Beschluß | |
des Ersten Senats vom 28. November 1984
| |
-- 1 BvR 1157/82 -- | |
Entscheidungsformel:
| |
Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen.
| |
Gründe: | |
A. | |
Die Beschwerdeführerin wendet sich unmittelbar gegen die Anhebung des Rechnungszinsfußes für steuerlich anerkannte Pensionsrückstellungen auf 6 vom Hundert durch das Zweite Gesetz zur Verbesserung der Haushaltsstruktur. Sie rügt insbesondere einen Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot und gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG).
| |
I.
| |
Durch die Bildung von Pensionsrückstellungen wird den Verpflichtungen eines Unternehmens aus der Erteilung von Pensionszusagen an Arbeitnehmer in der Steuerbilanz Rechnung getragen. Ursprünglich wurden Pensionsrückstellungen nach den allgemein für Rückstellungen geltenden Grundsätzen bemessen. Nachdem der Bundesfinanzhof im Jahre 1953 auch Pensionszusagen für eine bereits abgelaufene Dienstzeit in voller Höhe zur Passivierung zugelassen hatte (BStBl. 1953 III S. 102), wurde durch das Steuerneuordnungsgesetz 1954 mit § 6a EStG eine spezielle Regelung geschaffen, um eine gleichmäßige Bildung der Pensionsrückstellungen vom Zeitpunkt der Zusage bis zum Eintritt des Versorgungsfalles sicherzustellen (Herrmann/ Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, EStG § 6a Anm. 3 [Stand: September 1983]). Für die Höhe der Pensionsrückstellung sowie der zukünftigen Zuführungen ist der zugrunde gelegte Rechnungszinsfuß von wesentlicher Bedeutung. Je höher dieser ist, desto niedriger ist die steuerrechtlich zulässige Pensionsrückstellung (Herrmann/ Heuer/Raupach, a.a.O., EStG § 6a Anm. 17). Ursprünglich war ![]() ![]() | |
Das Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19. Dezember 1974 -- BetrAVG -- (BGBl. I S. 3610) erklärte Anwartschaften aus der betrieblichen Altersversorgung für unverfallbar und verpflichtete in § 16 den Arbeitgeber, alle drei Jahre eine Anpassung der laufenden Leistungen zu prüfen und hierüber nach billigem Ermessen zu entscheiden. Zugleich wurde § 6a EStG neu gefaßt. Der Unverfallbarkeit der Pensionsanwartschaften wurde steuerrechtlich durch das sogenannte Teilwertverfahren Rechnung getragen. Danach ist nunmehr der Rückstellungsbetrag so zu errechnen, als wäre die Pensionszusage mit dem Eintritt des Pensionsbegünstigten in das Unternehmen (frühestens ab einem Lebensalter von 30 Jahren) erteilt und gleichzeitig mit der Rückstellungsbildung begonnen worden ![]() ![]() | |
Durch das Zweite Gesetz zur Verbesserung der Haushaltsstruktur (2. Haushaltsstrukturgesetz) vom 22. Dezember 1981 (BGBl. I S. 1523) wurde der Rechnungszinsfuß für die Bemessung der Pensionsrückstellungen von 5,5 auf 6 vom Hundert angehoben. Diese Regelung wurde als Abbau einer Vergünstigung im Bereich der Unternehmensbesteuerung angesehen (BTDrucks. 9/795, S. 41). Angesichts der Situation der öffentlichen Haushalte wurde eine Einschränkung der durch die Bildung von Pensionsrückstellungen erzielbaren steuerlichen Vorteile für vertretbar gehalten. Im Gesetzgebungsverfahren ging man davon aus, daß der Rechnungszinsfuß von 6 vom Hundert in der Regel im Rahmen der Renditeerwartungen liege, welche die pensionsverpflichteten Unternehmen auf längere Sicht mit dem durch die Pensionsrückstellungen gebundenen Kapital erwirtschaften könnten; der Rechnungszinsfuß liege auch erheblich unter dem auf absehbare Zeit zu erwartenden Zinssatz für langfristige Fremdgelder (BTDrucks. 9/795, S. 66). Negative Auswirkungen auf die Investitionsbereitschaft der Wirtschaft und den Kapitalmarkt sollten durch eine Übergangsregelung abgeschwächt werden. Im Gesetzgebungsverfahren äußerte nur der Bundestagsausschuß für Arbeit und Sozialordnung Bedenken. ![]() ![]() | |
