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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server, A. Tschentscher | |||
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6. Auszug aus dem Urteil der II. OerA |
vom 17. November 1998 |
i.S. R. gegen Kanton Basel-Stadt und Kanton Zürich |
(staatsrechtliche Beschwerde) | |
Regeste | |
Regeste |
Das Steuerdomizil von ledigen Arbeitnehmern befindet sich grundsätzlich am Arbeitsort; mögliche Ausnahmen. Zusammenfassung der Rechtsprechung (E. 2). |
Beweislast für einen vom Arbeitsort abweichenden Lebensmittelpunkt (E. 3a). |
Arbeitsort als Steuerdomizil mangels familiärer Beziehungen zum Wochenendaufenthaltsort (E. 3b). | |
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Dr. sc. nat. R. wurde am 25. Juni 1956 in S. auf Sardinien geboren. Während seine Familie nach wie vor in Italien lebt, hält er sich seit dem Jahre 1981 in der Schweiz auf. Von Zürich, wo er an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) im Fach Chemie doktorierte, zog er im Oktober 1987 nach A. (ZH). Dort wurde er im Jahre 1994 eingebürgert; seither ist er schweizerisch-italienischer Doppelbürger. R. ist unverheiratet, lebt allein und hat am B.-weg ![]() ![]() | 1 |
Seit dem 1. September 1994 arbeitet R. für die X. AG in Basel, wo er sich auf den 1. Juli 1995 als Wochenaufenthalter angemeldet hat. Zuerst wohnte er in Basel in einer möblierten 11/2-Zimmer-Wohnung; am 15. August 1995 zog er nach C. (BS). Seit dem 1. März 1996 bewohnt er dort (allein) eine 2-Zimmer-Wohnung an der D.-gasse.
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Am 23. August 1996 verfügte die Steuerverwaltung des Kantons Basel-Stadt, R. sei ab dem 1. Januar 1997 im Kanton Basel-Stadt steuerpflichtig.
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Diesen Entscheid bestätigte die Steuerverwaltung Basel-Stadt am 18. November 1996 auf Einsprache hin.
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Hiergegen hat R. am 19. Dezember 1996 beim Bundesgericht staatsrechtliche Beschwerde eingereicht mit dem Antrag, den Einspracheentscheid aufzuheben und festzustellen, dass er weiterhin in A. im Kanton Zürich steuerpflichtig sei; er rügt eine Verletzung von Art. 46 Abs. 2 BV (Doppelbesteuerungsverbot) und bestreitet das Besteuerungsrecht des Kantons Basel-Stadt, wobei er aber auch die Frage nach der Steuerhoheit des Kantons Zürich ab 1. Januar 1997 aufwirft.
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Das Bundesgericht hat die staatsrechtliche Beschwerde gegen den Kanton Basel-Stadt abgewiesen und jene gegen den Kanton Zürich gutgeheissen.
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Auszug aus den Erwägungen: | |
Aus den Erwägungen:
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Erwägung 1 | |
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b) Eine gegen Art. 46 Abs. 2 verstossende Doppelbesteuerung liegt vor, wenn eine steuerpflichtige Person von zwei oder mehreren Kantonen für das gleiche Steuerobjekt und für die gleiche Zeit zu Steuern herangezogen wird (aktuelle Doppelbesteuerung) oder ![]() ![]() | 9 |
Erwägung 2 | |
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aa) Eine Ausnahme besteht nach ständiger Rechtsprechung für verheiratete Steuerpflichtige, die täglich oder an den Wochenenden regelmässig zu ihrer Familie zurückkehren: Die durch persönliche und familiäre Bande begründeten Beziehungen werden für stärker erachtet als jene zum Arbeitsort; deshalb sind diese Steuerpflichtigen in der Regel am Aufenthaltsort der Familie zu besteuern (vgl. Urteil vom 20. Januar 1994 in: ASA 63 S. 839 E. 2b; LOCHER, Die Praxis der Bundessteuern, III. Teil: Doppelbesteuerung, § 3, I B, 2a Nrn. 1-3, 5, 9-12, 14, 16, 18, und dort erwähnte Praxis); anders verhält es sich grundsätzlich nur, wenn sie in leitender Stellung tätig ![]() ![]() | 13 |
bb) Diese Praxis findet auch auf ledige Personen Anwendung, zählt die Rechtsprechung doch Eltern und Geschwister ebenfalls zur Familie des Steuerpflichtigen. Allerdings werden die Kriterien, nach welchen das Bundesgericht entscheidet, wann anstelle des Arbeitsorts der Aufenthaltsort der Familie als Steuerdomizil anerkannt werden kann, besonders streng gehandhabt; dies folgt aus der Erfahrung, dass die Bindung zur elterlichen Familie regelmässig lockerer ist als jene unter Ehegatten. Bei ledigen Steuerpflichtigen ist vermehrt noch als bei verheirateten Personen zu berücksichtigen, ob weitere als nur familiäre Beziehungen zum einen oder anderen Ort ein Übergewicht begründen. Dadurch erhält der Grundsatz, wonach das Steuerdomizil von Unselbständigerwerbenden am Arbeitsort liegt, grösseres Gewicht: Selbst wenn ledige Steuerpflichtige allwöchentlich zu den Eltern oder Geschwistern zurückkehren, können die Beziehungen zum Arbeitsort überwiegen. Dies kann namentlich dann zutreffen, wenn sie sich am Arbeitsort eine Wohnung eingerichtet haben, dort ein Konkubinatsverhältnis haben oder über einen besonderen Freundes- und Bekanntenkreis verfügen (vgl. Urteil vom 20. Januar 1994 in: ASA 63 S. 840 f. E. 2c, mit Hinweisen). Besonderes Gewicht haben in diesem Zusammenhang auch die Dauer des Arbeitsverhältnisses und das Alter des Steuerpflichtigen (vgl. Urteil vom 9. Dezember 1992 in: ASA 62 S. 446 E. 4).
