2. Die Rechtsprechung ist gehalten, Unklarheiten über den Anwendungsbereich von Strafnormen durch Präzisierung und Konkretisierung im Wege der Auslegung nach Möglichkeit auszuräumen (Präzisierungsgebot).
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Beschluss | |
des Zweiten Senats vom 23. Juni 2010
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-- 2 BvR 2559/08, 105, 491/09 -- | |
in den Verfahren über die Verfassungsbeschwerden I. des Herrn K. . . -- Bevollmächtigte: 1. Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Bernd Schünemann, Kaaganger Straße 22, 82279 Eching a. A., 2. Rechtsanwalt Eberhard Kempf, Siesmayerstraße 58, 60323 Frankfurt am Main, 3. Prof. Dr. Gunter Widmaier, Herrenstraße 23, 76133 Karlsruhe -- gegen a) das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 29. August 2008 -- 2 StR 587/07 --, b) das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 14. Mai 2007 -- 712 Js 5213/04-9 KLs -- 2 BvR 2559/08 --, II. des Herrn E. . . -- Bevollmächtigter: Rechtsanwalt Prof. Dr. Heinz Dietrich Boxdorfer, Ebenreuther Straße 18, 90482 Nürnberg -- gegen a) den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 17. Dezember 2008 -- 2 StR 451/08 --, b) das Urteil des Landgerichts Kassel vom 1. November 2007 -- 5643 Js 46677/03 1 KLs -- 2 BvR 105/09 --, III. 1. des Herrn B. . ., 2. des Herrn L. . ., 3. des Herrn N. . ., 4. des Herrn B. . ., 5. des Herrn W. . . -- Bevollmächtigte: Prof. Dr. Rainer Hamm, Dr. Regina Michalke und Jürgen Pauly, in Sozietät Hamm Partner, Wolfgangstraße 92, 60322 Frankfurt am Main -- gegen a) den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 4. Februar 2009 -- 5 StR 260/08 --, b) das Urteil des Landgerichts Berlin vom 21. März 2007 -- (536) 2 StB Js 215/01 (13/04) -- 2 BvR 491/09 --.
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Entscheidungsformel:
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Die Verfahren werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
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Der Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 4. Februar 2009 -- 5 StR 260/08 -- und das Urteil des Landgerichts Berlin vom 21. März 2007 -- (536) 2 StB Js 215/01 (13/04) -- verletzen die Beschwerdeführer zu III. 1), 2), 3), 4) und 5) in ihrem Recht aus Artikel 103 Absatz 2 des Grundgesetzes. Die Entscheidungen werden aufgehoben. Das Verfahren wird an das Landgericht Berlin zurückverwiesen.
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Im Übrigen werden die Verfassungsbeschwerden zurückgewiesen.
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Die Bundesrepublik Deutschland und das Land Berlin haben je zur Hälfte den Beschwerdeführern zu III. 1), 2), 3), 4) und 5) deren notwendige Auslagen zu erstatten.
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A. | |
Die Beschwerdeführer sind wegen Untreue zu Bewährungsstrafen verurteilt worden. Sie rügen die Verletzung von Art. 103 Abs. 2 GG.
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I.
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1. § 266 StGB lautet in der heute gültigen Fassung der Neubekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322):
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§ 266 Untreue
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(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
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(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.
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2. a) Der Tatbestand der Untreue wurde als Vermögensdelikt erst im 19. Jahrhundert ausgestaltet (vgl. Kindhäuser, in: Nomos-Kommentar Strafgesetzbuch, Bd. 2, 2. Aufl. 2005, § 266 Rn. 4 f.; Maurach/Schroeder/Maiwald, Strafrecht Besonderer Teil, Teilbd. 1, 9. Aufl. 2003, S. 577; Schünemann, in: Leipziger Kommentar zum Strafgesetzbuch, Bd. 7, 11. Aufl. 1998, § 266 vor Rn. 1). Das Preußische Strafgesetzbuch von 1851 formulierte in § 246 einen Untreuetatbestand mit einer einheitlichen Tathandlung und einer Beschränkung des Täterkreises auf bestimmte Treueverhältnisse. Das Strafgesetzbuch des Norddeutschen Bundes vom 31. Mai 1870 erweiterte diesen Tatbestand in mehrfacher Hinsicht; diese Fassung des Untreuetatbestands wurde unverändert als § 266 in das Reichsstrafgesetzbuch vom 15. Mai 1871 (RGBl S. 127) übernommen. Sie lautete:
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Wegen Untreue werden mit Gefängnis, neben welchem auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden kann, bestraft:
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2) Bevollmächtigte, welche über Forderungen oder andere Vermögensstücke des Auftraggebers absichtlich zum Nachteile desselben verfügen;
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3) Feldmesser, Versteigerer, Mäkler, Güterbestätiger, Schaffner, Wäger, Messer, Bracker, Schauer, Stauer und andere zur Betreibung ihres Gewerbes von der Obrigkeit verpflichtete Personen, wenn sie bei den ihnen übertragenen Geschäften absichtlich diejenigen benachteiligen, deren Geschäfte sie besorgen.
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Wird die Untreue begangen, um sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zu verschaffen, so kann neben der Gefängnisstrafe auf Geldstrafe bis zu Eintausend Thalern erkannt werden.
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Die Auslegung der Vorschrift befasste sich in der Folgezeit mit der Frage, ob die Untreue einen einheitlichen Unrechtskern aufwies oder nicht und ob, falls dies zu bejahen war, alle Tatvarianten in einer Orientierung an Nummer 2 (so genannte Missbrauchstheorie) oder im Lichte der von Nummern 1 und 3 kasuistisch erfassten Treueverhältnisse (so genannte Treubruchstheorie) zu interpretieren waren. Die Wissenschaft tendierte zur Missbrauchstheorie, die den Unrechtskern des Untreuetatbestands einengend in der Beschädigung fremden Vermögens durch unerlaubte Ausübung einer Befugnis zu rechtswirksamem Handeln sah; dagegen folgte das Reichsgericht der § 266 StGB weiter verstehenden Treubruchstheorie (vgl. Kindhäuser, a.a.O., § 266 Rn. 12 ff.; Maurach/Schroeder/Maiwald, a.a.O., S. 577 f.; eingehend Schünemann, a.a.O., § 266 Rn. 6).
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b) Nachdem seit 1909 Reformentwürfe vorgelegt worden waren (detaillierte Nachweise zu den entsprechenden Quellen bei Schünemann, a.a.O., vor Rn. 1), wurde der Untreuetatbestand schließlich durch das Gesetz zur Abänderung strafrechtlicher Vorschriften vom 26. Mai 1933 (RGBl I S. 295) wie folgt neu gefasst:
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Wer vorsätzlich die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, missbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird wegen Untreue mit Gefängnis und mit Geldstrafe bestraft. Daneben kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden.
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In besonders schweren Fällen tritt an die Stelle der Gefängnisstrafe Zuchthaus bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt insbesondere dann vor, wenn die Tat das Wohl des Volkes geschädigt oder einen anderen besonders großen Schaden zur Folge gehabt oder der Täter besonders arglistig gehandelt hat.
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Die Neuregelung wollte den Tatbestand durch Umschreibung der Untreuehandlung vereinfachen, den Meinungsstreit um Auslegung und Struktur des Tatbestands beenden und in der Sache zur effektiven Bekämpfung von Korruption beitragen (vgl. Kindhäuser, a.a.O., § 266 Rn. 9; Maurach/Schroeder/Maiwald, a.a.O., S. 578; Schünemann, a.a.O., § 266 vor Rn. 1). Der nunmehr relativ weit und abstrakt gefasste Wortlaut -- das Reichsgericht sprach von einer "Rahmenvorschrift", bei welcher "der Gesetzgeber . . . darauf hat verzichten wollen, die Rechtsprechung an starre Rechtsbegriffe zu binden", und die der Richter "nach seinem vernünftigen Ermessen" auszufüllen habe (RGSt 69, 58 [62]) -- erlaubte eine extensive Handhabung des Tatbestands im Sinne nationalsozialistischer Vorstellungen (vgl. -- zeitgenössisch -- Bruns, Die Befreiung des Strafrechts vom zivilistischen Denken, 1938; dazu Lüderssen, in: Festschrift für Ernst-Walter Hanack, 1999, S. 487 [490 ff.]; siehe ferner Dahs, NJW 2002, S. 272 [273]; Kargl, ZStW 113 [2001], S. 565 [572, 579]).
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Im Jahr 1937 wurde ein untreueähnlicher Sonder-Straftatbestand in das Aktiengesetz aufgenommen. Nach § 294 AktG in der Fassung vom 30. Januar 1937 (RGBl I S. 107) machte sich strafbar, wer als Mitglied des Vorstands oder des Aufsichtsrats oder Abwickler einer Aktiengesellschaft der Gesellschaft Nachteil zufügte. Der Tatbestand wurde 1965 ersatzlos aufgehoben (§ 29 des Einführungsgesetzes zum Aktiengesetz vom 6. September 1965, BGBl. I S. 1185).
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c) Nach verschiedenen Änderungen (zu den Einzelheiten vgl. Schünemann, a.a.O., § 266 vor Rn. 1) durch das Dritte Strafrechtsänderungsgesetz vom 4. August 1953 (BGBl. I S. 735), das Erste Strafrechtsreformgesetz vom 25. Juni 1969 (BGBl. I S. 645) und das Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch vom 2. März 1974 (BGBl. I S. 469) erhielt der Straftatbestand mit Art. 1 Nr. 62 des Sechsten Strafrechtsreformgesetzes vom 26. Januar 1998 (BGBl. I S. 164) seine heutige Fassung. Den Vorschlag der Bundesregierung, auch den Versuch der Untreue unter Strafe zu stellen (vgl. BTDrucks 13/8587, S. 43), lehnte der Deutsche Bundestag -- dem Votum des Rechtsausschusses (BTDrucks 13/8991, S. 21; 13/9064, S. 20) folgend -- ab (vgl. dazu Kempf, in: Festschrift für Rainer Hamm, 2008, S. 255 [264]; Matt/Saliger, in: Irrwege der Strafgesetzgebung, 1999, S. 217).
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3. a) § 266 Abs. 1 StGB umfasst zwei Tatbestände, die üblicherweise als Missbrauchstatbestand (§ 266 Abs. 1 Var. 1: Wer . . . missbraucht) und Treubruchtatbestand (§ 266 Abs. 1 Var. 2: Wer . . . die ihm obliegende Pflicht . . . verletzt) bezeichnet werden (vgl. statt vieler Schünemann, in: Leipziger Kommentar zum Strafgesetzbuch, Bd. 7, 11. Aufl. 1998, § 266 Rn. 1). Der Halbsatz "und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt", ist nach einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum auf beide Tatbestandsvarianten zu beziehen (so schon RGSt 69, 58 [59]; vgl. Dunkel, GA 1977, S. 328 [331]; Mayer, in: Materialien zur Strafrechtsreform, Bd. 1, 1954, S. 333 [353]; Wegenast, Missbrauch und Treubruch, 1994, S. 11).
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Insofern geht die Rechtsprechung seit dem so genannten Scheckkartenurteil des Bundesgerichtshofs vom 26. Juli 1972 davon aus, dass die Voraussetzungen, unter denen eine Vermögensbetreuungspflicht besteht, für den Missbrauchstatbestand und den Treubruchtatbestand identisch sind (vgl. BGHSt 24, 386 [387]; 33, 244; weitere Nachweise bei Fischer, Strafgesetzbuch, 57. Aufl. 2010, § 266 Rn. 6). Dieser "monistischen" Auffassung des Tatbestands folgen auch große Teile des Schrifttums (vgl. etwa Dierlamm, in: Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch, Bd. 4, 2006, § 266 Rn. 21; Maurach/Schroeder/Maiwald, Strafrecht Besonderer Teil, Teilbd. 1, 9. Aufl. 2003, S. 579; Samson/Günther, in: Systematischer Kommentar zum Strafgesetzbuch, § 266 Rn. 4 f. [Dez. 1996]; Weber, in: Arzt/Weber, Strafrecht Besonderer Teil, 2. Aufl. 2009, S. 696 f.). Daneben werden in der Literatur Positionen vertreten, die -- mit unterschiedlichen Nuancen -- hinsichtlich der Anforderungen an die Stellung des Täters zwischen den beiden Tatbestandsvarianten differenzieren möchten (vgl. etwa Labsch, NJW 1986, S. 104 [106]; Lenckner/Perron, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, 27. Aufl. 2006, § 266 Rn. 2; Mitsch, Strafrecht Besonderer Teil 2, 2. Aufl. 2003, S. 526 f.; Schünemann, a.a.O., § 266 Rn. 23). Der Gesetzgeber hat mit der Schaffung der Sondertatbestände des § 266a (Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt) und des § 266b StGB (Missbrauch von Scheck- und Kreditkarten) durch das Zweite Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität vom 15. Mai 1986 (BGBl. I S. 721) auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs reagiert, nach der auch der Missbrauchstatbestand den Verstoß gegen eine Vermögensbetreuungspflicht voraussetzt.
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b) Der Untreuetatbestand ist seit jeher Gegenstand intensiver Befassung in Rechtsprechung und Schrifttum. Schwerpunkte der Auseinandersetzung waren neben der Abgrenzung des Personenkreises, der einer Vermögensbetreuungspflicht unterliegt und daher als Adressat des Untreuetatbestands in Betracht kommt (vgl. nur BGHSt 1, 186; 3, 289; 4, 170; 13, 315; 41, 224; 49, 147 [155]; Dierlamm, a.a.O., § 266 Rn. 30 ff.; Lenckner/Perron, a.a.O., § 266 Rn. 23 ff.; Schünemann, a.a.O., § 266 Rn. 58 ff., 103 ff.), in jüngerer Zeit insbesondere die Anwendung des Untreuetatbestands bei der Verletzung gesellschaftsrechtlicher Pflichten, bei der Kreditvergabe, bei der Bildung und Führung so genannter schwarzer Kassen und bei der haushaltswidrigen Verwendung öffentlicher Mittel (Haushaltsuntreue) sowie die Auslegung des Nachteilsmerkmals in Fällen so genannter schadensgleicher Vermögensgefährdungen oder Gefährdungsschäden.
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c) Im Schrifttum ist die Weite und Unklarheit des Tatbestands wiederholt beklagt worden (vgl. Mayer, in: Materialien zur Strafrechtsreform, Bd. 1, 1954, S. 333 [337]: "Sofern nicht einer der klassischen alten Fälle der Untreue vorliegt, weiß kein Gericht und keine Anklagebehörde, ob § 266 vorliegt oder nicht . . . Diesem Zustand muss jedenfalls ein Ende bereitet werden. Es ist dringend erforderlich, dem Tatbestand klare begriffliche Grenzen zu geben"; daran anschließend Hillenkamp, NStZ 1981, S. 161 m.w.N.; Schünemann, a.a.O., § 266 Rn. 1: "Das dunkelste und verworrenste Kapitel des Besonderen Teils"). Vor diesem Hintergrund wird auch die Verfassungsmäßigkeit insbesondere des Treubruchtatbestands immer wieder bezweifelt (vgl. Dierlamm, a.a.O., § 266 Rn. 3 ff.; Hamm, NJW 2001, S. 1694 [1696]; Kargl, ZStW 113 [2001], S. 565 [589]; Labsch, Untreue [§ 266 StGB], 1983, S. 348; Lesch, DRiZ 2004, S. 135; vgl. auch Kiethe, WM 2003, S. 861 [867]: "bedenklich unbestimmt"; Perron, in: Jahresband der Juristischen Studiengesellschaft 2008, S. 45 [64]: "nicht tolerierbar") oder jedenfalls eine restriktive Auslegung angemahnt (vgl. Albrecht, in: Festschrift für Rainer Hamm, 2008, S. 1 ff.; Dierlamm, a.a.O., § 266 Rn. 6, 186, 195; Saliger, HRRS 2006, S. 10 ff.; ders., ZStW 112 [2000], S. 563 ff.; Sax, JZ 1977, S. 663 ff.).
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II.
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Die Beschwerdeführer sind jeweils wegen Untreue zu Bewährungsstrafen verurteilt worden.
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1. a) Der Beschwerdeführer zu I. war als leitender Angestellter der S. . . AG von 1991 bis zum 30. Juni 2004 einer der vier Vorstände des Geschäftsbereichs "Power Generation" (im Folgenden: S. . .-PG); in der Hierarchieebene befand er sich unmittelbar unter dem (Zentral-)Vorstand der S. . . AG. Er war unter anderem für die praktische Umsetzung der Compliance-Vorschriften des Unternehmens verantwortlich, nach denen auch unterhalb der Schwelle der Strafbarkeit der Einsatz von Bestechungsgeldern im geschäftlichen Verkehr untersagt war. Im Geschäftsbereich der S. . .-PG existierte jedoch -- wie nach den landgerichtlichen Feststellungen dem Beschwerdeführer, nicht jedoch dem Zentralvorstand bekannt war -- ein etabliertes System zur Zahlung von Bestechungsgeldern (sog. nützliche Aufwendungen), wobei die hierfür vorgesehenen Mittel auf verborgenen Konten im Ausland lagerten und in der offiziellen Buchhaltung des Geschäftsbereichs S. . .-PG keinen Niederschlag gefunden hatten. Dem Beschwerdeführer war die Kontrolle über diese Gelder von Vorgängern im Unternehmen übertragen worden. Ein späterer Mitangeklagter des Beschwerdeführers war mit der Verwaltung der Konten und der Abwicklung verdeckter Überweisungen befasst. Im Rahmen der Akquirierung zweier Aufträge in den Jahren 1999 und 2000 (Projekte "L. . ." und "R. . .") veranlasste der Beschwerdeführer, dass an Funktionsträger des italienischen E. . .-Konzerns Schmiergelder in Millionenhöhe überwiesen wurden, nachdem die S. . . AG die Aufträge entsprechend vorher getroffener Absprachen erhalten hatte. Weder der Beschwerdeführer noch sein späterer Mitangeklagter zogen eigene finanzielle Vorteile aus den beiden durch die Bestechungszahlungen zustande gekommenen Aufträgen.
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b) Das Landgericht Darmstadt würdigte das Verhalten des Beschwerdeführers als Bestechung im geschäftlichen Verkehr (§ 299 Abs. 2 StGB) in zwei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit Untreue, und als einen weiteren Fall der Untreue und sprach deswegen mit Urteil vom 14. Mai 2007 eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren aus, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Auf die Revision des Beschwerdeführers änderte der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs die Entscheidung des Landgerichts mit Urteil vom 29. August 2008 (BGHSt 52, 323) im Schuldspruch dahin ab, dass der Beschwerdeführer (ausschließlich) der Untreue in zwei Fällen schuldig sei. Im Strafausspruch hob der Bundesgerichtshof das Urteil auf und verwies das Verfahren an eine andere Strafkammer des Landgerichts Darmstadt zurück. Eine neue Entscheidung über den Strafausspruch ist bislang nicht ergangen.
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c) Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs hat sich der Beschwerdeführer in beiden ihm vorgeworfenen Fällen der Untreue in Form des Treubruchtatbestands durch Unterlassen schuldig gemacht.
