1. Der gemäß Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG gebotene besondere Einfluß der Hochschullehrer in Kollegialorganen der Gruppenuniversität kann auch mit Hilfe eines Mehrfachstimmrechts der Professorenvertreter sichergestellt werden; es muß jedoch gewährleistet sein, daß die Hochschullehrer nach der Zahl der ihnen zugewiesenen Sitze in den Gremien angemessen repräsentiert und bei den Beratungen in der Lage sind, ihre möglicherweise unterschiedlichen fachlichen Auffassungen hinreichend zu vertreten.
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2. Zur Ausgestaltung des durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG dem Gesetzgeber aufgegebenen Schutzes der Lehrfreiheit der Professoren gegen Störungen.
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Beschluß | |
des Ersten Senats vom 7. Oktober 1980
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-- 1 BvR 1289/78 -- | |
in dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerden der Professoren 1. Dr. B... und 27 andere - Bevollmächtigte: 1. Prof. Dr. Willi Blümmel, Speyer, 2. Prof. Dr. Michael Kloepfer, Trier, 3. Prof. Dr. Reinhard Mußgnug, Keplerstraße 40, Heidelberg - gegen § 5 Abs. 2 Satz 2, § 6 Abs. 4 Satz 2, § 38 Abs. 2, § 49 Abs. 2 Satz 1, § 80 Abs. 4, § 88 Abs. 1 und 2 sowie § 102 Abs. 3 des Bremischen Hochschulgesetzes vom 14. November 1977 (Brem. GBl. S. 317).
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Entscheidungsformel:
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Die Verfassungsbeschwerden werden zurückgewiesen.
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Gründe: | |
A. | |
Mit den Verfassungsbeschwerden wenden sich Professoren der Universität Bremen gegen Bestimmungen des Bremischen Hochschulgesetzes, durch welche sie sich in ihrem Grundrecht auf Wissenschaftsfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG) verletzt fühlen.
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I.
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Im einzelnen sind folgende Regelungen des Bremischen Hochschulgesetzes (BremHG) vom 14. November 1977 (Brem. GBl. S. 317) Gegenstand der Verfassungsbeschwerden:
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§ 80 Abs. 4
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Der Akademische Senat setzt sich zusammen aus: fünf Vertretern der Professoren, zwei Vertretern der Gruppe der wissenschaftlichen und künstlerischen Mitarbeiter, drei Vertretern der sonstigen Mitarbeiter, fünf Vertretern der Studenten. Im Fall des § 5 Abs. 3 Satz 3 und 4 stellt die gemeinsame Gruppe fünf Vertreter. Die Vertreter der Professoren verfügen zusammen über eine Stimme mehr als die Vertreter der anderen Gruppen zusammen. Die Vertreter der anderen Gruppen haben je eine Stimme. Das Gewicht der Stimme eines jeden Professors ist mit dem Faktor 2 1/5 zu bemessen. Das Gewicht der Stimme des einzelnen Vertreters kann nicht geteilt werden.
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§ 88 Abs. 1 und 2
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(1) Für die Zusammensetzung des Fachbereichsrates gilt § 80 Abs. 4 entsprechend. Im Fall des § 4 Abs. 11 nimmt ein Vertreter der Teilnehmer an den dem Fachbereich zugeordneten angegliederten Bildungsgängen mit beratender Stimme an den Sitzungen des Fachbereichsrates teil.
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(2) Die Grundordnung kann im Hinblick auf die besonderen Verhältnisse der Hochschule, insbesondere ihre Größe, bestimmen, daß sich der Fachbereichsrat zusammensetzt aus drei Vertretern der Professoren, einem Vertreter der Gruppe der wissenschaftlichen und künstlerischen Mitarbeiter, zwei Vertretern der sonstigen Mitarbeiter, drei Vertretern der Studenten. Im Fall des § 5 Abs. 3 Satz 4 stellt die gemeinsame Gruppe drei Vertreter. Die Vertreter der Professoren verfügen zusammen über eine Stimme mehr als die Vertreter der anderen Gruppen zusammen. Die Vertreter der anderen Gruppen haben je eine Stimme. Das Gewicht der Stimme eines jeden Professors ist mit dem Faktor 2 1/3 zu bemessen. Das Gewicht der Stimme des einzelnen Vertreters kann nicht geteilt werden.
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2. Vorschriften, welche die Freiheit des Studiums, die Rechte und Pflichten der Universitätsangehörigen, vor allem der Studenten, und das Ordnungsrecht betreffen:
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§ 5 Abs. 5 Satz 2
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Berechtigte Beschwerden, die unvermeidbar zu geringen und kurzen Störungen führen, sind keine Pflichtverletzungen.
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Die Freiheit des Studiums umfaßt, unbeschadet der Studien- und Prüfungsordnungen, insbesondere die freie Wahl von Lehrveranstaltungen, das Recht, innerhalb eines Studienganges Schwerpunkte nach eigener Wahl zu bestimmen sowie die Erarbeitung und Äußerung wissenschaftlicher und künstlerischer Meinungen. Sie umfaßt auch im Rahmen der einzelnen Lehrveranstaltungen die der Form der Lehrveranstaltung entsprechende Meinungsäußerung zu deren Inhalt, Gestaltung und Durchführung.
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§ 38 Abs. 2
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Die Immatrikulation kann widerrufen werden, wenn ein Student durch Anwendung von Gewalt, durch Aufforderung dazu oder durch Bedrohung damit 1. den bestimmungsgemäßen Betrieb einer Hochschuleinrichtung, die Tätigkeit eines Hochschulorgans oder die Durchführung einer Hochschulveranstaltung behindert oder 2. ein Hochschulmitglied von der Ausübung seiner Rechte und Pflichten abhält oder abzuhalten versucht. Gleiches gilt, wenn ein Student 1. an den in Satz 1 genannten Handlungen als Anstifter oder Gehilfe teilnimmt oder 2. mindestens dreimal schuldhaft Anordnungen zuwiderhandelt, die gegen ihn wegen besonders schwerwiegender Verletzungen seiner Pflichten nach § 5 Abs. 5 Satz 1 getroffen worden sind. Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist auch zu beachten, ob eine nachhaltige Störung eingetreten ist und ob der bestimmungsgemäße Betrieb an der Hochschule auch durch geeignetere Maßnahmen gewährleistet werden kann. | |
§ 49 Abs. 2
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Die Hochschulen müssen Vorkehrungen treffen, daß die Studenten ihr Recht als Teilnehmer der einzelnen Lehrveranstaltungen auf freie Meinungsäußerung zu Inhalt, Gestaltung und Durchführung der Lehrveranstaltung in angemessener Weise ausüben können und daß die Durchführung der Lehrveranstaltung unter Wahrung der Freiheit von Forschung und Lehre gewährleistet ist. Für den Fall von Konflikten ist ein Schlichtungsverfahren durch die Organe der zuständigen Organisationseinheit vorzusehen.
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In der Geschäftsordnung ist ein Verfahren zur Anhörung von Fachvertretern eines Fachbereichs, Studiengangs, einer wissenschaftlichen Einrichtung, besonderen Organisationseinheit oder eines Forschungsvorhabens vor einer diese Bereiche unmittelbar betreffenden Entscheidung des Akademischen Senats oder eines Fachbereichsrats vorzusehen. Einer Anhörung nach Satz 1 bedarf es nicht, sofern ein Professor oder ein wissenschaftlicher Mitarbeiter aus dem betreffenden Bereich dem Akademischen Senat oder dem Fachbereichsrat als Mitglied angehört.
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Nach Einlegung der Verfassungsbeschwerden wurde § 102 Abs. 3 durch Art. 1 Nr. 15 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Bremischen Hochschulgesetzes vom 14. April 1980 (Brem. GBl. S. 83) geändert; er lautet nunmehr:
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Ist in Gremien mit Entscheidungsbefugnissen ein Fach nicht durch einen Professor vertreten, so ist vor einer Entscheidung, die dieses Fach unmittelbar betrifft, mindestens einem Professor dieses Faches Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, der sich mit den anderen Professoren des Faches, soweit sie der Entscheidungsbefugnis des Gremiums unterliegen, vorberaten soll. Vor Entscheidungen, die einen Fachbereich, eine wissenschaftliche Einrichtung oder eine besondere Organisationseinheit unmittelbar betreffen, ist deren Sprecher Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; Entsprechendes gilt für Forschungsvorhaben.
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II.
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Die Beschwerdeführer machen geltend, daß § 5 Abs. 5 Satz 2, § 6 Abs. 4 Satz 2, § 38 Abs. 2, § 49 Abs. 2 Satz 1, § 80 Abs. 4, § 88 Abs. 1 und 2 sowie § 102 Abs. 3 BremHG gegen Art. 5 Abs. 3 GG verstoßen. Sie beantragen, die Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Vorschriften festzustellen, soweit sie für die Universität Bremen gelten, und dem Land Bremen aufzugeben, sie innerhalb angemessener Frist zu ändern und durch verfassungsrechtlich einwandfreie Bestimmungen zu ersetzen. Zur Begründung wird vor allem vorgetragen:
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1. § 80 Abs. 4 und § 88 Abs. 1 und 2 BremHG liege als hochschulpolitischer Leitgedanke das sogenannte "Bremer Mitbestimmungsmodell" zugrunde. Deshalb werde an der drittelparitätischen Besetzung der Hochschulgremien festgehalten. Den Professoren werde die absolute Mehrheit verweigert, die ihnen gemäß Art. 5 Abs. 3 GG eingeräumt werden müsse.
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Nach Sitzen gerechnet befänden sich die Professoren in beiden Gremien in einer Minderheit von 5 gegenüber 10 Mandaten der anderen Gruppen. Ihre Argumentationsbasis bei den Beratungen sei auf diese Weise bewußt schmal gehalten; lediglich bei Abstimmungen werde die Gruppe der Professoren zu einer ganz knappen Mehrheit von einer Stimme aufgewertet. Diese Regelung verfehle den Sinn des Art. 5 Abs. 3 GG.
