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Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: Loic Stucki, A. Tschentscher | |||
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vom 6. November 1875 in Sachen Crouzol und Buracco. | |
Sachverhalt | |
A. | |
Crouzol und Buracco sind Unternehmer des Baulooses N. 2 auf der Eisenbahnlinie Basel-Delsberg. Dieses Bauloos umfaßt die Gemeindsbanne Zwingen, Grellingen und Duggingen im Kanton Bern, die Gemeindsbanne Aesch, Arlesheim und Mönchenstein im Kanton Basellandschaft, den Gemeindsbezirk von Dornach, Kanton Solothurn, und denjenigen der Stadt Basel. Die Rekurrenten haben ihr Domizil in Aesch genommen und bezahlen daselbst Steuern von Erwerb und Einkommen, so im Jahre 1874 für den Bezirk Birseck 20 Fr., Schulsteuer für die Gemeinde Aesch 6 Fr. 80 Rp.; zugleich hat auch die Gemeinde Grellingen mit Rücksicht auf die Arbeiten, welche sie auf deren Gebiete aufzuführen haben, sie im letzten Frühjahr mit einer Steuer von 382 Fr. 50 Rp. belegt. Sie haben sich darüber bei der Regierung von Bern beschwert, sind aber von dieser unterm 10. Juli abschlägig beschieden worden, weil:
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1. die Rekurrenten durch Regierungsbeschluß vom 15. Januar zur Bezahlung der Staatssteuer für das Jahr 1874 rechtskräftig verurtheilt seien;
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2. die Verhältnisse sich seither nicht geändert haben;
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3. die Steuerpflicht gegenüber den Gemeinden auf den nämlichen Grundlagen, wie diejenige gegenüber dem Staate, beruhe.
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B. | |
Gegen diesen Beschluß rekurriren nun Crouzol und Buracco an das Bundesgericht, indem sie sich darauf berufen, daß sie ![]() ![]() | 5 |
C. | |
Die Regierung von Bern hat sich in ihrer Beantwortung des Rekurses, dessen Abweisung sie verlangt, folgendermaßen vernehmen lassen: Bezüglich des Entscheides vom 10. Juli sei nicht der Staat Bern, sondern die Gemeinde Grellingen Prozeßpartei und hinsichtlich der Staatssteuer pro 1875 sei ein Entscheid von Seite der Regierung noch nicht getroffen worden. Indessen wolle letztere hierauf kein Gewicht legen, da sie einverstanden sei, daß, je nachdem das Besteuerungsrecht der Gemeinde Grellingen gegenüber den Rekurrenten bejaht oder verneint werde, auch das Besteuerungsrecht des Staates Bern bejaht oder verneint werden müsse. Was die materielle Seite der Frage betreffe, so werde von den Rekurrenten nicht bestritten, daß durch den Entscheid vom 10. Juli die bernischen Steuergesetze richtig angewendet worden seien. In der That schreibe ![]() ![]() | 6 |
Mit Bezug auf die durch Art. 46 der Bundesverfassung verbotene Doppelbesteuerung scheinen die Rekurrenten anzunehmen, es genüge zur Konstatirung derselben, wenn bewiesen werde, daß ein Bürger oder eine Unternehmung in verschiedenen Kantonen zur Besteuerung herangezogen werde und es gehe in solchen Fällen immer das Besteuerungsrecht des Niederlassungskantons, beziehungsweise der Niederlassungsgemeinde vor. Allein es sei weder die eine noch die andere dieser Positionen richtig. Die bundesrechtliche Praxis habe vielmehr immer anerkannt, daß eine unzulässige Doppelsteuerung nur dann vorliege, wenn ein und dasselbe Vermögensobjekt in mehreren Kantonen zur Besteuerung herangezogen werde. (Vergl. Urtheil des Bundesgerichtes vom 12. Mai in Sachen F. Meyer. [= BGE 1 I 26]) Im vorliegenden Falle nun habe der Kanton Bern, beziehungsweise die Gemeinde Grellingen keineswegs das ganze Einkommen der