BGE 39 I 395 - Zolldeklaration | |||
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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: Christian Schneider, A. Tschentscher | |||
66. Urteil |
vom 24. September 1913 in Sachen Franzen gegen Schweizerische Bundesanwaltschaft. | |
Regeste: |
Rechtzeitigkeit der Beschwerde (gegenüber Walliser Urteilen). -- Unrichtige Zolldeklaration nach Art. 55 litt. g ZG. Stellung des "Zolldeklaranten" der Bundesbahnen. Nicht diese, sondern der Deklarant ist für die unrichtige Deklaration strafrechtlich verantwortlich. Inwieweit kann der Deklarant bei der Verzollung der Ware auf die Angaben in den Begleitpapieren abstellen? Art. 22 ZG, 23 ff. der zugehörigen Verordnung, Art. 10 des internationalen Eisenbahnfrachtverkehrs-Uebereinkommens und Art. 10 des Eisenbahntransportgesetzes. Frage, inwiefern eine Zollübertretung ein "Formaldelikt" bilde. Die Strafbarkeit besteht, trotz objektiv unrichtiger Deklaration der Ware, jedenfalls dann nicht, wenn der Deklarant seine Amtspflicht voll erfüllt hat. -- Rückweisung nach Art. 18 F. u. P. StrG. | |
Sachverhalt: | |
A. | |
Der Kassationskläger Heinrich Franzen ist Angestellter der Schweizerischen Bundesbahnen und versieht als solcher die Funktionen eines Zolldeklaranten auf der Station Brig. Danach hat er hinsichtlich der Waren, die an dieser Station zollamtlich behandelt werden, für die Bundesbahnen als Warenführer die Zolldeklaration abzugeben (Art. 22 des Zollgesetzes vom 28. Juni 1893). Am 29. Juni 1913 spedierte der Weinhändler Carlo Amesano in Casale (Italien) an Pietro Vesini in Montreux 7 Fässer Wein, den er im Frachtbrief und in der mitgegebenen Zollerklärung als Naturwein bezeichnete. Gestützt auf diese Angaben bezeichnte nun der Kassationskläger bei seiner Zolldeklaration gegenüber dem schweizerischen Zollamt in Brig die Sendung ebenfalls als Naturwein, woraus der Zoll nach dem entsprechenden Tarifansatz auf 403 Fr. 20 Cts. festgesetzt wurde. Die Zollbehörde ließ indessen den Wein chemisch untersuchen und es stellte sich heraus, daß es verdorbener Kunstwein war. Nach dem höhern Tarifansatze für Kunstwein beläuft sich der umgangene Zoll auf 2620 Fr. 80 Cts. Bei der Aufnahme des sog. Übertretungsprotokolls erklärte der Kassationskläger, daß er den Wein nach den Zollpapieren deklariert habe und vom Absender nicht ermächtigt sei, sich einer Zollbuße zu unterziehen.
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Am 23. August 1912 legte das eidgen. Zolldepartement in Anwendung von Art. 55 und 56 des Zollgesetzes dem Amesano und dem Kassationskläger eine solidare Buße von 800 Fr. auf, von der bei rechtzeitiger Unterziehung 1/4 abgezogen würde, und erklärte sie beide solidarisch verantwortlich für den hinterzogenen Zoll. Mangels Unterwerfung verfügte das Departement am 23. Oktober die Überweisung der Angeschuldigten an den zuständigen Richter. Amesano ließ sich auf die Sache nicht ein, so daß gegen ihn das Kontumazialverfahren beschritten werden mußte. Der Angeschuldigte Franzen machte geltend, er habe die Zolldeklaration in richtiger Ausübung seiner Amtspflicht ausgestellt und notwendig auf die Begleitpapiere abstellen müssen. Die Bundesanwaltschaft vertrat die Auffassung, die Zollübertretung sei ein Formaldelikt, zu dessen Tatbestand irgend ein Verschulden nicht gehöre; es genüge die objektive Unrichtigkeit der Deklaration. Aus den Aussagen der einvernommenen Zeugen ist hervorzuheben: Der Zollbureauchef H. Folly erklärte: er denke, daß der Kassationskläger, der als Zolldeklarant der Zollbehörde gegenüber verantwortlich sei, Deckung besitze und nach Vorschriften und Belegen gehandelt habe. Der Zollbeamte Max Roth hält dafür, daß der Kassationskläger ganz korrekt gehandelt habe. Der Stationsvorstand Delaloye sagt aus: Im vorliegenden Falle habe der Kassationskläger als Zolldeklarant ganz korrekt gehandelt, es treffe ihn absolut keine Schuld, er habe nur seine Pflicht getan. Der Bureauchef Christin endlich deponierte: Der Kassationskläger habe ganz korrekt nach Reglement und Vorschrift gehandelt.
