederholungsgefahr restriktiv zu handhaben ist. Hieraus folgt, dass eine negative, d.h. eine ungünstige Rückfallprognose zur Annahme von Wiederholungsgefahr notwendig, grundsätzlich aber auch ausreichend ist (BGE 143 IV 9 E. 2.8-2.10 mit Hinweisen). Besonders bei drohenden schweren Gewaltverbrechen ist dabei auch dem psychischen Zustand der beschuldigten Person bzw. ihrer Unberechenbarkeit oder Aggressivität Rechnung zu tragen (BGE 143 IV 9 E. 2.8).
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4.2. Die Vorinstanz ging mit Blick auf die dem Beschwerdeführer vorgeworfene Tötung seiner Partnerin von einer "qualifizierten Wiederholungsgefahr" aus und sah vom Vortatenerfordernis ab. Weiter erwog sie, der Beschwerdeführer sei forensisch-psychiatrisch begutachtet worden, wobei der Gutachter eine Störung durch multiplen Substanzgebrauch und Konsum psychotroper Substanzen, ein Abhängigkeitssyndrom (Alkohol, Cannabis, Kokain, Benzodiazepine und Nikotin), gegenwärtig teilweise abstinent (Alkohol, Cannabis, Kokain) in geschützter Umgebung, sowie eine dissoziale Persönlichkeitsstörung mit psychopathischen Anteilen diagnostiziert habe. Zur Frage der Wahrscheinlichkeit zukünftiger strafbarer Handlungen könne dem Gutachten entnommen werden, dass aus der aktuarischen und dynamischen Risikobeurteilung ein erhöhtes Risiko resultiere, dass der Beschwerdeführer zukünftig erneut ähnliche Delikte begehen könnte. Es müsse auch zukünftig mit hoher Wahrscheinlichkeit damit gerechnet werden, dass der Beschwerdeführer sein Konsumverhalten fortsetze bzw. wieder aufnehme und nur unzureichend in der Lage sein werde, prosoziale Lösungsstrategien anzuwenden. Dadurch könnten erneut andere Personen psychisch belastet und eventuell sogar körperlich geschädigt werden. Konkret seien Straftaten zu erwarten, wie sie dem Beschwerdeführer aktuell zur Last gelegt würden, also Drohung und vorsätzliche Tötung.
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4.3. Der Beschwerdeführer bringt dagegen einzig vor, die Vorinstanz verkenne, dass am Körper der Verstorbenen keine Verletzungen gefunden worden seien, die auf eine vorgängige gewalttätige Auseinandersetzung hinweisen würden. Zudem habe der Gutachter bei der Beantwortung der Ergänzungsfragen selber eingeräumt, von Annahmen ausgegangen zu sein. Es könne daher nicht alleine auf die Legal- bzw. Risikoprognose abgestellt werden, da diese auf vielen Eventualitäten und Annahmen beruhe, die nicht rechtsgenüglich nachgewiesen seien.
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4.4. Entgegen der vom Beschwerdeführer vertretenen Auffassung stellte die Vorinstanz nicht alleine auf das forensisch-psychiatrische Gutachten ab, sondern berücksichtigte auch die übrigen Ermittlungsergebnisse, namentlich die Aussagen verschiedener einvernommener Personen. Diese hätten den Beschwerdeführer als aufbrausend, aggressiv, impulsiv und unberechenbar beschrieben; seine Stimmung könne plötzlich umschlagen. Weiter hätten frühere Partnerinnen erlebt, wie der Beschwerdeführer in der Vergangenheit mit schwierigeren Situationen umgegangen sei. So habe eine frühere Partnerin berichtet, dass der Beschwerdeführer auf sie losgegangen und auf ihren Hals gekniet sei und versucht habe, ihr die Luft abzuschnüren. Eine andere frühere Partnerin habe ausgesagt, dass sich der Beschwerdeführer ab dem Zeitpunkt ihrer Schwangerschaft verändert habe. Er sei ihr gegenüber unter anderem aggressiv und handgreiflich geworden, habe ihr gedroht, sie umzubringen und ihr via Chatnachricht mitgeteilt, dass die letzte Kugel für sie bestimmt sei. Abgesehen davon hielt bereits die Vorinstanz fest, die Kritik des Beschwerdeführers an den gutachterlichen Ausführungen reiche nicht aus, um zum Schluss zu gelangen, dass das Gutachten derzeit als unhaltbar zu betrachten wäre. Dieses erweise sich gestützt auf eine summarische Würdigung als in sich schlüssig und vollständig, was der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Beschwerde nicht bestreitet. Was er sodann aus dem Umstand, dass bei der Verstorbenen keine Verletzungen einer vorgängigen gewalttätigen Auseinandersetzung gefunden worden seien, mit Blick auf die Wiederholungsgefahr zu seinen Gunsten ableiten will, legt er weder dar noch ist dies ersichtlich.
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Insgesamt ist somit nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz das Vorliegen von Wiederholungsgefahr im Sinne von Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO bejaht hat. Es kann daher offenbleiben, ob noch andere Haftgründe, insbesondere die von der Vorinstanz ebenfalls bejahte Fluchtgefahr, gegeben wären.
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5.
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Inwiefern die Haftverlängerung unverhältnismässig sein sollte, macht der Beschwerdeführer nicht (rechtsgenüglich) geltend, weshalb auf die diesbezüglichen zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz im angefochtenen Beschluss verwiesen werden kann.
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6. | |
Nach diesen Erwägungen ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
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Gemäss den Ausführungen im angefochtenen Beschluss und in der Beschwerde sowie Beschwerdebeilage 3 ist der Beschwerdeführer seit dem 25. Dezember 2020 amtlich verteidigt. Es ist daher nicht ersichtlich, was er mit den Anträgen auf Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Einsetzung seines Rechtsvertreters als amtlicher Rechtsbeistand in den kantonalen Verfahren bezweckt. Nachdem dies auch aus der Beschwerdebegründung nicht hervorgeht, ist darauf nicht einzugehen.
| 38 |
Bei diesem Ausgang des Verfahrens würde der Beschwerdeführer an sich kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Er stellt indes ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege. Da die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind, kann dem Gesuch entsprochen werden (Art. 64 Abs. 1 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht: | |
1.
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Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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2.
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Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren wird gutgeheissen.
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2.1. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
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2.2. Rechtsanwalt Marcel Baeriswyl wird als unentgeltlicher Rechtsbeistand eingesetzt und für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 1'500.-- aus der Bundesgerichtskasse entschädigt.
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3.
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Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern und dem Obergericht des Kantons Bern, Beschwerdekammer in Strafsachen, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 30. Dezember 2021
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Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Das präsidierende Mitglied: Chaix
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Die Gerichtsschreiberin: Dambeck
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