Rekurrenten, sondern nur das vom Bahnbaue auf dem Kantons- resp. Gemeindegebiete herrührende besteuert. Die Rekurrenten aber haben wohl bewiesen, daß sie in ihrer Niederlassungsgemeinde Aesch Steuern bezahlen, nicht aber, daß letztere ihr ganzes Einkommen treffen. Aber selbst wenn von einer Doppelbesteuerung gesprochen werden könnte, so wäre damit noch keineswegs ausgesprochen, daß die Besteuerung im Kanton Bern eine ungerechtfertigte sei, sondern es wäre immer noch zu untersuchen, ob dem Kanton Basellandschaft ausschließlich das Recht zustehe, die Rekurrenten zu besteuern, oder ob nicht vielmehr der Kanton Bern berechtigt sei, denjenigen Theil ihres Einkommens zu besteuern, welcher vom Bahnbaue auf seinem Gebiete her ![]() ![]() | 7 |
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
Erwägung 1 | |
1. Wie die Regierung von Bern richtig bemerkt, handelt es sich im vorliegenden Rekursfalle sowohl um die Gemeindesteuer für Grellingen, als auch um die Staatssteuer an den Kanton Bern für 1875. Die Regierung von Bern hat daher neben ihrem eigenen Interesse auch ihren am 10. Juli zu Gunsten dieser Gemeinde gefaßten Beschluß zu vertreten und es zählt auch ihre Vernehmlassung alle Gründe, welche für Besteuerung des auf bernischem Gebiete erzielten Erwerbes der Rekurrenten angeführt werden können, in erschöpfender Weise aus. Die Mittheilung des Rekurses an die Gemeinde Grellingen erscheint somit um so weniger nothwendig, als die Regierung von Bern ein solches Begehren nicht gestellt hat und die Frage, um die es sich für das Bundesgericht handelt, einzig die ist, ob neben der Besteuerung im Kanton Basellandschaft, wo die Rekurrenten unbestrittenermaßen ihr Domizil haben, auch eine solche im Kanton Bern zulässig sei, in welchem sie einen Theil ihres Geschäftes betreiben.
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Erwägung 2 | |
2. In materieller Hinsicht muss die Ansicht der Regierung von Bern getheilt werden, daß eine nach Art. 46 der Bundesverfassung und bisheriger bundesrechtlicher Praxis unzulässige Doppelbesteuerung keineswegs in allen Fällen vorliegt, wo Jemand in zwei Kantonen eine Erwerbs- oder Einkommenssteuer zu bezahlen hat, sondern daß, um eine Intervention der Bundesbehörden zu rechtfertigen, der Nachweis geleistet sein muß, daß das näm ![]() ![]() | 9 |
Erwägung 3 | |
3. Die Rekurrenten scheinen nun freilich von der Ansicht auszugehen, daß sie überhaupt nicht im Kanton Bern besteuert werden dürfen, weil sie nicht in demselben wohnen. Allein wie das Bundesgericht schon wiederholt ausgesprochen hat, ist für die Steuerpflicht des Einkommens keineswegs immer der Ort, wo der Inhaber desselben seinen Wohnsitz hat, maßgebend, sondern erscheint dieselbe z.B. für Einkommen, welches aus einem Fabriketablissement oder einer Handelsniederlassung gezogen wird, da begründet, wo das Fabriketablissement oder die Handelsniederlassung domizilirt ist. Bei Eisenbahnbauten, die in Verbindung stehen mit Liegenschaften, erscheint nun die Ansicht gerechtfertigt, daß sie in jedem Kantone, auf welchen sie sich erstrecken, ein Geschäftsdomizil des Unternehmers begründen, und muß daher auch jeder dieser Kantone als berechtigt angesehen werden, im Verhältniß der auf seinem Gebiete liegenden Strecke den aus dem Geschäfte resultirenden Erwerb zu besteuern. Es steht dies per Analogie in Uebereinstimmung mit der laut Bundesgesetz über den Bau und Betrieb von Eisenbahnen im Gebiete ![]() ![]() | 10 |
Demnach hat das Bundesgericht erkannt: | |
Die Beschwerde ist als unbegründet abgewiesen.
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