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Im Rahmen seiner Vermögensbetreuungspflicht habe der Beschwerdeführer seiner Arbeitgeberin bislang unbekannte, ihr zustehende Vermögenswerte offenbaren müssen; hiergegen habe er im Fall der von ihm vorgefundenen, auf verdeckten und nicht unter dem Namen der Treugeberin geführten Konten verborgenen Geldmittel verstoßen. Dass die verborgenen Vermögenswerte zur Leistung von Bestechungszahlungen und damit möglicherweise im mittelbaren wirtschaftlichen Interesse der Treugeberin verwendet werden sollten, stehe einer Pflichtwidrigkeit nicht entgegen; eine wirksame Einwilligung der zuständigen Organe habe jedenfalls gefehlt.
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Indem der Beschwerdeführer Geldvermögen der S. . . AG in den verdeckten Kassen weitergeführt und der Treugeberin auf Dauer vorenthalten habe, habe er diese Vermögensteile dem Zugriff seiner Arbeitgeberin endgültig entzogen und so einen -- endgültigen -- Nachteil herbeigeführt. Bei der Feststellung des Schadens seien auch normative Erwägungen zu berücksichtigen: Die Bestimmung über die Verwendung des eigenen Vermögens obliege dem Vermögensinhaber beziehungsweise -- bei Kapitalgesellschaften -- den zuständigen Organen: Bei pflichtwidriger Wegnahme, Entziehung, Vorenthaltung oder Verheimlichung von Vermögensteilen durch einen Arbeitnehmer könne daher der Eintritt eines Vermögensschadens nicht dadurch ausgeschlossen sein, dass der Täter beabsichtige oder zu beabsichtigen behaupte, die Mittel gegen die ausdrückliche Weisung des Treugebers so zu verwenden, dass diesem hierdurch "letztlich" ein Vermögensvorteil entstehen könne. Das gelte namentlich dann, wenn dieser Vorteil nur durch einen gesetz- oder sittenwidrigen und gegebenenfalls strafbaren Einsatz der Mittel erzielt werden könne. Der Entziehung des Vermögenswerts habe auch keine schadensverhindernde unmittelbare Kompensation gegenübergestanden, insbesondere nicht in Form der vagen Chance, aufgrund des Mitteleinsatzes zu Bestechungszwecken später einmal einen möglicherweise im Ergebnis wirtschaftlich vorteilhaften Vertrag abzuschließen, oder gar in Form der bloßen Absicht des Täters, die entzogenen Mittel für solche Zwecke zu verwenden. Die dauerhafte Entziehung der Verfügungsmöglichkeit stelle für den Treugeber nicht nur eine (schadensgleiche) Gefährdung des Bestands seines Vermögens dar, sondern einen endgültigen Vermögensverlust. Die Verwendung der entzogenen und auf verdeckten Konten geführten Geldmittel sei dagegen nur eine Schadensvertiefung, das Erlangen von durch spätere Geschäfte letztlich erzielten Vermögensvorteilen allenfalls Schadenswiedergutmachung.
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2. a) Der Beschwerdeführer zu II. war als Vorstand der Betriebskrankenkasse (BKK) H. . . P. . . in Kassel tätig. In dieser Funktion bewilligte er zwei Bediensteten -- seinen späteren Mitangeklagten -- über mehrere Jahre hinweg Prämien, die praktisch zu einer Verdopplung des Gehalts der beiden Mitangeklagten führten und deutlich von der üblichen Prämienpraxis abwichen, wonach lediglich einmalige Zahlungen über einen bestimmten Betrag erbracht wurden, die üblicherweise das Monatsgehalt eines Beschäftigten nicht überstiegen. Nach den Feststellungen des Landgerichts erhielten die beiden Mitangeklagten hierdurch jeweils über 100.000 € zusätzlich zu ihren vergleichsweise hohen Gehältern und der gesondert erfolgten Vergütung von Überstunden. Eigene finanzielle Vorteile zog der Beschwerdeführer aus seinem Verhalten nicht.
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b) Das Landgericht Kassel verurteilte den Beschwerdeführer zu Einzelfreiheitsstrafen von jeweils einem Jahr, die zusammen mit einer nicht verfahrensgegenständlichen Verurteilung wegen Begünstigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten führten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Das Landgericht wertete die Bewilligung der Prämien durch den Beschwerdeführer als groben Verstoß gegen den Grundsatz der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit nach § 4 Abs. 4 SGB V und auf dieser Grundlage als Untreue in zwei Fällen, wobei jeweils sowohl der Missbrauchs- als auch der Treubruchtatbestand erfüllt seien.
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c) Zur Revision des Beschwerdeführers führte der Generalbundesanwalt aus, der Schuldspruch wegen Untreue sei rechtsfehlerfrei. Mit der Gewährung der Prämien habe der Beschwerdeführer pflichtwidrig die ihm eingeräumten Kompetenzen überschritten. Zwar habe es zu seinem Aufgabenbereich gehört, Prämien zu bewilligen. Hierbei habe es sich jedoch um einmalige, betragsmäßig begrenzte Leistungen gehandelt. Die Entscheidung, den Mitangeklagten über das arbeitsvertragliche Gehalt und die die Mehrarbeit abdeckenden Überstundenzahlungen hinaus dauerhaft ein "zweites Gehalt" zu gewähren, habe als über den Einzelfall hinausgehende, der regulären Vergütungspraxis widersprechende Grundsatzentscheidung dem Verwaltungsrat vorbehalten werden müssen. Dem Antrag des Generalbundesanwalts entsprechend verwarf der Bundesgerichtshof die Revision des Beschwerdeführers mit Beschluss vom 17. Dezember 2008 gemäß § 349 Abs. 2 StPO.
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3. a) Die Beschwerdeführer zu III. 1) bis 5) waren Vorstände der B. . .-H. . . AG (im Folgenden: B. . . H. . .) und in dieser Funktion auch mit der Vergabe von Krediten an die seit Anfang der 1990er Jahre aufgebaute A. . .-Unternehmensgruppe befasst. Deren Geschäftsmodell bestand darin, über rechtlich selbständige Objektgesellschaften Plattenbauwohnungen in den neuen Ländern zu erwerben, zu sanieren und in Eigentumswohnungen umzuwandeln. Hierbei erhielt die Unternehmensgruppe von Anfang an Darlehen der B. . . H. . .; die Summe der Kredite stieg bis September 1997 auf 810 Mio. DM an. Nachdem es im Sommer 1999 zu erheblichen Zahlungsrückständen gekommen war, entschlossen sich die Beteiligten zum Zweck der Abwendung einer Insolvenz der A. . .-Gruppe zur Fortführung des Engagements unter neuen, im angefochtenen Urteil nicht weiter ausgeführten Rahmenbedingungen (sog. Nießbrauchsmodell).
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Gegenstand der angefochtenen Verurteilung der Beschwerdeführer durch das Landgericht Berlin ist die Bewilligung eines Kredits für den Ankauf des Plattenbauobjekts "P. . . II" in Höhe von 19.589.000 DM an die hierfür vorgesehene Objektgesellschaft P. . . KG i.G. im Oktober 1996. Wegen dreier weiterer Kreditentscheidungen im Mai 1996, Dezember 1996 und Juli 1997 bezüglich strukturell vergleichbarer Bauvorhaben waren die Beschwerdeführer angeklagt, wurden insoweit aber rechtskräftig freigesprochen. Eine gegen die Beschwerdeführer gerichtete Schadensersatzklage wegen der Kreditbewilligung vom Juli 1997 wurde mit rechtskräftigem Urteil des Kammergerichts vom 22. März 2005 (14 U 248/03, juris) abgewiesen: Die Beschwerdeführer hätten innerhalb des ihnen zustehenden Entscheidungsspielraums gehandelt und nicht gegen ihre Sorgfaltspflichten verstoßen.
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b) Durch die Kreditbewilligung im Fall "P. . . II" sah die Strafkammer den Untreuetatbestand in Form des Missbrauchstatbestands als erfüllt an. Sie verhängte deswegen gegen die Beschwerdeführer zu III. 1), 2) und 3) Freiheitsstrafen von einem Jahr und vier Monaten, gegen die erst zu einem späteren Zeitpunkt mit dem A. . .-Engagement befassten Beschwerdeführer zu III. 4) und 5) Freiheitsstrafen von einem Jahr. Die Vollstreckung aller Strafen wurde zur Bewährung ausgesetzt.
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Ein Verstoß gegen die den Beschwerdeführern obliegende Vermögensbetreuungspflicht ergebe sich aus mehreren, für sich genommen gewichtigen Pflichtwidrigkeitselementen, die zumindest in ihrer Gesamtschau als gravierende Pflichtverletzung anzusehen seien.
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Erstens hätten die Beschwerdeführer in gravierender Weise gegen ihre Pflicht zur ordnungsgemäßen Bonitätsprüfung nach § 18 KWG verstoßen. Die eingereichten Unterlagen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Kreditnehmerin seien unvollständig gewesen und ungenügend ausgewertet worden; die aktuellen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der persönlich haftenden Gesellschafter seien erst gar nicht geprüft worden.
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Zweitens habe der Vorstand die mit der Kreditvergabe P. . . II verbundenen Risiken gegenüber dem zuständigkeitshalber mit der Angelegenheit befassten Kreditausschuss der Bank, dessen Zustimmung für die Kreditbewilligung nach den internen Handlungsanweisungen der Bank notwendig war, nicht hinreichend offengelegt; die Beschwerdeführer hätten dem Ausschuss gegenüber das Risiko unter anderem durch falsche Angaben zur Kapitaldienstberechnung verschleiert und dessen Rechte missachtet, indem sie -- ohne die Entscheidung des Ausschusses abzuwarten -- den unbedingten Kreditvertrag unterzeichnet und die Auszahlung des Kredits veranlasst hätten.
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Drittens sei eine ordnungsgemäße Abwägung von Chancen und Risiken nicht erfolgt; man habe ungerechtfertigt optimistische Annahmen über die Marktentwicklung zugrunde gelegt und insbesondere das so genannte Klumpenrisiko nicht berücksichtigt, welches darin gelegen habe, dass wegen der engen Konzernverflechtung und der wechselseitigen wirtschaftlichen Abhängigkeit innerhalb der A. . .-Gruppe die Insolvenz einer Gesellschaft die Gefahr der Insolvenz der übrigen Gesellschaften nach sich ziehen würde; dieses Klumpenrisiko sei noch dadurch gestiegen, dass die Suche nach Konsortialpartnern für eine Beteiligung an den Krediten keinen nennenswerten Erfolg gehabt habe.
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Viertens seien gewichtige Indizien für die Unbeherrschbarkeit des Kreditengagements unbeachtet geblieben. Durch Grundsatzzusagen und die Gewährung des Kredits im Fall P. . . II sei im Ergebnis eine Vorentscheidung für weitere Folgekredite getroffen worden, indem die mit einer Insolvenz der A. . .-Gruppe für die Bank verbundenen Gefahren immer größer geworden seien. Die Unbeherrschbarkeit des Kreditengagements sei letztlich auch aus dem Umstand gefolgt, dass sich die wirtschaftlichen Kreditnehmer, die A. . .-Initiatoren, selbst als "unbeherrschbar" erwiesen hätten, indem sie sich einem ungebremsten "Kaufrausch" hingegeben und Objekte auch ohne vorherige verbindliche Finanzierungszusage erworben hätten.
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Mit Bewilligung und Auszahlung des Kreditbetrags von 19.589.000 DM sei ein Vermögensnachteil in Form der schadensgleichen Vermögensgefährdung in Höhe von 3.029.000 DM (1.548.703,10 €) eingetreten. In Höhe der Differenz von 16.560.000 DM sei der Kredit über Realsicherheiten (Grundschulden) ausreichend gesichert gewesen. Die weiteren Sicherheiten, insbesondere die Abtretung der aus dem Objekt zu erwartenden Mieteinnahmen, erachtete die Strafkammer für wertlos. Den Differenzbetrag zwischen der ausgezahlten Darlehenssumme und dem aus Sicht der Kammer realisierbaren Wert der Sicherheiten bewertete das Gericht in voller Höhe als Schaden mit der Begründung, dass "aus den Erwägungen der Pflichtwidrigkeit der Kreditvergabe bei erneuter rechtlicher Würdigung auch des weiten unternehmerischen Ermessens eine aufs Äußerste gesteigerte Verlustgefahr bei einer nur höchst zweifelhaften Aussicht auf einen günstigen Verlauf, mithin eine über das allgemeine Risiko bei Kreditgeschäften hinausgehende höchste Gefährdung des Rückzahlungsanspruchs der Bank" bestanden habe.
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c) Mit ihren Revisionen beanstandeten die Beschwerdeführer die Auslegung und Anwendung des Untreuetatbestands durch das Landgericht Berlin. Sämtliche Beschwerdeführer machten zudem mit der Verfahrensrüge den absoluten Revisionsgrund der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Gerichts (§ 338 Nr. 1 StPO) geltend; das Verfahren gegen die Beschwerdeführer sei der Strafkammer 36 des Landgerichts Berlin im Wege einer unzulässigen Einzelfallzuweisung zugeteilt worden.
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Dem Antrag des Generalbundesanwalts entsprechend verwarf der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs die Revisionen der Beschwerdeführer durch Beschluss vom 4. Februar 2009 gemäß § 349 Abs. 2 StPO. Die Schadensbestimmung durch das Landgericht sei prinzipiell durchgreifend bedenklich; indes sei dem Urteilszusammenhang zu entnehmen, dass sich dies auf die Feststellung eines Vermögensnachteils im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB und auf die Bemessung von dessen Ausmaß im Ergebnis nicht zum Nachteil der Angeklagten ausgewirkt habe. Es sei auf einen Vergleich der ausgereichten Darlehensvaluta mit dem Wert des Rückzahlungsanspruchs der kreditierenden Bank unter Berücksichtigung der Sicherheiten im Zeitpunkt der pflichtwidrigen riskanten Kreditgewährung abzustellen gewesen. Namentlich im Blick auf die anschließend über zwei Jahre mit Mieteinkünften aus dem kreditierten Plattenbau-Objekt geleisteten Zinszahlungen sei die Annahme völliger Wertlosigkeit der Darlehensrückzahlungsforderung bei ausschließlicher Inrechnungstellung der Grundsicherheiten als Ausgangspunkt verfehlt gewesen. Eine tatbestandsrelevante Vermögensgefährdung sei aber darin zu sehen, dass die Beschwerdeführer mit der Kreditgewährung ein allzu weitgehendes Risiko eingegangen seien, weil kein ausreichender Sicherheitsspielraum vorhanden gewesen sei. Dieses von den Beschwerdeführern erkannte pflichtwidrige Risiko habe sich dann in einer entsprechenden Vermögensgefährdung niedergeschlagen. Es bestehe danach im Ergebnis kein Zweifel, dass ein zutreffender Ansatz der Bestimmung des Nachteils im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB kein günstigeres Ergebnis für die Beschwerdeführer erbracht hätte. Der ausgeurteilte Untreuevorwurf sei im Ergebnis zu Recht letztlich darin zu finden, dass die als Vorstandsmitglieder der Bank verantwortlichen Beschwerdeführer zu einem Zeitpunkt, als dies wirtschaftlich noch vertretbar gewesen sei, unter Vernachlässigung erkannter deutlicher Risiken und Negierung vielfältiger Warnungen die Kreditgewährung für das A. . .-Gesamtprojekt fortgesetzt hätten, anstatt pflichtgemäß das Engagement durch Verweigerung weiterer Kredite ohne weitere Nachweise zu positiver Entwicklung des Gesamtkonzepts zu begrenzen.
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III.
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Mit den fristgerecht eingegangenen Verfassungsbeschwerden wenden sich die Beschwerdeführer jeweils gegen die landgerichtliche Verurteilung und deren Bestätigung durch den Bundesgerichtshof. Sie rügen die Verletzung von Art. 103 Abs. 2 GG; ferner machen der Beschwerdeführer zu II. einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG und die Beschwerdeführer zu III. 1) bis 5) Verstöße gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG geltend.
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1. Der Beschwerdeführer zu I. wendet sich gegen die Auslegung des Nachteilsmerkmals insbesondere durch den Bundesgerichtshof. Die Auffassung, dass bereits das Führen und Aufrechterhalten einer von einem anderen eingerichteten schwarzen Kasse den Tatbestand der Untreue erfülle, stelle eine unzulässige Analogie dar, da auf diese Weise der Straftatbestand, der nach dem Gesetz die Zufügung eines Vermögensnachteils voraussetze, auch auf den Fall angewendet werde, dass lediglich die Zuwendung eines Vermögensvorteils unterlassen werde. Ausgehend von der Auffassung des Bundesgerichtshofs, dass bereits das Einrichten der schwarzen Kasse den Tatbestand der Untreue (in Form eines endgültigen Schadens) vollende, könne dem Beschwerdeführer lediglich vorgeworfen werden, dass er diesen Schaden -- obwohl er die Möglichkeit dazu gehabt habe -- nicht wieder gutgemacht habe. Das Unterlassen der Zuwendung von Vorteilen sei aber in der -- maßgeblichen -- Umgangssprache wie im Sprachgebrauch der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs etwas anderes als das Zufügen von Nachteilen. Es entspreche der überwältigenden Mehrheit in der Lehre und der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass nicht das Ausbleiben einer Vermögensmehrung als solches, sondern nur die Zerstörung einer vermögenswerten Anwartschaft im Sinne einer gesicherten Aussicht als Zufügung eines Vermögensnachteils angesehen werden könne. Nur dann ergebe sich bei der vorzunehmenden Gesamtsaldierung ein echter Minderwert nach der Tat.
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Die für das Analogieverbot entscheidende Wortlautgrenze müsse im Falle des Nachteilsmerkmals besonders ernst genommen werden, da es der im Übrigen allzu unbestimmten und deshalb im Hinblick auf den verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz prekären Norm des § 266 Abs. 1 StGB den zentralen Halt verleihe. Durch die in der Rechtsprechung anerkannte Figur der schadensgleichen Vermögensgefährdung werde das Merkmal ohnehin schon in bedenklicher Weise ausgedehnt. Erst recht problematisch sei die Auffassung, dass mit dem Einrichten einer schwarzen Kasse ein endgültiger Vermögensverlust einhergehen könne. Hieraus ergäben sich dogmatische Widersprüche zu den Fällen, in denen die Rechtsprechung eine vollendete Untreue wegen des Bereithaltens eigener Mittel verneine. Die Auffassung führe auch zu einer zeitlichen Vorverlagerung der Strafbarkeit und lasse sich mit der Entscheidung des Gesetzgebers, den Versuch der Untreue straflos zu stellen, nicht vereinbaren. Bei der rechtlichen Einordnung des Fortführens einer schwarzen Kasse könne die Verwendungsabsicht des Täters nicht außer Betracht bleiben. Ansonsten bestehe auch die Gefahr, dass statt des Vermögens des Treugebers -- des von § 266 StGB geschützten Rechtsguts -- schon die bloße Verfügungsmöglichkeit des Treugebers oder die Buchhaltungswahrheit geschützt würden.
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2. Der Beschwerdeführer zu II. beanstandet die Auslegung des Tatbestandsmerkmals "Verletzung einer Vermögensbetreuungspflicht". Das Landgericht habe ihm bei der Frage, ob eine Verletzung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit vorliege, zu Unrecht und entgegen der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts keine Einschätzungsprärogative eingeräumt. Es habe auch nicht anerkannt, dass das Sparsamkeitsgebot nur einen äußeren Begrenzungsrahmen bilde, der alleine solche Maßnahmen verbiete, die mit den Grundsätzen vernünftigen Wirtschaftens schlicht unvereinbar seien. Das Landgericht habe es unterlassen, zwischen einem (bloßen) Verstoß gegen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit und einer (darüber hinausgehenden) Verletzung der strafrechtlichen Vermögensbetreuungspflicht zu differenzieren; die Feststellung der Strafkammer, er habe einen "groben" Verstoß gegen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit begangen, genüge nicht. Er habe nicht vorhersehen können, dass die Gewährung der Prämien als erheblicher Verstoß gegen den Grundsatz angesehen werden würde. Auch habe sich das Landgericht unter Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG nicht mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit und zum Entscheidungsspielraum von Unternehmensvorständen auseinandergesetzt.
