BGE 73 I 311 - Gesellschaft für Torfausbeutung | |||
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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: Michelle Ammann, A. Tschentscher | |||
45. Auszug aus dem Urteil |
vom 19. September 1947 i.S. Amrein und Konsorten gegen eidg. Steuerverwaltung. | |
Regeste |
Kriegsgewinnsteuer: 1. Die Kollektivgesellschaft als Steuersubjekt. 2. Stellt sich nachträglich heraus, dass ein Gewinn, der in eine Steuerberechnung einbezogen wurde, bei einem anderen Steuersubjekt zu erfassen gewesen wäre, so muss die Besteuerung gegenüber dem richtigen Steuersubjekt durchgeführt und die Veranlagung des andern Steuerpflichtigen revidiert, der dadurch geschaffenen Lage angepasst werden. | |
Sachverhalt | |
A. | |
Am 18. April 1942 vereinbarten Landwirt Schwegler Weinhändler Julius Bucher und Amtsschreiber Roman Amrein, alle wohnhaft in Willisau, die Errichtung einer Gesellschaft für den Ankauf einer Landparzelle in Mauensee und deren Ausbeutung auf Torf. Die Unternehmung wurde als eine einfache Gesellschaft im Sinne von Art. 530 ff. [OR] bezeichnet und es wurde ihr der Name "Gesellschaft für Torfausbeutung Willisau" beigelegt. Am 8. Juni 1942 trat der Kohlenhändler Hugo Walthert in Willisau der Gesellschaft bei mit den nämlichen Anteilsrechten wie die bisherigen Teilhaber, sodass jeder Gesellschafter am Geschäft mit einem Viertel teilnahm. Gleichzeitig wurden Ausbeutungsrechte in Kottwil und Buttisholz erworben.
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Im November 1944 starb der Gesellschafter Roman Amrein. Die Gesellschaft löste sich am 20. April 1945 auf und das Liquidationsergebnis wurde unter die überlebenden Gesellschafter und die Erben des Verstorbenen verteilt.
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B. | |
In der Annahme, bei der 1942 errichteten Gesellschaft handle es sich um eine einfache Gesellschaft, hatte die eidg. Steuerverwaltung die einzelnen Gesellschafter im Laufe des Jahres 1943 zur Abgabe der Steuererklärung für die Kriegsgewinnsteuer 1942 aufgefordert. Der Gesellschafter Schwegler, der auch noch persönlich Torf ausbeutet, wurde für seinen eigenen Geschäftsgewinn und für den Anteil am Reingewinn der Gesellschaft eingeschätzt. Die Veranlagung der übrigen Gesellschafter wurde einstweilen zurückgelegt.
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C. | |
Nachträglich kam die Steuerverwaltung zu der Auffassung, dass es sich um eine Kollektivgesellschaft handle und dass die Steuerpflicht die Gesellschaft, nicht die einzelnen Gesellschafter persönlich treffe. Sie schätzte daher die Gesellschaft ein und änderte die Einschätzung des Gesellschafters Schwegler ab.
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D. | |
Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird beantragt, das gegenüber der Gesellschaft eingeleitete Einschätzungsverfahren aufzuheben, eventuell: festzustellen, dass die am 20. April 1945 aufgelöste "Gesellschaft für Torfausbeutung Willisau", bezw. die Beschwerdeführer als deren Rechtsnachfolger, nicht kriegsgewinnsteuerpflichtig seien. Zur Begründung wird ausgeführt, die eidg. Steuerverwaltung habe die Beschwerdeführer für den Kriegsgewinn, den sie 1942 aus der "Gesellschaft für Torfausbeutung" gezogen haben sollen, bereits einzeln veranlagt. Damit habe die Einschätzungsbehörde anerkannt, dass es sich um verschiedene Verfahren für die anteilsmässige Besteuerung des Kriegsgewinns aus einer einfachen Gesellschaft handle. Gegenüber dem Gesellschafter Schwegler sei das Verfahren in der Weise abgeschlossen worden, dass der Gewinn aus der Gesellschaft in die Besteuerung für die daneben betriebene eigene Torfausbeutung einbezogen wurde. Es handle sich somit um eine beurteilte Sache. Es werde willkürlich eine Revision der rechtlichen Beurteilung versucht, nachdem es sich herausgestellt habe, dass bei einer Besteuerung der einzelnen Gesellschafter nur Schwegler kriegsgewinnsteuerpflichtig würde.
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Die übrigen Gesellschafter seien einzeln veranlagt worden. Daraus ergebe sich die Einrede der Rechtshängigkeit für die von ihnen pro 1942 verlangte Kriegsgewinnsteuer, und es könne für die nämliche Steuer nicht ein neues Verfahren eingeleitet werden.
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Die aufgelöste Gesellschaft sei nicht, wie die Verwaltung jetzt annehme, eine Kollektivgesellschaft gewesen, sondern eine einfache Gesellschaft. Die Verwaltung selbst habe früher angenommen, es handle sich um eine einfache Gesellschaft, und die Beschwerdeführer hätten dieser Erledigung zugestimmt. Übrigens sei eine Besteuerung einer Unternehmung als Kollektivgesellschaft unzulässig, solange der Charakter nicht festgestellt und die Unternehmung im Handelsregister als Kollektivgesellschaft eingetragen sei. Bis dahin sei sie auch nicht durchführbar.