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Die beiden kantonalen Instanzen -- das Bezirksgericht Brig und das Kantonsgericht von Wallis -- haben die zwei Angeklagten der Übertretung des Zollgesetzes schuldig erklärt, sie solidarisch in die vom Zolldepartement ausgesprochene Buße von 800 Fr. verfällt, und verfügt, daß diese Buße bei Nichtbezahlung in Gefängnis, im Verhältnis zu 5 Fr. per Tag, umgewandelt werde. Ferner haben sie die Angeklagten für die umgangene Zollgebühr von 2620 Fr. 80 Cts. und für die Gerichtskosten solidarisch haftbar erklärt. Das am 8. Mai 1913 erlassene Urteil des Kantonsgerichts bemerkt im Dispositiv noch ausdrücklich, daß der Kassationskläger "in seiner Eigenschaft als Zolldeklarant" bestraft werde. Dieses Urteil scheint sich ferner nur auf den Art. 55 litt. g des Zollgesetzes zu stützen, während die untere Instanz auch die Ziffer a des Artikels angewendet hatte. In rechtlicher Beziehung erklärt das kantonsgerichtliche Urteil, daß es sich einzig auf den bundesgerichtlichen Kassationsentscheid i. S. Brann (AS 26 I S. 338 ff. [= BGE 26 I 338]) als Präzedenzfall stütze.
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B. | |
Das Urteil des Kantonsgerichts wurde dem Angeschuldigten Franzen am 8. Mai im Dispositiv und am 28. Juni mit den Motiven eröffnet. Am 6. Juni hat er dagegen Kassationsbeschwerde eingereicht mit dem Antrag: Das angefochtene Urteil sei aufzuheben und die Sache zur bessern Beurteilung an das vom Kassationshof zu bezeichnende Gericht zurückzuweisen. Nach Empfang des motivierten Urteils hat er seine Beschwerdebegründung noch durch eine weitere Eingabe vom 7. Juli ergänzt. Als verletzt bezeichnet er in seinen Ausführungen die Art. 22 und 55 des Zollgesetzes und die Art. 11 und 22 der Vollziehungsverordnung dazu.
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Die Bundesanwaltschaft hat auf Abweisung der Beschwerde angetragen und diesen Antrag in einer Haupt- und in einer ebenfalls noch innert der Antwortfrist eingelangten Ergänzungseingabe begründet. Als Beilagen hat sie eingelegt: Ein für Abweisung der Beschwerde sich aussprechendes Exposé der Oberzolldirektion und ein von den Schweizerischen Bundesbahnen erstelltes Verzeichnis ihrer Zolldeklaranten, dem Bemerkungen über deren Funktionen zugefügt sind.
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Auf Verfügung des Instruktionsrichters ist ferner in Abschrift zu den Akten gegeben worden: Ein von der Bundesanwaltschaft in ihrer Beschwerdeantwort erwähnter Kautionsschein der Direktion des I. Kreises der Schweizerischen Bundesbahnen vom 12. März 1909, wonach diese Kreisdirektion "s'engage ..... à répondre vis-à-vis de l'Administration des douanes suisses, comme caution et codébiteur, de toutes les obligations découlant pour les chemins de fer fédéraux du 1er arrondissement des opérations de douanes auxquelles ils feront procéder .....". Als zu den genannten "obligations" gehörend werden dann im besondern noch genannt: "les prétentions de l'Administration ..... par suite de contraventions à la loi sur les douanes."
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Erwägungen: | |
Der Kassationshof zieht in Erwägung:
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Erwägung 1 | |
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Erwägung 2 | |
2. Laut der dem vorinstanzlichen Strafurteil zu Grunde liegenden Bestimmung von Art. 55 litt. g des Zollgesetzes vom 28. Juni 1893 begeht eine Zollübertretung, "wer eine Ware unrichtig deklariert und dadurch den Zollbetrag verkürzt". Die Deklarationspflicht lag hier laut Art. 22 des Gesetzes den Bundesbahnen ob: Nach dieser Vorschrift ist die die Einfuhr des Gutes besorgende Eisenbahn als Warenführerin -- soweit also die Zollabfertigung während des Transportes geschieht -- gehalten, "unter eigener Verantwortlichkeit für die Nichtigkeit" dem Zollbeamten eine genaue Deklaration der verzollbaren Waren zu geben.