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3. a) Die Beschwerdeführer zu III. 1) bis 5) greifen unter dem Gesichtspunkt des Bestimmtheitsgebots die ihrer Verurteilung zugrunde liegende Auslegung des Pflichtwidrigkeits- und des Nachteilsmerkmals an; ferner beanstanden sie die Anforderungen, die die Gerichte an die Feststellung des bedingten Vorsatzes gestellt haben.
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aa) Die seit jeher gegen den Tatbestand der Untreue geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken hätten für die Fallkonstellation der Untreue durch Gewährung von (Bank-)Darlehen besonderes Gewicht. Die vom Bundesgerichtshof (BGHSt 46, 30; 47, 148) hierfür entwickelten Grundsätze zur Abgrenzung strafbaren und legalen Handelns, insbesondere die Statuierung des Erfordernisses einer "gravierenden" Pflichtverletzung, hätten keinen Zugewinn an Bestimmtheit gebracht.
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Hinzukomme, dass das Landgericht Berlin das Verhalten der Beschwerdeführer nicht lediglich an dem vom Bundesgerichtshof entwickelten Kriterienkatalog gemessen, sondern im Rahmen einer Gesamtschau auch auf weitere Umstände abgestellt habe. Dies weise auf ein methodisches Problem hin: Der Inhalt der maßgeblichen Rechtspflicht werde nicht dem Gesetz entnommen, sondern erst anhand einer Gesamtschau von Indizien, also durch eine maßgeblich von den tatsächlichen Gegebenheiten des Einzelfalls bestimmte Argumentation ermittelt. Diese Ableitung genüge den Anforderungen des Art. 103 Abs. 2 GG insgesamt nicht, weil damit nur ein unbestimmtes Merkmal durch ein anderes ersetzt werde und das Ergebnis der gerichtlichen Gesamtschau nicht vorhersehbar sei. Damit fehle es an einer durch Gesetz bestimmten Pflicht, gegen die das Verhalten der Beschwerdeführer verstoßen habe.
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bb) Die im Rahmen der Schadensfeststellung herangezogene Figur der schadensgleichen Vermögensgefährdung verstoße gegen das Analogieverbot; dies komme schon in der Formulierung "schadensgleich" zum Ausdruck. Für die entscheidende Frage, wann die Gefahr künftiger Verluste bereits zu einer gegenwärtigen Wertminderung führe, seien trotz einer mehr als 100 Jahre andauernden Rechtstradition keine handhabbaren Kriterien gefunden worden. Bei Krediten für Vorhaben im Wirtschaftsleben werde sich die Gefahr eines Verlusts kaum je völlig ausschließen lassen. Hänge der Eintritt des tatbestandlichen Erfolgs damit aber maßgeblich vom Grad der Gefährdung des betreuten Vermögens ab, sei die Bewertung im Einzelfall nicht mehr vorhersehbar. Zudem stehe nicht fest, auf welchem rechtsstaatlich bedenkenfreien Wege derartige Wahrscheinlichkeiten ermittelt werden sollten. Dass es bei einem Erfolgsdelikt wie der Untreue auf Abwägungen dieser Art ankomme, widerspreche schon dem Wortsinn des § 266 StGB, der den Eintritt eines Nachteils voraussetze und die bloße Wahrscheinlichkeit des Eintritts damit nicht genügen lasse. Zu Recht werde daher in der Literatur angemerkt, dass bei Anerkennung einer "schadensgleichen Vermögensgefährdung" als "Nachteil" im Sinne des § 266 StGB die Grenze zwischen Vollendung und straflosem Versuch kaum mehr zu ziehen sei. Dass unter Umständen die vereinbarungsgemäße Rückzahlung des Kredits die Strafbarkeit unberührt lasse und nur als bloße Schadenswiedergutmachung zu werten sei, erscheine absurd.
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Im vorliegenden Fall habe die Strafkammer die Vermögensgefährdung mit denselben Tatsachen und Wertungen begründet, aus denen sie auch die Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht abgeleitet habe, und so die unterschiedliche Bedeutung der Tatbestandsmerkmale verloren gehen lassen. Abgesehen davon sei die Schadensbestimmung wegen Fehlern bei der Bewertung der Realsicherheiten sowie mangels Berücksichtigung der über zwei Jahre aus dem kreditierten Plattenbau-Objekt bestrittenen Zinszahlungen nicht ordnungsgemäß erfolgt. Letzteres habe der Bundesgerichtshof zu Recht bemängelt, ohne jedoch im Rahmen der Bestätigung des Schuldspruchs selbst einen Sachverhalt zu benennen, der unter den Begriff des Nachteils subsumiert werden könne.
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b) Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG sehen die Beschwerdeführer in zweierlei Hinsicht verletzt: Zum einen habe der Bundesgerichtshof seine Kompetenzen als Revisionsgericht überschritten, indem er durch seinen abweichenden Ansatz zur Schadensbestimmung in der Sache den Schuldspruch geändert und aufgrund einer hypothetischen Beurteilung von Beweisfragen auf die an sich erforderliche Zurückverweisung verzichtet habe. Zum anderen habe das Präsidium des Landgerichts Berlin durch Änderungen des Geschäftsverteilungsplans gezielt die Zuständigkeit der Strafkammer 36 für das gegen sie geführte Verfahren herbeigeführt und sie mit dieser unzulässigen Einzelfallzuweisung ihrem gesetzlichen Richter entzogen.
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IV.
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1. Zu den Verfassungsbeschwerden hat der Generalbundesanwalt Stellung genommen. Die Bundesregierung hat von einer Stellungnahme abgesehen. Der Präsident des Bundesgerichtshofs hat Äußerungen der Vorsitzenden der Strafsenate übersandt.
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2. Der Generalbundesanwalt hält § 266 Abs. 1 StGB für verfassungsgemäß und die Verfassungsbeschwerden für -- jedenfalls -- unbegründet.
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a) Dem Wortlaut sowohl des Missbrauchs- als auch des Treubruchtatbestands lasse sich ein hinreichend bestimmter Inhalt entnehmen, der durch gefestigte Rechtsprechung weitere, die Voraussehbarkeit strafbaren Verhaltens sichernde Restriktionen erfahren habe. Die Norm erfülle eine unentbehrliche Funktion zum Schutz des Vermögens; ihre Anwendungsbreite stelle kein Bestimmtheitsproblem, sondern lediglich eine Frage der Normintention und des Regelungsgehalts der Vorschrift dar.
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Die der Untreue eigene Voraussetzung der Verletzung einer Vermögensbetreuungspflicht stelle unter Berücksichtigung von Historie, Wortlaut, Schutzzweck, Vielgestaltigkeit, Struktur und Bezugnahme auf außerstrafrechtliche Rechtssätze auch in der Treubruchvariante ein hinreichend bestimmtes Tatbestandsmerkmal dar. Das gelte auch für die Konstellation der Anknüpfung an außerstrafrechtliche Verhaltensregeln, die einen Beurteilungsspielraum und ein Entscheidungsermessen eröffneten; insofern habe der Tatbestand durch gefestigte Rechtsprechung eine verfassungskonforme Auslegung erfahren. Dem könne nicht entgegengehalten werden, hier werde eine Entscheidung des Gesetzgebers auf die Rechtsprechung verlagert; der Rechtsprechung dürfe und müsse immer ein bestimmter Bereich der Konkretisierung verbleiben. Außerdem seien die betreffenden Sachverhalte einer umfassenden abstrakten Beschreibung nur schwer zugänglich. Der Beschuldigte sei hinreichend vor ausufernder Auslegung geschützt: Durch den Satz "in dubio pro reo" auf der Ebene der Sachverhaltsfeststellung sowie generell durch das Vorsatzerfordernis und die an die Feststellung des Vorsatzes zu stellenden Anforderungen.
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Mit dem Merkmal des Nachteils habe der Gesetzgeber auch einen hinreichend bestimmten Ausdruck zur Bezeichnung des Taterfolgs gewählt.
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b) Die von den Fachgerichten im Fall des Beschwerdeführers zu I. vorgenommene Auslegung des Merkmals "Vermögensnachteil" verstoße nicht gegen Art. 103 Abs. 2 GG. Indem der Beschwerdeführer die der S. . . AG zustehenden Vermögenswerte ohne Einwilligung des Zentralvorstands und entgegen ausdrücklicher Vorgaben außerhalb der Buchhaltung belassen habe, habe er einen Ausgleich der durch die vormalige Einrichtung der schwarzen Kasse entstandenen Vermögenseinbuße vereitelt und so der S. . . AG einen Schaden zugefügt. Die Zerstörung einer vermögenswerten Anwartschaft sei hier zu bejahen. Eine Auslegung im Sinne des Beschwerdeführers sei -- auch im Hinblick auf die vergleichsweise scharfe Konturierung des Merkmals der Nachteilszufügung -- verfassungsrechtlich nicht geboten. Bei dem Problem, ob der Entzug von Vermögen durch Bildung so genannter schwarzer Kassen einen Schaden in Form der schadensgleichen Vermögensgefährdung darstelle oder ob mit Blick auf die Bilanzierungsregeln bereits eine endgültige Vermögenseinbuße eingetreten sei, gehe es im Wesentlichen um die Auslegung und Anwendung einfachen Rechts ohne spezifisch verfassungsrechtlichen Bezug.
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c) Auch der Verurteilung des Beschwerdeführers zu II. liege keine wortlautüberschreitende oder entgrenzende Auslegung des § 266 Abs. 1 StGB zugrunde. Im Hinblick auf Generalklauseln oder relative Beschreibungen nach der Art der § 43 GmbHG, § 93 Abs. 1 AktG, § 116 AktG, § 87 AktG oder § 4 Abs. 4 SGB V habe sich eine das Tatbestandsmerkmal der Pflichtverletzung hinreichend konkretisierende Rechtsprechung herausgebildet. Die Forderung nach einer gesonderten Prüfung, ob die festgestellte Pflichtverletzung von besonders gravierender Natur sei, finde im Wortlaut der Norm keine Stütze. Ebenso wenig sei es geboten, die Strafbarkeit auf Fälle zu begrenzen, in denen der Täter zur eigenen Bereicherung handle, oder Anforderungen an die Würdigung der subjektiven Tatseite zu stellen, die über die ohnehin zu leistende sorgfältige Beweiswürdigung hinausgingen. Den Ermessensspielraum des Beschwerdeführers habe die Strafkammer ohne weiteres als überschritten ansehen dürfen, zumal schon nicht erkennbar sei, dass der Beschwerdeführer die Zahlungen überhaupt als Ergebnis einer Abwägung bewilligt hätte.
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d) Die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführer zu III. 1) bis 5) begegne bereits unter Zulässigkeitsgesichtspunkten Bedenken. Die mit der Verfassungsbeschwerde erhobenen grundlegenden Einwände der Beschwerdeführer gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 266 StGB sowie dessen Auslegung seien im Revisionsverfahren nicht hinreichend ausgeführt, der Einwand der fehlerhaften Besetzung des Landgerichts sei dort formal unzureichend erhoben worden. Jedenfalls sei auch diese Verfassungsbeschwerde unbegründet.
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aa) Für die Kreditvergabe als klassisches Risikogeschäft liege eine Pflichtwidrigkeit nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht schon dann vor, wenn die Darlehensrückzahlung später ausbleibe; eine strafrechtlich relevante Pflichtwidrigkeit beginne erst dort, wo der Treupflichtige ohne Billigung des Vermögensinhabers den Korridor des wirtschaftlich noch vertretbaren Handelns verlassen habe. Die maßgeblichen Kriterien habe der Bundesgerichtshof in Anknüpfung an die Vorgaben des § 18 KWG herausgearbeitet. Der vom Bundesgerichtshof geprägte Begriff der "gravierenden Pflichtverletzung" mache die Strafbarkeit gerade nicht von subjektiv gefärbten Bewertungen des Richters zum "Grad" der Pflichtverletzung abhängig, sondern betone die Weite des dem Entscheidungsträger zuzubilligenden Ermessensspielraums. Dieser -- verfassungskonformen -- Auslegung des § 266 Abs. 1 StGB seien die Gerichte bei der Verurteilung der Beschwerdeführer gefolgt.
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bb) Die Rechtsprechung habe auch hinreichend klare Kriterien entwickelt, um eine tatbestandsmäßige schadensgleiche Vermögensgefährdung -- deren Bezeichnung allerdings missverständlich sei, da ein gegenwärtiger Minderwert vorausgesetzt sei -- von einer bloß abstrakten Gefährdungslage abgrenzen zu können, auch und gerade in der angesprochenen Fallgruppe der Vermögensgefährdung durch Auszahlung eines Darlehensbetrages. Der Schaden bestehe hier darin, dass der Ausreichung des Kredits an den Empfänger von Anfang an eine nicht gleichwertige Gegenforderung gegenüberstehe. Die daraus resultierende wirtschaftliche Schlechterstellung werde sich regelmäßig bereits zu diesem Zeitpunkt in der Bilanzierung niederschlagen. Die Anwendung der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze auf den Einzelfall sei lediglich am Maßstab des Willkürverbots zu prüfen und danach nicht zu beanstanden. Verfassungsrechtlich sei es unbeachtlich, dass die Strafkammer bei der Anwendung des einfachen Rechts die Tatsache, dass die Kreditnehmerin noch längere Zeit aus den Mieteinnahmen Zinszahlungen zu bestreiten vermochte, stärker hätte berücksichtigen müssen. Diese Fehleinschätzung begründe weder objektive Willkür, noch weise sie einen spezifischen Bezug zu den Verbürgungen des Art. 103 Abs. 2 GG auf. Den -- letztlich nur eine Lücke in der Beweiswürdigung darstellenden -- Rechtsfehler habe zudem bereits der Bundesgerichtshof festgestellt, so dass die Beschwerdeführer insofern nicht mehr beschwert seien. Auch lasse sich dem Beschluss des Bundesgerichtshofs hinreichend entnehmen, weshalb der Senat trotz Berücksichtigung der aus den Mieteinnahmen erbrachten Zinszahlungen die Einschätzung des Landgerichts letztlich geteilt habe.
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cc) Schließlich sei auch die von den Beschwerdeführern zu III. 1) bis 5) erhobene Rüge der Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG unbegründet. Der Bundesgerichtshof habe sich im Rahmen seiner Kompetenzen nach § 337 StPO gehalten, indem er das Beruhen der landgerichtlichen Entscheidung auf der fehlerhaften Schadensbestimmung verneint habe. Auch die die Zuständigkeit der Strafkammer 36 begründende Änderung des Geschäftsverteilungsplans des Landgerichts Berlin werde den verfassungsrechtlichen Vorgaben an den gesetzlichen Richter gerecht.
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V.
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Die Beschwerdeführer zu I. und zu III. 1) bis 5) haben auf die Stellungnahmen repliziert und das jeweilige Beschwerdevorbringen vertieft.
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Die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer zu I. und II. sind zulässig.
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Die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführer zu III. 1) bis 5) ist jedenfalls insoweit zulässig, als sie die Verletzung des Art. 103 Abs. 2 GG rügt. Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts haben die Beschwerdeführer insofern den Rechtsweg ordnungsgemäß und in einer dem Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde entsprechenden Weise erschöpft. Der Grundsatz der Subsidiarität ändert nichts daran, dass die Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens im Allgemeinen nicht gehalten sind, verfassungsrechtliche Erwägungen und Bedenken vorzutragen (vgl. BVerfGE 112, 50 [60 ff.] m.w.N.).
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Die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer zu I. und II. sind unbegründet. Die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführer zu III. 1) bis 5) ist begründet; die gegen sie ergangenen, mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Entscheidungen verletzen Art. 103 Abs. 2 des Grundgesetzes.
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I.
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1. Art. 103 Abs. 2 GG gewährleistet, dass eine Tat nur bestraft werden kann, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. Die Bedeutung dieser Verfassungsnorm erschöpft sich nicht im Verbot der gewohnheitsrechtlichen oder rückwirkenden Strafbegründung. Art. 103 Abs. 2 GG enthält für die Gesetzgebung ein striktes Bestimmtheitsgebot sowie ein damit korrespondierendes, an die Rechtsprechung gerichtetes Verbot strafbegründender Analogie (stRspr, vgl. BVerfGE 14, 174 [185]; 73, 206 [234]; 75, 329 [340]). Diese Garantien dienen einem doppelten Zweck:
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Einerseits soll sichergestellt werden, dass der Gesetzgeber selbst abstrakt-generell über die Strafbarkeit entscheidet. Insoweit enthält Art. 103 Abs. 2 GG einen strengen Gesetzesvorbehalt, der es der vollziehenden und der rechtsprechenden Gewalt verwehrt, die normativen Voraussetzungen einer Bestrafung festzulegen (vgl. BVerfGE 75, 329 [341] m.w.N.). Der Gesetzgeber übernimmt mit der Entscheidung über strafwürdiges Verhalten die demokratisch legitimierte Verantwortung für eine Form hoheitlichen Handelns, die zu den intensivsten Eingriffen in die individuelle Freiheit zählt; es ist eine grundlegende Entscheidung, in welchem Umfang und in welchen Bereichen ein politisches Gemeinwesen gerade das Mittel des Strafrechts als Instrument sozialer Kontrolle einsetzt (vgl. BVerfGE 123, 267 [408]).
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Andererseits geht es um den rechtsstaatlichen Schutz des Normadressaten: Jedermann soll vorhersehen können, welches Verhalten verboten und mit Strafe bedroht ist. Art. 103 Abs. 2 GG hat insofern freiheitsgewährleistende Funktion (vgl. BVerfGE 75, 329 [341] m.w.N.).
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2. a) Für den Gesetzgeber enthält Art. 103 Abs. 2 GG in seiner Funktion als Bestimmtheitsgebot dementsprechend die Verpflichtung, wesentliche Fragen der Strafwürdigkeit oder Straffreiheit im demokratisch-parlamentarischen Willensbildungsprozess zu klären und die Voraussetzungen der Strafbarkeit so konkret zu umschreiben, dass Tragweite und Anwendungsbereich der Straftatbestände zu erkennen sind und sich durch Auslegung ermitteln lassen (vgl. BVerfGE 75, 329 [340 f.]). Die allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätze, dass der Gesetzgeber im Bereich der Grundrechtsausübung alle wesentlichen Entscheidungen selbst treffen (vgl. BVerfGE 101, 1 [34]; 108, 282 [312]) und dass er Rechtsvorschriften so genau fassen muss, wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist (Grundsatz der Normenklarheit, vgl. BVerfGE 93, 213 [238]), gelten danach für den besonders grundrechtssensiblen Bereich des materiellen Strafrechts besonders strikt. Das Bestimmtheitsgebot verlangt daher, den Wortlaut von Strafnormen so zu fassen, dass die Normadressaten im Regelfall bereits anhand des Wortlauts der gesetzlichen Vorschrift voraussehen können, ob ein Verhalten strafbar ist oder nicht (vgl. BVerfGE 48, 48 [56 f.]; 92, 1 [12]).