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Der bremische Gesetzgeber habe die Vertretung der Professorengruppe in den akademischen Beschlußorganen weit stärker begrenzt als alle anderen Bundesländer. Dabei seien die Anforderungen verkannt worden, die das Bundesverfassungsgericht im Hochschulurteil (BVerfGE 35, 79) aufgestellt habe. Die den Professoren eingeräumte bloße Stimmenmehrheit komme nur dann zum Tragen, wenn es den Professorenvertretern im Akademischen Senat und in den Fachbereichsräten gelinge, ihre Stimmen lückenlos zusammenzuhalten; dies lasse sich in der Realität aber kaum verwirklichen. Die Professorengruppe im Senat und in den Fachbereichsräten spalte sich regelmäßig in Mehrheits- und Minderheitsfraktionen auf. In der Praxis führe das dazu, daß jeder Wahlerfolg eines Minderheitenvertreters der Professorengruppe einen überproportionalen Stimmenverlust zufüge.
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Bereits zur Herstellung des maßgeblichen Einflusses der Professoren auf dem Gebiet der Lehre reiche die angegriffene Stimmrechtsregelung nicht aus. Dabei müsse darauf hingewiesen werden, daß in der Literatur gegen diejenigen Hochschulgesetze gewichtige Einwände erhoben worden seien, die den Professoren nur die minimale Mehrheit von einem Sitz und einer Stimme zubilligten, da es nicht angehe, selbst kleinste Minderheiten innerhalb der Hochschullehrergruppe in die Lage zu versetzen, gemeinsam mit anderen Gruppen die Mehrheit der Hochschullehrer zu majorisieren. Gelte dieser Einwand schon für reale, aber zu knapp bemessene Professorenmehrheiten, so treffe er das "Bremer Mitbestimmungsmodell" erst recht.
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Hinsichtlich der Entscheidungen des Akademischen Senats und der Fachbereichsräte über Berufungen und Forschungsangelegenheiten sehe allerdings § 101 Abs. 4 BremHG (im Anschluß an § 38 Abs. 5 HRG) das Recht des Stichentscheids der Professoren vor. Aber das bremische Recht gewähre den Professoren nur mit erheblichen Abschwächungen die Rechte, die § 38 Abs. 5 HRG vorschreibe. Der Stichentscheid sei nur ein Notbehelf für extreme Ausnahmefälle, tauge dagegen nicht zum ständigen Gebrauch; sonst müßten drei oder vier Professorenvertreter in einem Gremium fortwährend gegen eine erdrückende Übermacht von elf oder gar zwölf Vertretern abweichender Auffassungen stimmen und sich dabei den Vorwurf gefallen lassen, daß sie den Frieden ihrer Universität und ihres Fachbereichs durch kompromißloses Festhalten an ihren wissenschaftlichen Meinungen aufs Spiel setzten.
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2. Auch § 5 Abs. 5 Satz 2, § 6 Abs. 4 Satz 2, § 38 Abs. 2 und § 49 Abs. 2 Satz 1 BremHG verletzten die Grundrechte der Beschwerdeführer auf Wissenschaftsfreiheit.
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Art. 5 Abs. 3 GG verbiete dem Gesetzgeber nicht nur, die freie Lehre durch reglementierende Eingriffe zu beschränken. Vielmehr sei er auch verpflichtet, durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, daß Störungen und Behinderungen der freien wissenschaftlichen Tätigkeit soweit wie möglich ausgeschlossen würden. Dieses Verfassungsgebot lasse Organisationsformen, in denen Störungen nicht wirksam entgegengewirkt werden könne, nicht zu. Das Bremische Hochschulgesetz sei unter diesem Gesichtspunkt mehrfach zu beanstanden.
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Gegen Art. 5 Abs. 3 GG verstoße insbesondere die gesetzliche Ermächtigung zur Kundgabe von Meinungsäußerungen in den Lehrveranstaltungen gegen den Willen der Hochschullehrer gemäß § 6 Abs. 4 Satz 2 und § 49 Abs. 2 Satz 1 BremHG. Daß danach die Abgabe von Stellungnahmen zu Inhalt, Gestaltung und Durchführung der Lehrveranstaltungen nur in angemessener Weise erfolgen dürfe, ändere nichts; Art. 5 Abs. 3 GG lasse ein Recht auf "angemessene Störung" der freien Lehre nicht zu.
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Noch intensiver sei die Verletzung des Art. 5 Abs. 3 GG durch die in § 5 Abs. 5 Satz 2 BremHG gestattete geringe und kurze Störung von Lehrveranstaltungen. Hier werde eine störungsgeneigte Hochschulorganisation geschaffen, in der Maßnahmen zur Störungsabwehr nicht nur unterblieben, sondern Störungen ausdrücklich erlaubt würden. Das Bremische Hochschulgesetz erweise sich als "Störungsermächtigungsgesetz". Besonders bedenklich sei, daß in § 5 Abs. 5 Satz 2 BremHG überaus weite und unbestimmte Begriffe verwendet würden.
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Die Rechtfertigung hindernder "Störungen" durch § 5 Abs. 5 Satz 2 BremHG beziehe sich auf solche Meinungsäußerungen der Studenten, die mit der Form der Lehrveranstaltungen nicht mehr vereinbar seien, wie Zwischenrufe während der Vorlesungen oder Stellungnahmen zu Themen, die abseits vom eigentlichen Gegenstand der Lehrveranstaltung lägen. Insbesondere legalisiere diese Vorschrift die typische Störung in der Form des Diskussionsverlangens durch Dazwischenreden.
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Die Störungsgestattung durch § 5 Abs. 5 Satz 2 BremHG lasse sich nicht dadurch rechtfertigen, daß der Gesetzgeber mögliche Kollisionen von Grundrechten der Hochschullehrer einerseits und der Studenten andererseits eigenständig lösen dürfe. Das Grundrecht der Lehrfreiheit stehe nicht unter einem Gesetzesvorbehalt und erst recht nicht unter einem Störungsvorbehalt.
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Ein Verfassungsverstoß liege auch darin, daß der bremische Gesetzgeber das Ordnungsrecht völlig unzureichend ausgestaltet und nicht die erforderliche Sicherung der Wissenschaftsfreiheit vor Störungen vorgesehen habe. Damit werde der verfassungsrechtliche Auftrag an den Gesetzgeber zur Verteidigung der Grundrechte und die Pflicht zur effektiven Organisation der Hochschulen verletzt.
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Ein Schutz vor kurzen und geringen Störungen sei überhaupt nicht gegeben; auch mittelschwere Störungen blieben universitätsrechtlich sanktionslos, wenn sie auf einer schweren Verletzung studentischer Verhaltens- und Unterlassungspflichten beruhten. Ordnungsrechtliche Maßnahmen sehe § 38 Abs. 2 BremHG nur für eng umgrenzte schwerwiegende Störungen vor. Der hier vorgesehene Widerruf der Immatrikulation stehe im Ermessen des Ordnungsausschusses; er müsse unterbleiben, soweit geeignetere als ordnungsrechtliche Maßnahmen den bestimmungsgemäßen Betrieb der Hochschule gewährleisteten. Der Anwendungsbereich dieser Ordnungsmaßnahme sei damit so gering, daß eine ganze Reihe selbst schwerwiegender Störungen letztlich ungeahndet blieben. Hinzu komme, daß die Zusammensetzung des Ordnungsausschusses die ordnungsrechtliche Regelung noch ineffektiver mache.
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Allerdings gebe die Verfassung den Beschwerdeführern keinen Anspruch auf Einführung und Verhängung ordnungsrechtlicher Maßnahmen. Es stehe dem Gesetzgeber grundsätzlich frei, wie er den Schutz der Lehrfreiheit verwirklichen wolle, wobei das Ordnungsrecht nur eines unter vielen möglichen Mitteln sei. Verzichte der Gesetzgeber aber auf ein wirksames Ordnungsrecht, so sei er verpflichtet, durch andere in gleicher Weise geeignete Vorkehrungen für einen tauglichen Ersatz zu sorgen. Dies habe der bremische Gesetzgeber versäumt.
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3. Mit den Verfassungsbeschwerden wurde schließlich die ursprüngliche Fassung des § 102 Abs. 3 Satz 2 BremHG angegriffen. Diese Bestimmung verletze den vom Bundesverfassungsgericht aus Art. 5 Abs. 3 GG hergeleiteten Grundsatz, nach dem der einzelne Hochschullehrer bei der Beratung über wesentliche Fragen seines Fachgebiets in geeigneter Form zu Gehör kommen müsse.
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Zur inzwischen erfolgten Neufassung des § 102 Abs. 3 BremHG haben sich die Beschwerdeführer nicht geäußert.
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4. Die Beschwerdeführer haben mit ausführlichen Begründungen dargelegt, daß die angeführten Vorschriften des Bremischen Hochschulgesetzes zum Teil auch gegen mehrere Bestimmungen des Hochschulrahmengesetzes (HRG) vom 26. Januar 1976 (BGBl. I S. 185) verstießen. Sie regen an, das Hochschulrahmengesetz und die verfassungsrechtlichen Folgen, die sich hieraus gemäß Art. 31 GG für das Bremische Hochschulgesetz ergeben, von Amts wegen in die Prüfung miteinzubeziehen.
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III.
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1. Der Senat der Freien Hansestadt Bremen -- vertreten durch Professor Dr. D -- hat sich im wesentlichen wie folgt geäußert:
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a) Soweit sich die Verfassungsbeschwerden gegen § 88 Abs. 2 Satz 1 BremHG richten, seien sie unzulässig, da die Beschwerdeführer durch diese Vorschrift nicht gegenwärtig betroffen seien. Die Verfassungsbeschwerden gegen die Mitbestimmungsregelungen des § 80 Abs. 4 und des § 88 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 bis 5 BremHG seien unbegründet. Die in diesen Vorschriften vorgesehene Zusammensetzung des Akademischen Senats und der Fachbereichsräte an der Universität Bremen genüge den verfassungsrechtlichen Anforderungen.