§ 6a Pensionsrückstellung | |
(1) Für eine Pensionsverpflichtung darf eine Rückstellung (Pensionsrückstellung) nur gebildet werden, wenn 1. der Pensionsberechtigte einen Rechtsanspruch auf einmalige oder laufende Pensionsleistungen hat, 2. die Pensionszusage keinen Vorbehalt enthält, daß die Pensionsanwartschaft oder die Pensionsleistung gemindert oder entzogen werden kann, oder ein solcher Vorbehalt sich nur auf Tatbestände erstreckt, bei deren Vorliegen nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen unter Beachtung billigen Ermessens eine Minderung oder ein Entzug der Pensionsanwartschaft oder der Pensionsleistung zulässig ist, und 3. die Pensionszusage schriftlich erteilt ist. | |
(2) Eine Pensionsrückstellung darf erstmals gebildet werden 1. vor Eintritt des Versorgungsfalls für das Wirtschaftsjahr, in dem die Pensionszusage erteilt wird, frühestens jedoch für das Wirtschaftsjahr, bis zu dessen Mitte der Pensionsberechtigte das 30. Lebensjahr vollendet, 2. nach Eintritt des Versorgungsfalls für das Wirtschaftsjahr, in dem der Versorgungsfall eintritt. | |
(3) Eine Pensionsrückstellung darf höchstens mit dem Teilwert der Pensionsverpflichtung angesetzt werden. Als Teilwert einer Pensionsverpflichtung gilt 1. vor Beendigung des Dienstverhältnisses des Pensionsberechtigten der Barwert der künftigen Pensionsleistungen am Schluß des Wirtschaftsjahrs abzüglich des sich auf denselben Zeitpunkt ergeben ![]() ![]() 2. nach Beendigung des Dienstverhältnisses des Pensionsberechtigten unter Aufrechterhaltung seiner Pensionsanwartschaft oder nach Eintritt des Versorgungsfalls der Barwert der künftigen Pensionsleistungen am Schluß des Wirtschaftsjahrs; Nummer 1 Satz 4 gilt sinngemäß. Bei der Berechnung des Teilwerts der Pensionsverpflichtung sind ein Rechnungszinsfuß von 6 vom Hundert und die anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik anzuwenden. | |
(4) Eine Pensionsrückstellung darf in einem Wirtschaftsjahr höchstens um den Unterschied zwischen dem Teilwert der Pensionsverpflichtung am Schluß des Wirtschaftsjahrs und am Schluß des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs erhöht werden. In dem Wirtschaftsjahr, in dem mit der Bildung einer Pensionsrückstellung frühestens begonnen werden darf (Erstjahr), darf die Rückstellung bis zur Höhe des Teilwerts der Pensionsverpflichtung am Schluß des Wirtschaftsjahrs gebildet werden; diese Rückstellung kann auf das Erstjahr und die beiden folgenden Wirtschaftsjahre gleichmäßig verteilt werden. Erhöht sich in einem Wirtschaftsjahr gegenüber dem voran ![]() ![]() | |
(5) Die Absätze 3 und 4 gelten entsprechend, wenn der Pensionsberechtigte zu dem Pensionsverpflichteten in einem anderen Rechtsverhältnis als einem Dienstverhältnis steht.
| |
Die Anhebung des Rechnungszinsfußes von 5,5 auf 6 vom Hundert führt zu einer Absenkung der Pensionsrückstellungen und der jährlichen Zuführungen (Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., EStG § 6a Anm. 17). Um die daraus folgende gewinn- und damit steuererhöhende Wirkung abzuschwächen, erlaubt die Übergangsregelung des § 52 Abs. 5 EStG in der Fassung des 2. Haushaltsstrukturgesetzes die Bildung einer gewinnmindernden Rücklage, die über einen Zeitraum von zwölf Jahren gleichmäßig aufzulösen ist, so daß die mit der Erhöhung des Zinsfußes verbundene steuerliche Belastung entsprechend verteilt wird. Diese Vorschrift lautet:
| |
§ 52 Schlußvorschriften | |
(1) ... bis (4) ...