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Das Bundesgericht hat die Beschwerde abgewiesen.
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Aus den Erwägungen: | |
2. Die am 18. April 1942 errichtete und am 20. April 1945 aufgelöste Gesellschaft für Torfausbeutung Willisau war eine Kollektivgesellschaft. Denn die Gesellschafter hatten sich zum Betriebe eines nach kaufmännischer Art geführten Gewerbes und ohne ihre Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern zu beschränken, unter gemeinsamer Firma zusammengeschlossen. Sie hatten damit eine Vereinigung geschaffen, die alle Erfordernisse einer Kollektivgesellschaft (Art. 552, Abs. 1 OR) erfüllt. Die Gesellschaft ist errichtet worden zum Zwecke der Ausbeutung von Torf in einem eigenen und in weiteren, später hinzu gepachteten Grundstücken. Sie war eine auf die Dauer errichtete Unternehmung, nicht bloss eine Verbindung zu einem einzelnen, einmaligen Gelegenheitsgeschäft. Der Torf sollte in den Handel gebracht, in einem nach kaufmännischer Art geführten Gewerbe verwertet werden. Die Gesellschafter traten unter einer gemeinsamen Firma auf. Dass die Firma den Vorschriften über Gesellschaftsfirmen insofern nicht entsprach, als sie keinen Familiennamen enthielt (vgl. Art. 947 OR), ist jedenfalls hier für den Charakter der Gesellschaft als Kollektivgesellschaft ohne Bedeutung (Siegwart, Kommentar, Nr. 8 zu Art. 552 OR). Die Beteiligten gaben das Gesellschaftsverhältnis nach aussen, gegenüber Dritten bekannt; sie waren nicht Teilhaber einer stillen Gesellschaft. Nach den getroffenen Vereinbarungen waren die Gesellschafter zu gleichen Teilen berechtigt und verpflichtet. Eine Beschränkung der Haftung wurde damit nicht verbunden. Eines schriftlichen Vertrages bedurfte es nicht. Für die Begründung einer Kollektivgesellschaft ist weder ein schriftlicher Vertrag, noch die Eintragung im Handelsregister erforderlich. Schriftlichkeit ist nur vorgeschrieben für die Anmeldung im Handelsregister (Art. 556, Abs. 1 OR). Der Vertragsabschluss kann mündlich sein (Hartmann, Kommentar, Nr. 9 ff. zu Art. 552 OR). Der Handelsregistereintrag ergeht über ein bestehendes Gesellschaftsverhältnis (Art. 552, Abs. 2 OR). Er hat nicht konstitutive Bedeutung. Unrichtig ist auch die Annahme der Beschwerdeführer, dass die Frage, ob es sich um eine einfache oder eine Kollektivgesellschaft handle, in einem Feststellungsverfahren auf Eintragung im Handelsregister hätte abgeklärt werden müssen. Die Bezeichnung als "einfache Gesellschaft" und der Hinweis auf "Art. 530 OR" im Vertrage vom 18. April 1942 waren irrtümlich, unvereinbar mit der gesetzlichen Ordnung, wonach den Gesellschaften, bei denen die Voraussetzungen einer andern im Gesetz geordneten Gesellschaftsform zutreffen, die Anerkennung als einfache Gesellschaften versagt ist (Art. 530, Abs. 2 OR).
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War aber jene "Gesellschaft für Torfausbeutung Willisau" richtigerweise, entgegen dem Wortlaut des Gesellschaftsvertrages, als Kollektivgesellschaft zu charakterisieren, so musste nach Art. 1, Abs. 1 lit. b und Abs. 3 KGStB die Besteuerung gegenüber der Gesellschaft durchgeführt werden. Dies ist mit der hier angefochtenen Veranlagung geschehen.
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Erwägung 3 | |
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Der Gesellschafter Schwegler war bei seiner persönlichen Einschätzung zugleich auch für die aus der Gesellschaft herrührenden Gewinne veranlagt worden und hatte die Steuer bezahlt. Die Einschätzung ist aber im Anschluss an die Besteuerung der Kollektivgesellschaft revidiert und der Überschuss über die nach der neuen Berechnung geschuldete Steuer zurückerstattet (dem Steuerpflichtigen gutgeschrieben) worden. Dass die persönliche Einschätzung Schweglers bereits in Rechtskraft erwachsen war, steht dieser Erledigung nicht entgegen. Denn nachdem es sich herausgestellt hatte, dass Schwegler für einen Gewinn besteuert worden war, der bei einem andern Steuersubjekt zu erfassen gewesen wäre, musste die Besteuerung gegenüber dem richtigen Steuersubjekt durchgeführt und die persönliche Einschätzung Schweglers revidiert, der dadurch geschaffenen Lage angepasst werden.
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