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b) Allerdings muss der Gesetzgeber auch im Strafrecht in der Lage bleiben, der Vielgestaltigkeit des Lebens Herr zu werden (BVerfGE 28, 175 [183]; 47, 109 [120]). Müsste er stets jeden Straftatbestand bis ins Letzte ausführen, anstatt sich auf die wesentlichen für die Dauer gedachten Bestimmungen über Voraussetzungen, Art und Maß der Strafe zu beschränken, bestünde die Gefahr, dass die Gesetze zu starr und kasuistisch würden und dem Wandel der Verhältnisse oder der Besonderheit des Einzelfalls nicht mehr gerecht werden könnten (vgl. BVerfGE 14, 245 [251]).
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Wegen der gebotenen Allgemeinheit und der damit zwangsläufig verbundenen Abstraktheit von Strafnormen ist es unvermeidlich, dass in Einzelfällen zweifelhaft sein kann, ob ein Verhalten noch unter den gesetzlichen Tatbestand fällt oder nicht. Das Bestimmtheitsgebot bedeutet nicht, dass der Gesetzgeber gezwungen wäre, sämtliche Straftatbestände ausschließlich mit unmittelbar in ihrer Bedeutung für jedermann erschließbaren deskriptiven Tatbestandsmerkmalen zu umschreiben. Es schließt die Verwendung wertausfüllungsbedürftiger Begriffe bis hin zu Generalklauseln im Strafrecht nicht von vornherein aus (vgl. BVerfGE 48, 48 [56 f.]; 92, 1 [12]; ferner BVerfGE 75, 329 [341 f.]). Der Gesetzgeber kann Tatbestände auch so ausgestalten, dass zu ihrer Auslegung auf außerstrafrechtliche Vorschriften zurückgegriffen werden muss. Dies führt, soweit es sich nicht um Normen zur Ausfüllung eines strafrechtlichen Blanketts handelt, nicht dazu, dass auch die betreffenden außerstrafrechtlichen Vorschriften am Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG zu messen wären (vgl. BVerfGE 78, 205 [213]).
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c) Welchen Grad an gesetzlicher Bestimmtheit der einzelne Straftatbestand haben muss, lässt sich nach alledem nicht allgemein sagen (BVerfGE 28, 175 [183]). Deshalb ist im Wege einer wertenden Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung möglicher Regelungsalternativen zu entscheiden, ob der Gesetzgeber seinen Verpflichtungen aus Art. 103 Abs. 2 GG im Einzelfall nachgekommen ist. Zu prüfen sind die Besonderheiten des jeweiligen Straftatbestands einschließlich der Umstände, die zu der gesetzlichen Regelung führen (BVerfGE 28, 175 [183]), wobei der Gesetzgeber die Strafbarkeitsvoraussetzungen umso genauer festlegen und präziser bestimmen muss, je schwerer die von ihm angedrohte Strafe ist (BVerfGE 75, 329 [342]). Auch der Kreis der Normadressaten ist von Bedeutung (BVerfGE 48, 48 [57]).
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Soweit es nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in Grenzfällen ausnahmsweise genügt, wenn lediglich das Risiko einer Bestrafung erkennbar ist (vgl. BVerfGE 48, 48 [56 f.]; 92, 1 [12]), trägt dies der Unvermeidbarkeit von Randunschärfen Rechnung. Verfassungsrechtliche Bedenken, die die Weite eines Tatbestands(-merkmals) bei isolierter Betrachtung auslösen müsste, können zudem durch weitgehende Einigkeit über einen engeren Bedeutungsinhalt, insbesondere durch eine gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung, entkräftet werden (vgl. BVerfGE 26, 41 [43]; 87, 209 [226 f.]; 92, 1 [18]). Allein die Tatsache, dass ein Gesetz bei extensiver, den möglichen Wortlaut ausschöpfender Auslegung auch Fälle erfassen würde, die der parlamentarische Gesetzgeber nicht bestraft wissen wollte, macht das Gesetz nicht verfassungswidrig, wenn und soweit eine restriktive, präzisierende Auslegung möglich ist (vgl. BVerfGE 87, 399 [411]).
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3. Für die Strafgerichte enthält der Satz "nulla poena sine lege" Verpflichtungen in mehrfacher Hinsicht.
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a) Der Gesetzgeber und nicht der Richter ist zur Entscheidung über die Strafbarkeit berufen (vgl. BVerfGE 71, 108 [116]; 92, 1 [19]). Der Gesetzgeber hat zu entscheiden, ob und in welchem Umfang er ein bestimmtes Rechtsgut, dessen Schutz ihm wesentlich und notwendig erscheint, gerade mit den Mitteln des Strafrechts verteidigen will. Den Gerichten ist es verwehrt, seine Entscheidung zu korrigieren (BVerfGE 92, 1 [13]). Sie müssen in Fällen, die vom Wortlaut einer Strafnorm nicht mehr gedeckt sind, zum Freispruch gelangen und dürfen nicht korrigierend eingreifen (vgl. BVerfGE 64, 389 [393]). Dies gilt auch dann, wenn infolge des Bestimmtheitsgebots besonders gelagerte Einzelfälle aus dem Anwendungsbereich eines Strafgesetzes herausfallen, obwohl sie ähnlich strafwürdig erscheinen mögen wie das pönalisierte Verhalten. Es ist dann Sache des Gesetzgebers zu entscheiden, ob er die Strafbarkeitslücke bestehen lassen oder durch eine neue Regelung schließen will (BVerfGE 92, 1 [13]). Aus dem Erfordernis gesetzlicher Bestimmtheit folgt anerkanntermaßen ein Verbot analoger oder gewohnheitsrechtlicher Strafbegründung. Dabei ist "Analogie" nicht im engeren technischen Sinn zu verstehen; ausgeschlossen ist vielmehr jede Rechtsanwendung, die -- tatbestandsausweitend -- über den Inhalt einer gesetzlichen Sanktionsnorm hinausgeht, wobei der mögliche Wortlaut als äußerste Grenze zulässiger richterlicher Interpretation aus der Sicht des Normadressaten zu bestimmen ist (stRspr, vgl. BVerfGE 71, 108 [115]; 82, 236 [269]; 92, 1 [12]).
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b) Dementsprechend darf die Auslegung der Begriffe, mit denen der Gesetzgeber das unter Strafe gestellte Verhalten bezeichnet hat, nicht dazu führen, dass die dadurch bewirkte Eingrenzung der Strafbarkeit im Ergebnis wieder aufgehoben wird. Einzelne Tatbestandsmerkmale dürfen also auch innerhalb ihres möglichen Wortsinns nicht so weit ausgelegt werden, dass sie vollständig in anderen Tatbestandsmerkmalen aufgehen, also zwangsläufig mit diesen mitverwirklicht werden (Verschleifung oder Entgrenzung von Tatbestandsmerkmalen; vgl. BVerfGE 87, 209 [229]; 92, 1 [16 f.]).
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c) In Betracht kommt aber auch, dass bei methodengerechter Auslegung ein Verhalten nicht strafbewehrt ist, obwohl es vom Wortlaut des Strafgesetzes erfasst sein könnte. Auch in einem solchen Fall darf ein nach dem Willen des Gesetzgebers strafloses Verhalten nicht durch eine Entscheidung der Gerichte strafbar werden (vgl. BVerfGE 87, 209 [224] m.w.N.). Vielmehr haben die Gerichte dies zu respektieren und erforderlichenfalls durch restriktive Auslegung eines weiter gefassten Wortlauts der Norm sicherzustellen (vgl. BVerfGE 82, 236 [270 f.]; 87, 399 [411]), im Ergebnis also freizusprechen.
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d) Art. 103 Abs. 2 GG enthält zudem Vorgaben für die Handhabung weit gefasster Tatbestände und Tatbestandselemente. Die Gerichte dürfen nicht durch eine fernliegende Interpretation oder ein Normverständnis, das keine klaren Konturen mehr erkennen lässt, dazu beitragen, bestehende Unsicherheiten über den Anwendungsbereich einer Norm zu erhöhen, und sich damit noch weiter vom Ziel des Art. 103 Abs. 2 GG entfernen (vgl. BVerfGE 71, 108 [121]; 87, 209 [224 ff., 229]; 92, 1 [19]). Andererseits ist die Rechtsprechung gehalten, verbleibende Unklarheiten über den Anwendungsbereich einer Norm durch Präzisierung und Konkretisierung im Wege der Auslegung nach Möglichkeit auszuräumen (Präzisierungsgebot). Besondere Bedeutung hat diese Pflicht bei solchen Tatbeständen, die der Gesetzgeber im Rahmen des Zulässigen durch Verwendung von Generalklauseln verhältnismäßig weit und unscharf gefasst hat. Gerade in Fallkonstellationen, in denen der Normadressat nach dem gesetzlichen Tatbestand nur noch die Möglichkeit einer Bestrafung erkennen kann und in denen sich erst aufgrund einer gefestigten Rechtsprechung eine zuverlässige Grundlage für die Auslegung und Anwendung der Norm gewinnen lässt (vgl. BVerfGE 26, 41 [43]; 45, 363 [371 f.]), trifft die Rechtsprechung eine besondere Verpflichtung, an der Erkennbarkeit der Voraussetzungen der Strafbarkeit mitzuwirken. Sie kann sich auch in über die allgemeinen Grundsätze des Vertrauensschutzes (vgl. dazu BVerfGE 74, 129 [155 f.]; 122, 248 [277 f.]) hinausgehenden Anforderungen an die Ausgestaltung von Rechtsprechungsänderungen niederschlagen.
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e) Bei der verfassungsrechtlichen Überprüfung, ob die Strafgerichte diesen aus Art. 103 Abs. 2 GG folgenden Vorgaben gerecht geworden sind, ist das Bundesverfassungsgericht nicht auf eine Vertretbarkeitskontrolle beschränkt. Der in Art. 103 Abs. 2 GG zum Ausdruck kommende strenge Gesetzesvorbehalt erhöht die verfassungsgerichtliche Kontrolldichte. Sowohl die Überschreitung der Grenzen des Strafgesetzes als auch die Konturierung und Präzisierung ihres Inhalts betreffen die Entscheidung über die Strafbarkeit und damit die Abgrenzung von Judikative und Legislative. Für die Klärung der insoweit aufgeworfenen Fragen ist das Bundesverfassungsgericht zuständig.
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Stützen die Gerichte insbesondere ihre Auslegung und Anwendung der Strafnorm auf ein gefestigtes Verständnis eines Tatbestandsmerkmals oder der Norm insgesamt, prüft das Bundesverfassungsgericht das Bestehen eines solchen gefestigten Verständnisses in vollem Umfang nach (vgl. BVerfGE 92, 1 [18]; 92, 1 [23 ff.] -- abw. M.). Entsprechendes gilt, wenn die Strafbarkeit nach einer weit gefassten Norm mittels gefestigter komplexerer Obersätze eingegrenzt wird, wie sie etwa bei der Bildung von Fallgruppen und auf diese bezogene Spezifizierungen der Anforderungen der Strafrechtsnorm anzutreffen sind. Das Bundesverfassungsgericht prüft insoweit, ob die Gerichte bei Anwendung und Auslegung der Strafnorm bei den bislang entwickelten, die Norm konkretisierenden Obersätzen geblieben sind, gegebenenfalls ob sie diese im Rahmen der Strafnorm folgerichtig weiterentwickelt und ob sie sie der Würdigung des konkreten Falls zugrunde gelegt haben.
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Dagegen wird ein -- gegebenenfalls in höchstrichterlichen Obersätzen -- gefestigtes Normverständnis einer inhaltlichen Kontrolle durch das Bundesverfassungsgericht nur in dem Sinne unterzogen, dass es nicht evident ungeeignet zur Konturierung der Norm sein darf (vgl. BVerfGE 26, 41 [43] mit -- nur verstärkendem -- Hinweis darauf, dass die gefestigte Auslegung "allgemein anerkannt" sei). Insoweit werden -- ebenso wie hinsichtlich der Anwendung der gegebenenfalls durch Obersätze konturierten und präzisierten Strafnorm -- grundsätzlich keine Fragen des Verfassungsrechts aufgeworfen. Die verfassungsgerichtliche Kontrolle strafgerichtlicher Entscheidungen am Maßstab des Art. 103 Abs. 2 GG berührt nicht die Verantwortung der Gerichte, namentlich des Bundesgerichtshofs, für die Auslegung und Anwendung des Strafrechts.
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II.
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Nach diesen Maßstäben ist der Untreuetatbestand in seiner geltenden Fassung mit dem Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG noch zu vereinbaren. § 266 Abs. 1 StGB lässt ein Rechtsgut ebenso klar erkennen wie die besonderen Gefahren, vor denen der Gesetzgeber dieses mit Hilfe des Tatbestands schützen will (1.). Vor diesem Hintergrund kann der Tatbestand trotz seiner Weite und damit einhergehenden relativen Unschärfe (2.) hinreichend restriktiv und präzisierend ausgelegt werden, um den unter dem Gesichtspunkt ausreichender Bestimmtheit bestehenden Bedenken angemessen Rechnung zu tragen (3.).
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1. a) § 266 Abs. 1 StGB schützt das Vermögen im Sinne der Gesamtheit der geldwerten Güter einer Person (vgl. BGHSt 43, 293 [297]; BGH, Urteil vom 20. Juli 1999 -- 1 StR 668/98 --, NJW 2000, S. 154 [155]; Fischer, Strafgesetzbuch, 57. Aufl. 2010, § 266 Rn. 2; Kühl, Strafgesetzbuch, 26. Aufl. 2007, § 266 Rn. 1; Lenckner/Perron, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, 27. Aufl. 2006, § 266 Rn. 1; Schünemann, in: Leipziger Kommentar zum Strafgesetzbuch, Bd. 7, 11. Aufl. 1998, § 266 Rn. 28). Damit ist das Rechtsgut klar bezeichnet. Wenn -- vereinzelt -- die Auffassung vertreten wird, dass auch das (individuelle oder kollektive) Vertrauen in die Redlichkeit des Rechts- und Wirtschaftsverkehrs geschützt werde (vgl. etwa Dunkel, GA 1977, S. 329 [334 f.]), handelt es sich allenfalls um einen ergänzenden Aspekt, der insbesondere nichts daran ändert, dass "Nachteil" im Sinne des Tatbestands nur ein "Vermögensnachteil" sein kann (vgl. Fischer, a.a.O., § 266 Rn. 110; Kühl, a.a.O., § 266 Rn. 16).
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b) Der Untreuetatbestand soll den Vermögensinhaber im Gegensatz zu anderen Vermögensdelikten vor Schädigungen "von innen heraus" bewahren (Schünemann, NStZ 2005, S. 473 [474]); der Straftatbestand der Untreue wirkt der besonderen Verletzlichkeit des Vermögensinhabers, der seine wirtschaftlichen Interessen in fremde Hände legt und auf die Redlichkeit des Beauftragten angewiesen ist, entgegen (Perron, GA 2009, S. 219 [223]).
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c) Das gesetzgeberische Anliegen ist angesichts des die moderne Wirtschaft prägenden Auseinanderfallens von Vermögensinhaberschaft und beauftragter Verfügungsmacht (Management) von hoher und zunehmender aktueller Bedeutung (vgl. Kindhäuser, in: Nomos-Kommentar Strafgesetzbuch, Bd. 2, 2. Aufl 2005, § 266 Rn. 3). Dementsprechend existieren Straftatbestände, die "ungetreue" Handlungen von Gesellschaftsorganen und anderen Vermögensverwaltern erfassen, mit im Einzelnen unterschiedlicher Ausgestaltung in zahlreichen europäischen Rechtsordnungen (vgl. Cappel, Grenzen auf dem Weg zu einem europäischen Untreuestrafrecht, 2009, S. 187 ff.).
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d) Auf diesem Hintergrund wie auch in Anbetracht der vor das Jahr 1933 zurückreichenden Geschichte des Tatbestands (vgl. dazu nur Mayer, Die Untreue im Zusammenhang der Vermögensverbrechen, 1926) können die der Untreuestrafbarkeit zugrunde liegenden Wertungen nicht als nationalsozialistisches Gedankengut angesehen werden. Der Umstand, dass der Begriff der Treue, wie in der der Stellungnahme des Generalbundesanwalts angesprochen (vgl. auch oben A.I.b)), im Nationalsozialismus missbraucht worden ist, führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Die mehrfache Befassung des Deutschen Bundestages mit dem Untreuetatbestand seit 1949 zeigt, dass der demokratische Gesetzgeber sich die Norm in ihrer geltenden Fassung zu eigen gemacht hat.
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a) Der Gesetzgeber hat weitgehend darauf verzichtet, Sondertatbestände für einzelne Treuhandverhältnisse zu schaffen, wie sie sich beispielsweise früher in § 294 des Aktiengesetzes fanden oder heute in manchen ausländischen Rechtsordnungen bestehen (vgl. dazu Cappel, a.a.O., S. 198 ff.). Die wichtigste Ausnahme stellen die Tatbestände des § 266a und des § 266b StGB als gesetzgeberische Reaktionen auf die gebotene restriktive Handhabung des Untreuetatbestands seitens der Rechtsprechung dar. Der Anwendungsbereich des Untreuetatbestands erstreckt sich in der heutigen Praxis daher auf so unterschiedliche Bereiche wie die Kreditgewährung durch Bankvorstände (BGHSt 46, 30; 47, 148), die Prämiengewährung durch Vorstände öffentlicher oder privater Unternehmen (siehe auch BGHSt 50, 331), die haushaltswidrige Verwendung öffentlicher Mittel (BGHSt 43, 293), Verstöße gegen parteienrechtliche Regelungen (BGHSt 51, 100) oder bestimmte Erscheinungsformen der Korruption (vgl. -- neben der hier angegriffenen Entscheidung BGHSt 52, 323 -- BGH, Urteil vom 27. Februar 1975 -- 4 StR 571/74 --, NJW 1975, S. 1234; Urteil vom 9. Juli 2009 -- 5 StR 263/08 --, NJW 2009, S. 3248). Die Strafbarkeit wegen Untreue tritt damit neben die Straftatbestände spezieller Regelwerke wie der des Kreditwesengesetzes (§§ 54 ff. KWG), des Aktiengesetzes (§ 399 ff. AktG) und des Parteiengesetzes (§ 31d PartG) oder stellt den einzigen strafrechtlichen Ansatzpunkt dar, wo Sonderregelungen fehlen wie im Falle des Haushaltsrechts (vgl. dazu Coenen, Die Strafbarkeit von Verstößen gegen das Haushaltsrecht bei der Bewirtschaftung öffentlicher Mittel, 2000) oder -- bis zur Verabschiedung des Gesetzes zu dem Protokoll vom 27. September 1996 zum Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften vom 10. September 1998 (BGBl. II S. 2340) und des Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 17. Dezember 1997 über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr vom 10. September 1998 (BGBl. II S. 2327) -- bei manchen Erscheinungsformen der Bestechung mit Auslandsbezug (vgl. dazu Saliger/Gaede, HRRS 2008, S. 57 [60 ff.]).
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b) Folge dieser Konzeption ist, dass der Untreuetatbestand in beiden Varianten sehr abstrakt formuliert und von großer Weite ist. Entsprechend hoch ist seine Auslegungsfähigkeit und -bedürftigkeit.