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Erwägung 3 | |
3. Im vorliegenden Falle haben die Bundesbahnen ihre Deklarationspflicht durch den Kassationskläger erfüllt, der als ihr Angestellter auf der Station Brig die Funktion eines "Zolldeklaranten" der Bahn versieht und als solcher in ihrem Namen die ihr laut Art. 22 ZG obliegenden Erklärungen über den Inhalt der dort zur Zollabfertigung kommenden Sendungen abzugeben hat. Bei seinen Zolldeklarationen handelt der Kassationskläger lediglich als Beamter der Bundesbahnen, denen gegenüber er damit seine dienstlichen Verpflichtungen erfüllt. Der Umstand, daß nicht er persönlich die Ware eingeführt hat und dafür deklarationspflichtig war, schließt indessen seine strafrechtliche Verantwortlichkeit nicht aus. Soweit eine Zolldeklaration den Tatbestand einer strafbaren Handlung bildet, kann diese nicht, wie er meint, von den Bundesbahnen oder genauer, da die Bundesbahnen nur einen Zweig der Bundesverwaltung bilden, nicht vom Bunde begangen worden sein. Denn auch wenn man private juristische Personen als deliktsfähig und ihnen gegenüber eine Bestrafung in Form der Auferlegung einer Geldbuße als möglich ansehen sollte (vergl. AS 20 S. 355/56, 361 [= BGE 20 I 357 (355 f., 361)]; 23 II S. 1336 Erw. 2 [= BGE 23 I 1332 (1336)]; 31 II S. 713 [= BGE 31 II 707 (713)]), so kann diese Auffassung doch nicht auch gegenüber dem Staate selbst als öffentlicher Korporation Geltung beanspruchen, auch soweit nicht, als er, wie beim Warentransport, neben konzessionierten Gesellschaften oder sonstigen Privaten sich wirtschaftlich betätigt. Vielmehr kann hier stets nur die physische Person, die als staatliches Organ durch ihr Handeln den Deliktstatbestand verwirklicht oder verwirklichen hilft, das Delikt begehen. Im gegebenen Falle aber wäre das der Kassationskläger, da er allein die Zolldeklaration kraft selbständigen Willensentschlusses als eine zu seinem amtlichen Pflichtenkreis gehörende Handlung zu besorgen hatte.
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Erwägung 4 | |
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Erwägung 5 | |
5. In subjektiver Hinsicht ergibt sich aus den Akten, daß der Kassationskläger, indem er bei seiner Zolldeklaration auf die Angaben in den Begleitpapieren (Frachtbrief und Zollerklärung des Absenders) abstellte, weder eine Gesetzes- oder Verordnungsbestimmung noch eine Verwaltungsvorschrift (Dienstinstruktion) verletzt noch sonst irgendwie schuldhaft gehandelt hat: Der Art. 22 ZG, auf den sich die Strafsanktion des Art. 55 litt. g in erster Linie bezieht, ordnet die Deklarationspflicht des Warenführers nicht näher, namentlich auch nicht in dem Sinne, daß dieser stets oder doch regelmäßig die Angaben der Begleitpapiere betreffend die Erfüllung der Zollpflicht irgendwie noch besonders auf ihre Richtigkeit zu prüfen hätte. Im Gegenteil aber entbinden gleichlautende Bestimmungen in den Art. 10 des internationalen Übereinkommens über den Eisenbahnfrachtverkehr vom 14. Oktober 1900 und des Eisenbahntransportgesetzes vom 29. März 1893 die Bahn als Warenführerin ausdrücklich von einer solchen Prüfung der Papiere "auf ihre Richtigkeit und Vollständigkeit", wobei freilich zu beachten ist, daß man es hier mit der Ordnung der Deklarationspflicht nur in Beziehung auf das transportrechtliche Verhältnis zwischen Absender und Bahn zu tun hat, und daß diese Regelung nicht ohne weiteres auch im Verhältnis zwischen dem deklarationspflichtigen Warenführer zur Zollbehörde gilt. Die Bundesanwaltschaft beruft sich nun ferner auf die Art. 23 ff. der Verordnung vom 12. Februar 1895 zum Zollgesetze, wonach der Kassationskläger eine