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cc) Erfahrungsgemäss führt die Pflege familiärer Beziehungen zu einer engeren Verbundenheit mit einem Ort als andere Kontakte; Konsequenz dieses Umstandes ist, dass bei ledigen Steuerpflichtigen kaum Ausnahmen vom Steuerdomizil am Arbeitsort vorkommen, wenn sie an jenem Ort, wo sie die Wochenenden verbringen, keine familiären Beziehungen unterhalten. Nur mit Zurückhaltung ist anzunehmen, dass die Beziehungen zum Ort der Wochenendaufenthalte stärker sind als jene zum Arbeitsort. Dies ist im Übrigen durchaus sachgerecht: Sinn und Zweck der direkten Steuern ist es, die allgemeinen Leistungen abzugelten, welche das Gemeinwesen für seine Mitglieder erbringt. Nun nehmen ledige Steuerpflichtige ohne Familie die öffentliche Infrastruktur und die Leistungen des Gemeinwesens in ungleich grösserem Masse an dem Ort in Anspruch, an welchem sie einer Erwerbstätigkeit nachgehen und sich demzufolge mehrheitlich aufhalten, als am Ort, wo sie ihre Freizeit verbringen. Diesbezüglich unterscheiden sie sich von jenen Steuerpflichtigen, die über enge familiäre Bindungen am Leben teilhaben, das sich ![]() ![]() | 15 |
Erwägung 3 | |
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b) Dem Beschwerdeführer gelingt es nicht, eine stärkere Verbindung mit A. als mit Basel nachzuweisen: Seine persönlichen Beziehungen zum Kanton Zürich erscheinen nicht unbedeutend; sie reichen jedoch nicht aus, um die Bindung aufzuwiegen, welche zu Basel bzw. C. aufgrund der täglichen Arbeit und des Verweilens während der Woche besteht. Nach eigenen Angaben handelt es sich beim Verhältnis des Beschwerdeführers mit K. nicht um ein Konkubinat, sondern um eine "feste Partnerschaft"; beide haben eine eigene Wohnung, verbringen jedoch angeblich die Wochenenden gemeinsam in A. bzw. Zürich. Da die Partner nicht zusammen leben, ist die ![]() ![]() | 18 |
Unerheblich ist, dass der Beschwerdeführer nur wegen eines unfreiwilligen Stellenverlustes in Basel arbeitet und gedenkt, möglichst bald wieder in Zürich erwerbstätig zu sein. Im Zeitpunkt, ab dem der Kanton Basel-Stadt das Besteuerungsrecht beansprucht, war der Beschwerdeführer 40 Jahre alt und seit knapp 21/2 Jahren bei der X. AG tätig; von einer blossen Zwischenlösung, die nur vorübergehender Natur wäre, kann demnach nicht die Rede sein. Weiter fällt ins Gewicht, dass der Beschwerdeführer in Basel bereits die dritte Wohnung gemietet hat, die - wie jene in A. - immerhin über zwei Zimmer verfügt und die er selbst möbliert hat. Trotz der Chorproben, die der Beschwerdeführer häufig am Mittwochabend in Zürich besucht, hält er sich mehrheitlich in Basel auf. Es erscheint wenig glaubwürdig, dass er dort weder zu Berufskollegen noch zu Nachbarn irgendwelche Beziehungen geknüpft hat. Überdies wird er wohl - entgegen der Behauptung in der Beschwerdeschrift - seine Besorgungen zu einem guten Teil unter der Woche in Basel erledigen müssen; er wird kaum alles bis zum Wochenende aufschieben können.
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c) Die Kritik des Beschwerdeführers am Einspracheentscheid der kantonalen Steuerverwaltung ist unbegründet. Diese hat - entgegen den Vorbringen in der Beschwerdeschrift - ausführlich und verständlich dargelegt, welche Gründe sie zum angefochtenen Entscheid bewogen haben. Im Übrigen war sie zur Vornahme weiterer ![]() ![]() ![]() | 20 |
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