BGE 42 I 74 - Schwindelrabatt | |||
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Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: Jana Schmid, A. Tschentscher | |||
12. Urteil |
vom 4. Februar 1916 i.S. Hof-Hadorn gegen Rabattsparverein Luzern und Obergericht Luzern. | |
Regeste |
Art. 55 BV. |
Die Garantie der Pressfreiheit gilt nicht für Zeitungsartikel, die wesentlich gewerbliche Zwecke (Reklame) verfolgen. |
Gegen Art. 4 BV verstossende Beweiswürdigung? | |
Sachverhalt: | |
A. | |
Unter dem Titel "Genossenschaftliches Volksblatt" wird in Basel vom Verband schweiz. Konsumvereine ein alle 14 Tage erscheinendes Blatt herausgegeben, das jeweilen in einem ersten Teil, von drei oder vier Seiten, der ganzen Auflage gemeinsame, die Bestrebungen und Interessen des Gesamtverbandes beschlagende Artikel bringt und anschliessend, auf Seite 4 oder in einem zweiseitigen Beiblatt, in Form von Inseraten oder Mitteilungen sich mit den besonderen Verhältnissen der einzelnen Verbandsgenossenschaften befasst. Dieser zweite, besondere Teil hat in derselben Nummer des Blattes verschiedenen Inhalt; denn er wird nach Ortsgruppen abgeteilt gedruckt, wobei jede Abteilung an die Mitglieder aller derjenigen Lokalvereine zur Abgabe gelangt, auf deren Gruppe sich ihre Publikationen beziehen.
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"Konsumgenossenschaft Münster und Umgebung. Wir empfehlen:
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Emmenthaler, Limburger, Tilsiter, Rahmkäsli, Glarner Schabzieger, Aprikosen, Feigen, Zwetschgen, Zwiebeln, Bananen, Orangen, AepfeI, Röstkaffee, gemahlener Kaffee, Rot- und Weissweine, Feld- und Gartensämereien, Geschirr- und Bürstenwaren, sämtliche Waschartikel.
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Sodann empfehlen wir unsere Weiss- und Rotweine. Alle durch uns bezogenen Artikel sind rückvergütungsberechtigt, darum, Genossenschafter, zu euerm Vorteil, bezieht alles aus dem eigenen Laden.
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Was die Krämer von Rabatt sagen:
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Der Rabatt ist Schwindel!
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Die Spezierer von Hombrechtikon haben sich brüderlich die Hände gereicht und erliessen in letzter Samstagnummer der "Zürichsee-Zeitung" folgende Anzeige und Empfehlung:
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Nachstehende Geschäftsinhaber haben beschlossen, von den zur Mode gewordenen Rabattmarken, sich auf Spezereien beziehend, Umgang zu nehmen.
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Wir begründen unser Vorgehen damit, dass bei solchen Einkäufen den Kunden keineswegs ein Vorteil geboten wird, denn bekanntlich muss der Prozentsatz der Rabattmarken auf die Ware geschlagen werden und ist daher nichts als Blendwerk.
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Demgegenüber machen wir das kaufende Publikum auf unsere niedrigst angesetzten Nettopreise aufmerksam. Wir empfehlen den Käufern, Vergleiche anzustellen und ihren Bedarf da zu decken, wo ihnen wahre Vorteile geboten werden.
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Hombrechtikon, im April 1914.
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Genossenschaftsfreunde! Merkt ihr was? Warum finden sich die Herren Spezierer zu obiger Mitteilung gezwungen? Weil durch die Eröffnung der Konsum-Ablage in Hombrechtikon ihrer Willkür ein Ende bereitet ist. Weil sie nun einsehen müssen, dass es mit der Geduld der Einwohnerschaft vorbei ist, indem diese nur noch da ihre Ware bezieht, wo sie direkt interessiert ist und ein Mitspracherecht hat. Wir können das ganze Inserat Wort für Wort unterstützen und freuen uns und sind von Herzen dankbar, dass die das Inserat unterzeichneten Herren Spezierer für uns ungewollt Reklame machen. Denn nur da können wahre Vorteile geboten werden, wo jede Profitsucht seitens einzelner ausgeschaltet ist. Nur da sind wahre Vorteile, wo der Spruch gilt: "Einer für alle, alle für einen!" Wo es keine Rabattmarken gibt, sondern wo nach Abzug der Betriebsausgaben der Ueberschuss prozentual dem Einkauf jedes Mitgliedes entsprechend unter sämtliche Genossenschafter verteilt wird. Das zu leisten ist aber nur eine Genossenschaft imstande, wie unser Konsumverein eine ist!
