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Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: Brian Valerius, A. Tschentscher | |||
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StGB § 244 Abs. 1 Nr. 2, § 244 a Abs. 1 |
4. Strafsenat |
Beschluss |
vom 15. Januar 2002 g.T. |
- 4 StR 499/01 - |
Landgericht Karlsruhe |
Aus den Gründen: | |
1. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat zum Schuld- und zum Rechtsfolgenausspruch keinen den Angeklagten belastenden Rechtsfehler ergeben. Näherer Erörterung bedarf lediglich die Verurteilung des Angeklagten wegen Diebstahls "als Mitglied einer Bande" nach § 244 a Abs. 1 i.V.m. § 244 Abs. 1 Nr. 2 StGB. ![]() | 1 |
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Der Angeklagte T. plante, nach Deutschland zu fahren, dort Fahrzeuge für den 'Eigengebrauch' zu entwenden, in Wohnungen einzubrechen, die Beute im wesentlichen nach Rumänien zu schicken und sie dort gewinnbringend zu verkaufen. Er wollte jedoch die geplanten Diebestouren nicht allein unternehmen. Er vereinbarte deshalb mit dem gesondert verfolgten A., daß (dieser) mit nach Deutschland fährt und mit ihm gemeinsam Einbrüche und Autodiebstähle begeht, wobei A., dem er ein festes Entgelt in Höhe von 1 500 DM im Monat versprach, vor allem die Aufgabe zukommen sollte, 'Schmiere' zu stehen.
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Mit der Angeklagten B. vereinbarte der Angeklagte T., daß diese mit Hilfe ihrer Deutschkenntnisse und ihres legalen Aufenthaltsstatus in Deutschland die Unterkunft für T. und A. besorgen, lohnende Einbruchsgegenden ausfindig machen und die beiden Männer erforderlichenfalls per Mobiltelefon zu den Tatobjekten und zurück leiten sollte. Außerdem sollte sie helfen, die jeweilige Tatbeute im Hotelzimmer zu sortieren, zu verpacken und - unter Angabe ihres Namens und ihrer Anschrift als Absender - nach Rumänien zu versenden.
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Der Angeklagte T., die Angeklagte B. und A. waren sich einig darüber, daß vom Erlös der Diebesbeute vorab die Kosten für die Unterkunft in den Hotels, für den Lebensunterhalt, für Kleidung und ähnliches in Deutschland bestritten werden sollten.
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In Ausführung dieses Plans kam es zu zahlreichen Diebstahlstaten, an deren unmittelbarer Tatausführung jeweils nur der Beschwerdeführer und der gesondert verfolgte A. "als Mittäter, § 25 Abs. 2 StGB, des schweren Bandendiebstahls" beteiligt waren. Die frühere Mitangeklagte B. hat das Landgericht in den sie betreffenden Fällen jeweils lediglich wegen Beihilfe zum schweren Bandendiebstahl verurteilt.
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2. Das Landgericht nimmt zu Recht das Vorliegen einer Bande im Sinne des § 244 a Abs. 1 i.V.m. § 244 Abs. 1 Nr. 2 StGB an. Hierfür ist nach der Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen des Bundesgerichtshofs vom 22. März 2001 (BGHSt 46,321 m. krit. Bespr. Erb NStZ 2001, 561) der Zusammenschluß von minde ![]() ![]() | 7 |
Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Soweit nach den vom Landgericht bislang getroffenen Feststellungen nicht ausgeschlossen werden kann, daß sich aufgrund der Bandenabrede der Beitrag der Mitangeklagten B. innerhalb der kriminellen Betätigung der Gruppe von vornherein nur auf eine Gehilfentätigkeit beschränken sollte, steht dies der Annahme einer "Dreierbande" nicht entgegen. Auch dann, wenn die Mitangeklagte B. lediglich eine Gehilfenfunktion ausüben sollte, wäre sie in den auf Dauer angelegten deliktischen Zusammenschluß als deren Mitglied eingebunden gewesen.
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3. In der Rechtsprechung ist bislang die Frage, ob Bandenmitglied auch derjenige sein kann, der im Rahmen des Zusammenschlusses nur Gehilfenfunktion ausüben soll, nicht entschieden; auch der Große Senat für Strafsachen des Bundesgerichtshofs (a.a.O.) hat sich hierzu nicht geäußert. Die Frage ist in dem hier entschiedenen Sinn zu beantworten.