Vorrevision hätte vornehmen und dazu einen Zollbeamten hätte beiziehen können und wonach er auch berechtigt gewesen wäre, durch Verweigerung der Deklaration die Rücksendung der Ware über die Grenze oder die Abfertigung in ein eidgenössisches Lagerhaus zu veranlassen. Allein sie behauptet selbst nicht, daß der Kassationskläger unter den vorliegenden Umständen hiezu amtlich verpflichtet gewesen wäre. Der Art. 23 der Verordnung spricht denn auch nur von einer Befugnis, keiner Verpflichtung des Deklaranten zur Vornahme einer Vorrevision und stellt als Voraussetzungen dieser Befugnis auf, daß der Deklarant nicht über die zur vorschriftsgemäßen Deklaration nötigen Ausweise verfüge oder die Richtigkeit der in den Begleitpapieren enthaltenen Angaben bezweifle. An der erstern Voraussetzung fehlt es nach der Sachlage zum vornherein. Aber auch die zweite mangelt, da die Akten keinen Anhaltspunkt dafür bieten und auch nicht behauptet worden ist, daß der Kassationskläger irgend einen Anlaß gehabt hätte, gegen die Angaben der Begleitpapiere Verdacht zu hegen. Dabei ist zu beachten, daß der Deklarant für die Bahn als Beauftragte des Absenders handelt und also zugleich das Interesse des Absenders an einer intakten Erhaltung und raschen Beförderung des Gutes wahren muß und daß nach Art. 23 die Vorrevision auf eigene Gefahr und Kosten des "Warenführers beziehungsweise Deklaranten" geschieht. Auch wäre dem Kassationskläger eine Untersuchung, ob man es mit Natur- oder Kunstwein zu tun habe -- wozu es einer zeiterfordernden chemischen Analyse bedurft hätte --, innert der Höchstfrist von 7 Tagen, die der Art. 25 der Verordnung für die Vorlage der Zolldeklaration gestattet, kaum möglich gewesen; hat doch die Zollverwaltung dafür vier Wochen gebraucht. Eine Rücksendung der Ware über die Grenze aber oder eine Abfertigung nach einem Niederlagshause fiel außer Betracht, weil die Voraussetzung, die der Art. 27 der Verordnung hiefür aufstellt, Unmöglichkeit der Beibringung einer tarifmäßigen Deklaration im Sinne von Art. 23, nicht vorlag. Daß im übrigen der Kassationskläger auch nicht irgend eine sonstige Bestimmung verletzt hat, ergibt sich aus den Aussagen der abgehörten, teils im Bahn-, teils im Zolldienst stehenden und in den Obliegenheiten dieser Dienstzweige erfahrenen Zeugen (A der Fakta). Soweit aber besondere Vorschriften fehlten und er nach seinem freien Ermessen vorzugehen hatte, hat er hievon nach der Sachlage einen völlig richtigen Gebrauch gemacht. Demnach also hat er nicht nur im Verhältnis zur Bahn, als ihr Angestellter, sondern auch gegenüber der Zollverwaltung durchaus pflichtgemäß gehandelt und unter den gegebenen Umständen nicht anders handeln können.
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Erwägung 6 | |
6. Trotz alledem wäre die Strafbestimmung des Art. 55 litt. g auf den Kassationskläger anwendbar, wenn man sich streng an die Ausführungen des von der Vorinstanz als maßgebend erachteten Bundesgerichtsentscheides i. S. Brann (AS 26 I S. 340 [= BGE 26 I 338 (340)]) und des schon früher ergangenen, noch das alte Zollgesetz betreffenden i. S. Schwab und Müller (AS 19 S. 683 [= BGE 19 I 676 (683)]) halten wollte. Laut jenem Entscheide würde nämlich der Art. 55 ZG "die Bestrafung jeder objektiven Zollübertretung fordern" und es könnte "der Richter beim Nachweis der Schuldlosigkeit nicht völlige Strafbefreiung aussprechen" und laut diesem wäre auch der in gutem Glauben eine Zollübertretung Begehende strafbar, "weil es sich um ein Formaldelikt handelt, bei dem der Mangel der rechtswidrigen Absicht die Bestrafung nicht ausschließt, sondern nur dem Bundesrat das Recht des Strafnachlasses gibt".