| |
(5) § 6a Abs. 3 letzter Satz ist erstmals für das erste Wirtschaftsjahr anzuwenden, das nach dem 31. Dezember 1981 endet (Übergangsjahr). Bei Anwendung des § 6a Abs. 4 Satz 1 ist für die Berechnung des Teilwerts der Pensionsverpflichtung am Schluß des dem Übergangsjahr vorangegangenen Wirtschaftsjahrs ebenfalls ein Rechnungszinsfuß von 6 vom Hundert zugrunde zu legen. Soweit eine am Schluß des dem Übergangsjahr vorangegangenen Wirtschaftsjahrs vorhandene Pensionsrückstellung den mit einem Rech ![]() ![]() | |
(6) ... bis (28) ...
| |
II.
| |
Die Beschwerdeführerin ist eine Steuerberatungsgesellschaft in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), die eine betriebliche Altersversorgung eingeführt hat. Für die daraus resultierenden Verpflichtungen hat sie in ihren Handels- und Steuerbilanzen Pensionsrückstellungen gebildet, die sich am 31. Dezember 1981 auf 21 120 DM beliefen. Die Anhebung des Rechnungszinsfußes führt nach dem Vortrag der Beschwerdeführerin für das Jahr 1982 zu einer Absenkung der Pensionsrückstellungen um 2 010 DM.
| |
Mit der Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung des Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip, des Art. 3 Abs. 1 und des Art. 14 Abs. 1 GG. Sie hält die Verfassungsbeschwerde für zulässig, weil sie bereits unmittelbar durch das Gesetz und nicht erst durch einen darauf gestützten Vollzugsakt betroffen sei. Sie müsse unter anderem entscheiden, in welchem Ausmaß und Umfang sie betriebliche Versorgungszusagen erteilen, aber auch, ob sie erteilte Versorgungszusagen -- soweit zulässig -- widerrufen wolle.
| |
Die angegriffene Vorschrift führe, auch wenn man die Übergangsregelung berücksichtige, zu einer mit dem Grundgesetz nicht zu vereinbarenden, wirtschaftlich belastenden Rückwirkung, weil die Regelung auch für schon erteilte Pensionszusagen gelte.
| |
Die Anhebung des Rechnungszinsfußes auf 6 vom Hundert (§ 6a Abs. 3 letzter Satz EStG) verstoße ferner gegen den Gleichheitssatz. Gewerbliche Lebensversicherungen könnten einen Rechnungszinsfuß von 3 vom Hundert, Versicherungs ![]() ![]() | |
Ursprünglich sei der Rechnungszinsfuß von 5,5 vom Hundert durchaus angemessen gewesen. Durch das Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung von 1974, das in § 16 im dreijährigen Turnus eine Anpassungsprüfung hinsicht ![]() ![]() | |
III.
| |
Zu der Verfassungsbeschwerde hat sich der Bundesminister der Finanzen namens der Bundesregierung geäußert. Ferner haben der Verband der Lebensversicherungs-Unternehmen e. V., der Pensions-Sicherungs-Verein VVaG, die Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung e. V., der Deutsche Industrie- und Handelstag, der Bundesverband der Deutschen Industrie, die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und die Arbeitsgemeinschaft selbständiger Unternehmer e. V. Stellung genommen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund und die Deutsche Angestellten-Gewerkschaft haben sich nicht geäußert.
| |
1. Nach Auffassung des Bundesministers der Finanzen ist die Verfassungsbeschwerde unbegründet. ![]() | |
![]() | |
Auch das Ausmaß der Differenzierung zwischen den Rechnungszinsfüßen sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Entscheidung des Gesetzgebers für den Rechnungszinsfuß für Pensionsrückstellungen von 6 vom Hundert liege innerhalb des ihm zustehenden Gestaltungsraums. Sie orientiere sich an Prognosen über die Kapitalrendite pensionsverpflichteter Unternehmen und über den Zinssatz für langfristige Fremdgelder. Diese Entscheidung des Gesetzgebers gründe sich auf die tatsächliche Entwicklung der Eigenkapitalrendite von Wirtschaftsunternehmen sowie die Umlaufrendite festverzinslicher Wertpapiere der Jahre von 1965 bis 1981.
