BGE 71 II 223 - Abweichendes Bestätigungsschreiben | |||
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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: Sabiha Akagündüz, A. Tschentscher | |||
49. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 25. September 1945 i. S. Jos. Habegger G.m.b.H. gegen W. Kuhn und Sohn. | |
Regeste |
Bedeutung eines Bestätigungsschreibens im kaufmännischen Verkehr, das von der mündlich getroffenen Vereinbarung abweicht. |
Signification de la lettre de confirmation qui s'ecarte de ce qui de a été convenu oralement entre commercants. |
Significato d'una lettera di conferma che si scosta da quanto pattuito oralmente tra commercianti. | |
Aus den Erwägungen | |
2. Entgegen der Meinung der Vorinstanz folgt aus dem Scheitern des Nachweises für den Abschluss einer mündlichen Vereinbarung am 7. März noch nicht ohne weiteres die Unbegründetheit der eingeklagten Forderung. Die Vorinstanz hat ausser acht gelassen, dass ein Bestätigungsschreiben im kaufmännischen Verkehr nicht bloss die Bedeutung eines Beweismittels für einen vorausgegangenen mündlichen Vertragsschluss haben kann, sondern dass ihm darüber hinaus unter Umständen rechtserzeugende Kraft zukommt. Das ist der Fall, wenn der Inhalt der sog. Bestätigung von der mündlich getroffenen Vereinbarung abweicht oder neue Bedingungen enthält, und der Empfänger darauf schweigt. Dann hat das Bestätigungsschreiben nämlich den Charakter einer Vertragsofferte und das Stillschweigen des Empfängers ist als deren Annahme zu betrachten (BGE 30 II 301, 38 II 587, 40 II 138, welche Entscheide die Vorinstanz in Verkennung ihrer Tragweite lediglich dafür anruft, dass das Unterbleiben eines Widerspruchs gegen ein Bestätigungsschreiben ein starkes Indiz für dessen Richtigkeit, also für die Übereinstimmung seines Inhalts mit der mündlichen Vereinbarung, bilde ; vgl. ferner Schlaffer, die Bedeutung des Schweigens beim Vertragsschluss nach Schweiz. Recht, S. 73 ff. ; gleich für das deutsche Recht Düringer/Hachenburg, Komm, zum HGB 3. Aufl. Band 4 S. 399 ff. ; RGZ 129 S. 347 ff.).
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Diese Grundsätze über die Folgen des Schweigens auf ein Bestätigungsschreiben gelten nun aber nur unter der Voraussetzung, dass Treu und Glauben, Verkehrssicherheit, Handelsübung sie rechtfertigen. Dies trifft nur zu, wenn der Absender der ehrlichen Überzeugung ist, in seinem Bestätigungsschreiben lediglich das zusammengefasst zu haben, was tatsächlich bereits mündlich vereinbart war. Das kommt in den oben erwähnten Entscheiden des Bundesgerichtes, abgesehen vielleicht von demjenigen in Band 30 II 301, nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit zum Ausdruck und ist deshalb hier nachdrücklich hervorzuheben. Bestätigt der Absender bewusst etwas von der mündlichen Vereinbarung Abweichendes oder stellt er bewusst eine Vereinbarung fest, die in Wirklichkeit gar nicht stattgefunden hat, so hat man es mit der arglistigen Erschleichung eines Vertragsschlusses zu tun, die keinen Schutz verdient. Solche Bestätigungsschreiben kann der Empfänger ohne Schaden unbeantwortet lassen (vgl. RGZ 129 S. 347 ; Düringer /Hachenburg sowie Schläpfer a.a.O.).
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Das Stillschweigen der Beklagten auf das Schreiben vom 7. März 1944, das ihr Unbestrittenermassen zugekommen ist, begründet gemäss Art. 6 OR die Vermutung, dass ein Vertrag zustandegekommen sei, dessen Inhalt sich aus dem sog. Bestätigungsschreiben ergibt. Die Beklagte, die es nicht für nötig fand, der Klägerin mitzuteilen, dass sie mit dem Inhalt des Schreibens nicht einig gehe, trifft nun die volle Beweislast dafür, dass der Inhalt der sog. Bestätigung der am 7. März getroffenen Abmachungen tatsächlich nicht entspreche, und darüber hinaus, dass sich die Klägerin dieser Diskrepanz bewusst war.
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