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Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: Brian Valerius, A. Tschentscher | |||
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StGB § 263 Abs. 1 |
4. Strafsenat |
Urteil |
vom 26. April 2001 g.W. |
- 4 StR 439/00 - |
Landgericht Bochum |
Aus den Gründen: | |
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betrugs zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Seine Revision hat keinen Erfolg.
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1. Das Landgericht hat festgestellt:
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Der Angeklagte gründete 1999 mit Sitz in Palma de Mallorca die Firma IMV, "die sich mit der Veröffentlichung von Geschäfts-, Familien- und Todesanzeigen im Internet beschäftigen sollte". Ein Büro unterhielt die Firma in Palma aber nicht, sondern lediglich im Inland in B., ohne daß hierauf im Geschäftsverkehr oder in sonstiger Weise hingewiesen wurde. Zum Geschäftsführer bestimmte der Angeklagte als "Strohmann" den früheren, inzwischen rechtskräftig verurteilten Mitangeklagten H. Nach dem "Konzept" des Angeklagten wurden auf seine Veranlassung aus insgesamt 240 abonnierten Tageszeitungen "dort veröffentlichte Eintragungen und Anzeigen, insbesondere auch Todesanzeigen, ausgewählt ... Im Falle von Todesanzeigen wurde dem dort an erster Stelle genannten Angehörigen der verstorbenen Person nur zwei bis drei Tage nach dem Erscheinen der Anzeige unverlangt ein als "Insertionsofferte" bezeichnetes Schreiben" jeweils zusammen mit einem "teilweise vorausgefüllten Überweisungsträger" ![]() ![]() | 3 |
Gegenstand des Verfahrens sind nach dessen Beschränkung noch 660 im einzelnen konkretisierte Fälle im Zeitraum vom 28. April bis zum 10. September 1999, die sämtlich Todesanzeigen betreffen. In "49 Fällen überwiesen die angeschriebenen Personen den im Schreiben jeweils genannten Betrag". In 40 dieser Fälle "gingen die überwiesenen Beträge wieder an die Absender, weil die Banken die Zusammenarbeit mit IMV ablehnten". Soweit die Banken die Beträge nicht zurücküberwiesen und diese somit IMV zur Verfügung standen, "wurde der Inhalt der entsprechenden Todesanzeigen aus den Tageszeitungen, die dem jeweiligen Anschreiben zugrundelagen, im Internet unter der Adresse ... eingestellt".
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2. Auf der Grundlage dieser rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen hat das Landgericht den Angeklagten zu Recht wegen einer - einheitlichen (BGH NStZ 1996, 610 f.; 1998, 568, 569 m. Anm. Dierlamm; Senatsbeschl. vom 7. November 2000 - 4 StR 424/00 - m.w.N.), teilweise vollendeten, teilweise versuchten - Betrugstat nach § 263 Abs. 1 StGB verurteilt. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Betrugs sind erfüllt.
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aa) Die Täuschungshandlung besteht nach dem Wortlaut des Gesetzes in der Vorspiegelung falscher oder in der Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen. Als Tatsache in diesem Sinne ist nicht nur das tatsächlich, sondern auch das angeblich Geschehene oder Bestehende anzusehen, sofern ihm das Merkmal der objektiven Bestimmtheit und Gewißheit eigen ist (Cramer in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 263 Rdn. 8 m.w.N.). Hiernach ist die Täuschung jedes Verhalten, das objektiv irreführt oder einen Irrtum unterhält und damit auf die Vorstellung eines anderen einwirkt (Tröndle/Fischer, StGB 50. Aufl. § 263 Rdn. 6; Cramer a.a.O. Rdn. 11; Lackner/Kühl, StGB 23. Aufl. § 263 Rdn. 6). Dabei ist in Rechtsprechung und Literatur allgemein anerkannt, daß außer der ausdrücklichen Begehung, namentlich durch bewußt unwahre Behauptungen, die Täuschung auch konkludent erfolgen kann, nämlich durch irreführendes Verhalten, das nach der Verkehrsanschauung als stillschweigende Erklärung zu verstehen ist (Tröndle/Fischer a.a.O. Rdn. 7; Lackner/Kühl a.a.O. Rdn. 7). Davon ist auszugehen, wenn der Täter die Unwahrheit zwar nicht expressis verbis zum Ausdruck bringt, sie aber nach der Verkehrsanschauung durch sein Verhalten miterklärt (Cramer a.a.O. Rdn. 14; Lackner in LK 10. Aufl. § 263 Rdn. 28).