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aa) Den Adressatenkreis des Treubruchtatbestands (§ 266 Abs. 1 Var. 2 StGB) kennzeichnet das Gesetz im Gegensatz zur Fassung des Untreuetatbestands von 1871 ausschließlich durch eine Definition von hohem Abstraktionsgrad: Entscheidend ist die Pflicht, fremde Vermögensinteressen "wahrzunehmen" oder zu "betreuen". Beide Ausdrücke weisen in ihrem Bezug auf fremde Vermögensinteressen auf ein -- vermögensbezogenes -- Handeln für jemand anderen oder in Rücksichtnahme auf jemand anderen hin. Aus dem Wortsinn wird danach -- lediglich -- deutlich, dass der Tatbestand eine Beziehung des Täters zum (potentiell) Geschädigten voraussetzt, die eine besondere, über die für jedermann geltenden Pflichten zur Wahrung der Rechtssphäre anderer hinausgehende Verantwortung für dessen materielle Güter mit sich bringt. Damit ergibt sich ein dem bloßen Wortlaut nach ausgesprochen weiter möglicher Anwendungsbereich. Wie bereits das Reichsgericht mit Urteil vom 14. Dezember 1934 (RGSt 69, 58 [60 f.]) ausgeführt hat, kann man hierunter
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"alle Aufgabenkreise und Tätigkeiten verstehen, die eine Einwirkung irgendwelcher Art (durch Handlung, Duldung, Unterlassung) auf das Vermögen oder auf Vermögensteile eines anderen zum Gegenstand haben, hierzu nötig oder dienlich sind . . . Aus dem Wortlaut des Gesetzes lässt sich gegen eine so weitgehende Auslegung nichts Zwingendes entnehmen. Er lässt sich selbst auf ganz untergeordnete Auftrags- und Dienstverhältnisse, ja sogar noch auf einen großen Teil der Botendienste anwenden."
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Bei der vom Missbrauchstatbestand (§ 266 Abs. 1 Var. 1 StGB) vorausgesetzten Befugnis des Täters, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, handelt es sich zwar um im juristischen Sprachgebrauch exakt definierte (vgl. Fischer, Strafgesetzbuch, 57. Aufl. 2010, § 266 Rn. 10 ff.; eingehend Schünemann, in: Leipziger Kommentar zum Strafgesetzbuch, Bd. 7, 11. Aufl. 1998, § 266 Rn. 37 ff., 46) und auch dem Verständnis durch Rechtsunkundige durchaus zugängliche Begriffe. Doch ist danach auch der Kreis möglicher Adressaten des Missbrauchstatbestands weit, umfasst er doch beispielsweise Scheck- und Kreditkarteninhaber im Verhältnis zur Bank oder zum Kreditkartenunternehmen.
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bb) Das zentrale Merkmal der Verletzung einer Pflicht zur Wahrnehmung und Betreuung fremder Vermögensinteressen beziehungsweise des Missbrauchs rechtlicher Befugnisse ist nicht nur für sich genommen weit, sondern knüpft zusätzlich an außerstrafrechtliche Normkomplexe und Wertungen an, die das Verhältnis zwischen dem Vermögensinhaber und dem Vermögensverwalter im Einzelnen gestalten und so erst den Inhalt der -- strafbewehrten -- Pflicht und die Maßstäbe für deren Verletzung festlegen (zur Akzessorietät des Tatbestands vgl. Beulke, in: Festschrift für Ulrich Eisenberg, 2009, S. 245 [250]; Hohmann, ZIS 2007, S. 38 ff.; Rönnau, ZStW [2006], S. 887 [905]). Die aus zivil- oder öffentlichrechtlichen Normen folgende Pflichtwidrigkeit des Handelns ist als notwendige Voraussetzung der Untreuestrafbarkeit klar bezeichnet. Ihre Bestimmung im Einzelfall bringt jedoch nicht unerhebliche Unsicherheiten mit sich.
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Das Pflichtwidrigkeitsmerkmal erschöpft sich nicht nach Art eines Blankettmerkmals in der Weiterverweisung auf genau bezeichnete Vorschriften (vgl. Kubiciel, NStZ 2005, S. 353 [357 ff.]; Rönnau, a.a.O., S. 887 [904]; zur verfassungsrechtlichen Problematik von Blanketttatbeständen vgl. nur BVerfGE 75, 329); es handelt sich vielmehr um ein komplexes normatives Tatbestandsmerkmal (vgl. BVerfGE 78, 205 [213]; Kubiciel, a.a.O.; Rönnau, a.a.O., S. 887 [904]). Zunächst stellt sich dem Normanwender die Frage, welche außerstrafrechtlichen Bestimmungen zur Beurteilung der Pflichtwidrigkeit heranzuziehen sind. Sodann stellt sich die Frage nach der Auslegung der relevanten Normen, unter denen sich Vorschriften von erheblicher Unbestimmtheit oder generalklauselartigen Charakters befinden können, da sich dem Normtext des § 266 Abs. 1 StGB Anforderungen an die Bestimmtheit der in Bezug genommenen Normen nicht entnehmen lassen; verwiesen sei insofern nur beispielhaft auf die im Fall der Beschwerdeführer zu III. 1) bis 5) teilweise einschlägigen Bestimmungen der §§ 76, 93, 111, 116 AktG (vgl. dazu BGHSt 47, 187 [192]; 50, 331 [336]; Kindhäuser, a.a.O., § 266 Rn. 58). Die resultierenden Auslegungsschwierigkeiten erhöhen sich, wenn dem Verpflichteten -- wie im Fall der zitierten Normen des Aktiengesetzes -- eigene Entscheidungsspielräume mit abstrakt schwer zu bestimmenden Grenzen eingeräumt werden (vgl. § 93 Abs. 1 Satz 1 und 2 AktG; dazu BGHSt 47, 187 [193 ff.]; vgl. auch BGHZ 135, 244; Hüffer, Aktiengesetz, 9. Aufl. 2010, § 93 Rn. 1, 4 a).
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cc) Der Untreuetatbestand setzt weiter den Eintritt eines Nachteils voraus. Der Begriff des Nachteils für das betroffene Vermögen hat zwar einen allgemein verständlichen Bedeutungsgehalt (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 10. März 2009 -- 2 BvR 1980/07 --, juris, Rn. 24), bereitet aber gerade im Kontext des § 266 Abs. 1 StGB spezifische Auslegungsschwierigkeiten.
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(1) Dem umgangssprachlichen Wortsinn nach ist "Nachteil" ein "Schaden, Verlust, ungünstige Lage" (Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 8. Aufl. 2008, S. 1047); "etwas, was sich für jemanden gegenüber einem anderen negativ auswirkt, ihn beeinträchtigt, ihm schadet" (Duden -- Deutsches Universalwörterbuch, 5. Aufl. 2003, S. 1120); oder "ein als Minderung, Verschlechterung erscheinendes Übel, überhaupt Schaden, Verlust, Abbruch, Beeinträchtigung" (vgl. Jacob und Wilhelm Grimm, Deutsches Wörterbuch, Bd. 7, Nachdruck 1984, Sp. 184 f.). Ein Vermögensnachteil im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB setzt mithin zwingend einen Vergleich zweier Vermögenslagen voraus, bei dem sich eine Differenz ergeben muss (vgl. Riemann, Vermögensgefährdung und Vermögensschaden, 1989, S. 6).
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Konturen verleiht das Nachteilsmerkmal dem § 266 Abs. 1 StGB vor allem dadurch, dass das Gesetz ausnahmslos den tatsächlichen Eintritt des Nachteils fordert, da der Gesetzgeber den Versuch der Untreue nicht unter Strafe gestellt hat. Die Untreue stellt also ein reines Verletzungserfolgsdelikt oder Bestandsschutzdelikt dar, das ein Erfolgsunrecht voraussetzt (vgl. Perron, in: Festschrift für Klaus Tiedemann, 2008, S. 737 [740]; Rönnau, StV 2009, S. 246). Bleibt der Eintritt eines Schadens ungewiss, wenn auch möglich, so ist folglich nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" freizusprechen.
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(2) Gleichwohl wirft das Nachteilsmerkmal Auslegungsfragen von erheblicher Bedeutung auf.
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Zum einen geht aus dem Wortlaut nicht eindeutig hervor, ob das Gesetz mit dem durch pflichtwidriges oder missbräuchliches Handeln zugefügten Nachteil die Differenz meint, die sich bei einem Vergleich der Vermögenslage vor und nach der beanstandeten Handlung ergibt, oder die Differenz zwischen den sich in den Fällen pflichtgemäßen oder pflichtwidrigen Verhaltens ergebenden Vermögenssalden. Unterschiedliche Ergebnisse können sich dabei vor allem dann ergeben, wenn dem Betroffenen -- wie dem Beschwerdeführer zu I. -- mit der Nichtoffenbarung von dem Treugeber verborgenem Vermögen beziehungsweise der unterbliebenen Rückführung von "verloren geglaubtem" Vermögen eine pflichtwidrige Unterlassung vorgeworfen wird. In diesen Fällen hängt die Strafbarkeit von der Art des Vermögensvergleichs und damit davon ab, wie man die Wendung "und dadurch . . . Nachteil zufügt" versteht.
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Konkretisierungsbedarf kann sich auch aus der Tatsache ergeben, dass es sich beim Vermögen als Rechtsgut und Bezugspunkt des anzustellenden Vergleichs nicht um einen der sinnlichen Wahrnehmung unmittelbar zugänglichen Gegenstand handelt, sondern um eine wirtschaftliche Größe, deren Umfang zu einem bestimmten Zeitpunkt sich erst aus einer Bewertung ergibt. In deren Rahmen bedarf es der Entscheidung, welche Vermögenspositionen in die Wertbestimmung einfließen und wie deren Wert zu ermitteln ist. Hierbei können normative Erwägungen eine Rolle spielen, die unter Umständen die Eigenständigkeit des Nachteilsmerkmals gegenüber dem Pflichtwidrigkeitsmerkmal in Frage stellen und eine Konturierung des Nachteilsbegriffs zusätzlich erschweren. Das zeigt sich beispielsweise bei den Fragen, in welchem Umfang vom Treupflichtigen verursachte Wertzuwächse eingetretene Verluste kompensieren können (vgl. etwa BGH, Urteil vom 6. Mai 1986 -- 4 StR 124/86 --, NStZ 1986, S. 455 [456]; Kühl, a.a.O., § 266 Rn. 17b) und unter welchen Umständen Ausgleichsansprüche gegen den Täter ausnahmsweise schadensmindernd zu berücksichtigen sind (vgl. BGHSt 15, 342 [343 f.]; Dierlamm, in: Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch, Bd. 4, 2006, § 266 Rn. 184 m.w.N.; Fischer, a.a.O., § 266 Rn. 168; Waßmer, Untreue bei Risikogeschäften, 1997, S. 126 ff.). Ferner ist zu bedenken, dass es sich bei der Entstehung von Vermögensnachteilen oder -schäden im Allgemeinen um einen dynamischen Prozess handelt (vgl. Fischer, NStZ-Sonderheft 2009, S. 8 [12]), dessen Beurteilung stark davon abhängen kann, welcher Zeitpunkt der Untersuchung zugrunde gelegt wird.
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(3) Schließlich beschränkt das Nachteilserfordernis die Strafbarkeit wegen Untreue zwar auf Fälle, in denen ein bestimmter Handlungserfolg in Form einer messbaren Vermögenseinbuße vorliegt, trifft damit aber keine von der Frage nach der Pflichtwidrigkeit zu lösende eigenständige Aussage über die Strafwürdigkeit. Denn gerade "klassische" Vermögensbetreuungsverhältnisse wie das zwischen der Bank und ihrem Vorstand können sich durch erhebliche Handlungsspielräume des Treupflichtigen auszeichnen, zu denen das Eingehen von Verlustrisiken ganz selbstverständlich gehört. Kommt es etwa durch Ausfall eines Kredits zu einem Vermögensschaden, so rechtfertigt dies für sich genommen noch nicht den Schluss auf ein unerlaubtes und strafwürdiges Handeln des für die Kreditvergabe verantwortlichen Vorstands (vgl. BGHSt 46, 30 [34]; Albrecht, in: Festschrift für Rainer Hamm, 2008, S. 1 [3]).
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c) Über die genannten Merkmale hinaus enthält der Untreuetatbestand keine weiteren beschränkenden Voraussetzungen. Er stellt auch im subjektiven Bereich keine hohen Anforderungen: Hinsichtlich sämtlicher objektiver Tatbestandsmerkmale muss lediglich bedingter Vorsatz vorliegen. Der Tatbestand setzt weder eine Schädigungsabsicht voraus, die der Tatbestand in seiner Fassung von 1871 dem Wortlaut nach noch verlangte (vgl. Perron, in: Jahresband der Juristischen Studiengesellschaft 2008, S. 45 [61]; allerdings legte das Reichsgericht den Ausdruck "absichtlich" in diesem Fall als gleichbedeutend mit "vorsätzlich" aus: Es genüge das Bewusstsein, dass die betreffende Handlung dem geschützten Vermögen nachteilig sei; vgl. RG, Urteil vom 10. Juli 1888, GA 36 [1888], S. 400 [401]), noch erfordert er -- wie beispielsweise der Betrugstatbestand -- eine (selbst- oder drittbezogene) Bereicherungsabsicht des Täters (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 10. März 2009 -- 2 BvR 1980/07 --, juris, Rn. 35; BGHSt 51, 100 [121]).
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3. Der Untreuetatbestand lässt eine konkretisierende Auslegung zu, die die Rechtsprechung in langjähriger Praxis umgesetzt und die sich in ihrer tatbestandsbegrenzenden Funktion als tragfähig erwiesen hat.
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a) Hinsichtlich des Adressatenkreises der Norm ist schon das Reichsgericht davon ausgegangen, dass nach dem Willen des Gesetzgebers der Bereich der strafbaren Untreue nicht "ins Ungemessene erweitert" werden sollte. Dem Gesetz könne und müsse hinsichtlich des Treubruchtatbestands entnommen werden (vgl. RGSt 69, 58 [61 f.]), dass
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"an Pflichten oder Pflichtenkreise gedacht ist, die sich ihrer Dauer nach über eine gewisse Zeit oder ihrem Umfang nach über bloße Einzelfälle hinaus erstrecken, so dass der Verpflichtete für ihre Erfüllung einen gewissen Spielraum, eine gewisse Bewegungsfreiheit oder Selbständigkeit hat, mag auch ein solcher Pflichtenkreis an Bedeutung und Umfang hinter dem eines Vormundes, eines Testamentsvollstreckers oder anderer Vermögensverwalter im eigentlichen Sinne mehr oder weniger zurückbleiben und sich mehr einer einzelnen Geschäftsbesorgung im Sinne des bürgerlichen Rechtes nähern."
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Dementsprechend ist in Rechtsprechung und Lehre heute anerkannt, dass allein der Bezug einer Verpflichtung zu fremden Vermögensinteressen sie noch nicht zur Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 Var. 2 StGB macht. Die Pflicht, einen Vertrag zu erfüllen, genügt danach als solche ebenso wenig wie die allgemeine vertragliche Nebenpflicht (vgl. § 241 Abs. 2, § 242, § 311 Abs. 2 BGB), auf die (Vermögens-)Interessen des Partners Rücksicht zu nehmen; der bloße Vertragsbruch soll nicht unter Strafe stehen. Vielmehr wird verlangt, dass den Täter eine inhaltlich besonders herausgehobene Pflicht zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen trifft (vgl. BGHSt 1, 186 [188 f.]; Fischer, Strafgesetzbuch, 57. Aufl. 2010, § 266 Rn. 35; Maurach/Schroeder/Maiwald, Strafrecht Besonderer Teil, Teilbd. 1, 9. Aufl. 2003, S. 584). Die Rechtsprechung entscheidet im Wege einer Gesamtbetrachtung, ob es sich bei den einer Person übertragenen Aufgaben um Angelegenheiten handelt, denen die Bedeutung der Wahrnehmung von Vermögensinteressen zukommt. Von maßgeblicher Bedeutung ist dabei in erster Linie, ob die fremdnützige Vermögensfürsorge den Hauptgegenstand der Rechtsbeziehung bildet und ob dem Verpflichteten bei deren Wahrnehmung ein gewisser Spielraum, eine gewisse Bewegungsfreiheit oder Selbständigkeit, mit anderen Worten die Möglichkeit zur verantwortlichen Entscheidung innerhalb eines gewissen Ermessensspielraums verbleibt (vgl. BGHSt 1, 186 [188 f.]; 3, 289 [294]; 4, 170 [172]; 13, 315 [317]; weitere Nachweise bei Dierlamm, a.a.O., § 266 Rn. 44; Fischer, a.a.O., § 266 Rn. 29). Eine solcherart qualifizierte Stellung ist nach der Rechtsprechung Voraussetzung nicht nur des Treubruch-, sondern auch des Missbrauchstatbestands, so dass insbesondere die abredewidrige Nutzung von Scheck- und Kreditkarten aus dem Anwendungsbereich des Untreuetatbestands herausfällt (vgl. BGHSt 24, 386; 33, 244).
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Die gefestigte Rechtsprechung in diesem Bereich ist geeignet, den Anwendungsbereich des Untreuetatbestands im Sinne der dahinterstehenden Schutzkonzeption zu begrenzen. Auf ihrer Grundlage steht zudem für einen großen Teil von Lebenssituationen von vornherein fest, dass eine Strafbarkeit nach dem Untreuetatbestand nicht in Betracht kommt. Dies gilt etwa für alle Vertragspartner in gewöhnlichen Austauschverträgen wie Kauf- oder Werkverträgen oder für Arbeitnehmer, deren Tätigkeitsbereich keine spezifischen Bezüge zum Vermögen ihres Arbeitgebers aufweist (vgl. Fischer, a.a.O., § 266 Rn. 49 Stichwort "Arbeitnehmer"). Auf der anderen Seite ist ein Kernbereich auszumachen, innerhalb dessen keine ernstlichen Zweifel bestehen, dass eine Vermögensbetreuungspflicht besteht und dass mithin auch eine Strafbarkeit nach dem Treubruchtatbestand möglich ist; das gilt insbesondere für die Vorstände von privatrechtlichen oder öffentlichrechtlichen Körperschaften hinsichtlich des Vermögens der von ihnen vertretenen Institutionen (vgl. nur Fischer, a.a.O., § 266 Rn. 36 Stichworte "Bankvorstand", "Behördenleiter", "Vereinsvorstand", "Vorstandsmitglieder"; Kiethe, WM 2003, S. 861 [867]).
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b) Auch das Merkmal der Pflichtwidrigkeit hat die höchstrichterliche Rechtsprechung in fallgruppenspezifischen Obersätzen hinreichend in einer Weise konkretisiert, die die Vorhersehbarkeit der Strafbarkeit im Regelfall sichert. Voraussehbarkeit der Strafdrohung und Kohärenz der Rechtsordnung stehen in engem Zusammenhang. Die Ziele dementsprechender Auslegung müssen von Verfassungs wegen darin bestehen, die Anwendung des Untreuetatbestands auf Fälle klarer und deutlicher (evidenter) Fälle pflichtwidrigen Handelns zu beschränken, Wertungswidersprüche zur Ausgestaltung spezifischer Sanktionsregelungen zu vermeiden und den Charakter des Untreuetatbestands als eines Vermögensdelikts zu bewahren. Die (Fort-)Entwicklung geeigneter dogmatischer Mittel zu diesem Ziel obliegt in erster Linie den Strafgerichten und hier vornehmlich den Revisionsgerichten. Diese müssen im Interesse der Berechenbarkeit und Voraussehbarkeit der Rechtsanwendung in wichtigen Anwendungsbereichen des Untreuetatbestands diesen durch fallgruppenspezifische Obersatzbildung unter Berücksichtigung der genannten Kriterien handhabbar machen.