| |
Der Rechnungszinsfuß für Pensionsrückstellungen in Höhe von 6 vom Hundert sei auch nicht wegen der Anpassung der laufenden Renten nach § 16 BetrAVG überhöht; denn nach § 6a Abs. 3 Nr. 1 Satz 4 EStG könnten künftige, nach Zeit ![]() ![]() | |
Für die von § 6a EStG abweichende Behandlung der als Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit geführten Pensionskassen, bei denen der von der Versicherungsaufsichtsbehörde vorgeschriebene Rechnungszinsfuß von 3,5 vom Hundert auch steuerlich anerkannt werde, sei ebenso wie bei den Lebensversicherungen vor allem das Vorsichtsprinzip maßgebend.
| |
Eine Verletzung des Gleichheitssatzes liege auch nicht darin, daß das Deckungskapital von Unterstützungskassen seit 1974 anhand eines Rechnungszinsfußes von 5,5 vom Hundert ermittelt werde. Zuwendungen an Unterstützungskassen unterschieden sich sowohl von den Zuführungen zu Pensionsrückstellungen als auch von Zuwendungen an Pensionskassen.
| |
Die Neuregelung des § 6a Abs. 3 Satz 3 EStG in Verbindung mit § 52 Abs. 5 EStG verstoße nicht gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot. Sie enthalte auch keine den Vertrauensschutz verletzende grundgesetzwidrige unechte Rückwirkung. Der Bürger könne grundsätzlich nicht darauf vertrauen, daß die Steuergesetze unverändert blieben. Ein schützenswertes Interesse der Beschwerdeführerin an der Aufrechterhaltung des früheren Rechnungszinsfußes, das Vorrang vor den Interessen der Allgemeinheit an einer Verbesserung der Haushaltseinnahmen verdiene, liege nicht vor.
| |
2. Der Verband der Lebensversicherungs-Unternehmen e. V. vertritt die Auffassung, zwischen Lebensversicherungen und betrieblichen Pensionsverpflichtungen bestünden so entscheidende Unterschiede, daß eine ungleiche Behandlung nicht nur gerechtfertigt, sondern erforderlich sei.
| |
3. Der Pensions-Sicherungs-Verein hat mitgeteilt, daß er als gesetzlicher Träger der Insolvenzsicherung der betrieblichen Altersversorgung nach § 14 BetrAVG in dreifacher Hinsicht von der Problematik des Rechnungszinsfußes berührt werde: Bei der Beitragsbemessungsgrundlage für die Insolvenzsicherungsbeiträge nach § 10 Abs. 3 BetrAVG, bei der Anmeldung ![]() ![]() | |
4. Die Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung e. V. hält die Verfassungsbeschwerde für begründet. Es sei eine verfassungsrechtlich bedenkliche Rückwirkung gegeben, weil die teilweise Auflösung von zulässigerweise gebildeten Pensionsrückstellungen verfügt werde. Durch die Anhebung des Rechnungszinsfußes von 5,5 auf 6 vom Hundert habe der Gesetzgeber die ihm im Rahmen des Gleichheitssatzes eingeräumte Gestaltungsfreiheit überschritten. Grundsätzlich seien zwar unterschiedliche Rechnungszinsfüße für Lebensversicherungen und Pensionskassen einerseits und pensionsverpflichtete Unternehmen andererseits sachlich gerechtfertigt. Bedenken bestünden aber, ob das durch das 2. Haushaltsstrukturgesetz hervorgerufene Ausmaß der Differenzierung noch sachlich gerechtfertigt sei. Es sei ausgeschlossen, daß generell bei Wirtschaftsunternehmen auf Dauer ein Ertrag von 6 vom Hundert erwartet werden könne. Eine vorübergehende Hochzinsperiode müsse für die steuerliche Regelung außer Betracht bleiben. Ob allein fiskalische Erwägungen den jetzt erreichten Grad der Differenzierung im Zinsfaktor bei den verschiedenen Gestaltungsformen der betrieblichen Altersversorgung rechtfertigten, sei zweifelhaft.
| |
5. Der Deutsche Industrie- und Handelstag, der Bundesverband der Deutschen Industrie, die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und die Arbeitsgemeinschaft ![]() ![]() | |
Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig.
