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Informationen zum Dokument  BVerfGE 40, 268 - Vorbefaßter Richter  Materielle Begründung
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I.
1. Der Beschwerdeführer, Obermaat in der Bundeswehr, war im  ...
2. Gegen diesen Beschluß richtet sich die rechtzeitig einge ...
3. Der Bundesminister der Verteidigung hält die Verfassungsb ...
II.
1. Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig, sie ist auch begr ...
2. Die Entscheidung über die Erstattung der notwendigen Ausl ...
3. Die Entscheidung ist einstimmig ergangen.  ...
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: Johannes Rux, A. Tschentscher  
 
BVerfGE 40, 268 (268)Beschluß
 
des Zweiten Senats vom 28. Oktober 1975  
- 2 BvR 258/75 -  
in dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde des Herrn Roland B... - Bevollmächtigte: Rechtsanwälte Dr. Hans Michael Moll, Dieter Rohde, Dr. Uwe Barschel, Kiel, Sophienblatt 46 - gegen den Beschluß des Truppendienstgerichts Nord vom 6. Februar 1975  
Entscheidungsformel:  
1. Der Beschluß des Truppendienstgerichts Nord vom 6. Februar 1975 (N 10 - BLb 46/74) verletzt Artikel 101 Absatz 1BVerfGE 40, 268 (268)BVerfGE 40, 268 (269) Satz 2 des Grundgesetzes; er wird aufgehoben. Die Sache wird an das Truppendienstgericht Nord zurückverwiesen.  
2. Die Bundesrepublik Deutschland hat dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen zu erstatten.  
 