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a) Ob jemand Mitglied einer Bande ist, bestimmt sich allein nach der deliktischen Vereinbarung, der sogenannten Banden abrede. Die Begründung der Mitgliedschaft folgt nicht aus der Bandentat, sondern geht dieser regelmäßig voraus. Beides - Mitgliedschaft in der Bande einerseits und bandenmäßige Begehung andererseits - ist auch begrifflich voneinander zu trennen. Dies findet seinen Niederschlag darin, daß die Rechtsprechung das Tatbestandsmerkmal "als Mitglied einer Bande" - im Unterschied zum tatbezogenen Mitwirkungserfordernis - als ein besonderes persönliches Merkmal im Sinne des § 28 Abs. 2 StGB betrachtet (BGHSt 12, 220, 226; BGH - Anfragebeschluß des 3. Strafsenats - NStZ 2000, 255, 257 m. zust. Anm. Hohmann; ebenso BTDrucks. IV/650 - E 1962 - S. 407; Ruß in LK 11. Aufl. § 244 Rdn. 13; Tröndle/Fischer, StGB 50. Aufl. § 28 Rdn. 9; zw. Lackner/Kühl, StGB 24. Aufl. § 244 Rdn. 7).
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Die Bandenabrede begründet die erhöhte abstrakte Gefährlichkeit der Bande, denn sie stellt die enge Bindung sicher, die die Mitglieder für die Zukunft und für eine gewisse Dauer eingehen und ![]() ![]() | 11 |
Ein begründeter Einwand gegen die hier vertretene Auffassung läßt sich auch nicht aus den Voraussetzungen der Strafbarkeit der Verabredung zu einem Verbrechen nach § 30 Abs. 2 StGB (zu diesem Gesichtspunkt im Zusammenhang mit der Bande Schild GA 1982, 55, 78 f.; ebenso schon zum früheren Recht: Goltdammer, Materialien zum Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten 1851 Teil I S. 332 f., Teil II S. 486, zitiert in RGSt 66, 236, 241) herleiten. Zwar ist nach in Rechtsprechung und Literatur herrschender Ansicht die Anwendung des § 30 Abs. 2 StGB davon abhängig, daß der in Aussicht genommene Tatbeitrag täterschaftliche Qualität erreichen soll (BGH NStZ 1993, 137 f.; BGH, Urt. vom 31. Oktober 2001 - 2 StR 315/01; Lackner/Kühl a.a.O. § 30 Rdn. 6). Doch findet diese Einschränkung ihre Rechtfertigung schon darin, daß § 30 Abs. 2 StGB die Verabredung zu einem bestimmten geplanten Verbrechen als solche unter Strafe stellt, weil diese Beteiligung im Vorbereitungsstadium ein konkretes geschütztes Rechtsgut in Gefahr bringt. Demgegenüber ist die auf die Begehung von im einzelnen noch unbestimmten Straftaten ausgerichtete Bandenabrede als solche nicht strafbewehrt. Eine dem § 30 Abs. 2 StGB vergleichbare restriktive Auslegung des Begriffs der Mitgliedschaft in der Bande ist von daher nicht veranlaßt.
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b) Soweit in der bisherigen Rechtsprechung der Gegensatz zwischen (bloßer) Mittäterschaft und bandenmäßiger Begehung ![]() ![]() | 13 |
c) Die Beteiligungsformen der §§ 25 ff. StGB bieten insgesamt keine geeigneten Maßstäbe für den Bandenbegriff. Im Einklang mit der hier zur Bandenabrede vertretenen Auffassung hat der Große Senat für Strafsachen für die - wie dargelegt - von der "Verbrechensverabredung" (BGH a.a.O. 334) zu trennende bandenmäßige Begehung entschieden, daß die besondere Gefährlichkeit des Bandendiebstahls und damit der Grund für seine höhere Strafwürdigkeit von der Form der Beteiligung der an der jeweiligen Bandentat Mitwirkenden unabhängig ist. Das Mitwirkungserfordernis in den Straftatbeständen, die - wie Bandendiebstahl in § 244 Abs. 1 Nr. 2 und § 244 a Abs. 1 StGB - die Begehung der Bandentat "unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds" voraussetzen, ist danach schon immer dann erfüllt, "wenn ein Bandenmitglied mit einem anderen Bandenmitglied in irgendeiner Weise, etwa als Gehilfe, zusammenwirkt" (BGH a.a.O. 338; im selben Sinne schon BTDrucks. IV/650 - E 1962 - a.a.O.; ebenso Ruß in LK a.a.O.).