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Die Regelung des § 80 Abs. 4 Satz 5 BremHG, welche der Stimme eines Professors das 2,2fache Gewicht gebe, stelle sicher, daß die Professorengruppe jeweils über die absolute Mehrheit der Stimmen des Gremiums verfüge. Eine solche Stimmgewichtung sei verfassungsrechtlich unbedenklich. Stimmenzahl und Sitzzahl der Vertreter in einem Gremium müßten nicht identisch sein. Das Bundesverfassungsgericht habe ausgesprochen, es müsse grundsätzlich der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers anheimgegeben werden, durch welche organisatorischen Maßnahmen er den Anforderungen zur Sicherung des von der Verfassung geforderten Einflusses der Professorengruppe nachkommen wolle. In diesem Zusammenhang habe das Bundesverfassungsgericht bereits im Fall des hessischen Universitätsgesetzes (BVerfGE 47, 327) ein Mehrfachstimmrecht der Professoren zur Herstellung der absoluten Mehrheit gebilligt.
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Die Gruppenuniversität beruhe auf der Interessenrepräsentation nach Mitgliedergruppen und auf der Entscheidungsfindung nach dem Mehrheitsprinzip. Das bedeute in jedem Fall -- keineswegs nur nach dem "Bremer Mitbestimmungsmodell" --, daß unter Umständen das Abstimmungsverhalten eines einzigen Vertreters einer Gruppe den Ausschlag darüber gebe, ob die Mehrheit dieser Gruppe die Gesamtmehrheit des Gremiums erlange oder nicht. Das höhere Stimmgewicht eines Professorenvertreters im Verhältnis zu einem Vertreter der anderen Gruppen verleihe ihm einen größeren, nicht einen geringeren Einfluß auf das Ergebnis einer Abstimmung. Dementsprechend solle und werde der Professor sein Abstimmungsverhalten in besonders verantwortungsbewußter Weise ausüben.
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Dagegen, daß einzelne Vertreter einer Gruppe nicht so abstimmten, wie es die Mehrheit der Vertreter dieser Gruppe gerne sähe, könne der Gesetzgeber keinen Schutz garantieren. Für die verfassungsrechtliche Beurteilung müsse davon ausgegangen werden, daß bei der Vertretung nach Gruppenzugehörigkeit die Repräsentanten die jeweils als solche erkannten Interessen ihrer Gruppe wahrnehmen würden.
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Die mit den Verfassungsbeschwerden angegriffenen Vorschriften über die Zusammensetzung der Universitätsgremien seien auch dann nicht verfassungsrechtlich bedenklich, wenn man die Regelung über den Stichentscheid nach § 101 Abs. 4 BremHG in die Betrachtung mit einbeziehe. Man könne freilich ganz grundsätzlich die Frage aufwerfen, wann ein Repräsentativorgan oder eine Gruppenvertretung zahlenmäßig so klein werde, daß von einer angemessenen Repräsentation nicht mehr die Rede sein könne. Die vom bremischen Gesetzgeber gewählte Lösung sei aber nicht zu beanstanden.
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b) Soweit § 49 Abs. 2 Satz 1 BremHG angegriffen werde, bestünden gegen die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerden erhebliche Bedenken, da es an einer unmittelbaren, gegenwärtigen Betroffenheit der Beschwerdeführer fehle. Im übrigen würden die Beschwerdeführer durch diese Vorschrift ebensowenig in grundrechten verletzt wie durch die weiter angefochtenen Bestimmungen des § 5 Abs. 5 Satz 2, des § 6 Abs. 4 Satz 2 und des § 38 Abs. 2 BremHG.
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§ 5 Abs. 5 Satz 2 BremHG enthalte lediglich für eng umschriebene Einzelfälle von Störungen des Lehrbetriebs einen Rechtfertigungsgrund aus dem Gesichtspunkt der Wahrnehmung berechtigter Interessen. Die Vorschrift diene einem notwendigen Interessenausgleich zwischen den verschiedenen Grundrechtsträgern an der Hochschule und der Konfliktbewältigung in einem möglichst frühen Stadium.
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§ 6 Abs. 4 Satz 2 BremHG sei als eine Erläuterung dessen anzusehen, was in § 6 Abs. 4 Satz 1 BremHG als Freiheit des Studiums umschrieben werde. Zu dieser gehöre auch die Äußerung wissenschaftlicher Meinungen im Rahmen einzelner Lehrveranstaltungen und in einer Form, die jeweils der Lehrveranstaltung entspreche. Das Verlangen nach Kundgabe oder gar Diskussion von Äußerungen, die thematisch mit der Lehrveranstaltung nichts zu tun hätten, decke § 6 Abs. 4 Satz 2 BremHG nicht.
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Ein verfassungsrechtlich geschützter Anspruch der Beschwerdeführer auf ein nach ihren Vorstellungen ausgestaltetes Ordnungsrecht an der Bremer Universität bestehe nicht. Der Gesetzgeber sei allerdings verpflichtet, geeignete Vorkehrungen zum Schutz des grundrechtlichen Freiheitsraums der Hochschullehrer zu treffen. Dies müsse aber nicht gerade durch ordnungsrechtliche Maßnahmen geschehen, zumal der praktische Wert eines Ordnungsrechts nicht unumstritten sei.
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Soweit ein Widerruf der Immatrikulation bei Störungen nach § 38 Abs. 2 BremHG nicht in Frage komme, halte das bremische Hochschulrecht andere Maßnahmen zum Schutz des ordnungsgemäßen Ablaufs des Wissenschafts- und Lehrbetriebes bereit. Insgesamt gesehen sei der bremische Gesetzgeber seinen Pflichten zum Schutz des den Beschwerdeführern durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG gewährleisteten Rechts auf Wissenschaftsfreiheit in ausreichender Weise nachgekommen.
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c) Die Verfassungsbeschwerden gegen § 102 Abs. 3 BremHG (in der ursprünglichen Gesetzesfassung) seien unzulässig, da es an der gegenwärtigen, unmittelbaren Betroffenheit der Beschwerdeführer fehle; im übrigen seien die Verfassungsbeschwerden insoweit auch unbegründet, da das vorgesehene Anhörungsverfahren verfassungsrechtlichen Anforderungen genüge.
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2. Der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft hat namens der Bundesregierung zur Vereinbarkeit der Mitbestimmungsregelungen in § 80 Abs. 4 und § 88 Abs. 1 und 2 BremHG mit Art. 5 Abs. 3 GG ausgeführt:
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Die Bundesregierung schließe sich der vom Senat der Freien Hansestadt Bremen abgegebenen Äußerung an. Ergänzend sei zu bemerken, daß das Bundesverfassungsgericht im Hochschulurteil (BVerfGE 35, 79) die Frage, ob es für den verfassungsrechtlich geforderten Einfluß zugunsten der Hochschullehrer neben einem bestimmten Stimmgewicht auch auf die Zahl der Sitze in den Universitätsgremien ankomme, geprüft und im Ergebnis verneint habe. Das Gericht habe die Zusammensetzung des Senats nach dem damaligen niedersächsischen Vorschaltgesetz für verfassungsrechtlich unbedenklich befunden, da den Hochschullehrern im Senat 9/17 der Stimmen eingeräumt seien. Dieses Stimmgewicht für die Hochschullehrer habe sich aber nur dadurch ergeben, daß die Stimmen nichtwissenschaftlicher Bediensteter und weiterer Senatsmitglieder ohne Stimmberechtigung außer Betracht gelassen worden seien.
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Weiter werde von den Beschwerdeführern verkannt, daß das Bundesverfassungsgericht den von ihm für geboten erachteten Einfluß für die einem Gremium angehörenden Hochschullehrer insgesamt fordere, nicht hingegen für die Hochschullehrermehrheit des Gremiums. Das Stimmgewicht der Hochschullehrer sei nicht in einem besonderen Gruppeninteresse der Professoren begründet, sondern in der herausgehobenen Stellung, die den Hochschullehrern im Hinblick auf ihre Qualifikation, ihre Funktion und ihre besondere Verantwortung für die Funktionsfähigkeit und den wissenschaftlichen Rang ihrer Hochschule zukomme. Unter diesem Gesichtspunkt habe das Abstimmungsverhalten eines jeden Hochschullehrers die gleiche "Wertigkeit", unabhängig davon, ob er im konkreten Fall mit der Mehrheit der Hochschullehrer des Gremiums votiere oder einen davon abweichenden Standpunkt einnehme.
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3. Die Westdeutsche Rektorenkonferenz hält die Verfassungsbeschwerden teilweise für begründet. § 80 Abs. 4 und § 88 Abs. 1 und 2 BremHG seien mit Art. 5 Abs. 3 GG nicht zu vereinbaren, da sie den Hochschullehrern den diesen zustehenden Einfluß in den maßgeblichen akademischen Gremien vorenthielten.
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Zwar gewähre das Bremische Hochschulgesetz den Professoren in allen Angelegenheiten die absolute Stimmenmehrheit. Die Regelung genüge dennoch nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen, da das vom bremischen Gesetzgeber gewählte Verfahren der Stimmenmultiplikation bei der Professorengruppe zu beanstanden sei. Entscheidend sei insoweit, daß das abweichende Stimmverhalten eines Professorenvertreters nicht dadurch aufgewogen werden könne, daß ein Vertreter der anderen Gruppen mit den übrigen Professoren stimme. Die knapp bemessene Professorenmehrheit von nur einer Stimme verliere ihre Rechtfertigung angesichts der Notwendigkeit, eine abweichende Stimme aus den Professorenreihen durch zwei Stimmen der Mitarbeiter oder Studenten aufzuwiegen. Dies schmälere den Einfluß der Professoren in verfassungswidriger Weise. Die Verfassungswidrigkeit des § 80 Abs. 4 und des § 88 Abs. 1 und 2 BremHG gründe sich auf die Auswirkungen dieser Regelungen auf Entscheidungen über Angelegenheiten der Lehre. Bei Entscheidungen, die Forschung und Berufungen beträfen, sei die Position der Professoren durch § 101 BremHG gestärkt. Es könne offenbleiben, ob der Stichentscheid für den Bereich der Forschung und der Berufungsangelegenheiten den verfassungsrechtlich gebotenen Einfluß der Professoren sicherstelle; die sachlichen Bedenken der Beschwerdeführer gegen die Regelung des Stichentscheids seien allerdings zutreffend.