| |
Eine für alle geltende Norm kann ein einzelner Staatsbürger nur dann direkt mit der Verfassungsbeschwerde angreifen, wenn er durch diese Bestimmung selbst, gegenwärtig und unmittelbar in seinen Grundrechten betroffen ist (BVerfGE 65, 1 [36]; st.Rspr.). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts fehlt die unmittelbare Betroffenheit, wenn die Durchführung der angegriffenen Vorschrift einen besonderen Vollziehungsakt erfordert. Denn in der Regel greift erst dieser in die Rechtssphäre des Bürgers ein; der gegen diesen Eingriff gegebene Rechtsweg ermöglicht auch die Nachprüfung der Verfassungsmäßigkeit des angewandten Gesetzes (BVerfGE 58, 81 [104]; vgl. BVerfGE 59, 1 [17]; 60, 360 [369 f.]; 65, 1 [36 f.]).
| |
In besonderen Fällen hat das Bundesverfassungsgericht die Zulässigkeit einer unmittelbar gegen das Gesetz gerichteten Verfassungsbeschwerde ausnahmsweise vor Erlaß des Vollziehungsaktes bejaht, wenn das Gesetz die Normadressaten bereits gegenwärtig zu später nicht mehr korrigierbaren Entscheidungen zwingt oder schon jetzt zu Dispositionen veranlaßt, die sie nach dem späteren Gesetzesvollzug nicht mehr nachholen können (BVerfGE 65, 1 [37] m.w.N.). Im vorliegenden Verfahren sind diese Voraussetzungen erfüllt. Die Beschwerdeführerin ist ![]() ![]() | |
Die Verfassungsbeschwerde ist indessen unbegründet.
| |
I.
| |
Art. 3 Abs. 1 GG wird durch die angegriffene Regelung des § 6a Abs. 3 letzter Satz EStG in der Fassung des 2. Haushaltsstrukturgesetzes nicht verletzt.
| |
Im Rahmen seiner Kontrolle der Vereinbarkeit eines Gesetzes mit dem Gleichheitssatz hat das Bundesverfassungsgericht nicht zu prüfen, ob der Gesetzgeber die gerechteste und zweckmäßigste Regelung getroffen hat, sondern nur, ob die Grenzen der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit überschritten sind (vgl. BVerfGE 52, 277 [280 f.]). Dies ist der Fall, wenn der Gesetzgeber eine Gruppe im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt, obgleich zwischen diesen Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. BVerfGE 65, 104 [112 f.] m.w.N.).
| |
1. Es ist nicht zu beanstanden, daß gewerbliche Lebensversicherungen und Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit (wie zum Beispiel Pensionskassen) kraft aufsichtsbehördlicher Anordnung bei Bildung der Deckungsrückstellungen nur Rechnungszinsfüße von 3 oder 3,5 vom Hundert ansetzen dürfen und daß die steuerrechtliche Regelung dem folgt, während der Zinsfuß für Pensionsrückstellungen im Rahmen der steuerlichen Gewinnermittlung nunmehr 6 vom Hundert beträgt.
| |
a) Die Versicherungsaufsichtsbehörden halten an dem niedri ![]() ![]() | |
b) Verfassungsrechtlich ist es auch nicht zu beanstanden, daß für Zuwendungen an Pensionskassen (§ 4 c EStG) anders als bei § 6a EStG steuerlich ein Rechnungszinsfuß von 3,5 vom Hundert anerkannt wird. Pensionskassen sind ihrer Art nach Versicherungsunternehmen und unterliegen dem Versicherungsaufsichtsgesetz (vgl. § 189 Abs. 1 Nr. 1 VVG, § 53 VAG und BTDrucks. 7/1281, S. 34). Der Gesetzgeber durfte diese steuerlich wie andere Versicherungsunternehmen behandeln. Eine Pen ![]() ![]() | |
c) Die genannten Grundsätze für Lebensversicherungen und Pensionskassen sind somit nicht auf die steuerliche Behandlung von Pensionsrückstellungen übertragbar. Leistungen der Altersversorgung sind nicht der eigentliche Unternehmensgegenstand der pensionsverpflichteten Unternehmen. Sie gehören vielmehr zu den betrieblichen Sozialleistungen. Der Umfang der Pensionsverpflichtung soll wirtschaftlich möglichst exakt in der Rückstellung erfaßt werden. Einer besonders vorsichtigen Kalkulation nach dem Versicherungsprinzip bedarf es demgegenüber nicht. Deshalb ist es nicht zu beanstanden, daß der Rechnungszinsfuß für die Ermittlung der Pensionsrückstellungen sich an der angenommenen tatsächlichen Renditeerwartung orientiert. Damit hält sich der Gesetzgeber im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit.