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Genossenschaftsfreunde! Vergleichen Sie, bitte, unsere Verkaufspreise mit den früheren der HH. Spezierer vor Eröffnung unserer Ablage, dann werden Sie auch merken, wo der Hase im Pfeffer liegt, dann wird Ihnen so recht das Wohlwollen HH. Händler ihren Mitmenschen gegenüber vor die Augen treten.
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Gewiss, die Käufer sollen Vergleiche anstellen, was auch uns freut, aber nicht nur zwischen den Verkaufspreisen, sondern auch zwischen den Qualitäten der Waren und dann ihren Bedarf da decken, wo ihnen wahre Vorteile geboten werden.
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Auf, ihr Freunde unserer Genossenschaft! Agitiert in allen unserer Sache noch fernstehenden Familien! Noch ein energischer Stupf und der Umsatz des Allgemeinen Konsumvereins Stäfa erreicht die Höhe von 200,000 Fr.
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Als Antwort auf obiges Inserat wollen wir zeigen, wo wahre Vorteile zu erlangen sind, indem wir unsere Sache durch ein zielbewusstes noch engeres Zusammenarbeiten fördern, indem wir unsere ganze Kaufkraft dem Verein zuwenden. Nur da sind wahre Vorteile, wo wir mitbefehlen können. Das sei unsere Antwort auf obiges Inserat.
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Merkt euch das, Genossenschaftsfreunde! Und handelt danach!
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So lesen wir um Genossenschaftlichen Volksblatt des Konsumvereins Stäfa. Die Konsumenten von Münster sind gewiss mit uns einig, wenn wir sagen: der Rabatt ist Schwindel!"
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Wegen dieser Publikation erhob der Rabattsparverein Luzern, der in Münster eine Sektion hat, daselbst Klage, gestützt auf § 3 des luz. Gesetzes betr. die Handelspolizei vom 30. Januar 1912, wonach sich wegen Kreditschädigung strafbar und schadenersatzpflichtig macht,
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"wer zum Zwecke des Wettbewerbes wider besseren Wissen über das Erwerbsgeschäft eines andern, über die Person des Inhabers oder Leiters eines Geschäftes, über die Waren oder die gewerblichen Leistungen eines andern Unwahres behauptet oder verbreitet, das geeignet ist, den Betrieb des Geschäftes oder den Kredit des Inhabers zu schädigen oder dessen Kundschaft abzuleiten."
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Die Klage wurde gegen den in Basel wohnhaften E. Hof-Hadorn gerichtet, der zugestandenermassen in seiner Stellung als Chef der Abteilung Auskünfte des Verbandes schweiz. Konsumvereine (mit der besonderen Aufgabe, neugegründeten und schwachen Konsumvereinen durch populär gehaltene Aufklärungen über Wesen und Wirkung der Konsumgenossenschaften im "Genossenschaftlichen Volksblatt" behilflich zu sein) die Publikation erlassen hatte.
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B. | |
In dem hierauf durchgeführten Polizeistrafverfahren hat das Obergericht des Kantons Luzern (II. Kammer) mit Urteil vom 14. Juli 1915, in Bestätigung des erstinstanzlichen Befundes des Amtsgerichts Sursee, E. Hof-Hadorn der Uebertretung des Handelspolizeigesetzes schuldig erklärt und ihn hiefür unter Verweisung der Entschädigungsfrage an den Zivilrichter in eine Geldbusse von 50 Fr., im Nichtbezahlungsfalle in entsprechende Gefängnisstrafe, verfällt.
