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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server, A. Tschentscher | |||
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33. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung |
vom 8. Juni 1989 |
i.S. Burghartz Schnyder und Schnyder gegen Kanton Basel-Stadt |
(Berufung) | |
Regeste | |
Regeste |
1. Art. 44 lit. a OG: Die Möglichkeit der Berufung besteht auch gegen die Verweigerung der Namensänderung aus achtenswerten Gründen im Sinne von Art. 30 Abs. 2 ZGB (E. 1). |
2. Keine rückwirkende Anwendbarkeit von Art. 30 Abs. 2 ZGB auf Ehepaare, die bei Inkrafttreten des revidierten Eherechts bereits verheiratet waren (E. 2, 3). |
3. Vereinheitlichung des Familiennamens im internationalen Verhältnis: aufgrund der konkreten Umstände als wichtiger Grund im Sinne von Art. 30 Abs. 1 ZGB anerkannt; allgemeine Voraussetzungen (E. 5). |
4. Wird der bisherige Name der Ehefrau zum Familiennamen (Art. 30 ZGB), besteht keine entsprechende Möglichkeit des Ehemannes, seinen früheren Namen analog zu Art. 160 Abs. 2 ZGB und 8a SchlT voranzustellen (E. 6). | |
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A. | |
Susanna Maria Simone Burghartz, deutsche Staatsangehörige, und Albert Johann Schnyder, Bürger von Binningen und Horw, heirateten 1984 in Deutschland. Gemäss deutschem Recht bestimmten sie dabei den Namen der Frau zum Familiennamen; Albert Johann Schnyder erklärte überdies, er stelle seinen Namen dem Familiennamen voran. Hierzulande erfolgte die Eintragung in das Zivilstandsregister nach schweizerischem Recht; als Familienname wurde demnach der Name des Ehemannes vermerkt. Ihren Wohnsitz begründeten die Eheleute in Basel.
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Am 6. November 1984 wies der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft ein Namensänderungsgesuch der Ehegatten Schnyder ab.
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Nach Inkrafttreten des revidierten Eherechts erklärte Susanna Maria Simone Schnyder, sie stelle ihren ursprünglichen Namen dem Familiennamen voran.
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B. | |
Mit Gesuch vom 26. Oktober 1988 verlangten Susanna Maria Simone Burghartz Schnyder und Albert Johann Schnyder, es sei ihnen die Führung des Namens Burghartz als Familienname sowie dem Ehemann die Voranstellung seines Geburtsnamens zu bewilligen.
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Am 12. Dezember 1988 wies das Justizdepartement des Kantons Basel-Stadt das Gesuch ab.
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C. | |
Dagegen haben Susanna Maria Simone Burghartz Schnyder und Albert Johann Schnyder mit Eingabe vom 13. Januar 1989 beim Bundesgericht Berufung erhoben. Sie beantragen die Aufhebung des Entscheides vom 12. Dezember 1988. Des weiteren verlangen sie, dass der Ehefrau die Änderung ihres Namens und die Führung des Namens Burghartz als Familienname zu gestatten sei, so dass sie fortan den Namen Susanna Maria Simone Burghartz trage. Ferner sei auch dem Ehemann die Führung des Namens Burghartz als Familienname unter Voranstellung seines Geburts- und bisherigen Familiennamens zu bewilligen, so dass er künftig den Namen Albert Johann Schnyder Burghartz trage. Eventualiter wird um Rückweisung an die Vorinstanz ersucht. ![]() | 6 |
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Auszug aus den Erwägungen: | |
Erwägungen:
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Erwägung 1 | |
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Erwägung 2 | |
2.- Das Justizdepartement des Kantons Basel-Stadt hat das Gesuch um Änderung des Familiennamens abgewiesen, da es an wichtigen Gründen im Sinne von Art. 30 Abs. 1 ZGB fehle. Dass die Gesuchsteller in der Bundesrepublik Deutschland einen anderen Familiennamen führten und ihnen daraus Unannehmlichkeiten erwachsen können, genüge zum Nachweis des erforderlichen ernsthaften und dauerhaften Nachteils nicht. Die rückwirkende Anwendung von Art. 30 Abs. 2 ZGB auf diejenigen Ehepaare, deren Ehe noch unter der Geltung des alten Rechts geschlossen ![]() ![]() | 10 |
Die Berufungskläger halten dafür, das Justizdepartement habe Art. 30 Abs. 2 ZGB, Art. 160 Abs. 2 ZGB und Art. 8a SchlT ZGB, alle in Verbindung mit Art. 4 Abs. 2 BV, missachtet. Gleichzeitig wird auch die Verletzung von Art. 30 Abs. 1 ZGB gerügt.
