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Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: Arbresha Veliju, A. Tschentscher | |||
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![]() gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Baselland. |
Art. 1 der Verordnung zum Bundesgesetz betr. das Verbot von Kunstwein und Kunstmost: Ein "in den Verkehr Bringen" liegt nicht in der Zusendung an den Eigentümer der Ware. Art. 153 (Fassung vom 9. Dezember 1912) der Verordnung zum Lebensmittelgesetz: Fällt die unrichtige Bezeichnung als Wein im Frachtbrief unter diese Bestimmung? | |
A. | |
Die Firma Jules Levaillant, Wein- und Spirituosenhandlung in Basel, schloß am 27. August 1912 mit dem Bäckermeister Sutter-Buser in Bubendorf einen Kaufvertrag über ein Faß Tresterwein ab. Am 10. September 1912 sandte die Verkäuferin das Faß, das die Aufschrift "Tresterwein", mit größern Lettern geschrieben, trug, dem Besteller Sutter per Bahn zu. Sutter nahm die Sendung zunächst nicht an, sondern schickte sie an Jules Levaillant zurück und schrieb zugleich am 22. Dezember 1912 der Speditionsfirma Schneider & Cie., die schon vorher, wie es scheint, Sendungen Levaillants an ihn vermittelt hatte: Er habe 100 Liter und nicht 300 Liter, wie ihm zugesandt worden seien, bestellt; der Wein möge daher zurückgenommen werden. Hievon machten Schneider & Cie. dem Verkäufer Jules Levaillant Mitteilung. Dieser erklärte ihnen, daß er die Rücknahme verweigere, wovon sie Sutter benachrichtigten. Am 3. Januar 1913 schrieb dann Sutter an Schneider & Cie., daß er die Ware annehme und diese Firma sandte nunmehr das Faß mit Frachtbrief vom 4. Januar 1913, der als Inhalt der Sendung "Wein" angab, dem Sutter wieder zu. Dieser verweigerte die Annahme wiederum, weil er nicht so viel bestellt habe, worauf Schneider & Cie. die Bahn ersuchten, ihm die Sendung noch einmal anzubieten. Inzwischen, am 13. Januar, wurde dann das Faß auf Grund von Art. 21 des Bundesgesetzes über den Verkehr mit ![]() ![]() | 1 |
In der Folge stellte die Staatsanwaltschaft von Baselland gegenüber dem Kassationskläger Bühler "als Vertreter der Firma Schneider & Cie." -- Bühler ist Prokurist dieser Firma -- den Antrag, ihn der Übertretung des Art. 1 der genannten Verordnung zum Bundesgesetz über das Kunstweinverbot und des Art. 153 der Verordnung zum Bundesgesetz über den Verkehr mit Lebensmitteln schuldig zu erklären und nach Art. 9 des Gesetzes betreffend das Kunstweinverbot und Art. 37 des Lebensmittelverkehrsgesetzes mit einer Buße von 20 Fr. oder im Falle der Nichtbezahlung mit vier Tagen Gefängnis zu bestrafen.
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Das Polizeigericht Liestal hat mit Urteil vom 17. April 1913 vollinhaltlich im Sinne dieses Strafantrages erkannt und die Polizeikammer des Obergerichts von Baselland hat diesen Entscheid durch Urteil vom 30. Mai 1913 bestätigt.
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B. | |
Gegen das obergerichtliche Urteil hat nunmehr Bühler gültig Kassationsbeschwerde an das Bundesgericht ergriffen mit dem Antrage: Es sei das angefochtene Urteil wegen Verletzung der Art. 1, 8 und 9 des Kunstweinverbotgesetzes und von Art. 1 der Verordnung dazu, sowie wegen Verletzung von Art. 37 des Gesetzes betreffend den Verkehr mit Lebensmitteln und von Art. 1 und 153 der dazu gehörigen Verordnung aufzuheben und die Sache an die kantonale Behörde zurückzuweisen.
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Der Kassationshof zieht in Erwägung: | |
1. Die Verurteilung des Kassationsklägers stützt sich zunächst auf den Art. 1 der Verordnung vom 12. Dezember 1912 zum Bundesgesetz betreffend das Verbot von Kunstwein und Kunstmost vom 7. März 1912. Nach dieser Bestimmung dürfen Kunstwein und Kunstmost im Sinne des Bundesgesetzes weder unter dieser noch unter irgend einer andern Bezeichnung, "in den Verkehr gebracht werden". Der Kassationskläger stellt vor allem in Abrede, daß die Transporthandlung, hinsichtlich deren er bestraft wurde, nämlich die Rücksendung des fraglichen Tresterweines an Sutter vom 4. Januar 1913 ein "in den Verkehr Bringen" nach der ![]() ![]() | 5 |
Geht man hievon aus, so fehlt dem in Frage kommenden Rücktransport des Fasses an Sutter das genannte Merkmal: Diesen Transport hat nämlich die Firma Schneider & Cie. auf Grund einer brieflichen Erklärung Sutters, daß er die vorher refüsierte Ware nunmehr annehme, besorgt. Mit dieser Erklärung aber wurde die frühere Annahmeverweigerung wirkungslos und Sutter also Eigentümer der Ware, wobei die Firma Schneider & Cie. sie als sein Stellvertreter im Besitze innehatte. Wenn also die Firma den Tresterwein gemäß seiner Weisung an ihn zurücksandte, so hat sie lediglich eine ihm bereits zu Eigentum gehörende Sache von einem Ort zum andern verbringen helfen, die Ware also nach dem Gesagten nicht "in den Verkehr gebracht". Der Art. 1 der Verordnung trifft somit auf den gegebenen Tatbestand nicht zu, und es braucht daher die von der Vorinstanz noch erörterte Frage keiner Prüfung, ob dieser Artikel ungültigerweise das Kunstwein- und Kunstmostverbot über den Umfang, den ihm das Gesetz gegeben hat, erweitere.
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2. Der Kassationskläger ist sodann noch der Verletzung des Art. 153 (in der Fassung vom 9. Dezember 1912) der Verordnung vom 29. Januar 1909 zum Bundesgesetz über den Verkehr mit Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen schuldig befunden worden. Laut dieser Bestimmung darf "unter der Bezeichnung Wein nur das aus dem Safte frischer Weintrauben (Weinmost) ![]() ![]() | 7 |
Demnach hat der Kassationshof erkannt: | |
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