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Für eine fallgruppenspezifische Obersatzbildung finden sich in der jüngeren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verschiedene Beispiele (vgl. etwa BGHSt 47, 187 zum Sponsoring; BGHSt 46, 30 und 47, 148 zur Kreditvergabe, näher dazu unten III. 3. a); BGHSt 50, 331 zur Prämiengewährung durch Aktiengesellschaften). Tatbestandsbegrenzende Funktion hat auch die jüngere Rechtsprechung, die eine Pflichtverletzung im Sinne des § 266 StGB nur dann bejaht, wenn sie gravierend ist (vgl. BGHSt 47, 148 [152 f.]; 47, 187 [197]; siehe aber auch BGHSt 50, 331 [343 ff.]; BGH, Urteil vom 22. November 2005 -- 1 StR 571/04 --, NJW 2006, S. 453 [454 f.]; aus dem Schrifttum vgl. zustimmend Kutzner, NJW 2006, S. 3541 [3543]; ablehnend Beckemper, NStZ 2002, S. 324 [326]; Sauer, wistra 2002, S. 465 f.). Der gegen die Rechtsprechung erhobene Einwand, dass sich dem Wortlaut des Tatbestands das Erfordernis einer gravierenden Pflichtverletzung nicht entnehmen lasse (Schünemann, NStZ 2005, S. 473 [475]), überzeugt angesichts der dargelegten Notwendigkeit einer Beschränkung (Restriktion) des sehr weiten Wortlauts nicht. Der Einwand der Beschwerdeführer zu III. 1) bis 5), hier würden nur weitere Wertungsspielräume eröffnet, deren Folgen im Einzelfall unvorhersehbar seien, verkennt, dass sich gravierende Pflichtverletzungen nur dann werden bejahen lassen, wenn die Pflichtverletzung evident ist.
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c) Im Falle des Nachteilsmerkmals muss die Auslegung den gesetzgeberischen Willen beachten, dieses Merkmal als selbständiges neben dem der Pflichtverletzung zu statuieren; sie darf daher dieses Tatbestandsmerkmal nicht mit dem Pflichtwidrigkeitsmerkmal verschleifen, das heißt, es in diesem Merkmal aufgehen lassen (zu dieser Gefahr vgl. Saliger, ZStW 112 [2000], S. 563 [610]; ders., HRRS 2006, S. 10 [14]). Deswegen und um das Vollendungserfordernis zu wahren, sind eigenständige Feststellungen zum Vorliegen eines Nachteils geboten. Von einfach gelagerten und eindeutigen Fällen -- etwa bei einem ohne weiteres greifbaren Mindestschaden -- abgesehen, werden die Strafgerichte den von ihnen angenommenen Nachteil der Höhe nach beziffern und dessen Ermittlung in wirtschaftlich nachvollziehbarer Weise in den Urteilsgründen darlegen müssen.
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Eine gebotene konkrete Ermittlung des Nachteils darf insbesondere nicht aus der Erwägung heraus unterbleiben, dass sie mit praktischen Schwierigkeiten verbunden ist. Wenn und soweit in der wirtschaftlichen Praxis geeignete Methoden zur Bewertung von Vermögenspositionen entwickelt worden sind, müssen die Gerichte diese -- gegebenenfalls über die Hinzuziehung eines Sachverständigen -- auch ihrer Beurteilung zugrunde legen. Dabei geht es darum, die Schadensfeststellung auf eine sichere Grundlage zu stellen, sie rational nachvollziehbar zu machen und sich zu vergewissern, ob im Einzelfall eine hinreichend sichere Grundlage für die Feststellung eines Vermögensnachteils überhaupt existiert oder ob man sich in einem Bereich bewegt, in dem von einem zahlenmäßig fassbaren Schaden noch nicht die Rede sein kann. Soweit Unsicherheiten verbleiben, ist unter Beachtung des Zweifelssatzes der (Mindest-)Schaden im Wege der Schätzung zu ermitteln (vgl. BGHSt 30, 388 [390]; BGH, Beschluss vom 20. März 2008 -- 1 StR 488/07 --, NJW 2008, S. 2451 [2452]; Beschluss vom 18. Februar 2009 -- 1 StR 731/08 --, NStZ 2009, S. 330 [331]; Beschluss vom 20. Oktober 2009 -- 3 StR 410/09 --, juris, Rn. 7).
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Normative Gesichtspunkte können bei der Feststellung eines Nachteils durchaus eine Rolle spielen. Sie dürfen aber, soll der Charakter der Untreue als Vermögensdelikt und Erfolgsdelikt bewahrt bleiben, wirtschaftliche Überlegungen nicht verdrängen. So kann beispielsweise die Verwendung des anvertrauten Vermögens zu verbotenen Zwecken nicht per se als nachteilsbegründend angesehen werden; vielmehr bleibt es auch in solchen Fällen erforderlich, zu prüfen, ob das verbotene Geschäft -- wirtschaftlich betrachtet -- nachteilhaft war.
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III.
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Den danach zu stellenden Anforderungen an die Auslegung des § 266 Abs. 1 StGB genügen die gegen die Beschwerdeführer zu I. und II. ergangenen Entscheidungen, nicht jedoch das gegen die Beschwerdeführer zu III. 1) bis 5) ergangene Urteil des Landgerichts Berlin vom 21. März 2007 sowie der die hiergegen gerichtete Revision verwerfende Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 4. Februar 2009.
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1. Im Fall des Beschwerdeführers zu I. hat der Bundesgerichtshof die Verursachung eines tatbestandsmäßigen Nachteils in Höhe der vom Beschwerdeführer übernommenen, auf schwarzen Kassen im Ausland lagernden Gelder darin gesehen, dass der Beschwerdeführer diese Gelder, die für den Konzern aus Sicht des Bundesgerichtshofs wirtschaftlich bereits verloren waren, nicht an den Konzern herausgegeben, sondern auf Dauer weiter verborgen hat, nachdem er den Zugriff hierauf erhalten hatte. Diese Sichtweise begegnet weder dem Grunde (a) noch der Höhe nach (b) von Verfassungs wegen Bedenken.
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a) Es ist sowohl mit dem Wortlaut des § 266 Abs. 1 StGB als auch mit dem Gebot restriktiver und präzisierender Auslegung des Tatbestands zu vereinbaren, dass der Bundesgerichtshof im Verhalten des Beschwerdeführers dem Grunde nach die Zufügung eines eigenständigen Nachteils erkannt hat. Dies entspricht der verfassungsrechtlich unbedenklichen ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Schadensberechnung bei der Vereitelung von Gewinnaussichten.
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aa) (1) Grundsätzlich soll der Vermögensnachteil als Taterfolg der Untreue nach heutiger Rechtsprechung und herrschender Lehre durch einen Vergleich des gesamten Vermögens vor und nach der beanstandeten Verfügung unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten geprüft werden (vgl. BGHSt 47, 295 [301 f.]; BGH, Beschluss vom 17. August 2006 -- 4 StR 117/06 --, NStZ-RR 2006, S. 378 [379], jeweils m.w.N.; Dierlamm, in: Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch, Bd. 4, 2006, § 266 Rn. 178; Fischer, Strafgesetzbuch, 57. Aufl. 2010, § 266 Rn. 115; Kühl, Strafgesetzbuch, 26. Aufl. 2007, § 266 Rn. 17; Maurach/Schroeder/Maiwald, Strafrecht Besonderer Teil, Teilbd. 1, 9. Aufl. 2003, S. 587). Das Reichsgericht hatte demgegenüber teilweise die Formulierung verwendet, der Nachteil sei festzustellen "durch Vergleich des Vermögens, das der Geschädigte ohne den Befugnismissbrauch oder ohne die Pflichtverletzung des Täters hätte, mit dem Vermögen, das er infolge einer dieser Handlungen oder Unterlassungen hat" (vgl. RGSt 73, 283 [285]; Hervorhebung hinzugefügt).
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Die Rechtsprechung hat stets einen Nachteil auch in Fällen angenommen, in denen das Handeln des Täters dazu führt, dass sich konkrete, gesicherte Aussichten auf Vermögensmehrung -- das Schrifttum spricht von "Anwartschaften" oder "Exspektanzen" -- nicht realisieren (vgl. Schünemann, a.a.O., § 266 Rn. 135; Hefendehl, Vermögensgefährdung und Exspektanzen, 1994, S. 25 ff.). So hat schon das Reichsgericht beispielsweise den aus dem Unterlassen einer verzinslichen Anlage von Geldern resultierenden Zinsausfallschaden als tatbestandsrelevanten Nachteil anerkannt (vgl. RG, Urteil vom 10. Juli 1888, GA 36 [1888], S. 400); der Bundesgerichtshof bejaht in ständiger Rechtsprechung die Erfüllung des Untreuetatbestands, wenn der Täter die Möglichkeit eines besonders vorteilhaften Vertragsschlusses des Vermögensinhabers mit einem Dritten dadurch vereitelt, dass er sich von dem Dritten für den Fall des Vertragsschlusses eine Zuwendung versprechen lässt, die der Dritte aus dem vom Vermögensinhaber zu leistenden -- entsprechend erhöhten -- Entgelt bestreitet (sog. Kickback-Zahlung, vgl. etwa BGHSt 31, 232; 50, 299 [314 f.]; BGH, Beschluss vom 20. Januar 1984 -- 3 StR 520/83 --, wistra 1984, S. 109; Urteil vom 8. Mai 2003 -- 4 StR 550/02 --, NStZ 2003, S. 540 [541]; Urteil vom 9. Juli 2009 -- 5 StR 263/08 --, NJW 2009, S. 3248).
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Im Schrifttum wird diese Rechtsprechung überwiegend so gedeutet, dass sie lediglich dem bereits gegenwärtigen Vermögenswert gesicherter Gewinnaussichten Rechnung trage und daher nicht mit einer Abweichung von dem bei der Nachteilsfeststellung zugrunde zu legenden "Vorher-nachher-Vergleich" verbunden sei (vgl. etwa Schünemann, in: Leipziger Kommentar zum Strafgesetzbuch, Bd. 7, 11. Aufl. 1998, § 266 Rn. 135; Dierlamm, a.a.O., § 266 Rn. 185; Literaturüberblick bei Hefendehl, Vermögensgefährdung und Exspektanzen, 1994, S. 33 ff.). Diese Betrachtung wahrt den Gleichklang mit der Schadensberechnung beim Betrug, wo nach herrschender Ansicht ein Schaden ebenfalls nur in einer Minderung des vor der täuschungsbedingten Verfügung vorhandenen Vermögens bestehen kann (vgl. nur Fischer, a.a.O., § 263 Rn. 88 ff.). Andere Autoren betonen demgegenüber den Unterschied zum Betrugstatbestand, der darin liege, dass die Vermögensbetreuungspflicht des § 266 Abs. 1 StGB auch die Mehrung des geschützten Vermögens beinhalten könne; soweit das der Fall sei, stellten auch entgangene Gewinne entsprechend § 252 BGB einen Schaden dar. In diesen Fällen sei als untreuerelevante Vermögensminderung abweichend von der "Vorher-nachher-Betrachtung" die Nichterfüllung des gegen den Täter bestehenden Anspruchs zu sehen (vgl. Kindhäuser, in: Nomos-Kommentar Strafgesetzbuch, Bd. 2, 2. Aufl., 2005, § 266 Rn. 97, 101; Rengier, Strafrecht Besonderer Teil I, 9. Aufl. 2007, S. 308).
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(2) Verfassungsrechtlich ist zunächst festzuhalten, dass sich beide genannten dogmatischen Ansätze mit dem Wortlaut des § 266 Abs. 1 StGB vereinbaren lassen; dieser schließt es für sich genommen nicht aus, die nachteilsbegründende Differenz durch Vergleich des nach dem pflichtwidrigen Verhalten bestehenden Istzustands nicht mit dem status quo ante, sondern mit dem im Falle pflichtgemäßen Handelns bestehenden Sollzustand festzustellen.
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Auch das Gebot einer restriktiven und präzisierenden Auslegung des Untreuetatbestands steht weder den von der Rechtsprechung erzielten Ergebnissen noch den hierfür gegebenen Begründungsansätzen entgegen. Die Annahme, dass auch Chancen und Gewinnaussichten Vermögensrelevanz und -wert haben, entspricht alltäglichen wirtschaftlichen Erfahrungen, die sich etwa bei den Auswirkungen positiver Gewinnprognosen auf Aktienkurse zeigen; ihr korrespondiert die negative Berücksichtigung erwarteter Verluste bei der Figur des Gefährdungsschadens (dazu siehe unten 3. b) aa)). Wenn demgegenüber die Berücksichtigung erwarteter Vermögenszuwächse in der Rechnungslegung bilanzrechtlich unzulässig ist, ist dies eine Konsequenz des das Handelsbilanzrecht beherrschenden Vorsichtsprinzips, welches im Interesse des Verkehrsschutzes eine Unter- einer möglichen Überbewertung vorzieht (vgl. Großfeld, Bilanzrecht, 3. Aufl. 1998, Rn. 166 ff., 172; siehe auch Baumbach/Hopt/Merkt, Handelsgesetzbuch, 33. Aufl. 2008, § 252 Rn. 10 ff., 13 ff.) und insofern von einer rein wirtschaftlichen Betrachtungsweise gerade abweicht. Unter diesen Umständen ist es eine -- für die verfassungsrechtliche Beurteilung nicht entscheidende -- Frage der dogmatischen Konstruktion und Formulierung, ob man in der hier angesprochenen Fallgruppe von einer Zerstörung bereits vorhandener Anwartschaften mit Vermögenswert spricht oder den Blick eher auf die Differenz zwischen dem am Ende des pflichtwidrigen Verhaltens stehenden Istzustand und dem Sollzustand lenkt, der bei pflichtgemäßem Verhalten eingetreten wäre. Wird die letztere Perspektive gewählt, ist allerdings verstärkt darauf zu achten, dass der eigenständige strafbarkeitseinschränkende Charakter des Nachteilsmerkmals gewahrt bleibt.
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bb) Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer konnte der Bundesgerichtshof den Eintritt eines Nachteils im vorliegenden Fall unter Anwendung dieser Grundsätze feststellen, ohne dass dem verfassungsrechtliche Bedenken entgegenstünden. Entscheidend für die Bejahung des Nachteils war für den 2. Strafsenat ersichtlich (vgl. BGHSt 52, 323 [336 f.]) die Endgültigkeit und Dauerhaftigkeit, mit der sich der Beschwerdeführer für die Aufrechterhaltung der schwarzen Kassen und gegen deren Offenlegung und Rückführung entschieden hatte. Hierin lässt sich das Element der Vereitelung sehen, das der Generalbundesanwalt betont hat und welches der Beschwerdeführer vermisst. Alternativ lässt sich auf einen Vergleich der resultierenden Vermögenslage der S. . . AG mit der im Falle pflichtgemäßer Offenlegung und Rückführung bestehenden Lage abstellen. Die Annahme eines Nachteils war in der vorliegenden Konstellation auch nicht unvorhersehbar. Die Figur eines Vermögensnachteils durch nachhaltige Beibehaltung eines Systems schwarzer Kassen war in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vielmehr deutlich angelegt (vgl. BGHSt 51, 100 [112 ff.]).
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b) Der Bundesgerichtshof hat den Schaden der Höhe nach wirtschaftlich nachvollziehbar und somit verfassungsrechtlich unbedenklich auf die volle Summe der vom Beschwerdeführer übernommenen und auf den schwarzen Kassen belassenen Gelder beziffert, konkret also auf (mindestens) die später in den Fällen L. . . und R. . . entnommenen Schmiergeldzahlungen von 2,65 Mio. EUR, 2,987 Mio. EUR und 483.990 US-$.
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Soweit dem die Prämisse zugrunde liegt, dass die in den schwarzen Kassen vorhandenen Gelder vor deren Übernahme durch den Beschwerdeführer für die S. . . AG wirtschaftlich keinen Wert mehr darstellten, verkennen die hiergegen angeführten Argumente des Beschwerdeführers die Besonderheiten des Einzelfalls. Die Konten, auf denen sich die Gelder befanden, lauteten -- wie der Bundesgerichtshof (BGHSt 52, 323, [325 f., 333 f.]) betont hat -- nicht auf die S. . . AG, sondern auf die Namen verschiedener anderer Unternehmen und liechtensteinischer Stiftungen, so dass die S. . . AG rechtlich keinen Anspruch auf Auszahlung gegen die beteiligten Banken hatte, sondern allenfalls gegen die an der Einrichtung der schwarzen Kassen beteiligten Mitarbeiter hätte vorgehen können. Ersatzansprüche gegen die Täter selbst sind jedoch nach völlig herrschender Auffassung bei der Nachteilsfeststellung grundsätzlich nicht zu berücksichtigen (vgl. Dierlamm, a.a.O., § 266 Rn. 184 m.w.N.; Fischer, a.a.O., § 266 Rn. 168; Waßmer, Untreue bei Risikogeschäften, 1997, S. 126 ff.). Diese Ausnahme von der grundsätzlich gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise ist aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden, weil sie ersichtlich der Regelungskonzeption des § 266 Abs. 1 StGB und dem Willen des Gesetzgebers entspricht; es wäre widersprüchlich, wegen des Bestehens eines Schadensersatzanspruchs einen Schaden zu verneinen (vgl. Ransiek, ZStW 116 [2004], S. 634 [663 f.]). Es war auch nicht verfassungsrechtlich geboten, den vorliegenden Fall solchen Konstellationen gleichzustellen, in denen die Rechtsprechung einen tatbestandsmäßigen Nachteil verneint hat, weil der Täter jederzeit bereit und fähig war, den Fehlbetrag aus eigenen flüssigen Mitteln vollständig auszugleichen (vgl. nur BGHSt 15, 342 [343 f.]; BGH, Beschluss vom 30. Oktober 2003 -- 3 StR 276/03 --, NStZ-RR 2004, S. 54).
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2. Auch im Fall des Beschwerdeführers zu II. haben Landgericht und Bundesgerichtshof den Untreuetatbestand in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise angewendet; insbesondere ist die Auslegung des Pflichtwidrigkeitsmerkmals entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht zu beanstanden. Sie hält sich innerhalb des Wortlauts der Norm und genügt auch den Anforderungen an dessen restriktive Auslegung. Damit scheidet zugleich eine Verletzung des allgemeinen Willkürverbots nach Art. 3 Abs. 1 GG aus.
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Die Einhaltung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit nach § 4 Abs. 4 SGB V gehörte zu den vermögensrelevanten Pflichten des Beschwerdeführers im Verhältnis zu der von ihm vertretenen Krankenkasse. Das Landgericht Kassel hat das Eingrenzungsgebot gewahrt, indem es die Untreuestrafbarkeit ersichtlich auf evidente und schwerwiegende Verstöße gegen diesen Grundsatz jenseits der bestehenden Entscheidungsspielräume des Beschwerdeführers (vgl. BSGE 55, 277 [279]; BSG, Urteil vom 29. Februar 1984 -- 8 RK 27/82 --, juris, Rn. 20 ff.; Hoyningen-Huene, BB 1991, S. 1345 [1347 ff.]) beschränkt hat. So führt das Urteil aus, dass "von Relevanz im Bereich des Untreuetatbestandes nur deutliche Verstöße sein können, die . . . ohne Weiteres erkennbar sind", da der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit "in § 4 Abs. 4 SGB V normiert, aber nicht weiter konkretisiert" werde. Eine darüber hinaus gehende Auseinandersetzung mit der jüngeren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Erfordernis eines gravierenden Charakters der Pflichtverletzung war nicht geboten. Angesichts der die Handlungsspielräume des Beschwerdeführers begrenzenden Grundsatzkompetenz des Verwaltungsrats und der Umstände des Einzelfalls musste die Kammer auch ihre Auffassung, dass ein hinreichend qualifizierter Verstoß tatsächlich vorliege, nicht in stärkerem Umfang begründen als tatsächlich geschehen.