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Aus der Begründung dieses Urteils ist hervorzuheben: Die Tatsache, dass der inkriminierte Artikel im Inseratenteil des "Genossenschaftlichen Volksbattes" stehe und sich unmittelbar an eine für die Konsumgenossenschaft Münster und Umgebung eingerückte Warenauskündigung anschliesse, lasse erkennen, dass es dem Verfasser, dessen Ausführungen für sich allein, inhaltlich als blosse theoretische Kritik des Rabattmarkensystems angesehen werden könnten, in erster Linie nicht darum zu tun gewesen sei, den Lesern des Blattes allgemeine wirtschaftliche Belehrungen zu geben, sondern vielmehr darum, im geschäftlichen Interesse der Konsumgenossenschaft Münster und Umgebung, zu Konkurrenzzwecken, die Vorteile der Mitgliedschaft des Konsumvereins gegenüber dem Rabattmarkensystem beim Wareneinkauf in ein günstiges Licht zu setzen und für den Konsumverein geschäftliche Reklame zu machen. Der Beklagte habe den Artikel gemäss seiner Aufgabe, neugegründeten oder schwachen Verbandsvereinen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, in der Absicht veröffentlicht, der Konsumgenossenschaft Münster und Umgebung geschäftlich etwas aufzuhelfen und ihr Kunden zuzuführen. Bei dieser Sachlage aber könne er die Zuständigkeit der luzernischen Gerichte zur Beurteilung des Falles nicht unter Berufung auf die verfassungsmässige Garantie der Pressfreiheit (Art. 55 BV) bestreiten, da nach der bundesgerichtlichen Praxis (AS 36 I No. 6 S. 41) Bekanntmachungen, die gewerbliche Zwecke verfolgten, dieser Garantie nicht unterständen. Massgebend für die Kompetenzfrage sei somit einzig das kantonale Strafrecht, und dieses führe zur Bejahung der Frage mit Rücksicht auf den Begehungsort der eingeklagten Kreditschädigung, der im Kanton Luzern anzunehmen sei, wo die Kundschaft der angeblich geschädigten Geschäfte vom fraglichen Artikel Kenntnis erhalten habe. Nur bei dieser Annahme lasse sich ein wirksamer Schutz der luzernischen Geschäftswelt gegen kreditschädigende Aeusserungen von Konkurrenten erreichen. Materiell sodann sei die Behauptung des Artikels: Rabatt ist Schwindel, nach § 3 des Handelspolizeigesetzes strafbar, da sie offenbar geeignet sei, auf den Geschäftsbetrieb der Handelsleute, welche Rabattmarken ausgäben, eine kreditschädigende Wirkung auszuüben, und da der Beklagte wider besseres Wissen gehandelt, indem er keinen berechtigten Grund zu der Annahme gehabt habe, dass mit der Ausgabe von Rabattmarken allgemein, und insbesondere bei den Geschäftsinhabern, auf welche die Leser des "Genossenschaftlichen Volksblattes" in Münster und Umgebung den Artikel naturgemäss in erster Linie hätten beziehen müssen, bloss ein Scheinvorteil für die Kunden verknüpft sei. Die vom Beklagten zum Beweis für die Richtigkeit dieser Annahme verlangte Aktenvervollständigung durch Einvernahme der einzelnen Mitglieder des Rabattsparvereins Münster über die seit ihrem Beitritt zum Verein vorgenommenen Preiszuschläge könnte keine wesentliche Aenderung der Beweislage zu seinen Gunsten bewirken. Denn es lägen bereits unterschriftliche Erklärungen der Mitglieder des Rabattsparvereins Münster bei den Akten, wonach die Unterzeichner die Waren seit Einführung des Rabattsystems zu gleichen Preisen wie vorher verkauften. Diese Erklärungen bildeten, wenn auch keine förmlichen Beweismittel, so doch Indizien dafür, dass sich die betreffenden Geschäftsleute bei mündlicher Einvernahme nicht anders äussern würden, abgesehen davon, dass selbst gegenteilige Aussagen im Zeugenverhör die Ueberzeugung des Richters nicht zu ändern vermöchten, dass der Beklagte, indem er ohne besondere tatsächliche Anhaltspunkte für die Richtigkeit seiner Behauptung im Bezug auf den Geschäftsbetrieb der Mitglieder des Rabattsparvereins Luzern, speziell derjenigen in Münster, ganz allgemein den Rabatt als Schwindel bezeichnet, diesen Geschäftsleuten gegenüber "wider besseres Wissen" eine kreditschädigende Anschuldigung erhoben habe.