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Erwägung 3 | |
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b) In den Übergangsbestimmungen zum revidierten Eherecht fehlt es an einer Bestimmung, die auch bereits verheirateten Paaren die Möglichkeit eröffnen würde, den Familiennamen nach Art. 30 Abs. 2 ZGB zu ändern. Diese Regelung beruht auf einer klaren Entscheidung des Gesetzgebers, weshalb die Annahme einer Gesetzeslücke nicht gerechtfertigt ist. Sowohl der Wortlaut als auch Sinn und Zweck sprechen gegen die von den Berufungsklägern verlangte Anwendung des Art. 30 Abs. 2 ZGB auf ihre noch vor Inkrafttreten des neuen Rechts geschlossene Ehe. Die gegenüber Art. 30 Abs. 1 ZGB erleichterte Möglichkeit, aus achtenswerten Gründen von der allgemeinen Namensgebung abzuweichen, findet ihre Rechtfertigung im wesentlichen darin, dass die Heirat ohnehin einen Ehegatten zur Aufgabe seines Namens zwingt, weshalb das öffentliche Interesse an der Unveränderlichkeit des Namens geringer einzustufen ist als bei der Änderung gemäss Art. 30 Abs. 1 ZGB (HAUSHEER/REUSSER/GEISER, a.a.O., N. 27 zu Art. 160 ZGB; vgl. auch THOMAS GEISER, Der Name und das Bürgerrecht im neuen Eherecht, Veröffentlichungen des Schweizerischen Instituts für Verwaltungskurse, St. Gallen 1987, S. 88). Dass der Entschluss zur Namensänderung von den Brautleuten, mithin noch vor der ![]() ![]() | 13 |
Bestand somit für die Vorinstanz keine Veranlassung, das Gesuch der Berufungskläger auch im Lichte von Art. 30 Abs. 2 ZGB zu prüfen, erweist sich die Berufung insofern als unbegründet, als damit eine Verletzung von Art. 30 Abs. 2 ZGB und Art. 8a SchlT geltend gemacht wird.
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Erwägung 5 | |
5.- Noch unter der Herrschaft des alten Eherechts hatte sich das Bundesgericht wiederholt mit Fällen zu befassen, in denen die Gesuchsteller ihren schweizerischen Familiennamen an den im Ausland registrierten, abweichenden Namen angleichen wollten. Das Bundesgericht vertrat dabei die Auffassung, dass Art. 30 ZGB nicht dazu benützt werden dürfe, die zwingende Ordnung des ![]() ![]() | 15 |
All diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall gegeben. Das baselstädtische Justizdepartement hat demgegenüber den zeitlichen und räumlichen Besonderheiten des Falles zuwenig Beachtung geschenkt. Die vorinstanzliche Beurteilung ist ausschliesslich mit Blick auf die innerhalb der Schweiz bestehende Rechts- und Sachlage erfolgt. Unter diesem Blickwinkel lässt sich ein wichtiger Grund im Sinne des Art. 30 Abs. 1 ZGB in der Tat nicht begründen. Diese Sichtweise - so verständlich sie sein mag - wird der durch die uneinheitliche Namensführung im zwischenstaatlichen Verhältnis geschaffenen Situation jedoch nicht gerecht. Nicht zuletzt auch wegen der Nähe der Grenzstadt Basel zur Bundesrepublik Deutschland wirkt sich die hier gegebene Sachlage weit nachteiliger aus als in anderen Fällen. Wird überdies das ohne weiteres den Akten zu entnehmende Alter sowie das berufliche Wirkungsfeld der Eheleute in Betracht gezogen, vermag der angefochtene Entscheid nicht zu befriedigen. In Berücksichtigung sämtlicher Umstände sind deshalb die Gründe der Berufungskläger als hinreichend wichtig im Sinne von Art. 30 Abs. 1 ZGB zu werten, weshalb ihnen zugestanden werden kann, fortan den Namen Burghartz als Familiennamen zu tragen. Was hingegen die erst nach Einreichung ![]() ![]() | 16 |
Erwägung 6 | |
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c) Es trifft zu, dass der Gesetzgeber mit der Revision des Eherechts den in der Bundesverfassung verankerten Grundsatz der Gleichberechtigung von Mann und Frau auch im Familienrecht verwirklichen wollte. Die Gesetzesmaterialien zeigen aber, dass dieses Bestreben in den Bereichen des Namens- und Bürgerrechts an Grenzen stiess: Das Prinzip der Familieneinheit für Name und Bürgerrecht erwies sich vorerst aufgrund der in der Bundesverfassung verankerten Regelung des Bürgerrechts als ![]() ![]() ![]() ![]() | 20 |
d) Sowohl Sinn und Zweck als auch die Entstehungsgeschichte des Art. 160 Abs. 2 ZGB sprechen gegen eine dem Wortlaut zuwiderlaufende Auslegung und somit gegen dessen sinngemässe Anwendung auf den Mann, welcher der Wahl des Frauennamens zum Familiennamen zugestimmt hat. Zwar ist verständlich, dass sich die Berufungskläger auf den Grundsatz der Rechtsgleichheit berufen und einer verfassungskonformen Auslegung das Wort reden (vgl. auch HEGNAUER, Grundriss, a.a.O., S. 132, Rz. 13.28). Überdies lässt sich kaum übersehen, dass auch der Mann, der seinen angestammten Namen durch die Wahl gemäss Art. 30 Abs. 2 ZGB oder die Abänderung gemäss Art. 30 Abs. 1 ZGB verliert, ebenfalls aus Gründen des Persönlichkeitsrechts am Voranstellen seines bisherigen Namens interessiert ist. Das vermag aber daran nichts zu ändern, dass die ursprünglich im Ständerat vertretene Auffassung, wonach Art. 160 Abs. 2 ZGB geschlechtsunabhängig ausgestaltet werden sollte, trotz eingehender Diskussion in beiden Räten nicht mehr aufgegriffen worden ist. Hat sich der Gesetzgeber mit der Aufnahme des Art. 160 Abs. 2 ZGB in seiner heutigen Formulierung letztlich eindeutig für eine geschlechtsspezifische Lösung entschieden, kommt eine in erster Linie von Art. 4 Abs. 2 BV ausgehende Auslegung nicht in Frage. ![]() | 21 |
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