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3. Das gegen die Beschwerdeführer zu III. 1) bis 5) ergangene Urteil des Landgerichts Berlin vom 21. März 2007 ist im Hinblick auf das Nachteilsmerkmal mit den dargelegten verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Auslegung des § 266 Abs. 1 StGB nicht zu vereinbaren; entgegen der Auffassung des Bundesgerichtshofs lässt sich auch nicht ausschließen, dass die Verurteilung der Beschwerdeführer auf dem Verstoß beruht.
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a) Keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnen das Urteil des Landgerichts und der Beschluss des Bundesgerichtshofs allerdings, soweit sie zu dem Ergebnis kommen, dass die Beschwerdeführer mit der (zivilrechtlich wirksamen) Bewilligung des Kredits im Fall P. . . II die ihnen als Vorstandsmitglieder nach §§ 76, 82, 93 AktG obliegende Pflicht, die Vermögensinteressen der B. . .-H. . . AG wahrzunehmen, verletzt haben.
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aa) Die Strafkammer hat ihrer Bewertung die vom Bundesgerichtshof entwickelten Maßstäbe zur Beurteilung der Pflichtwidrigkeit von Kreditvergabeentscheidungen zugrunde gelegt. Danach entspricht es anerkannten bankkaufmännischen Grundsätzen, Kredite nur nach umfassender und sorgfältiger Bonitätsprüfung zu gewähren; eine Pflichtverletzung im Sinne des § 266 StGB liegt vor, wenn die Entscheidungsträger bei der Kreditvergabe ihre bankübliche Informations- und Prüfungspflicht bezüglich der wirtschaftlichen Verhältnisse des Kreditnehmers gravierend verletzt haben (BGHSt 47, 148 [150]). Der Bundesgerichtshof präzisiert dies dahingehend, der Schluss, eine Kreditbewilligung sei pflichtwidrig gewesen, setze voraus, dass sich das Tatgericht eingehend mit allen dafür maßgeblichen Umständen, insbesondere den Vermögensverhältnissen des Kreditnehmers, der beabsichtigten Verwendung des Kredits und den Aussichten des geplanten Geschäftes, auseinandersetze. Jede Kreditbewilligung sei ihrer Natur nach ein mit einem Risiko behaftetes Geschäft. Bei einer Kreditvergabe seien auf der Grundlage umfassender Information diese Risiken gegen die sich daraus ergebenden Chancen abzuwägen. Sei diese Abwägung sorgfältig vorgenommen worden, könne eine Pflichtverletzung nicht deshalb angenommen werden, weil das Engagement später notleidend werde (BGHSt 46, 30 [33 f.]).
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Tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass die Risikoprüfung nicht ausreichend vorgenommen worden ist, können sich nach Auffassung des Bundesgerichtshofs insbesondere daraus ergeben, dass die Informationspflichten vernachlässigt wurden, die Entscheidungsträger nicht die erforderliche Befugnis besaßen, im Zusammenhang mit der Kreditgewährung unrichtige oder unvollständige Angaben gegenüber Mitverantwortlichen oder zur Aufsicht befugten oder berechtigten Personen gemacht werden, die vorgegebenen Zwecke nicht eingehalten wurden, die Höchstkreditgrenzen überschritten wurden oder die Entscheidungsträger eigennützig handelten (vgl. BGHSt 46, 30 [34]). Anhaltspunkte für eine untreuerelevante Pflichtverletzung sollen sich ferner daraus ergeben können, dass die in § 18 Satz 1 KWG normierte Pflicht, die Offenlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse zu verlangen, nicht erfüllt wurde, auch wenn die Informationspflichten, deren Vernachlässigung eine Pflichtwidrigkeit im Sinne des Untreuetatbestandes begründe, und die Pflicht nach § 18 KWG nicht vollständig deckungsgleich seien. Zur weiteren Erläuterung der banküblichen Sorgfaltspflichten bei der Kreditwürdigkeitsprüfung, welche die Grenzen des rechtlichen Dürfens von Bankleitern bei der Kreditvergabe konkretisierten, greift der Bundesgerichtshof auch auf die zu § 18 KWG ergangenen Rundschreiben der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (früher: Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen) zurück (vgl. BGHSt 47, 148 [150 ff.]).
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bb) Diese Maßstäbe genügen den dargelegten verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Auslegung des Merkmals der Verletzung einer Vermögensbetreuungspflicht. Sie machen die Verletzung einer im Innenverhältnis zwischen der Bank und deren Leitern (im Falle einer Aktiengesellschaft: deren Vorstandsmitgliedern) bestehenden Pflicht zur notwendigen, nicht aber hinreichenden Voraussetzung für die Feststellung einer Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des Untreuetatbestands. Insbesondere hält sich die typisierende Annahme des Bundesgerichtshofs, dass es zu den Pflichten eines Bankleiters gehört, die Einhaltung der gegen die Bank im Außenverhältnis bindenden Vorschrift einschließlich der dazu ergangenen Ausführungsbestimmungen sicherzustellen, in dem von § 266 Abs. 1 StGB eröffneten Auslegungsrahmen. Auch der spezifische Vermögensbezug der § 18 KWG zu entnehmenden Pflichten liegt auf der Hand. Die Norm dient jedenfalls faktisch dem Schutz des Vermögens der Bank, unabhängig von der Frage, in wessen Interesse dies letztendlich liegt (vgl. dazu § 4 Abs. 4 FinDAG; Bock, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kreditwesengesetz, 3. Aufl. 2008, § 18 Rn. 3; Knauer, NStZ 2002, S. 399 [401]; Laskos, Die Strafbarkeit wegen Untreue bei der Kreditvergabe, 2001, S. 34).
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Die vom Bundesgerichtshof entwickelten Maßstäbe haben den Untreuetatbestand im Hinblick auf Kreditbewilligungen ausreichend konkretisiert (vgl. Dierlamm/Links, NStZ 2000, S. 656; Gallandi, wistra 2001, S. 281) und gewährleisten die Vorhersehbarkeit der Strafdrohung. Eine darüber hinausgehende Präzisierung ist jedenfalls anlässlich des vorliegenden Falls entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer verfassungsrechtlich nicht erforderlich. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Untreuestrafbarkeit im Zusammenhang mit Kreditbewilligungen einen Personenkreis betrifft, bei dem nach Ausbildung und Erfahrung die für die fallbezogene Anwendung der rechtlichen Standards nötigen Fachkenntnisse vorausgesetzt werden können (vgl. BVerfGE 48, 48 [57]). Dass die vom Bundesgerichtshof genannten Kriterien für die Pflichtwidrigkeit ersichtlich keinen zwingenden, abschließenden Katalog darstellen, sondern vielmehr Indizien, deren Indizwirkung im Übrigen auch widerlegt werden kann (vgl. Knauer, NStZ 2002, S. 399 [400]), folgt aus der Entscheidung des Gesetzgebers gegen eine detaillierte Tatbestandsstruktur, derzufolge Raum für die Berücksichtigung von Besonderheiten des Einzelfalls bleiben muss.
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cc) Weder auf der Grundlage des Beschwerdevorbringens noch anderweitig ist zu erkennen, dass die Strafkammer bei der Prüfung des konkreten Sachverhalts von den dargelegten Grundsätzen abgewichen wäre.
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b) Die Auslegung und Anwendung des Nachteilsmerkmals durch das Landgericht Berlin erweist sich dagegen als verfassungswidrig. Bei der Feststellung eines Vermögensnachteils hat die Strafkammer auf die Rechtsfigur des Gefährdungsschadens zurückgegriffen. Diese dogmatische Konstruktion ist unter dem Blickwinkel des verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebots zwar nicht grundsätzlich zu beanstanden, doch müssen die bereits dargelegten verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Auslegung des Untreuetatbestands (hier: des Nachteilsmerkmals) auch fallbezogen gewahrt bleiben. Daran fehlt es vorliegend.
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aa) (1) Der Dogmatik der schadensgleichen Vermögensgefährdung oder des Gefährdungsschadens -- die Begriffe werden im Folgenden synonym verwendet -- liegt die Annahme zugrunde, dass bei wirtschaftlicher Betrachtung unter bestimmten Umständen bereits die Gefahr eines zukünftigen Verlusts eine gegenwärtige Minderung des Vermögenswerts und damit einen vollendeten Schaden oder Nachteil im Sinne der §§ 263, 266 StGB darstellen kann (vgl. bereits Beschluss der Vereinigten Strafsenate des Reichsgerichts vom 20. April 1887, RGSt 16, 1 [11]; dazu Fischer, StraFo 2008, S. 269 [270]).
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Die Annahme eines Gefährdungsschadens setzt nach gefestigter Rechtsprechung voraus, dass das Vermögen des Opfers durch die Tathandlung konkret gefährdet wird. Eine abstrakte Gefährdungslage reiche nicht aus. Vielmehr sei unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls festzustellen, ob die Betroffenen mit wirtschaftlichen Nachteilen ernstlich zu rechnen hätten, der Eintritt eines Schadens also nahe liegend sei, so dass der Vermögenswert aufgrund der Verlustgefahr bereits gegenwärtig gemindert werde (vgl. nur BGHSt 48, 354 [357 f.]; 51, 100 [113]; 52, 182 [188]; BayObLG, Beschluss vom 20. Juli 1995 -- 4 StR RR 4/95 --, juris; OLG Hamm, Beschluss vom 29. April 1999 -- 2 Ws 71/99 --, juris; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 30. August 1989 -- 1 Ws 60/89 --, NStZ 1990, S. 82 [84]; OLG Stuttgart, Urteil vom 19. August 1970 -- 1 Ss 318/70 --, NJW 1971, S. 64; weitere Nachweise bei Fischer, Strafgesetzbuch, 57. Aufl. 2010, § 266 Rn. 150 ff.; Kindhäuser, a.a.O., § 266 Rn. 110).
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Auch im Schrifttum ist die Kategorie des Gefährdungsschadens dem Grundsatz nach weitestgehend anerkannt (vgl. nur Fischer, a.a.O., § 266 Rn. 150; Kindhäuser, in: Nomos-Kommentar Strafgesetzbuch, Bd. 2, 2. Aufl. 2005, § 266 Rn. 110; Maurach/Schroeder/Maiwald, Strafrecht Besonderer Teil, Teilbd. 1, 9. Aufl. 2003, S. 587 f.; Schünemann, a.a.O., § 266 Rn. 146). Allerdings findet sich auch verbreitet Kritik an den Bestimmungsansätzen der Rechtsprechung und ihrer Handhabung im Einzelfall; insbesondere in jüngerer Zeit wird immer wieder geltend gemacht, dass die Rechtsprechung den Bereich schadensgleicher Gefährdung zu weit ausgedehnt habe (vgl. etwa Albrecht, in: Festschrift für Rainer Hamm, 2008, S. 1 [2 f.]; Dierlamm, in: Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch, Bd. 4, 2006, § 266 Rn. 186, 195; Otto, JZ 1985, S. 69 [72]; ders., JZ 1993, S. 652 [657]; Samson/Günther, in: Systematischer Kommentar zum Strafgesetzbuch, § 266 Rn. 45 [Dez. 1996]; Weber, in: Arzt/Weber, Strafrecht Besonderer Teil, 2. Aufl. 2009, S. 700 f.). Zur besseren Eingrenzung wird beispielsweise vorgeschlagen, darauf abzustellen, ob und inwieweit die Gefährdungslage aus Sicht des Opfers noch beherrschbar ist (vgl. Schünemann, a.a.O., § 266 Rn. 146), oder das Vorliegen einer schadensgleichen Vermögensgefährdung nach zivilrechtlichen Kriterien zu beurteilen, insbesondere danach, ob sich die Gefahr für ein Vermögensgut so weit verdichtet habe, dass das Zivilrecht einen Schadensersatz-, Beseitigungs- oder Kondiktionsanspruch gewähre (vgl. Cramer, Vermögensbegriff und Vermögensschaden im Strafrecht, 1968, S. 130 ff.). Andere Autoren halten eine Vermögensgefährdung nur dann für hinreichend konkret und schadensgeeignet, wenn sie (als Folge der Pflichtwidrigkeit) unmittelbar in den effektiven Schaden übergehen kann (vgl. Matt/Saliger, in: Irrwege der Strafgesetzgebung, 1999, S. 217 [236]; Matt, NJW 2005, S. 389 [391]; zu der Problematik unter dem Gesichtspunkt der objektiven Zurechnung ferner Perron, in: Festschrift für Klaus Tiedemann, 2008, S. 737 [744]). Schließlich werden die genannten Kriterien auch kombiniert (vgl. Dierlamm, a.a.O., § 266 Rn. 165 ff.; ausführliche Übersicht zum Meinungsstand bei Hefendehl, Vermögensgefährdung und Exspektanzen, 1994, S. 49 ff.).
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(2) Mit der Gleichsetzung von Schaden und Gefährdung (unter bestimmten Umständen und in gewissem Umfang) tragen Rechtsprechung und Schrifttum der Tatsache Rechnung, dass sich in einem marktorientierten Wirtschaftssystem die Preise über den Mechanismus von Angebot und Nachfrage bilden und dass sich daher auch die Zukunftserwartungen der Marktteilnehmer auf den erzielbaren Preis und damit den Wert von Gegenständen auswirken (vgl. Fischer, NStZ-Sonderheft 2009, S. 8 [11]).
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Diese grundlegende Tatsache hat ihren Niederschlag auch in den Bewertungsvorschriften des Bilanzrechts gefunden (zu dessen Bedeutung in diesem Zusammenhang vgl. eingehend Hefendehl, a.a.O., S. 169 ff., 448, 454 f.). So sieht § 253 Abs. 4 HGB im Interesse einer realitätsgerechten Bewertung vor, bei Vermögensgegenständen des Umlaufvermögens (ausgehend von deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vgl. § 253 Abs. 1 Satz 1 HGB) Abschreibungen vorzunehmen, um diese mit dem niedrigeren Wert anzusetzen, der sich aus einem Börsen- oder Marktpreis am Abschlussstichtag ergibt. Ist ein Börsen- oder Marktpreis nicht festzustellen und übersteigen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten den Wert, der den Vermögensgegenständen am Abschlussstichtag beizulegen ist, so ist auf diesen Wert abzuschreiben. Der niedrigere beizulegende Wert im Sinne des § 253 Abs. 4 HGB wird durch die geschätzte Höhe des mit Wahrscheinlichkeit zufließenden Betrags bestimmt; dabei ist die Erfassung der den jeweiligen Vermögensgegenständen individuell anhaftenden Risiken und gegebenenfalls der damit zusammenhängenden künftigen Aufwendungen (z.B. Beitreibungskosten) erforderlich (vgl. Ellrott/Ring, in: Beck'scher Bilanz-Kommentar, 6. Aufl. 2006, § 253 HGB Rn. 567).
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Hieraus ergibt sich ohne weiteres, dass es mit der wirtschaftlichen Praxis und mit dem -- unter dem Blickwinkel des Bestimmtheitsgebots maßgebenden -- allgemeinen Sprachgebrauch in Einklang stehen kann, bei Bestehen der konkreten Gefahr eines künftigen Verlusts bereits einen gegenwärtigen Nachteil anzunehmen. Dies ist nicht in sich widersprüchlich, sondern Folge der spezifischen Eigenart des Rechtsguts "Vermögen". Ein solcher Ansatz stellt auch nicht die vom Gesetzgeber vorausgesetzte Unterscheidung zwischen "bloßer Gefahr" einerseits und gegenwärtigem Nachteil andererseits (dazu oben II. 2. b) cc) (1)) grundsätzlich in Frage: Die (negative) Wertberichtigung ist die Konsequenz aus einem erkannten Risiko; sie ist weder mit diesem Risiko noch gar mit dem wahrscheinlich erwarteten zukünftigen Verlust selbst identisch. Letzteres wird augenfällig bei der Schadenshöhe. Diese hängt von dem prognostizierten Risiko ab und wird daher in aller Regel den vollen nominellen Wert des verlustgefährdeten Vermögensgegenstands nicht erreichen; zwischen dem erwarteten Schaden und dem gegenwärtigen besteht also regelmäßig ein quantitativer Unterschied (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Februar 2009 -- 1 StR 731/08 --, NStZ 2009, S. 330 [331]; Schmitt, BKR 2006, S. 125 [130]; Riemann, Vermögensgefährdung und Vermögensschaden, 1989, S. 7). Die Ausdrücke "Gefährdungsschaden" oder "schadensgleiche Vermögensgefährdung" weisen mithin in der Sache nicht etwa auf eine richterrechtlich geschaffene besondere Kategorie von Gefährdungsdelikten hin; sie bezeichnen vielmehr eine nicht drohende, sondern eingetretene Vermögensminderung (vgl. Fischer, StraFo 2008, S. 269 [271]; Brüning/Wimmer, ZJS 2009, S. 94 [97]; Otto, JZ 1985, S. 69 [72]; ders., JZ 1993, S. 652 [658]; zur Frage, ob angesichts dessen die Terminologie glücklich ist, vgl. einerseits Ransiek, ZStW 116 [2004], S. 634 [668], sowie BGH, Beschlüsse vom 18. Februar 2009 -- 1 StR 731/08 --, NStZ 2009, S. 330 [331] und vom 20. März 2008 -- 1 StR 488/07 --, NJW 2008, S. 2451 [2452], andererseits Beulke/Witzigmann, JR 2008, S. 430 [433]; Fischer, StraFo 2008, S. 269 [275 f.]).
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(3) Zu den Vermögensgegenständen des Umlaufvermögens, für die gemäß § 253 Abs. 4 Satz 1, 2 HGB eine Abschreibungspflicht auf einen am Abschlussstichtag niedrigeren "beizulegenden Wert" besteht, zählen nach § 340e Abs. 1 Satz 2 HGB grundsätzlich alle durch Banken ausgereichte Kredite (vgl. Schneider, BB 1995, S. 2155). Ist aufgrund fehlender Bonität des Schuldners und fehlender Sicherheiten konkret erkennbar, dass mit einem teilweisen oder vollständigen Forderungsausfall zu rechnen ist, muss folglich eine Einzelwertberichtigung gebildet oder sogar eine Direktabschreibung vorgenommen werden (vgl. Fischer/Sittmann-Haury, IRZ 2006, S. 217 [222]), so dass das Vermögen der Bank bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung bereits durch den Vertragsschluss (die verbindliche Kreditzusage) wegen der Minderwertigkeit des Gegenleistungsanspruchs negativ verändert wird (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Februar 2009 -- 1 StR 731/08 --, NStZ 2009, S. 330 [331]; Hellmann, ZIS 2007, S. 433 [439 f.]; Martin, Bankuntreue, 2000, S. 122; Nack, NJW 1980, S. 1599 [1600]; ders., StraFo 2008, S. 277 [279]; Ransiek, a.a.O., S. 668 f.; Schmitt, BKR 2006, S. 125 [130]).