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Insgesamt bringe die drittelparitätische Verteilung der Sitze, gekoppelt mit einer Multiplikation des Gewichts der professorenstimmen, offen zum Ausdruck, daß der bremische Landesgesetzgeber einen besonderen Einfluß der Professoren für sachlich verfehlt halte und nur notgedrungen berücksichtige.
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Gegen Art. 5 Abs. 3 GG verstoße auch die Regelung des § 102 Abs. 3 Satz 2 BremHG (in der ursprünglichen Fassung); denn jedem einzelnen Hochschullehrer stehe aus Art. 5 Abs. 3 GG das Recht zu, bei der Beratung über wesentliche Fragen seines Fachgebiets in geeigneter Form zu Gehör zu kommen.
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Soweit sich die Verfassungsbeschwerden gegen § 5 Abs. 5 Satz 2, § 6 Abs. 4 Satz 2, § 38 Abs. 2 und § 49 Abs. 2 Satz 1 BremHG wenden, seien sie unbegründet. Die Lehrfreiheit sei kein schrankenloses Recht. Sie sei vor allem nicht das einzige Recht, das der Gesetzgeber bei der Ordnung des Hochschulwesens beachten müsse. Er könne in diesem Zusammenhang auch das Recht der Studenten berücksichtigen, ihr Studium in Freiheit zu gestalten; hierzu gehöre das Recht auf freie Meinungsäußerung.
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Wenn der bremische Landesgesetzgeber das Recht auf Meinungsäußerung nicht ausdrücklich an die Gestattung des Hochschullehrers binde, so bedeute das nicht, daß er die Störung von Lehrveranstaltungen toleriere oder gar legalisiere. § 49 Abs. 2 Satz 1 BremHG beschränke das Recht auf Meinungsäußerung auf die "angemessene Weise" und normiere ausdrücklich, daß die Durchführung der Lehrveranstaltungen unter Wahrung der Freiheit von Forschung und Lehre gewährleistet bleiben müsse. Entsprechende Grundsätze würde auch ein Gericht im Streitfall seiner Entscheidung zugrunde gelegt haben, wenn es eine solche gesetzliche Regelung nicht gäbe.
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Aus ähnlichen Erwägungen sei auch § 5 Abs. 5 Satz 2 BremHG nicht zu beanstanden. In Ausnahmefällen müsse der Hochschullehrer eine geringfügige Einschränkung seines Freiheitsrechts hinnehmen. Der Rechtsauffassung der Beschwerdeführer, die im Zweifelsfalle dem Studenten die Wahrnehmung seines Rechts ganz untersagt sehen wollten, um den Freiheitsbereich des Hochschullehrers auch von der kleinsten Störung völlig freizustellen, könne nicht gefolgt werden.
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Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG fordere auch kein Ordnungsrecht, das über die Regelung des § 38 Abs. 2 BremHG hinausgehe. Die Entscheidung des bremischen Gesetzgebers, den Widerruf der Immatrikulation nur unter den Voraussetzungen des § 38 Abs. 2 BremHG vorzusehen, sei nicht in einer solchen Weise unsachgemäß, daß man ihm eine Verletzung seiner Pflicht vorwerfen könne, durch geeignete Maßnahmen den Schutz der Lehrfreiheit sicherzustellen.
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4. Der Hochschulverband hat mitgeteilt, er teile die von den Beschwerdeführern vorgetragene Rechtsauffassung, nach welcher die angegriffenen Vorschriften des Bremischen Hochschulgesetzes mit Art. 5 Abs. 3 GG und mit vorrangig gültigen bundesrechtlichen Bestimmungen des Hochschulrahmengesetzes unvereinbar seien.
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5. Die Vereinigten Deutschen Studentenschaften halten in ihrer Stellungnahme die Verfassungsbeschwerden für im wesentlichen unbegründet.
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Die Bestimmungen des § 80 Abs. 4 und des § 88 Abs. 1 und 2 BremHG seien verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Unbegründet seien die Verfassungsbeschwerden auch, soweit sie sich gegen die Bestimmungen des § 5 Abs. 5 Satz 2, des § 6 Abs. 4 Satz 2, des § 38 Abs. 2 und des § 49 Abs. 2 BremHG wenden. Gegen Art. 5 Abs. 3 GG verstoße lediglich § 102 Abs. 3 Satz 2 BremHG (in der ursprünglichen Fassung).
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Die Verfassungsbeschwerden sind überwiegend zulässig.
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Sie richten sich unmittelbar gegen gesetzliche Bestimmungen. Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz ist die ausreichend substantiierte Darlegung, der Beschwerdeführer werde selbst, gegenwärtig und unmittelbar durch das Gesetz und nicht erst durch einen auf dem Gesetz beruhenden Vollzugsakt in einem Grundrecht betroffen (st. Rspr., vgl. z. B. BVerfGE 1, 97 [101 ff.]; 30, 1 [16]; 35, 79 [107]; 40, 141 [156]; 45, 400 [412]; 51, 369 [376]).
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I.
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Diese Voraussetzung liegt vor, soweit sich die Verfassungsbeschwerden gegen § 5 Abs. 5 Satz 2, § 6 Abs. 4 Satz 2, § 80 Abs. 4, § 88 Abs. 1 und § 102 Abs. 3 BremHG (neuer Fassung) wenden. Insoweit sind die Verfassungsbeschwerden zulässig.
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Soweit mit den Verfassungsbeschwerden § 102 Abs. 3 BremHG in der ursprünglichen Gesetzesfassung angegriffen wurde, mag die Frage der Zulässigkeit dahinstehen; denn die Vorschrift ist -- wie oben dargelegt -- inzwischen neu gefaßt worden. Die Beschwerdeführer haben zwar nicht mitgeteilt, ob sie ihre Verfassungsbeschwerden nunmehr auch gegen den geänderten § 102 Abs. 3 BremHG aufrechterhalten. Da auch in der Neufassung dem Begehren der Beschwerdeführer, die ein individuelles Anhörungsrecht jedes Professors in den sein Sachgebiet berührenden Frage vor dem entscheidenden Universitätsgremium für geboten erachten, nicht in allem entsprochen ist, wird davon ausgegangen werden müssen, daß die Verfassungsbeschwerden gegen die jetzige Fassung des § 102 Abs. 3 BremHG weiterverfolgt werden. Insoweit können die Verfassungsbeschwerden als zulässig angesehen werden, da nunmehr in § 102 Abs. 3 BremHG kraft Gesetzes ein bestimmtes Anhörungsverfahren vorgesehen ist.
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II.
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Die Verfassungsbeschwerden sind unzulässig, soweit sie sich gegen § 38 Abs. 2, § 49 Abs. 2 und § 88 Abs. 2 BremHG richten.
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1. Durch § 88 Abs. 2 BremHG sind die Beschwerdeführer nicht unmittelbar und gegenwärtig betroffen. In dieser Bestimmung wird den Hochschulen lediglich die Möglichkeit eingeräumt, im Hinblick auf ihre besonderen Verhältnisse, vor allem ihre Größe, die Zusammensetzung der Fachbereichsräte aus nur neun Mitgliedern vorzusehen, darunter drei Professoren. Es ist nicht ersichtlich, daß an der Universität Bremen von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht wurde und der Rat eines Fachbereichs, dem einer der Beschwerdeführer angehört, dementsprechend organisiert ist.
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2. Die Beschwerdeführer werden auch durch § 49 Abs. 2 Satz 1 BremHG nicht unmittelbar betroffen. Diese Bestimmung richtet sich an die Hochschulen, die Vorkehrungen dafür treffen müssen, daß die Studenten ihr Recht als Teilnehmer der einzelnen Lehrveranstaltungen auf freie Meinungsäußerung zu Inhalt, Gestaltung und Durchführung der Lehrveranstaltung in angemessener Weise ausüben können und daß die Durchführung der Lehrveranstaltung unter Wahrung der Freiheit von Forschung und Lehre gewährleistet ist. Die Hochschulen sollen also ihrerseits zur Ausfüllung dieser Norm tätig werden und dabei die Rechte der Beteiligten gegeneinander abgrenzen und auszugleichen versuchen, wie sich auch daran zeigt, daß die Hochschulen nach § 49 Abs. 2 Satz 2 BremHG für den Konfliktsfall ein Schlichtungsverfahren vorsehen müssen.
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3. Schließlich ist die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerden auch zu verneinen, soweit sie sich gegen § 38 Abs. 2 BremHG richten.
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Bedenken bestehen schon, inwiefern § 38 Abs. 2 BremHG als Norm, die unter bestimmten Voraussetzungen den Widerruf der Immatrikulation von Studenten ermöglicht, überhaupt nach ihrem Inhalt geeignet ist, in das Grundrecht der Beschwerdeführer auf Wissenschaftsfreiheit einzugreifen (vgl. BVerfGE 40, 141 [156]). Indes wenden sich die Beschwerdeführer nicht gegen die Relegationsmöglichkeit, sondern sie halten deren Voraussetzungen im Gegenteil für zu eng umschrieben. In Wahrheit rügen sie ein Unterlassen des bremischen Gesetzgebers, der auch schwerwiegende Störungen der Lehrfreiheit bis zur dritten Zuwiderhandlung gegen ausdrückliche Anordnungen, derartige Störungen zu unterlassen, dulde (§ 38 Abs. 2 Nr. 2 BremHG). Sie erblicken darin einen Verstoß gegen die dem Gesetzgeber gemäß Art. 5 Abs. 3 GG obliegende Schutzpflicht zugunsten ihres Grundrechts auf Wissenschaftsfreiheit und verlangen von ihm eine Änderung dieser speziellen gesetzlichen Vorschrift. Ein derartiger Anspruch kann nicht aus Art. 5 Abs. 3 GG abgeleitet werden und daher nicht Gegenstand einer zulässigen Verfassungsbeschwerde sein.