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Findet das spezifische Gefährlichkeitspotential der Bande aber auch in einem solchen Zusammenwirken von Täter und Gehilfen seinen Niederschlag, so spricht nichts dafür, an die Mitgliedschaft selbst in bezug auf die bei den Bandentaten in Aussicht genommene Beteiligungsform erhöhte Anforderungen zu stellen und diejenigen Personen von der Qualifizierung "als Mitglied" auszunehmen, die zwar auf Dauer in die deliktische Gruppierung eingebunden sind, deren Beitrag sich aber in wertender Betrachtung nur als Gehilfentätigkeit darstellt (a.A. Schmitz NStZ 2000, 477, 478). Die ![]() ![]() | 15 |
4. Die Einbeziehung von in die Bande organisatorisch und auf Dauer eingebundenen Gehilfen als deren Mitglieder trägt zugleich dem Anliegen des Großen Senats für Strafsachen Rechnung, die praktische Rechtsanwendung für die Tatgerichte zu erleichtern. Der Große Senat hat die Erhöhung der Mindestmitgliederzahl von früher zwei auf drei Personen als einfaches und erfolgversprechendes Mittel vorgenommen, "um die Abgrenzung der wiederholten gemeinschaftlichen Tatbegehung durch Personen, die nur Mittäter sind, von derjenigen der bandenmäßigen Begehung zu vereinfachen" (BGH a.a.O. 329). Die nach der früheren Rechtsprechung für die Bandendelikte konstitutiven Merkmale eines "gefestigten Bandenwillens" und eines "Tätigwerdens im übergeordneten Bandeninteresse" hat er als inhaltlich zu unbestimmt und nur unpräzise faßbar (dazu der Anfragebeschluß des 4. Strafsenats des BGH NStZ 2000, 474, 475 f. m. Anm. Schmitz = JZ 2000, 628, 629 m. Anm. Engländer) aufgegeben. Wäre die Mitgliedschaft in der Bande von einer "mittäterschaftlichen" Einbindung abhängig, würde dies die angestrebte Rechtsklarheit erneut gefährden. Ob die Einbindung in die Bande ein Näheverhältnis zu den in Aussicht genommenen eigentlichen Tathandlungen hat, das die Qualifizierung als "täterschaftlich" rechtfertigt, wird sich schon deshalb nur schwer beurteilen lassen, weil oftmals im Zeitpunkt der deliktischen Vereinbarung noch gar nicht feststeht, welcher Art die später bei den konkreten Taten im einzelnen zu erbringenden arbeitsteiligen Tatbeiträge sein werden. Zudem muß die Bandenabrede nicht ausdrücklich getroffen werden; vielmehr genügt jede Form auch stillschweigender Vereinbarung (BGH, Vorlagebeschluß des 4. Strafsenats NStZ 2001, 37; Lackner/Kühl a.a.O. § 244 Rdn. 6; Eser in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 244 Rdn. 23 jeweils ![]() ![]() | 16 |
5. Danach hat das Landgericht die frühere Mitangeklagte B. im Ergebnis zu Recht als Bandenmitglied angesehen und hat es deshalb den Beschwerdeführer in den betreffenden Fällen jeweils zutreffend des schweren Bandendiebstahls für schuldig befunden. Nach den zur Bandenabrede getroffenen Feststellungen ist nicht zweifelhaft, daß der früheren Mitangeklagten B. für die Verwirklichung des Bandenzwecks wesentliche Aufgaben zufielen und sie in die aus dem Angeklagten, A. und ihr bestehende "Dreierbande" dauerhaft eingebunden war. ![]() | 17 |
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