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bb) Das Landgericht hat zu Recht als in diesem Sinne "miterklärt" erachtet, daß es sich bei den unaufgefordert versandten Schreiben um eine Rechnung für die bereits anderweitig erfolgte Veröffentlichung der Todesanzeigen handelte, und deshalb eine Täuschungshandlung bejaht.
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Wenn der Täter bei Versendung von Formularschreiben typische Rechnungsmerkmale - insbesondere, wie hier, das Fehlen von Anrede und Grußformel, Hervorhebung einer individuellen Registernummer, Fehlen einer näheren Darstellung der angebotenen Leistung, Aufschlüsselung des zu zahlenden Betrags nach Netto- und Bruttosumme, Hervorhebung der Zahlungsfrist ("binnen zehn Tagen") durch Fettdruck, Beifügung eines ausgefüllten Überweisungsträgers - einsetzt, die den Gesamteindruck so sehr prägen, daß demgegenüber die - kleingedruckten - Hinweise auf ![]() ![]() | 9 |
Der Senat befindet sich damit in Übereinstimmung mit den von der Zivilrechtsprechung für einschlägige Fallgestaltungen entwickelten Grundsätzen, die für die Ermittlung der Verkehrsanschauung, nämlich des objektiven Maßstabs des Geschäftsverkehrs heranzuziehen sind. Der für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs bejaht in ständiger Rechtsprechung einen Unterlassungs- bzw. Beseitigungsanspruch wegen konkludenter Täuschung, wenn Gewerbetreibende im Rahmen eines als Mittel des Wettbewerbs angelegten Gesamtkonzepts durch rechnungsähnliche Gestaltung von unaufgefordert versandten formularmäßigen "Angebotsschreiben" systematisch und fortlaufend das Zustandekommen von Insertionsverträgen betreiben, indem sie darüber hinwegtäuschen, daß die Formularschreiben nur Angebote zur Eintragung in Branchenverzeichnisse u. ä. enthalten, und statt dessen den Eindruck erwecken, es würden bereits in Auftrag gegebene Leistungen in Rechnung gestellt (BGHZ 123, 330, 334; NJW 1995, 1361 f.; WRP 1998, 383, 385). Dabei stellt der Bundesgerichtshof in Zivilsachen hinsichtlich der Eignung zur Irreführung ausdrücklich nicht auf die Einzelmerkmale der Anschreiben (individuelle Auftragsnummer, Aufschlüsselung des zu zahlenden Preises und Beifügung eines ausgefüllten Überweisungsträgers) ab, sondern auf den planmäßig erweckten Gesamteindruck der Aufmachung "nach Art einer Rechnung" (BGH NJW 1995, 1362).