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Der Gesetzgeber ist zwar durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG verfassungsrechtlich gehalten, durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, daß Störungen und Behinderungen der freien wissenschaftlichen Tätigkeit der Hochschullehrer durch Einwirkungen anderer Gruppen soweit wie möglich ausgeschlossen werden (BVerfGE 35, 79 [116, 128]). Auf welche Weise der Gesetzgeber dieser Pflicht nachkommt, ist jedoch grundsätzlich seiner Entscheidung überlassen. Auch die Beschwerdeführer räumen ein, daß die Verfassung ihnen keinen Anspruch auf die Einführung ordnungsrechtlicher Maßnahmen gebe; das Ordnungsrecht sei nur eines unter vielen möglichen Mitteln, den Schutz der Lehrfreiheit zu verwirklichen.
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Die Verfassungsbeschwerden sind unbegründet.
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I.
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1. Die Universität Bremen ist als Reformuniversität errichtet worden, die sich in ihren Strukturen und ihrer wissenschaftlichen Arbeit von den traditionellen Universitäten deutlich abheben sollte (vgl. von der Vring, Hochschulreform in Bremen [1975], insbesondere S. 9 ff.). Rechtliche Grundlage war zunächst das Gesetz über die Errichtung einer Universität in Bremen vom 8. September 1970 (Brem. GBl. S. 101) -- im folgenden: UEG -. Dieses Gesetz überließ die organisatorische Gestaltung der zu gründenden Universität im wesentlichen der Willensbildung der Universität selbst: Nach § 9 Abs. 1 UEG sollte der Gründungssenat eine vorläufige Universitätsverfassung beschließen, die allerdings der Bestätigung durch den Senat der Freien Hansestadt Bremen bedurfte. Der Gründungssenat bestand nach § 2 Abs. 2 UEG zur Hälfte aus Professoren und Dozenten und zu je einem Viertel aus wissenschaftlichen Mitarbeitern (Assistenten) und Studenten.
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Im Gründungssenat setzte sich die Auffassung durch, daß in der neuen Universität das Mitbestimmungsprinzip der Drittelparität zwischen Hochschullehrern (einschließlich Assistenzprofessoren und wissenschaftlichen Angestellten mit Lehraufgaben), Studenten und dem (nichtwissenschaftlichen) Dienstleistungsbereich in allen Entscheidungsgremien der Universität eingeführt werden solle. Diese Drittelparität wurde in der Folgezeit zu einem der Hauptkennzeichen des "Bremer Modells" und nach dem Verständnis der Universität zu einer wesentlichen Voraussetzung für dessen Verwirklichung (vgl. z. B. Steinberg im Vorwort zu: Bremer Modell heute, Bd. 1 [1975], S. 3). Dementsprechend wurde die drittelparitätische Besetzung der Universitätsorgane in der vom Gründungssenat verabschiedeten Vorläufigen Universitätsverfassung vom 27. Mai 1972 (Amtsbl. S. 361) sowohl für den Akademischen Senat als auch für die Studienbereichsräte vorgesehen. Der Senat der Freien Hansestadt Bremen genehmigte die Vorläufige Universitätsverfassung, die im übrigen kein Ordnungsrecht enthielt.
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In einem dem Bremer Senat und der Bremischen Bürgerschaft im Frühjahr 1974 vorgelegten Bericht über die Erfahrungen mit der Drittelparität in den Jahren 1972 bis 1973 (LTDrucks. 8/ 878, S. 2 ff.) äußerte sich die Universität positiv über die Funktionsfähigkeit dieser Zusammensetzung der Entscheidungsorgane der Hochschule.
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2. Im Anschluß an das Hochschulurteil des Bundesverfassungsgerichts vom 29. Mai 1973 (BVerfGE 35, 79) wurde insbesondere im Hinblick auf die Mitbestimmungsregelung eine Änderung der bremischen Universitätsverfassung erwogen (vgl. die Mitteilung des Senats an die Bürgerschaft vom 19. Februar 1974 [LTDrucks. 8/879]); sie wurde zunächst im Hinblick auf das im Gesetzgebungsverfahren befindliche Hochschulrahmengesetz des Bundes aufgeschoben. Die Gesetzesreform wurde dringlich, als der bremische Staatsgerichtshof mit Urteil vom 6. Juni 1977 (DÖV 1977, S. 595) § 9 Abs. 1 UEG und verschiedene Bestimmungen der Vorläufigen Universitätsverfassung für unvereinbar mit der bremischen Landesverfassung erklärte. Der Staatsgerichtshof rügte insbesondere, der Gesetzgeber habe der Universität nicht in völliger Freiheit die Regelung ihrer Organisationsstruktur und ihres Entscheidungsverfahrens überlassen dürfen, sondern habe im Hinblick auf die verfassungsrechtlichen Grundsätze der Gewaltenteilung und der repräsentativen Demokratie den organisatorischen Mindeststandard der Universität durch förmliches Gesetz selbst festlegen müssen. Zum Inhalt und dem Umfang der Wissenschaftsfreiheit und der hieraus abzuleitenden Rechte der Hochschullehrer schloß sich der Staatsgerichtshof den Überlegungen des Bundesverfassungsgerichts im Hochschulurteil an und verwarf die in der Vorläufigen Universitätsverfassung eingeführte drittelparitätische Zusammensetzung der in wissenschaftsrelevanten Angelegenheiten zur Entscheidung berufenen Gremien; den Hochschullehrern, deren Gruppe im übrigen nicht homogen zusammengesetzt sei, werde der verfassungsrechtlich gebotene Einfluß nicht gewährt.
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3. Im Gesetzgebungsverfahren des Bundes versuchte der Senat der Freien Hansestadt Bremen, eine "Experimentierklausel" im künftigen Hochschulrahmengesetz durchzusetzen, die eine ungeschmälerte Erhaltung der in Bremen praktizierten Universitätsverfassung ermöglicht hätte (vgl. den im Bundesrat am 19. Oktober 1973 eingebrachten Antrag [BRDrucks. 553/4/ 73]). Diese Bemühungen hatten keinen Erfolg. Nach Erlaß des Hochschulrahmengesetzes vom 26. Januar 1976 legte der Bremer Senat im Dezember 1976 der Bürgerschaft den Entwurf eines Bremischen Hochschulgesetzes vor (LTDrucks. 9/392). Mit diesem Entwurf sollte das bremische Hochschulrecht an das Hochschulrahmengesetz angepaßt werden, wobei es jedoch erklärter Wille des Senats war, das "Bremer Modell", soweit dies nach der bundesgesetzlichen Rechtslage noch möglich war, auch im neuen Hochschulgesetz beizubehalten (vgl. die Begründung zum Regierungsentwurf, LTDrucks. 9/392, S. 63).
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Hinsichtlich der Zusammensetzung der akademischen Gremien sah der Regierungsentwurf eine deutliche Abkehr vom Prinzip der Drittelparität vor. So sollte sich der Akademische Senat aus acht Vertretern der Professoren, einem Vertreter der Gruppe der wissenschaftlichen Mitarbeiter, einem Vertreter der sonstigen Mitarbeiter und vier Studentenvertretern zusammensetzen; der Hochschule wurde jedoch die Möglichkeit eröffnet, in der Grundordnung zu bestimmen, daß dem Akademischen Senat eine jeweils gleiche Anzahl der Vertreter der Professoren, der Gruppe der wissenschaftlichen und sonstigen Mitarbeiter und der Studenten angehören; in diesem Fall sollten die Stimmen der Vertreter der einzelnen Gruppen so gewichtet werden, daß das Stimmenverhältnis die erforderliche Professorenmehrheit ergebe.
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Im weiteren Gesetzgebungsverfahren war die Regelung der Gremienzusammensetzung umstritten. Nach Durchführung eines umfangreichen Anhörungsverfahrens beschloß der Ausschuß der Bremischen Bürgerschaft zur Erarbeitung eines Bremischen Hochschulgesetzes, die Zusammensetzung der Hochschulorgane abweichend vom Regierungsentwurf in der Weise vorzusehen, wie sie später Gesetz wurde (vgl. LTDrucks. 9/ 619, S. III f.).
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II.
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Prüfungsmaßstab für die verfassungsrechtliche Beurteilung der angegriffenen Vorschriften des Bremischen Hochschulgesetzes ist allein Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG. Unter den im vorliegenden Fall gegebenen Umständen besteht kein Anlaß, von Amts wegen das Verhältnis der landesrechtlichen Normen zum Bundesrecht zu prüfen (vgl. dazu BVerfGE 17, 319 [329]), zumal da nach der Zuständigkeitsverteilung zwischen den beiden Senaten des Bundesverfassungsgerichts (vgl. § 14 Abs. 1 und 2 BVerfGG in Verbindung mit dem Beschluß des Plenums des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 1978 [BGBl. I S. 2095]) die Überprüfung der Vereinbarkeit von Landesrecht mit Bundesrecht grundsätzlich dem Zweiten Senat übertragen ist.
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Die Beschwerdeführer werden durch die angegriffenen Bestimmungen nicht in ihrem Grundrecht auf Wissenschaftsfreiheit (Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG) verletzt.
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III.
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§ 80 Abs. 4 und § 88 Abs. 1 BremHG sind mit Art. 5 Abs. 3 GG vereinbar.