Gründe
 
I.  
1. Der Beschwerdeführer, Obermaat in der Bundeswehr, war im Jahr 1974 Besatzungsmitglied auf einem Schnellboot der Bundesmarine.
1
Am 24. Juli 1974 verhängte der Kommandant des 7. Schnellbootgeschwaders in K. gegen ihn einen Disziplinararrest von 14 Tagen, weil er am 24. Juni 1974 ein Dienstvergehen begangen habe. Ihm wurde vorgeworfen, einen Untergebenen geschlagen zu haben.
2
Gegen diese Disziplinarmaßnahme legte er Beschwerde ein. Diese wies die 10. Kammer des Truppendienstgerichts Nord durch Beschluß vom 14. August 1974 als unbegründet zurück. Die Entscheidung erging unter dem Vorsitz des Vorsitzenden Richters am Truppendienstgericht Dr. B...
3
Das außerdem gegen den Beschwerdeführer eingeleitete Strafverfahren endete mit seinem Freispruch. Das Urteil des Amtsgerichts K. vom 25. November 1974 ist seit dem 3. Dezember 1974 rechtskräftig.
4
Mit Schreiben vom 3. Dezember 1974 beantragte der Bevollmächtigte des Beschwerdeführers bei der 10. Kammer des Truppendienstgerichts Nord, die Disziplinarmaßnahme wegen des freisprechenden Urteils aufzuheben (§ 40 Abs. 3 Wehrdisziplinarordnung - WDO -).
5
Diese Vorschrift lautet:
6
    § 40
7
    (1)...
    (2)...
    (3) Der Soldat kann die Aufhebung einer nicht mehr anfechtbaren Disziplinarmaßnahme beantragen, wenn neue Tatsachen oder BVerfGE 40, 268 (269)BVerfGE 40, 268 (270)Beweismittel beigebracht sind, die zur Aufhebung der Disziplinarmaßnahme führen können. Als neue Tatsachen gelten auch die tatsächlichen Feststellungen eines wegen desselben Sachverhalts ergangenen rechtskräftigen Urteils im Strafverfahren oder Bußgeldverfahren, soweit sie von denen der Disziplinarverfügung abweichen.
8
Diesen Antrag wies die Kammer - wiederum unter dem Vorsitz des Vorsitzenden Richters Dr. B... - durch Beschluß vom 6. Februar 1975 als unbegründet zurück.
9
2. Gegen diesen Beschluß richtet sich die rechtzeitig eingelegte Verfassungsbeschwerde. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, weil Vorsitzender Richter Dr. B... an der Beschwerdeentscheidung vom 14. August 1974 mitgewirkt habe und damit gemäß § 41 Abs. 5 WDO von der Entscheidung über den Aufhebungsantrag ausgeschlossen gewesen sei.
10
Diese Vorschrift lautet:
11
    § 41
12
    (1)...
    (2)...
    (3)...
    (4)...
    (5) Von der Entscheidung über den Antrag sind diejenigen Richter ausgeschlossen, die bei der Verhängung der Disziplinarmaßnahme nach § 36 Abs. 4 oder in einem Beschwerdeverfahren gegen die Disziplinarmaßnahme mitgewirkt haben.
13
3. Der Bundesminister der Verteidigung hält die Verfassungsbeschwerde für begründet. Die Entscheidung des Truppendienstgerichts Nord vom 6. Februar 1975 sei nicht durch den "gesetzlichen Richter" ergangen und müsse deshalb aufgehoben werden.
14
II.  
1. Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig, sie ist auch begründet. Der angefochtene Beschluß ist unter Verletzung des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG zustande gekommen. Denn Vorsitzender Richter am Truppendienstgericht Dr. B... war in dem AntragsverBVerfGE 40, 268 (270)BVerfGE 40, 268 (271)fahren nach § 40 Abs. 3 WDO von der Ausübung des Richteramtes ausgeschlossen (§ 41 Abs. 5 WDO). Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verlangt, daß sich der für den Einzelfall zuständige Richter möglichst eindeutig aus einer allgemeinen Norm ergeben muß (BVerfGE 22, 254 [258]; 30, 149 [152 f.]). Zu den allgemeinen Normen gehören die gesetzlichen Vorschriften, die bestimmen, unter welchen Voraussetzungen ein Richter von der Ausübung seines Richteramtes ausgeschlossen ist. Eine solche Vorschrift ist § 41 Abs. 5 WDO. Sie wurde erst durch Art. I Nr. 37 des Gesetzes zur Neuordnung des Wehrdisziplinarrechts vom 21. August 1972 (BGBl. I S. 1481) in die Wehrdisziplinarordnung aufgenommen und ergänzt die bisherigen Vorschriften über die Ausschließung eines Richters kraft Gesetzes im disziplinargerichtlichen Verfahren (§ 71 WDO in Verbindung mit § 23 StPO) und Wiederaufnahmeverfahren (§ 126 Abs. 4 WDO in Verbindung mit § 107 Bundesdisziplinarordnung - vgl. BTDrucks. VI/1834 S. 45 -).
15
Die Vorschrift des § 41 Abs. 5 WDO trägt also dem verfassungsrechtlichen Gebot Rechnung, daß der Richter die Gewähr der Unparteilichkeit bieten muß und nicht die erforderliche Neutralität und Distanz gegenüber den Beteiligten vermissen lassen darf (BVerfGE 30, 149 [153]). Ziel der in § 41 Abs. 5 WDO niedergelegten Ausschließungsgründe ist es daher, den - wenn auch möglicherweise objektiv unbegründeten - Verdacht der Parteilichkeit bei dem Betroffenen auszuräumen, wenn - wie im vorliegenden Fall - das Gericht zu prüfen hat, ob neue Tatsachen oder Beweismittel beigebracht sind, die zur Aufhebung der gegen den Beschwerdeführer verhängten Disziplinarmaßnahme führen können (§ 40 Abs. 3 WDO). Da Vorsitzender Richter Dr. B... von der Mitwirkung an dieser Entscheidung kraft Gesetzes ausgeschlossen war, mußte sie wegen Verletzung des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG aufgehoben werden.
16
2. Die Entscheidung über die Erstattung der notwendigen Auslagen beruht auf § 34 Abs. 4 BVerfGG. Erstattungspflichtig ist die Bundesrepublik Deutschland, der die von dem BeschwerdeBVerfGE 40, 268 (271)BVerfGE 40, 268 (272)führer erfolgreich gerügte Grundrechtsverletzung zuzurechnen ist.
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3. Die Entscheidung ist einstimmig ergangen.
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Seuffert Rupp Geiger Rinck Wand Hirsch RottmannBVerfGE 40, 268 (272)  
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