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Dem entsprechend geht der Bundesgerichtshof davon aus, dass sich in Fällen der Kreditvergabe ein Gefährdungsschaden bereits aus der Minderwertigkeit des Rückzahlungsanspruchs gegenüber der ausgereichten oder auszureichenden Darlehensvaluta ergeben kann (vgl. BGHSt 47, 148 [157]; Schmitt, BKR 2006, S. 125 [130]; Hellmann, ZIS 2007, S. 433 [440]). Diese Auffassung liegt auch der Schadensermittlung im vorliegenden Fall zugrunde. Ihr lässt sich nicht das von den Beschwerdeführern (ähnlich Klötzer/Schilling, StraFo 2008, S. 303 [306]) für absurd gehaltene Ergebnis entgegenhalten, dass sich tatsächlich in höherem Maße als erwartet erfolgende Rückzahlungen nicht mehr schadensmindernd auswirken; eine unvorhersehbare glückliche nachträgliche Entwicklung ist nicht geeignet, die wirtschaftliche Minderwertigkeit zu einem bestimmten Zeitpunkt -- die sich, soweit erkannt, bei einer Veräußerung der betreffenden Vermögenswerte voll auswirken würde -- nachträglich zu beseitigen.
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bb) Auch wenn mithin keine prinzipiellen verfassungsrechtlichen Einwände gegen die Anwendung der dogmatischen Figur des Gefährdungsschadens auf den Untreuetatbestand -- auch und gerade in Fällen der Kreditvergabe -- bestehen, so ist doch festzustellen, dass damit die Gefahr einer Überdehnung des Tatbestands in erhöhtem Maße verbunden ist.
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(1) Bewertung und Wertberichtigung von Forderungen gehören zum kaufmännischen Alltag (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Februar 2009 -- 1 StR 731/08 --, NStZ 2009, S. 330 [331] m. umf. N.; Nack, StraFo 2008, S. 277 [280]). Gleichwohl können sie im Einzelfall -- insbesondere in den Fällen der Kreditvergabe -- komplexe wirtschaftliche Analysen erfordern. Der niedrigere "beizulegende Wert" im Sinne des § 253 Abs. 4 HGB ist bei Forderungen regelmäßig nicht auf einen Markt- oder Börsenpreis zurückführbar, sondern ergibt sich aus der Einbringlichkeit der Forderung am Bilanzstichtag (vgl. Wimmer/Kusterer, DStR 2006, S. 2046). Zu ermitteln ist also der Barwert der voraussichtlich erzielbaren künftigen Zins- und Tilgungszahlungen (vgl. Fischer/Sittmann-Haury, IRZ 2006, S. 217 [223]; Wimmer/Kusterer, a.a.O., S. 2048; v. Heynitz/Jörg, BC 2003, S. 97 [98]) unter Berücksichtigung der Bonität des Kreditnehmers und der Rendite des Kredits (vgl. Schneider, BB 1995, S. 2155; zur Bonitätsbewertung Wimmer/Kusterer, a. a.O., S. 2047) sowie aller Umstände, die den Forderungseingang zweifelhaft erscheinen lassen (vgl. Ellrott/Ring, in: Beck'scher Bilanz-Kommentar, 6. Aufl. 2006, § 253 HGB Rn. 569 ff.). Auch verwertbare Sicherheiten und etwaige Rückgriffsmöglichkeiten sind bei der Bestimmung des Ausfallrisikos zu berücksichtigen (vgl. Ellrott/Ring, in: Beck'scher Bilanz-Kommentar, 6. Aufl. 2006, § 253 HGB Rn. 569 ff.; v. Heynitz/Jörg, a.a.O., S. 98). Die Bankpraxis ist gehalten, Arbeitsanweisungen zu erstellen, die dokumentieren, anhand welcher Kriterien Einzelwertberichtigungen zu erfolgen haben; die von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht festgelegten Mindestanforderungen an das Risikomanagement der Kreditinstitute sehen vor, dass die Institute beispielsweise im Wege eines institutsinternen Forderungsbewertungsverfahrens Kriterien festzulegen haben, auf deren Grundlage unter Beachtung der angewandten Rechnungslegungsnormen Wertberichtigungen, Abschreibungen und Rückstellungen für das Kreditgeschäft zu bilden sind (Rundschreiben 15/2009 vom 14. August 2009, unter BTO 1.2; zu Beispielen für Wertberichtigungsgrundsätze vgl. Nack, StraFo 2008, S. 277 [280]).
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(2) Demgegenüber hält die Rechtsprechung in den Fällen des Gefährdungsschadens eine konkrete Feststellung der Schadenshöhe nach anerkannten Bewertungsmaßstäben nicht durchweg für erforderlich.
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Vielmehr geht die Rechtsprechung verbreitet davon aus, dass ein Gefährdungsschaden bei Durchführung von Risikogeschäften wie der Kreditvergabe dann vorliegen soll, wenn "Geschäfte betrieben werden, die von dem Gebot kaufmännischer Sorgfalt weit abweichen, indem einer aufs Äußerste gesteigerten Verlustgefahr nur eine höchst zweifelhafte Aussicht auf einen günstigen Verlauf gegenübersteht, durch die der Beschuldigte wie beim Glücksspiel, alles auf eine Karte setzt" (vgl. RGSt 61, 211 [213]; 66, 255 [262]; Nack, NJW 1980, S. 1599 [1602]), oder wenn der Täter "nach Art eines Spielers bewusst und entgegen den Regeln kaufmännischer Sorgfalt eine aufs äußerste gesteigerte Verlustgefahr auf sich nimmt, nur um eine höchst zweifelhafte Gewinnaussicht zu erlangen" -- wobei sich eine eindeutige, allgemeine, für jeden Einzelfall gültige Bewertungsregel kaum festlegen lasse (vgl. BGH, Urteil vom 27. Februar 1975 -- 4 StR 571/74 --, NJW 1975, S. 1234 [1236]; vgl. ferner Laskos, a.a.O., S. 97 ff., 104 ff.). Liegen diese Kriterien vor, dann wird die Forderung mit ihrem Nominalbetrag als Vermögensnachteil in Form einer Vermögensgefährdung eingestuft, die wegen des hohen Ausfallrisikos schadensgleich ist. Bei der Strafzumessung wird aber auf den "echten" Schaden abgestellt, indem schuldmindernd bewertet wird, dass "nur" ein Gefährdungsschaden vorgelegen hat (vgl. Nack, StraFo 2008, S. 277 [280]). Zugunsten des Verzichts auf eine Quantifizierung des Gefährdungsschadens werden die mit einer Bewertung verbundenen praktischen Schwierigkeiten angeführt, die auch durch den Einsatz von Sachverständigen nicht ohne weiteres zu bewältigen seien (vgl. Nack a.a.O.; Fischer, NStZ-Sonderheft 2009, S. 8 [12]).
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(3) Der Verzicht auf eine eigenständige Ermittlung des Nachteils, wozu angesichts der Schwierigkeiten der Beurteilung bei Kreditvergaben in der Regel die Konkretisierung des Schadens der Höhe nach anhand üblicher Maßstäbe des Wirtschaftslebens gehört, begegnet durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Er ist geeignet, die eigenständige strafbarkeitsbegrenzende Funktion des Nachteilsmerkmals zu unterlaufen, indem an die Stelle der vom Gesetzgeber gewollten wirtschaftlichen Betrachtung eine weitgehend normativ geprägte Betrachtungsweise tritt, wie die zitierten Formeln der Rechtsprechung (weite Abweichung von den Geboten kaufmännischer Sorgfalt, Handeln nach Art eines Spielers) zeigen. Ein eigenständiger, über das Merkmal der Verletzung einer Vermögensbetreuungspflicht hinausgehender Gehalt des Nachteilsmerkmals ist bei solcher Auslegung nicht mehr zu erkennen; es findet eine "Verschleifung" der Tatbestandsmerkmale entgegen den gesetzgeberischen Intentionen statt (vgl. Albrecht, a.a.O., S. 1 [2 f.]; Dierlamm, a.a.O., § 266 Rn. 6).
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Damit wird die Entscheidung des Gesetzgebers gegen die Versuchsstrafbarkeit unterlaufen. Erst die konkrete wirtschaftliche Auswirkung macht eine zukünftige Verlustgefahr zu einem gegenwärtigen Schaden. Wird auf die nachvollziehbare, in der Regel zahlenmäßig zu belegende Ermittlung und Benennung des ("Gefährdungs"-)Schadens verzichtet, besteht die Gefahr einer allgemeinen und undifferenzierten Gleichsetzung von (zukünftiger) Verlustgefahr und (gegenwärtigem) Schaden (vgl. Otto, JZ 1985, S. 69 [72]; ders., JZ 1993, S. 652 [657]; Aldenhoff/Kuhn, ZIP 2004, S. 103 [106]). Nur eine nachvollziehbare Darlegung und Ermittlung des Schadens auch in seinem Ausmaß kann verhindern, dass eine Bestrafung wegen (vollendeter) Untreue auch dann erfolgt, wenn Verlustwahrscheinlichkeiten so diffus sind oder sich in so niedrigen Bereichen bewegen, dass der Eintritt eines realen Schadens ungewiss, wenn auch möglich bleibt (vgl. Dierlamm, NStZ 1997, S. 534 [535]; Ransiek, a.a.O., S. 661). Dem entsprechend sind sowohl im Schrifttum als auch in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bereits Bedenken geäußert worden, dass die Übertragung des ursprünglich für die Bestimmung des Vermögensschadens in Sonderfällen des Betrugs entwickelten Begriffs der schadensgleichen Vermögensgefährdung auf die Auslegung des Nachteilsbegriffs in § 266 Abs. 1 StGB im Ergebnis zu einer Ausweitung des ohnehin schon äußerst weiten Tatbestands der Untreue in Richtung auf ein bloßes Gefährdungsdelikt führen könne (vgl. Dierlamm, in: Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch, Bd. 4, 2006, § 266 Rn. 186, 195; Fischer, Strafgesetzbuch, 57. Aufl. 2010, § 266 Rn. 159 m.w.N.; Samson/Günther, in: Systematischer Kommentar zum Strafgesetzbuch, § 266 Rn. 45 [Dez. 1996]; BGHSt 51, 100 [121 ff.]).
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(4) Um eine derartige verfassungswidrige Überdehnung des Untreuetatbestands in den Fällen des Gefährdungsschadens zu vermeiden, ist es notwendig -- aber auch ausreichend --, die bereits dargelegten Maßgaben für die präzisierende und restriktive Auslegung des Nachteilsmerkmals strikt zu beachten. Danach sind auch Gefährdungsschäden von den Gerichten in wirtschaftlich nachvollziehbarer Weise festzustellen. Anerkannte Bewertungsverfahren und -maßstäbe sind zu berücksichtigen; soweit komplexe wirtschaftliche Analysen vorzunehmen sind, wird die Hinzuziehung eines Sachverständigen erforderlich sein. Die im Falle der hier vorzunehmenden Bewertung unvermeidlich verbleibenden Prognose- und Beurteilungsspielräume sind durch vorsichtige Schätzung auszufüllen. Im Zweifel muss freigesprochen werden.
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cc) Die Entscheidungen des Landgerichts und des Bundesgerichtshofs verletzen das Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG, weil sie im Fall P. . . II einen Vermögensschaden angenommen haben, obwohl keine den verfassungsrechtlichen Anforderungen entsprechende Feststellungen zu dem Nachteil getroffen wurden, der durch die pflichtwidrige Kreditvergabe der Beschwerdeführer verursacht worden sein könnte.
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(1) Es kann hier dahinstehen, ob sich die konkrete Schadensfeststellung des Landgerichts noch im Rahmen der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung hielt. Denn auch die höchstrichterliche Rechtsprechung wäre von Verfassungs wegen gehindert, die Entscheidung des Gesetzgebers zur eigenständigen Bedeutung des Tatbestandsmerkmals "Nachteil" zu missachten. Gegen Bestimmtheitsanforderungen aus Art. 103 Abs. 2 GG hat die angegriffene Entscheidung des Landgerichts deshalb verstoßen, weil sie den als Nachteil geforderten Vermögensschaden nicht hinreichend konkret ermittelt, sondern letztlich aus der angenommenen Pflichtwidrigkeit wertend gewonnen hat.
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Wie auch der Bundesgerichtshof festgestellt hat, war die Annahme völliger Wertlosigkeit der Darlehensrückzahlungsforderung bei ausschließlicher Inrechnungstellung der Grundsicherheiten durch das Landgericht verfehlt. Die Bedenken des Bundesgerichtshofs gegen die Schadensbestimmung des Landgerichts gründen erkennbar in den folgenden Ermittlungsdefiziten: Nachdem das Geschäftsmodell der Darlehensnehmerin die Rückzahlung des Kredits aus den mit den finanzierten Objekten erzielten Miet- und Veräußerungseinnahmen vorsah, hätte ermittelt werden müssen, welche konkreten Gewinnaussichten für die Darlehensnehmerin zum Zeitpunkt der Kreditbewilligung bestanden und wie diese sich auf die Werthaltigkeit der Kreditforderung auswirkten. Tatsächlich sind schon die Anknüpfungstatsachen für eine solche Berechnung dem landgerichtlichen Urteil nicht zu entnehmen; Feststellungen zur tatsächlichen Höhe der Mieteinnahmen zum Zeitpunkt der Kreditbewilligung fehlen ebenso wie Aussagen zu den nach seinerzeitiger Sichtweise realistisch zu erwartenden künftigen Entwicklungen. Lückenhaft sind selbst die Angaben zum nominellen Wert der Kreditforderung; die Strafkammer ist insofern vom reinen Rückzahlungsanspruch ausgegangen, ohne eine klare Aussage zur Höhe der Zinsen zu treffen, obwohl diese im Rahmen einer wirtschaftlichen Berechnung zu berücksichtigen gewesen wären (vgl. Nack, StraFo 2008, S. 277 [279]). Im Übrigen hätte die Berechnung des Forderungswerts eine Auseinandersetzung mit banküblichen Bewertungsverfahren erfordert und war daher offensichtlich ohne Hinzuziehung eines Sachverständigen nicht zu leisten.
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Wenn das Landgericht sich für die Annahme der völligen Wertlosigkeit der Rückzahlungsforderung demgegenüber ausdrücklich auf die zur Frage der Pflichtwidrigkeit gemachten Feststellungen beruft und daraus eine "aufs Äußerste gesteigerte Verlustgefahr bei einer nur höchst zweifelhaften Aussicht auf einen günstigen Verlauf, mithin eine über das allgemeine Risiko bei Kreditgeschäften hinausgehende höchste Gefährdung" folgert, verdeutlicht dies im konkreten Fall die mit der Aufgabe einer Schadensfeststellung nach wirtschaftlichen Kriterien einhergehende Verschleifung der Tatbestandsmerkmale, die den eigenständigen Gehalt des Nachteilsmerkmals aufgibt. Damit wird die tatbestandsbegrenzende Funktion des Nachteils in § 266 Abs. 1 StGB unter Verletzung von Art. 103 Abs. 2 GG verkürzt.
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(2) Der Bundesgerichtshof hat gleichwohl dem Urteilszusammenhang entnommen, dass sich dies auf die Feststellung eines Vermögensnachteils und auf die Bemessung von dessen Ausmaß im Ergebnis nicht zum Nachteil der Beschwerdeführer ausgewirkt habe und dass das Urteil des Landgerichts nicht auf diesem Mangel beruhe. Die diesbezüglichen Erwägungen lassen sich nicht anders als dahin verstehen, dass auch der Bundesgerichtshof die eigenständige Bedeutung sowie die die Strafbarkeit begrenzende Funktion des Tatbestandselements "Nachteil" in § 266 Abs. 1 StGB nicht hinreichend berücksichtigt und seinen Blick auf die Erfüllung des Pflichtwidrigkeitsmerkmals verengt hat.
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Der Bundesgerichtshof sieht eine im Sinne des § 266 StGB tatbestandsrelevante Vermögensgefährdung darin, dass die Beschwerdeführer mit der Kreditgewährung ein allzu weitgehendes Risiko eingegangen seien, weil -- anders als bei den anderen angeklagten Kreditgewährungen (L. . . III, S. . .) -- kein ausreichender Sicherheitsspielraum vorhanden gewesen sei. Dieses von ihnen erkannte Risiko habe sich dann in einer entsprechenden Vermögensgefährdung niedergeschlagen, die nach außen deutlich geworden sei (unter Hinweis auf Leerstand, Wertberichtigungen und Einstellung weiterer Rückzahlungen). Hiernach bestehe unter Berücksichtigung der pflichtwidrig von den Beschwerdeführern eingegangenen Risiken (Gefahr einer Negativentwicklung des Geschäftskonzepts im Zusammenhang mit den Plattenbauten bei mindestens überaus knapper Modernisierungskalkulation mit fehlenden Kapitalreserven; Hintergrund einer unmittelbar zuvor abgelehnten Kreditgewährung) im Ergebnis kein Zweifel daran, dass ein grundlegend abweichender zutreffender Ansatz der Bestimmung des Nachteils insoweit kein günstigeres Ergebnis für die Beschwerdeführer erbracht hätte. Hierzu führt der Bundesgerichtshof weiter aus: "Dies gilt angesichts der festgestellten gesamten Negativentwicklung auch in Anbetracht der gebotenen Berücksichtigung einer Haftung auch anderer A. . .-Objekte für den der Verurteilung zugrunde liegenden Kredit. Dies steht vor dem Hintergrund, dass die Pflichtwidrigkeit des eingegangenen Risikos maßgeblich am Umfang des Gesamtengagements der Bank mit A. . .-Krediten, für die sich weitestgehend auch keine Konsortialbank finden ließ, zu messen ist." Der vom Landgericht ausgeurteilte Untreuevorwurf sei im Ergebnis zu Recht letztlich darin zu finden, dass die als Vorstandsmitglieder der Bank verantwortlichen Beschwerdeführer zu einem Zeitpunkt, als dies wirtschaftlich noch vertretbar gewesen sei, unter Vernachlässigung erkannter deutlicher Risiken und Negierung vielfältiger Warnungen pflichtwidrig die Kreditgewährung für das A. . .-Gesamtprojekt fortsetzten, anstatt pflichtgemäß das Engagement durch Verweigerung weiterer Kredite ohne weitere Nachweise zu positiver Entwicklung des Gesamtkonzepts zu begrenzen.
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dd) Das Urteil des Landgerichts ist daher wegen Verstoßes gegen Art. 103 Abs. 2 GG aufzuheben; gleiches gilt für den Beschluss des Bundesgerichtshofs, mit dem der Grundrechtsverstoß perpetuiert worden ist. Die Sache ist an das Landgericht Berlin zurückzuverweisen (§ 95 Abs. 2 BVerfGG).
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IV.
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Einer Prüfung der Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführer zu III. 1) bis 5) unter dem Gesichtspunkt des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG bedarf es nicht, nachdem die Verfassungsbeschwerde bereits unter dem Gesichtspunkt des Art. 103 Abs. 2 GG in vollem Umfang Erfolg hat.
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D. | |
Die Entscheidung über die Auslagenerstattung folgt aus § 34a Abs. 2 BVerfGG.
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Voßkuhle Broß Osterloh Di Fabio Mellinghoff Lübbe-Wolff Gerhardt Landau
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