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Nun verstößt es aber sicherlich in hohem Maße gegen das Gerechtigkeitsgefühl, einen Beamten wegen einer Handlung, mit deren Vornahme er seine Amtspflicht in richtiger Weise erfüllt hat, zu bestrafen. Um eine eigentliche Rechtsstrafe, nicht um eine Ordnungsbuße handelt es sich nämlich bei der Zollbuße des Art. 55; sie wird nötigenfalls in Gefängnis umgewandelt, und ihre Verhängung wirft nach der Auffassung des Lebens einen gewissen leichtern Makel auf den Betroffenen. Angesichts dieser Konsequenzen drängt sich die Frage auf, ob nicht jene Bundesgerichtsentscheide in der Art und Weise, wie sie jedes Schuldmoment aus dem Tatbestand der Zollübertretung eliminieren, zu weit gehen. Hiebei braucht nicht allgemein und grundsätzlich geprüft zu werden, inwiefern sich der Begriff des Formaldelikts als eine ohne jedes Verschulden begehbare strafbare Handlung strafrechtlich überhaupt rechtfertigen lasse (vergl. die kritischen Bemerkungen Bindings dagegen in dessen "Normen", 2. Aufl. S. 319) und inwieweit er im besondern im Gebiete des Fiskaldeliktes Geltung beanspruchen könne (vergl. hierüber Otto Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht I S. 451/2 und Fleiner, Institutionen des deutschen Verwaltungsrechts S. 181, die beide auch beim Fiskaldelikt grundsätzlich ein Verschulden fordern). Vielmehr genügt es, festzustellen, daß der in jenen Entscheiden angenommene Formalcharakter der Zollübertretung nicht schlechthin absoluten Sinn haben kann. Vorerst kann eine strafbare Zollübertretung dann nicht vorliegen, wenn feststeht, daß dem Angeschuldigten die vom Zollgesetz verlangte Leistung, hier die richtige Deklaration, nach den Umständen unmöglich gewesen ist (vergl. Mayer, a. a. O. auf S. 452). Diesem Falle sodann muß der andere gleichgestellt werden, wo, wie hier, ein Beamter den objektiven Tatbestand der Zollübertretung durch ein Verhalten verwirklicht hat, worin lediglich eine richtige Erfüllung seiner amtlichen Pflichten liegt. Ein in richtiger Erfüllung seiner Amtspflicht handelnder Beamter kann überhaupt nicht wegen seines Handelns strafrechtlich verantwortlich gemacht werden, besonders nicht wegen Verletzung von Fiskalinteressen des Staates, als dessen Organ er die ihm vorgeschriebene Amtshandlung vorgenommen hat; es handelt sich hiebei wohl geradezu um einen Fall, wo ein Strafanspruch ausgeschlossen ist. Die genannten zwei Fälle dem Art. 55 ZG zu unterstellen, fehlt unter allen Umständen ein genügender Grund. Der Artikel erwähnt freilich das subjektive Moment nicht besonders als Tatbestandsmerkmal. Hieraus aber ist nicht zu folgern, daß er unbedingt nur auf die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes abstellen wolle, da dies sicherlich bei einer so weitgehenden Strafandrohung ausdrücklich gesagt worden wäre. Vielmehr läßt sich daraus nur schließen, daß für die Zollübertretung wegen ihrer Eigenart als Finanzdelikt die allgemeinen strafrechtlichen Regeln über das Verschulden als Erfordernis der Strafbarkeit nicht schlechthin maßgebend sein sollen, sondern strengere Grundsätze Platz greifen müssen.
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Erwägung 7 | |
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Laut Art. 18 Abs. 2 des eidg. F. u. P. StrG muß die Sache "an ein beliebiges kantonales Gericht von gleichem Range" zurückgewiesen werden. Zu einer Rückweisung an ein anderes Gericht als die Vorinstanz liegt kein Grund vor. Diese hat sich nach Art. 172 Abs. 2 OG bei ihrem neuen Urteile an die rechtlichen Ausführungen dieses Entscheides zu halten, namentlich auch was die in Erwägung 5 erörterte Verschuldensfrage anbetrifft.
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Dispositiv | |
Demnach hat der Kassationshof
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erkannt:
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