| |
2. Unternehmen, die Pensionsrückstellungen gebildet haben, sind auch gegenüber Unterstützungskassen nicht in einer mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbaren Weise benachteiligt.
| |
a) Eine Unterstützungskasse ist nach der Definition des § 1 Abs. 4 BetrAVG eine rechtsfähige Versorgungseinrichtung, die auf ihre Leistungen keinen Rechtsanspruch gewährt. Der Ausschluß des Anspruchs berechtigt nicht dazu, die Leistungen grundlos zu verweigern oder zu kürzen. Diese Klauseln begründen nur ein an sachliche Gründe gebundenes Widerrufsrecht (vgl. BVerfGE 65, 196 [210 ff.]; BAG, AP Nrn. 9, 11 und 12 ![]() ![]() | |
b) Unterstützungskassen unterscheiden sich einerseits von Lebensversicherungen und Pensionskassen, die mit Zinssätzen von 3 und 3,5 vom Hundert kalkulieren; sie unterscheiden sich andererseits auch von pensionsverpflichteten Unternehmen, für die ein Rechnungszinsfuß von 6 vom Hundert gilt. Anders als bei Lebensversicherungsunternehmen und Pensionskassen können gegenüber Unterstützungskassen Rechtsansprüche und somit auch Anwartschaften im formalrechtlichen Sinne nicht entstehen (BVerfGE 65, 196 [199]). Unterstützungskassen können deshalb -- im Gegensatz zu Pensionskassen -- nicht nach dem sogenannten Anwartschaftsdeckungsverfahren (Ansammlung des Deckungskapitals für die Leistungen während der Anwartschaft) finanziert werden. Vielmehr kann ihnen wegen des fehlenden Rechtsanspruchs auf die Kassenleistungen nur eine Finanzierung im sogenannten Kapitaldeckungsverfahren (Zuwendung des Deckungskapitals für die Leistungen erst im Zeitpunkt des Leistungsanfalles) zugestanden werden (vgl. BTDrucks. 7/1281, S. 35). Außerdem sind Unterstützungskassen in der Anlage ihres Vermögens -- im Gegensatz zu Pensionskassen und Lebensversicherungsunternehmen -- nicht den ![]() ![]() | |
3. Die übrigen von der Beschwerdeführerin angeführten, jeweils in anderem Zusammenhang steuerlich maßgebenden Zinssätze haben mit dem Rechnungszinsfuß für Pensionsrückstellungen ihrer Funktion nach nichts zu tun, worauf der Bundesminister der Finanzen in seiner Stellungnahme zutreffend hingewiesen hat. ![]() | |
Die Erhöhung des Rechnungszinsfußes in § 6a Abs. 3 EStG auf 6 vom Hundert verletzt die Beschwerdeführerin auch nicht in anderen Grundrechten.
| |
1. Eine echte Rückwirkung im Sinne des Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts liegt nicht vor. Eine solche ist nur gegeben, wenn ein Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift (BVerfGE 57, 361 [391]; st.Rspr.). Dies ist bei der Anhebung des Rechnungszinsfußes durch die Neufassung des § 6a EStG nicht geschehen. Die Bestimmung des § 52 Abs. 5 EStG in der Fassung des 2. Haushaltsstrukturgesetzes schreibt vor, daß § 6a Abs. 3 letzter Satz EStG erstmals für das erste Wirtschaftsjahr anzuwenden ist, das nach dem 31. Dezember 1981 endet. Zwar wird für die Berechnung des Teilwerts der Pensionsverpflichtung bereits zum 31. Dezember 1981 der erhöhte Rechnungszinsfuß zugrunde gelegt (§ 52 Abs. 5 Satz 2 EStG); die daraus folgende Gewinnerhöhung wird aber durch eine gewinnmindernde Rücklage ausgeglichen, die erst in dem nach dem 31. Dezember 1981 endenden Wirtschaftsjahr und den elf folgenden Jahren gewinnerhöhend aufzulösen ist (§ 52 Abs. 5 Satz 3 und 4 EStG). Die steuerlichen Auswirkungen der Gesetzesänderung treten daher erst in Zukunft ein. Ungeachtet des in der Vergangenheit liegenden Anknüpfungspunktes ist der zeitliche Anwendungsbereich des Gesetzes ausschließlich in die Zukunft gerichtet (BVerfGE 63, 312 [328]).
| |
2. Auch unter dem Gesichtspunkt der unechten Rückwirkung ergeben sich keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Ein Fall der unechten Rückwirkung liegt vor, wenn ein Gesetz auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffenen Rechtspositionen nachträglich beeinträchtigt (BVerfGE 57, 361 [391]).
| |
a) Die Anhebung des Rechnungszinsfußes für Pensionsrückstellungen wirkte auf noch nicht abgeschlossene, in der Ver ![]() ![]() | |
b) Regelungen mit unechter Rückwirkung sind nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts grundsätzlich zulässig. Jedoch ergeben sich für den Gesetzgeber aus dem rechtsstaatlichen Prinzip der Rechtssicherheit verfassungsrechtliche Schranken, wobei Rechtssicherheit in erster Linie für den Bürger Vertrauensschutz bedeutet. Das Vertrauen des Bürgers ist namentlich enttäuscht, wenn das Gesetz einen entwertenden Eingriff vornimmt, mit dem der Betroffene nicht zu rechnen brauchte, den er also auch bei seinen Dispositionen nicht berücksichtigen konnte. Indessen kann sich der Einzelne dann nicht auf den Schutz seines Vertrauens berufen, wenn sein Vertrauen auf den Fortbestand einer ihm günstigen Regelung eine Rücksichtnahme durch den Gesetzgeber billigerweise nicht beanspruchen darf (vgl. BVerfGE 63, 152 [175] m.w.N.).
| |
aa) Der Bürger kann grundsätzlich nicht darauf vertrauen, daß der Gesetzgeber Steuervergünstigungen und steuerliche Freiräume aufrechterhält sowie von der Erhebung zusätzlicher Steuern absieht (vgl. BVerfGE 63, 312 [330 f.] m.w.N.). Der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz geht nicht soweit, den Begünstigten vor jeder "Enttäuschung" seiner Erwartungen in die Dauerhaftigkeit der Rechtslage zu bewahren; vielmehr müssen auf seiner Seite gewichtige zusätzliche Interessen angeführt werden können, die den öffentlichen Interessen vorgehen (BVerfGE, a.a.O. [331]). Daran fehlt es hier. Gegenüber dem gesetzgeberischen Ziel, angesichts der Situation der öffentlichen Haushalte die durch die Bildung von Pensionsrückstellungen erzielbaren steuerlichen Vorteile einzuschränken (BTDrucks. 9/795, S. 66), wiegt das Interesse der betroffenen Unternehmen an der Aufrechterhaltung der steuerlichen Rahmenbedingungen für die betriebliche Altersversorgung weniger schwer. Dies gilt ![]() ![]() | |
bb) Schon im Jahre 1960 hatte der Finanzausschuß des Bundestages den damaligen Rechnungszinsfuß nicht mehr als marktgerecht angesehen und deshalb seine Anhebung auf 5,5 vom Hundert für notwendig gehalten (zu BTDrucks. III/1941, S. 3). Damals ging man davon aus, daß der vorgesehene Zinsfuß mindestens der Rendite entspreche, die das Unternehmen auf längere Sicht mit dem durch die Pensionsrückstellungen gebundenen Kapital erwirtschaften könne und daß der erhöhte Zinsfuß an den durchschnittlichen Zinssatz für langfristige Fremdgelder heranreiche. Die nunmehr angegriffene Erhöhung auf 6 vom Hundert wurde als Abbau einer Steuervergünstigung eingestuft (BTDrucks. 9/795, S. 41). Daraus ist zu schließen, daß nach der Einschätzung im Gesetzgebungsverfahren die Pensionsrückstellungen nach dem alten Rechnungszinsfuß eher höher waren als es der tatsächlichen wirtschaftlichen Belastung entsprach. Man ging wiederum davon aus, daß der erhöhte Rechnungszinsfuß von 6 vom Hundert im Rahmen der langfristigen Renditeerwartungen der pensionsverpflichteten Unternehmen liege, aber erheblich unter dem auf absehbare Zeit zu erwartenden Zinssatz für langfristige Fremdgelder (BTDrucks. a.a.O.). Deshalb ist die Regelung des 2. Haushaltsstrukturgesetzes im Vergleich zur Regelung des Steueränderungsgesetzes 1960 sogar weniger einschneidend.