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C. | |
Gegen dieses Strafurteil des Obergerichts hat Hof-Hadorn rechtzeitig den staatsrechtlichen Rekurs an das Bundesgericht ergriffen und beantragt, das Urteil sei aufzuheben.
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Zunächst liege, wird zur Begründung wesentlich ausgeführt, eine Verletzung der Garantie der Pressfreiheit vor. Es handle sich beim streitigen Artikel nicht um ein Inserat zu gewerblichen Zwecken, sondern um eine belehrende Aufklärung, wie solche nach Anlage und Zweckbestimmung des "Genossenschaftlichen Volksblattes" auch in dessen besonderen Teil aufgenommen würden. Diese Auffassung sei umsomehr gerechtfertigt, als der fragliche Text, mit Ausnahme der Ueberschrift und des Schlussatzes, ja nur aus einer andern Zeitung zum Abdruck gelangt sei und überdies eine mehr historisch-referierende Wiedergabe konkreter Vorgänge enthalte, die entschieden zulässig sei und nicht als Inserat bezeichnet werden könne. Aber auch, wenn es sich um ein eigentliches Inserat handeln würde, wäre nicht einzusehen, warum dem Rekurrenten nicht der Schutz der Pressfreiheit zugebilligt werden sollte; denn die Erwägungen, welche nach der bundesgerichtlichen Praxis (Urteil vom 24. Juni 1909 i. S. Richter: AS 35 I No. 59 S. 347) den fliegenden Gerichtsstand für andere Presserzeugnisse ausschlössen, gälten auch hier. Gerade im vorliegenden Falle hätte, wenn die Kompetenzerklärung des luzernischen Obergerichts berechtigt wäre, der Rekurrent in mindestens fünf Kantonen verklagt werden können, was eine unzulässige Häufung von Klagen wegen des gleichen angeblichen Deliktes darstellen würde. Die Auffassung des Obergerichts, nur bei Annahme der Kompetenz Luzerner Gerichte sei ein wirksamer Schutz der luzernischen Geschäftswelt gegen kreditschädigende Aeusserungen von Konkurrenten erreichbar, sei insofern nicht zutreffend, als auch im Kanton Basel-Stadt ein Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb existiere, das eine der vorliegenden ähnliche Strafbestimmung enthalte.
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Sodann liege eine Rechtsverweigerung darin, dass der Antrag des Rekurrenten auf Einvernahme der Mitglieder des Rabattsparvereins Münster als Zeugen abgelehnt worden sei, denn wie sich aus zwei -- vorgelegten -- Erklärungen ergebe, hätten die kantonalen Gerichte, falls sie dem Antrag Folge gegeben hätten, zu einer andern Auffassung über die Frage der Preiserhöhungen seit Einführung des Rabattes in Münster kommen müssen.
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D. | |
Der Rabattsparverein Luzern hat im Sinne der Begründung des angefochtenen Urteils auf Abweisung des Rekurses antragen lassen. Staatsanwaltschaft und Obergericht des Kantons Luzern haben sich diesem Antrage ohne besondere Gegenbemerkungen angeschlossen.