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1. Das Bundesverfassungsgericht hat im Hochschulurteil (BVerfGE 35, 79 [131 ff.]) Grundsätze für die zum Schutz der Wissenschaftsfreiheit der Hochschullehrer gebotene Zusammensetzung der Kollegialorgane in der Gruppenuniversität aufgestellt. Danach muß den Hochschullehrern bei den wissenschaftsrelevanten Fragen in unterschiedlichem Maße ein Einfluß gesichert sein. Bei Entscheidungen, welche unmittelbar die Lehre betreffen, muß der Gruppe der Hochschullehrer der ihrer besonderen Stellung entsprechende maßgebende Einfluß verbleiben; diesem Erfordernis wird genügt, wenn diese Gruppe über die Hälfte der Stimmen verfügt. Bei Entscheidungen, die unmittelbar Fragen der Forschung oder der Berufung der Hochschullehrer betreffen, muß der Gruppe der Hochschullehrer ein weitergehender, ausschlaggebender Einfluß vorbehalten bleiben. Diese Anforderungen müssen bei der Bildung der Selbstverwaltungsgremien und Organe der Hochschule stets beachtet werden. In welcher Weise dies geschehen muß, hat das Bundesverfassungsgericht nicht festgelegt. Im Hochschulurteil (a.a.O. [135]) ist hierzu ausgeführt:
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Es ist grundsätzlich der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers anheimgegeben, durch welche organisatorischen Maßnahmen er den Anforderungen nachkommen will, die sich aus den vorstehenden Erwägungen ergeben. Dabei ist er auch zu einer den Organisationsprinzipien der Gruppenuniversität entsprechenden typisierenden Betrachtungsweise berechtigt. Es bietet sich ein breiter Fächer organisatorischer Formen und verfahrensrechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten an, deren Erörterung im einzelnen nicht Sache des Bundesverfassungsgerichts ist.
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2. Der Akademische Senat der Universität Bremen ist nach der Aufgabenstellung in § 80 Abs. 1 und 2 BremHG das zentrale Entscheidungsgremium, das in allen Angelegenheiten zuständig ist, die nicht einem anderen Organ übertragen sind. Zu seinen Aufgaben gehören in erheblichem Umfang wissenschaftsrelevante Fragen (vgl. § 80 Abs. 2 BremHG). Die Zusammensetzung des Akademischen Senats muß daher den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen, die Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG zur Sicherung des durch das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit geforderten Einflusses der Hochschullehrer stellt. Gleiches gilt für die Fachbereichsräte als Entscheidungsorgane der jeweiligen Fachbereiche der Universität. Auch zu den Aufgaben der Fachbereiche gehören wissenschaftsrelevante Entscheidungen (vgl. § 87 Abs. 2 BremHG).
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Die in § 80 Abs. 4 BremHG für den Akademischen Senat und in § 88 Abs. 1 Satz 1 BremHG für die Fachbereichsräte vorgesehene Besetzung zielt deutlich auf eine wenigstens äußerliche Erhaltung des Mitbestimmungsprinzips der Drittelparität ab, wie sie das "Bremer Modell", das oben geschildert wurde, als wesentliches Kennzeichen der bremischen Reformuniversität eingeführt hatte. Jedoch ist die Drittelparität für die Entscheidungsfindung in den Gremien durch ein Abstimmungsverfahren ersetzt worden, das den verfassungsrechtlichen Anforderungen Rechnung tragen soll: Nach § 80 Abs. 4 Satz 3 BremHG verfügen die Vertreter der Professoren im Akademischen Senat zusammen über eine Stimme mehr als die Vertreter der anderen Gruppen zusammen. Dies wird durch das Mehrfachstimmrecht der Professoren erreicht. Diese Regelung gilt gemäß § 88 Abs. 1 Satz 1 BremHG auch für das Verfahren in den Fachbereichsräten.
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Für Entscheidungen, die im Hinblick auf die Wissenschaftsfreiheit von herausragender Bedeutung sind, trifft § 101 Abs. 4 BremHG eine besondere Regelung:
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Entscheidungen, die Forschung, künstlerische Entwicklungsvorhaben oder die Berufung von Professoren unmittelbar berühren, bedürfen außer der Mehrheit des Gremiums auch der Mehrheit der dem Gremium angehörenden Professoren. Kommt danach ein Beschluß auch im zweiten Abstimmungsgang nicht zustande, so genügt für eine Entscheidung in der nächsten Sitzung die Mehrheit der dem Gremium angehörenden Professoren. Bei Berufungsvorschlägen ist der Vorschlag der Mehrheit des Gremiums als weiterer Vorschlag vorzulegen.
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3. Diese Regelung über die Zusammensetzung der akademischen Entscheidungsgremien und das Stimmrecht in ihnen hält sich noch im Rahmen der zur Wahrung der Wissenschaftsfreiheit der Hochschullehrer aufgestellten Grundsätze.
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a) Der ausschlaggebende Einfluß, der den Professoren bei Forschungs- und Berufungsangelegenheiten einzuräumen ist, wird -- unabhängig von der verfassungsrechtlichen Beurteilung der hier angegriffenen Vorschriften des § 80 Abs. 4 und des § 88 Abs. 1 BremHG -- schon durch die Regelung des § 101 Abs. 4 BremHG gewahrt. Durch diese Bestimmung ist in Angelegenheiten der Forschung und hinsichtlich der Berufungen ein ausschlaggebender Einfluß nicht nur der Professorengruppe insgesamt, sondern der Mehrheit innerhalb dieser Gruppe eingeräumt, und zwar ohne Rückgriff auf das umstrittene Mehrfachstimmrecht.
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Gegen die in § 101 Abs. 4 BremHG getroffene Regelung des Stichentscheidsverfahrens haben die Beschwerdeführer allerdings eine Reihe von Bedenken geäußert, die einen Verfassungsverstoß der bremischen Vorschriften über die Entscheidungsfällung in Forschungs- und Berufungsangelegenheiten jedoch nicht zu begründen vermögen. Das Verfahren des Stichentscheids ist zwar sehr kompliziert ausgestaltet worden. Dieses Verfahren, das zu mehreren Abstimmungsgängen in verschiedenen Sitzungen des Universitätsorgans führen kann, mag -- je nach der hochschulpolitischen Situation an der Universität -- zur Folge haben, daß die der Mehrheit der Professorengruppe angehörenden Hochschullehrer einem äußeren Druck hinsichtlich ihres Abstimmungsverhaltens ausgesetzt sein können. Es kann aber von den Professoren im Hinblick auf ihren Sachverstand und ihr wissenschaftliches Urteil eine gewisse Standfestigkeit bei Entscheidungen erwartet werden, die sie aus wohlerwogenen sachlichen Gründen für erforderlich halten. Jedenfalls kann das Stichentscheidsverfahren, wie es in § 101 Abs. 4 BremHG geregelt ist, nicht als verfassungswidrig oder schlechthin unpraktikabel angesehen werden.
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b) Die angegriffene Regelung des Mehrfachstimmrechts der Professoren kommt somit nur in Fragen der Lehre in entscheidender Weise zum Tragen. Hier fordern die oben dargelegten Grundsätze einen maßgeblichen Einfluß der Hochschullehrer, die mindestens über die Hälfte der Stimmen verfügen müssen; ferner muß für den Fall einer Stimmengleichheit aus gruppenspezifischen Gründen eine Regelung zur Vermeidung der Funktionsunfähigkeit des Gremiums vorgesehen sein (BVerfGE 35, 79 [142 f.]).
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Das Bremische Hochschulgesetz teilt den Professoren auch in Angelegenheiten der Lehre die absolute Mehrheit der Stimmen zu und vermeidet so von vornherein ein Entscheidungspatt, das sich aus einer Konfrontation der geschlossenen Hochschullehrergruppe mit den Vertretern der anderen Hochschulmitglieder ergeben könnte.
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Der verfassungsrechtlich gebotene Einfluß der Hochschullehrer auf die Lehre kann auch mittels eines Mehrfachstimmrechts sichergestellt werden.
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Das Bundesverfassungsgericht hat diese Frage zwar bisher nicht ausdrücklich entschieden. Es hat jedoch im Hochschulurteil (BVerfGE 35, 79) und in den sich anschließenden hochschulrechtlichen Entscheidungen (vor allem BVerfGE 43, 242; 47, 327) stets darauf abgestellt, ob die Hochschullehrer in den Selbstverwaltungsorganen die zur Verwirklichung des verfassungsrechtlich gebotenen Einflusses erforderliche Stimmenzahl erhalten haben. Daß dieser Stimmenzahl eine gleiche Sitzzahl in den Gremien entsprechen müsse, ist nirgends ausgesprochen worden. Vielmehr hat das Bundesverfassungsgericht Regelungen gebilligt, in denen die Hochschullehrer zwar nicht nach Sitzen, aber nach Stimmen in wissenschaftsrelevanten Angelegenheiten über eine Mehrheit verfügten, wenn nämlich in solchen Angelegenheiten die im Gremium vertretenen nichtwissenschaftlichen Mitarbeiter kein Stimmrecht hatten (vgl. z. B. die Zusammensetzung des "Ständigen Ausschusses III" nach § 19 Abs. 1 und 2 Nr. 3 des Gesetzes über die Universitäten des Landes Hessen vom 12. Mai 1970 [GVBl. I S. 324], dazu BVerfGE 47, 327 [399]; ähnlich bereits BVerfGE 35, 79 [141]).
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Vor allem aber hat das Bundesverfassungsgericht auch ein Mehrfachstimmrecht für Hochschullehrer, durch das erst die -- im Hinblick auf forschungsrelevante Entscheidungen erforderliche -- Stimmenmehrheit der Hochschullehrer erreicht werden konnte, in einem konkreten Fall für ausreichend zur Herstellung eines verfassungsgemäßen Entscheidungsverfahrens angesehen: In den Direktorien der Medizinischen Zentren und Betriebseinheiten an hessischen Universitäten konnte es nach § 35 Abs. 1 des genannten hessischen Universitätsgesetzes infolge einer geringen Zahl der einem Zentrum angehörenden Hochschullehrer dazu kommen, daß diese nicht über die Mehrheit der Sitze verfügten. Das Bundesverfassungsgericht hielt für diesen Fall die erweiternde Auslegung des § 35 Abs. 2 Satz 2 und 3 des hessischen Universitätsgesetzes für geboten, aber auch ausreichend, nach welcher die Stimmenmehrheit der Hochschullehrer gegebenenfalls durch ein Mehrfachstimmrecht für die im Gremium vertretenen Hochschullehrer herzustellen war (vgl. dazu BVerfGE 47, 327 [403]).
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Eine knappe Mehrheit der Hochschullehrer in den Entscheidungsgremien bringt es naturgemäß mit sich, daß zuweilen Entscheidungen gegen die Mehrheitsmeinung der Professorenvertreter ergehen können, wenn diese nicht geschlossen abstimmen. Diese Folge kann unabhängig davon eintreten, ob die Professorengruppe eine Stimmenmehrheit nur über ein Mehrfachstimmrecht besitzt oder ob der Stimmenmehrheit auch eine Mehrheit der Sitze im Gremium entspricht. Hiergegen sind keine verfassungsrechtlichen Bedenken zu erheben. Der maßgebliche (oder ausschlaggebende) Einfluß der Hochschullehrer soll nicht dazu führen, daß sich die Mehrheitsmeinung dieser Gruppe stets durchsetzt; wechselnde Mehrheiten, Fraktionsbildungen quer durch die Gruppen und Koalitionen zur Durchsetzung bestimmter hochschulpolitischer Ansichten sind dem System der repräsentativ organisierten Gruppenuniversität immanent.
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Der besondere Einfluß der Hochschullehrer findet seine Rechtfertigung gerade in ihrer wissenschaftlichen Qualifikation, ihrer Funktion und ihrer Verantwortung für den Wissenschaftsbetrieb der Universität im ganzen sowie für die Aufrechterhaltung der wissenschaftlichen Freiheit des einzelnen an der Universität tätigen Wissenschaftlers; dieser Einfluß soll verhindern, daß wissenschaftlicher Sachverstand bei der Entscheidung von Fragen der Forschung und Lehre in den Beschlußorganen der Wissenschaftsverwaltung überspielt wird (vgl. BVerfGE 35, 79 [130, 132 f.]). Die Sicherung dieser Aufgabe erfordert lediglich, daß der Einfluß der Hochschullehrer, die ihren Sachverstand zur Geltung bringen können, auf die Entscheidungsfindung der Selbstverwaltungsorgane gewahrt ist. Wie sie dort abstimmen, ob sie sich zu einer geschlossenen Gruppe finden, ob sie mit der Mehrheit der Vertreter ihrer Gruppe stimmen oder hiervon abweichen und sich der Auffassung der Vertreter anderer Gruppen von Hochschulmitgliedern anschließen, ist letztlich nicht entscheidend: Das Abstimmungsverhalten des Professors, der abweichend votiert, kann genauso vom Sachverstand und dem wissenschaftlichen Verantwortungsbewußtsein getragen sein wie dasjenige eines mit der Mehrheit seiner Kollegen stimmenden Hochschullehrers.
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Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der angegriffenen Regelung kann auch nicht deswegen verneint werden, weil ein abweichendes Stimmverhalten eines Professorenvertreters nur durch zwei Stimmen aus dem Bereich der Mitarbeiter oder Studenten ausgeglichen werden kann. Das Grundrecht der Professoren aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG gebietet es nicht, daß jede Stimme eines abweichenden Professors durch die Stimme auch nur eines Vertreters der anderen Hochschulmitglieder ausgeglichen werden kann; denn es gilt hier nicht, eine im Sinne der Wissenschaftsfreiheit "unrichtige" Stimmabgabe des nicht mit der Mehrheit seiner Kollegen stimmenden Professorenvertreters gleichsam zu "korrigieren". Die verfassungsrechtlich für die Entscheidungsfindung in einem Gremium gebotene Stimmenmehrheit der Hochschullehrer ist grundsätzlich schon dann gegeben, wenn die Professoren rechnerisch über die entsprechende Stimmenzahl verfügen, ohne Rücksicht darauf, zu welchen Ergebnissen im Einzelfall abweichendes Stimmverhalten von Gruppenmitgliedern und die Bildung von Koalitionen führen können.
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c) Bei den einer Abstimmung vorausgehenden Beratungen sind die Hochschullehrer nach der angegriffenen Regelung allerdings in der Minderheit, und zwar auch dann, wenn es um wissenschaftsrelevante Angelegenheiten geht: Fünf Professoren sitzen im Akademischen Senat und in den Fachbereichsräten jeweils insgesamt zehn Vertretern der Mitarbeiter und der Studenten gegenüber; die Argumentationsbasis der Professoren ist somit kleiner als die der beiden anderen Gruppen zusammen.
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Den Beschwerdeführern ist darin zuzustimmen, daß für die Beurteilung der Frage, ob den Hochschullehrern in den Gremien der Gruppenuniversität der verfassungsrechtlich gebotene Einfluß gesichert ist, auch die Zahl der ihren Vertretern zugewiesenen Sitze von Bedeutung sein kann. Die im Hinblick auf die Wissenschaftsfreiheit der an der Universität tätigen Grundrechtsträger zu gestaltende Organisation der Hochschule erfordert, daß Sachverstand und wissenschaftliche Verantwortung der Hochschullehrer auch bei der den Abstimmungen in den Gremien vorausgehenden Diskussion voll zum Tragen kommen können. Eine andere Auffassung würde weder der Stellung der Hochschullehrer noch der Beratungsfunktion dieser Gremien gerecht. Dabei kann die Zahl der Sitze eine Rolle spielen für die Beurteilung der Fragen, ob die Hochschullehrer im Gremium in der gebotenen Weise repräsentiert sind und ob die dem Gremium angehörenden Hochschullehrer ihren Sachverstand und ihre wissenschaftliche Verantwortung entsprechend den Anforderungen des Art. 5 Abs. 3 GG in die Diskussion einbringen können. Unter beiden Gesichtspunkten sind hier keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken zu erheben.
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Was die Repräsentation betrifft, so hält sich die Zahl von fünf Professorenvertretern in dem gebotenen Rahmen. Die den einzelnen Gruppen der Hochschulmitglieder zu ihrer Repräsentation in den Kollegialorganen eingeräumte Sitzzahl wird durch die Gesamtgröße des jeweiligen Organs mitbestimmt; diese wiederum soll eine möglichst effektive Arbeitsweise des Gremiums gewährleisten. Es ist unter dem Gesichtspunkt einer angemessenen Repräsentation der Professoren verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn der bremische Gesetzgeber die Funktionsfähigkeit des Akademischen Senats und der Fachbereichsräte bei einer Größe von 15 Mitgliedern für am besten gesichert erachtete und von dieser Zahl ausgehend die Sitze auf die einzelnen Gruppen von Hochschulangehörigen entsprechend der Regelung des § 80 Abs. 4 und des § 88 Abs. 1 BremHG verteilte.
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Unter den mitberatenden Gremienmitgliedern müssen die Hochschullehrer nicht die Hälfte oder gar die Mehrheit stellen; das Bundesverfassungsgericht hat es nicht beanstandet, daß etwa die nichtwissenschaftlichen Mitarbeiter in wissenschaftsrelevanten Angelegenheiten mit beratender Stimme an der Sitzung der Gremien teilnehmen, obwohl die Hochschullehrer damit bei der Beratung in eine Minderheitsposition geraten (vgl. z. B. BVerfGE 47, 327 [399]; auch BVerfGE 35, 79 [84 f. i.V.m. 141]). Es kann als ausreichend angesehen werden, wenn jeweils fünf Professoren ihre Auffassungen zu den zur Entscheidung anstehenden Fragen äußern können, auch wenn die beiden anderen Hochschulgruppen zusammen über 10 Vertreter verfügen. Die Professoren besitzen aufgrund ihrer wissenschaftlichen Qualifikation und ihrer beruflichen Erfahrung in Forschung und Lehre in aller Regel eine deutlich größere Sachkunde als die Vertreter der anderen Hochschulgruppen; es wird ihnen daher bei der Diskussion in den Gremien gerade in wissenschaftsrelevanten Angelegenheiten grundsätzlich leichter fallen als den anderen Mitgliedern, ihre fachliche Meinung zur Geltung zu bringen. Die Erwartung des Gesetzgebers ist jedenfalls vertretbar, daß die Professoren in der Beratung ihre geringere Zahl durch das häufig größere Gewicht ihrer Argumente wettzumachen in der Lage sind. Des weiteren kann im Hinblick auf die wissenschaftliche Autorität und die berufliche Stellung der Professoren auch erwartet werden, daß sie erforderlichenfalls mit ihren Meinungsäußerungen in wissenschaftsrelevanten Fragen nicht vor einer lediglich zahlenmäßig größeren Vertretung anderer Gruppen zurückweichen. Der bremische Gesetzgeber hat sich noch innerhalb des Gestaltungsspielraums gehalten, der ihm für die organisatorische Sicherung der Wissenschaftsfreiheit der an der Universität tätigen Hochschullehrer zur Verfügung steht. Wo die Grenzen im einzelnen verlaufen, kann hier offenbleiben. Ob die bremische Regelung als sonderlich zweckmäßig anzusehen ist, unterliegt nicht der Beurteilung durch das Bundesverfassungsgericht.
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§ 5 Abs. 5 Satz 2 und § 6 Abs. 4 Satz 2 BremHG verletzen die Beschwerdeführer ebenfalls nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 5 Abs. 3 GG.
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1. Während der bremische Gesetzgeber in § 6 Abs. 2 und 3 BremHG versucht, die Freiheit der Forschung und der Lehre des Näheren zu umschreiben, erkennt er in § 6 Abs. 4 BremHG eine hiermit korrespondierende Freiheit des Studiums an. Innerhalb dieses Freiheitsrechts wird den Studenten auch das Recht eingeräumt, im Rahmen der einzelnen Lehrveranstaltungen ihre Meinung zu deren Inhalt, Gestaltung und Durchführung in einer der Lehrveranstaltung entsprechenden Form zu äußern. Diese Regelung greift nicht in unzulässiger Weise in durch Art. 5 Abs. 3 GG geschützte Positionen der beschwerdeführenden Professoren ein.
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Inwieweit die Freiheit des Studiums verfassungsrechtlich geschützt ist, braucht im Rahmen des vorliegenden Verfassungsbeschwerdeverfahrens nicht abschließend entschieden zu werden (vgl. zu dieser Problematik z. B. Pieroth, Störung, Streik und Aussperrung an der Hochschule, 1976, S. 136 ff.; Waibel, WissR, 8. Bd. [1975], S. 86 [89 f.]; aus der Rechtsprechung z. B. VG Braunschweig, DVBl. 1974, S. 51 [53]; OVG Berlin, WissR, 2. Bd. [1969], S. 177 [178]; Hess. VGH, WissR, 7. Bd. [1974], S. 161 [166]; OVG Hamburg, NJW 1977, S. 1254; OVG Hamburg, NJW 1978, S. 1395; vgl. auch die Rechtsprechung des VG Karlsruhe, dargestellt bei Waibel, a.a.O., S. 89 f.). Der Student ist jedenfalls kein Schüler und nicht bloßes Objekt der Wissenschaftsvermittlung, sondern er soll ein selbständig mitarbeitendes, an der wissenschaftlichen Erörterung beteiligtes Mitglied der Hochschule sein; das Studium an der Universität ist auf aktive Teilnahme am Wissenschaftsprozeß hin angelegt (vgl. BVerfGE 35, 79 [125]). Zumindest soweit der Student bereit und in der Lage ist, in diesem Sinne an der wissenschaftlichen Lehre teilzunehmen, kann auch ihm das Grundrecht aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG zustehen.
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Aktive Beteiligung der Studenten an wissenschaftlichen Lehrveranstaltungen kann nur verwirklicht werden, wenn die Studenten -- wie dies im Bereich von Seminaren, Kolloquien und Übungen ohnehin zumeist üblich ist -- soweit wie möglich in den Ablauf der Lehrveranstaltung einbezogen werden; ein wichtiges, wohl das entscheidende Mittel der studentischen Beteiligung liegt darin, daß Gelegenheit gegeben wird, Fragen zum Thema zu stellen und sich zu den vertretenen Lehrmeinungen zu äußern.
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Andererseits liegt die Gestaltung der Lehrveranstaltungen grundsätzlich in der Hand des Hochschullehrers. Es gehört zu seiner Lehrfreiheit und zu der durch das Grundrecht des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG geschützten verfassungsrechtlichen Position, selbst über Inhalt und Ablauf der Lehrveranstaltung bestimmen zu können (vgl. z. B. OVG Rheinland-Pfalz, WissR, 7. Bd. [1974], S. 167 [168]; OVG Berlin, WissR, 2. Bd. [1969], S. 177 [179]; Waibel, a.a.O., S. 88). Der Gesetzgeber ist gehalten, durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, daß Störungen und Behinderungen der Wissenschaftsfreiheit der Hochschullehrer, auch ihrer Lehrfreiheit, durch Einwirkungen studentischer Gruppen soweit wie möglich ausgeschlossen werden (vgl. BVerfGE 35, 79 [128]). Dies kann aber nicht bedeuten, daß der Gesetzgeber im Interesse der Lehrfreiheit der Professoren auf die Gewährung der von ihm aus der "Studienfreiheit" abgeleiteten Meinungsäußerungsrechte der Studenten völlig verzichten müßte. Die Wissenschaftsfreiheit sichert dem an der Universität tätigen Hochschullehrer keine Bestimmungsrechte ohne jede Rücksicht auf die anderen Universitätsmitglieder. Auch der Hochschullehrer ist in die Institution der Universität eingebunden und muß sich, bedingt durch das Zusammenwirken mit den anderen Grundrechtsträgern und mit Rücksicht auf den Ausbildungszweck der Universität, Einschränkungen gefallen lassen; die Interessen der verschiedenen Hochschulangehörigen, der Wissenschaftler, ihrer Mitarbeiter und der Studenten sowie der übrigen Bediensteten müssen miteinander abgestimmt und koordiniert werden (BVerfGE 35, 79 [122]).
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Die Regelung des § 6 Abs. 4 Satz 2 BremHG läßt das Bestreben des Gesetzgebers erkennen, das als Inhalt der "Studienfreiheit" anerkannte studentische Meinungsäußerungsrecht mit der verfassungsrechtlich geschützten Lehrfreiheit der Professoren in Einklang zu bringen. Dabei mußten im Hinblick auf Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG Beeinträchtigungen der Lehrfreiheit der Professoren soweit wie möglich vermieden werden. Der Gesetzgeber hat das Meinungsäußerungsrecht der Studenten von vornherein eng umschrieben, es an strikt auf die Lehrveranstaltung selbst bezogene Stellungnahmen in einer der Lehrveranstaltung entsprechenden Form gebunden. Auch aus § 49 Abs. 2 BremHG, der hier nicht weiter zu prüfen ist, läßt sich das Bemühen des Gesetzgebers entnehmen, den Rechtspositionen aller Mitglieder der Hochschule gerecht zu werden.
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Diese Ausgleichsbemühungen des Gesetzgebers, die auch der Wahrung der Lehrfreiheit der Hochschullehrer dienen sollen, begegnen keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Ob sie sich stets im Konfliktsfall in der Praxis zu bewähren vermögen, hängt von der Handhabung durch alle Beteiligten und von ihrer gegenseitigen Rücksichtnahme in der Ausübung von Rechten und der Erfüllung von Pflichten im jeweiligen Einzelfall ab.
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2. In diesem Gesamtzusammenhang des Ausgleichs zwischen den Rechten und Pflichten aller Hochschulmitglieder ist auch die Bestimmung des § 5 Abs. 5 BremHG zu sehen. Satz 1 dieser Vorschrift verpflichtet alle Mitglieder der Hochschule, sich so zu verhalten, daß die Hochschule ihre Aufgaben erfüllen kann und niemand gehindert wird, seine Rechte und Pflichten wahrzunehmen. Hieran schließt sich die von den Beschwerdeführern angegriffene Regelung an, daß berechtigte Beschwerden, die unvermeidbar zu geringen und kurzen Störungen führen, keine Pflichtverletzungen sind.
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Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG gebietet zwar, den Hochschullehrern durch geeignete Organisationsmaßnahmen möglichst weitgehenden Schutz vor Störungen zu gewährleisten, die ihre Wissenschaftsfreiheit beeinträchtigen (zum Begriff der "Störung" im Hochschulrecht vgl. den Rechtsprechungsbericht bei Pieroth, a.a.O., S. 72 ff.; Waibel, a.a.O., S. 86 ff.; derselbe in: WissR, 7. Bd. [1974], S. 153 [154 ff.]). Der in § 5 Abs. 5 Satz 2 BremHG normierte Tatbestand stellt jedoch keine ernstliche Beeinträchtigung der Wissenschaftsfreiheit der Hochschullehrer dar. Das Anwendungsgebiet dieser Norm ist außerordentlich beschränkt. Dies zeigt sich bereits an ihren Tatbestandsvoraussetzungen:
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Zum einen muß die Störung auf einer berechtigten Beschwerde beruhen. Wann dies der Fall ist, kann nur im Einzelfall bestimmt werden; der Gesetzgeber verwendet hier einen unbestimmten Rechtsbegriff, der jedoch der verwaltungsgerichtlichen Auslegung zugänglich ist und verfassungsrechtlich nicht beanstandet werden kann. Die Störung muß weiter unvermeidbar, gering und kurz sein; es handelt sich hier um Tatbestandsmerkmale, die -- da es sich um eine Ausnahmevorschrift handelt -- im Interesse der Lehrfreiheit der Hochschullehrer gegebenenfalls eng ausgelegt werden müssen. Eine Gesetzesbestimmung, die geringfügige Störungen in diesem begrenzten Rahmen nicht als Pflichtverletzung einstuft, greift nicht in unzulässiger Weise in das Grundrecht der Professoren auf Wissenschaftsfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG ein.
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Es kann allerdings die Frage nach der praktischen Bedeutung einer derartigen Vorschrift gestellt werden; sie unterliegt jedoch nicht der verfassungsgerichtlichen Beurteilung. Ob Befürchtungen berechtigt sind, § 5 Abs. 5 Satz 2 und § 6 Abs. 4 Satz 2 BremHG könnten in der Praxis -- weit über ihren wirklichen Gehalt hinaus -- mißbraucht und zur Rechtfertigung von Verhaltensweisen herangezogen werden, die von diesen Bestimmungen nicht gedeckt sind, ist hier nicht zu untersuchen.
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In der Neufassung vom 14. April 1980 genügt § 102 Abs. 3 BremHG den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG gebietet nicht, jedem Professor eines Fachgebiets, das durch eine wissenschaftsrelevante Entscheidung berührt wird, eine Äußerung unmittelbar vor dem Entscheidungsgremium selbst zu ermöglichen. Der einzelne Hochschullehrer muß vielmehr in geeigneter Form zu Gehör kommen (BVerfGE 35, 79 [129]). Dies kann in der repräsentativ organisierten Selbstverwaltung der modernen Massenuniversität auch dadurch geschehen, daß er sich im Rahmen einer Vorberatung zu den anstehenden Fragen gegenüber einem Fachkollegen äußert, der dann unter Berücksichtigung der von allen Professoren des Fachgebiets in der Vorberatung dargelegten Meinungen vor dem Entscheidungsgremium seine Stellungnahme abgibt. In dieser Form sieht § 102 Abs. 3 BremHG n.F. ausdrücklich eine Anhörung der Professoren eines Faches vor, das im Entscheidungsgremium nicht durch einen Professor vertreten ist. Für den Fall, daß ein Fach im Gremium durch einen Professor vertreten ist, wird Gleiches zwar nicht ausdrücklich gesagt, ergibt sich jedoch aus dem Zusammenhang der Vorschrift und dem Wesen der Repräsentation. In dieser Form und bei dieser Auslegung ist § 102 Abs. 3 BremHG mit Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG vereinbar.
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