| |
Es ist auch nicht zu beanstanden, daß für Zwecke der Besteuerung ein für alle Unternehmen einheitlicher Zinsfuß zugrunde gelegt wird, obwohl sich die erzielbare Rendite nur für jedes Unternehmen individuell ermitteln läßt. Wesentlich ist lediglich, daß sich der Zinsfuß in einem der wirtschaftlichen Realität angemessenen Rahmen hält. Dies war im Jahre 1981 und ist auch zur Zeit noch der Fall. Die Annahme, daß der Rechnungszinsfuß von 6 vom Hundert deutlich unter dem am ![]() ![]() | |
cc) Der Zinssatz ist auch nicht deshalb zu hoch, weil -- wie die Beschwerdeführerin behauptet -- die erwirtschaftete Rendite dafür benötigt wird, nach Eintritt des Versorgungsfalles jeweils die Anpassungen der Pensionszahlungen an die Geldentwertung nach § 16 BetrAVG zu finanzieren. Abgesehen davon, daß der Zinsfuß von 6 vom Hundert deutlich unter dem erzielbaren Kapitalmarktzins liegt und daher für die pensionsverpflichteten Unternehmen noch eine gewisse Finanzierungsreserve bedeutet, sind die Risiken, die mit der Anpassung der Pensionszahlungen nach Eintritt des Versorgungsfalles verbunden sind, wirtschaftlich so unbestimmt und so fernliegend, daß sie nicht notwendig in Form einer Rückstellung erfaßt werden müssen. Das Verfassungsrecht gebietet dies jedenfalls nicht. Im Gesetzgebungsverfahren zum 2. Haushaltsstrukturgesetz ist durchaus gesehen und gewürdigt worden, daß die Anhebung des Rechnungszinsfußes dem ursprünglich vom Gesetzgeber verfolgten Ziel, die betriebliche Altersversorgung zu stärken und zu erweitern, zuwiderläuft. Gerade aus diesem Grund hatte der Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung beantragt, die vorgesehene Anhebung ![]() ![]() | |
3. Die angegriffene Regelung genügt auch den Anforderungen, die aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgen. Die durch die Anhebung des Rechnungszinsfußes ausgelöste steuerliche Belastung ist für die betroffenen Unternehmen zumutbar. Die Höhe des Rechnungszinsfußes hält sich -- wie dargelegt -- in einem wirtschaftlich angemessenen Rahmen. Überdies sieht § 52 Abs. 5 EStG in der Fassung des 2. Haushaltsstrukturgesetzes als Übergangsmaßnahme vor, daß die Absenkung bestehender Pensionsrückstellungen durch eine gewinnmindernde Rücklage ausgeglichen wird, welche dann über einen Zeitraum von zwölf Jahren gleichmäßig gewinnerhöhend aufzulösen ist. Die Steuererhöhung wird damit nicht nur in die Zukunft verlagert, sondern außerdem durch die zeitliche Verteilung gemildert.
| |
4. Verfassungsrechtliche Bedenken ergeben sich auch nicht mit Rücksicht auf das aus Art. 3 Abs. 1 GG zu entnehmende Gebot der Steuergerechtigkeit, wonach die Besteuerung grundsätzlich an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auszurichten ist (vgl. BVerfGE 61, 319 [343 f.]; 66, 214 [223] m.w.N.). Die Bestimmung des § 6a EStG in der Fassung des 2. Haushaltsstrukturgesetzes trägt der wirtschaftlichen Belastung der Unternehmen durch Pensionszusagen ausreichend Rechnung, weil sich die Höhe des Rechnungszinsfußes -- wie dargelegt -- in einem der wirtschaftlichen Realität angemessenen Rahmen hält.
| |
5. Die angegriffene Regelung verstößt schließlich nicht gegen Art. 14 Abs. 1 GG. Eine Verletzung dieses Grundrechts wäre allenfalls in Betracht zu ziehen, wenn die Geldleistungspflichten den Betroffenen übermäßig belasten und seine Vermögens ![]() ![]() | |