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cc) Diese Grundsätze haben auch Bedeutung für den Täuschungsbegriff des Betrugstatbestands. Allerdings gehört es nicht zum vom Betrugstatbestand geschützten Rechtsgut, sorglose Menschen gegen die Folgen ihrer eigenen Sorglosigkeit zu schützen (BGHSt 3, 99, 103; Tröndle/Fischer a.a.O. Rdn. 35 a; jew. zum Vermögensschaden). Das Merkmal der Täuschung im strafrechtlichen Sinne ist deshalb nicht schon ohne weiteres dadurch erfüllt, daß die Empfänger der Schreiben die "Insertionsofferte" mißverstehen konnten und dies dem Angeklagten bewußt war. Die Täuschung ![]() ![]() | 11 |
dd) Zur tatbestandlichen Täuschung wird ein Verhalten hierbei dann, wenn der Täter die Eignung der - inhaltlich richtigen - Erklärung, einen Irrtum hervorzurufen, planmäßig einsetzt und damit unter dem Anschein "äußerlich verkehrsgerechten Verhaltens" gezielt die Schädigung des Adressaten verfolgt, wenn also die Irrtumserregung nicht die bloße Folge, sondern der Zweck der Handlung ist (so zu Recht Tröndle/Fischer a.a.O. Rdn. 7 a; vgl. auch die entsprechende Rechtsprechung des Senats zum Hindernisbereiten im Sinne des § 315 b Abs. 1 Nr. 2 StGB durch "[äußerlich] verkehrsgerechtes Verhalten" im Straßenverkehr; BGH NZV 1992, 157 m. Anm. Seier; BGHR StGB § 315 b Abs. 1 Nr. 2 Hindernisbereiten 3 = StV 2000, 22 m. krit. Anm. Kudlich; dazu ferner krit. Scheffler NZV 1993, 463 f.). Insoweit genügt allerdings nicht bedingter Vorsatz (vgl. Lackner/Kühl a.a.O. Rdn. 57); vielmehr ergibt sich schon aus dem Erfordernis planmäßigen Verhaltens, daß die Annahme der Täuschung in diesen Fällen aufseiten des Täters ein Handeln mit direktem Vorsatz voraussetzt. Dies ist in Fällen ![]() ![]() | 12 |
ee) Die Feststellungen belegen die hiernach vorausgesetzte objektive und subjektive Tatseite; denn danach war das vom Angeklagten verfolgte "Konzept" gerade darauf angelegt, mit den zwar inhaltlich wahren Schreiben bei den Adressaten Mißverständnis und Irrtum hervorzurufen ("Betrug durch Behauptung wahrer Tatsachen?" bejahend Schröder a.a.O. S. 153 ff.; ferner Tröndle JR 1974, 221, 224; auch Tröndle/Fischer a.a.O. Rdn. 6 a m.w.N.; dagegen Schumann JZ 1979, 588 ff.). Unter diesen Umständen diente der isoliert betrachtet wahre Inhalt der Schreiben lediglich als "Fassade", um die von vornherein in betrügerischer Absicht angestrebte Zahlung nach außen hin als vertraglich geschuldet und damit als rechtmäßig erscheinen lassen zu können (vgl. Senatsurt. vom 7. November 1991 - 4 StR 252/91 - zum Betrug durch Täuschung über die Erfüllungswilligkeit bei Eingehung von Bau-Werkverträgen unter planmäßiger Berufung auf nach dem äußeren Sachverhalt zustehende werkvertragliche Rechte; insoweit in BGHSt 38, 111 = NJW 1992, 1245 nicht abgedruckt). Daß sich der Angebotscharakter der Schreiben bei genauem Hinsehen aus den beigefügten Allgemeinen Geschäftsbedingungen ergab, beseitigt unter diesen Umständen die - für den (angestrebten) Irrtum kausale (Cramer a.a.O. Rdn. 32 m.w.N.; a.A. Naucke in FS für Peters [1974], 109, 116 ff.) - tatbestandliche Täuschung nicht (so zu Recht Tröndle/Fischer a.a.O. Rdn. 7 a).
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ff) Mit dieser Entscheidung weicht der Senat nicht von tragenden Erwägungen des Beschlusses des 5. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 27. Februar 1979 - 5 StR 805/78 - (NStZ 1997, 186) ab. Der 5. Strafsenat hat darin die Versendung rechnungsähnlicher ![]() ![]() | 14 |
b) Auch der in den Zahlungsfällen eingetretene bzw. in den Versuchsfällen vom Angeklagten angestrebte irrtumsbedingte Vermögensschaden ist im Ergebnis rechtsfehlerfrei festgestellt. Dabei kann dahinstehen, ob - wie das Landgericht meint - der Vermögensschaden schon deshalb zu bejahen ist, weil wegen täuschungsbedingten "Nichtzustandekommen(s) des Vertrags" die Geschä ![]() ![]() ![]() | 15 |
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