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Erwägungen: | |
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
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Erwägung 1 | |
1. Der Rekurrent beruft sich zu Unrecht auf Verletzung der Garantie der Pressfreiheit (Art. 55 BV). Die Annahme des Obergerichts, dass der fragliche Zeitungsartikel gewerbliche Zwecke verfolge, ist nicht zu beanstanden. Es handelt sich dabei um den wirtschaftlichen Konkurrenzkampf zwischen den Konsumgenossenschaften und den sog. freien Spezierern in der Gegend der Gemeinde Münster. Denn die in dem Artikel zum Abdruck gebrachte, durch Einleitung und Nachsatz des Rekurrenten mit der inkriminierten Aeusserung verstärkte Publikation aus dem Genossenschaftlichen Volksblatt des Konsumvereins Stäfa enthält eine ausdrückliche -- wenn auch in der Form einer allgemeinen Erörterung über die Vorteile des Warenbezugs bei den genossenschaftlich organisierten Konsumvereinen, statt bei den anderweitigen Spezierern mit oder ohne Rabattsystem, begründete -- Reklame für den Allgemeinen Konsumverein Stäfa. Heisst es doch in der Publikation nach jener allgemeinen Erörterung: "Auf, ihr Freunde unserer Genossenschaft! Agitiert in allen unserer Sache noch fernstehenden Familien! Noch ein energischer Stupf und der Umsatz des Allgemeinen Konsumvereins Stäfa erreicht die Höhe von 200,000 Fr. ..." Und die Wiedergabe dieser Reklame im unmittelbaren Anschluss an eine Warenempfehlung der Konsumgenossenschaft Münster und Umgebung kann schlechterdings nur als Reklametätigkeit für diesen örtlichen Konsumverein, in seiner Konkurrenzstellung gegenüber den dem Rabattsparverein Luzern angehörenden Spezierern der Gegend, aufgefasst werden. Sie bezweckte, wie das obergerichtliche Urteil zutreffend sagt, der Konsumgenossenschaft Münster und Umgebung geschäftlich etwas aufzuhelfen und ihr Kunden zuzuführen. Für diesen Reklamezweck zeugt neben dem Inhalt unverkennbar auch die ganze Anordnung und die typographische Ausgestaltung des Artikels. Auf solche Presserzeugnisse erstreckt sich aber die verfassungsmässige Garantie der Pressfreiheit ihrem Sinn und Wesen nach nicht. Denn bei ihnen steht im Vordergrunde nicht das durch diese Garantie geschützte ideale Interesse an der Freiheit der Meinungsäusserung in der Presse um ihres grundsätzlichen Wertes willen; überwiegend und entscheidend für ihre Bedeutung ist vielmehr das materielle Interesse an der Benutzung der Presse zu Erwerbszwecken, das als solches unter den verfassungsmässigen Schutz der Handels- und Gewerbefreiheit fällt. Es liegt kein Grund vor, von diesem Standpunkt der bisherigen, vom Obergericht mit Recht angerufenen bundesgerichtIichen Praxis (AS 36 I No. 6 Erw. 1 S. 41 und die dortige Verweisung; zustimmend BURCKHARDT, Kommentar zu BV, 2. Aufl., S. 529) abzugehen. Folglich trifft die aus der Garantie der Pressfreiheit abgeleitete bundesrechtliche Gerichtsstandsbeschränkung für Pressdelikte das Verbot des sog. fliegenden Gerichtsstandes, auf welches sich der Rekurrent beruft, im vorliegenden Falle überhaupt nicht zu. Es wäre hier der Natur der Sache nach offenbar auch nicht gerechtfertigt, die Strafverfolgung im Kanton Luzern deswegen auszuschliessen, weil sich daselbst weder der Wohnort des Rekurrenten noch der Druckort des eingeklagten Presserzeugnisses befindet. Denn wenn eine Strafverfolgung wegen unlauteren Wettbewerbes, wie sie vorliegend in Frage steht, nicht auch an dem Orte möglich wäre, wo das Vergehen seine Wirkung auszuüben bestimmt war und tatsächlich ausgeübt hat, so könnte bei der ungleichen Entwicklung der kantonalen Gesetzgebung auf diesem Gebiete unter Umständen der in einem Kanton gewährte Rechtsschutz durch das Mittel der auswärtigen Presse illusorisch gemacht werden.
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Erwägung 2 | |
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Dispositiv | |
Demnach hat das Bundesgericht erkannt:
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© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |