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Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: Simone Jampen, A. Tschentscher | |||
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vom 6. Februar 1947 |
i.S. Giuntini. |
Für die Zwangsvollstreckung in ausländische Seeschiffe auf Schweizergebiet sind die schweizerischen Behörden zuständig (für die Betreibung auf Pfandverwertung das Betreibungsamt am Wohnorte des Schuldners oder am Ort der gelegenen Sache, Art. 51 Abs. 1 SchKG). |
Bei der Pfandbetreibung in solche Schiffe sind die Art. 54, 59 (in Verbindung mit 57) und 61 des BG über das Schiffsregister vom 28. September 1923 entsprechend anzuwenden.![]() | |
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Der italienische Staatsangehörige Francesco Pietro Giuntini ist Eigentümer der angeblich im Schiffsregister von Catania eingetragenen Yacht Djinn III, die seit einigen Jahren im Basler Rheinhafen liegt und ihm als Wohnung dient. Nach einem Vertrage, den der italienische Konsul in Basel am 30. Juli 1945 beurkundete, nahm er an diesem Tage von seinem Landsmann Alfonso Tavano ein Darlehen von Fr. 5500. auf und räumte ihm als Sicherheit dafür ein Pfandrecht (ipoteca) an seinem Schiffe ein. Am 17. August 1946 stellte ihm das Betreibungsamt Basel-Stadt auf Begehren des Gläubigers Tavano einen Zahlungsbefehl für die Betreibung auf Verwertung eines Faustpfandes zu, der als Forderung das Darlehen vom 30. Juli 1945 und als Pfand das erwähnte Schiff nannte. Hiegegen führte er Beschwerde mit dem Antrage, die Betreibung sei wegen Unzuständigkeit des Betreibungsamtes Basel-Stadt aufzuheben; eventuell sei das Betreibungsamt anzuweisen, den zugestellten Zahlungsbefehl durch einen solchen "für Betreibung auf Pfandverwertung nach den Regeln über die Vollstreckung in Grundstücke" zu ersetzen. Den abweisenden Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde vom 31. Dezember 1946 hat er an das Bundesgericht weitergezogen.
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Auszug aus den Erwägungen: | |
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
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Erwägung 1 | |
1. Die Zwangsvollstreckung ist ein Hoheitsrecht, das die Schweiz wie jeder andere Staat auf dem eigenen Gebiete für sich allein beansprucht. Für die Zwangsvollstreckung gilt also das Territorialitätsprinzip (vgl. Haab, Schweiz. Seerecht, in Festgabe der Basler Juristenfakultät zum Schweiz. Juristentag 1942, S. 135; Schnitzer, Handbuch des Internationalen Privatrechts, 2. Aufl., S. 658). ![]() ![]() | 3 |
Art. 55 des Bundesgesetzes über das Schiffsregister vom 28. September 1923 bestimmt freilich, die Betreibung auf Pfandverwertung in ein registriertes Schiff sei bei dem Betreibungsamte des Heimathafens anzuheben und von diesem zu leiten, auch wenn das Schiff sich nicht in dessen Betreibungskreis befinde; ebenso seien Pfändung, Verwaltung und Verwertung des Schiffes durch das Betreibungsamt des Heimathafens vorzunehmen. Diese Bestimmung gilt jedoch nach dem Zusammenhang nur für Schiffe, die in einem schweizerischen Register eingetragen sind. Entgegen der Auffassung des Rekurrenten folgt aus ihr auch nicht etwa mittelbar, dass die Zwangsvollstreckung in ein Schiff, das im Auslande registriert ist, aber in der Schweiz liegt, nach schweizerischem Recht nur von den Behörden des ausländischen Heimathafens durchgeführt werden könne. Das Schiff diesen Behörden zuzuführen, damit sie es durch ihre eigenen Organe verwerten können, wird dem Gläubiger regelmässig schon aus rein praktischen Gründen nicht möglich sein. Ein bei den Behörden des Heimathafens eingeleitetes Zwangsvollstreckungsverfahren ![]() ![]() | 4 |
Die seerechtlichen Konventionen, die der Bundesratsbeschluss vom 9. April 1941 über die Seeschiffahrt unter der Schweizerflagge als für die Schweiz verbindlich erklärt hat, und von denen hier nur das am 10. April 1926 in Brüssel unterzeichnete Internationale Übereinkommen zur einheitlichen Feststellung einzelner Regeln über Privilegien und Hypotheken an Seeschiffen (AS 58 S. 1078 ff. ) in Betracht fällt, enthalten keine Bestimmungen, die den Vertragsstaaten verböten, in einem andern Lande registrierte Schiffe, die sich in ihrem Herrschaftsbereich befinden, der Zwangsvollstreckung zu unterwerfen. Art. 16 des eben genannten Übereinkommens sagt im Gegenteil, die Vorschriften der Landesgesetze, welche die Zuständigkeit der Gerichte, das Verfahren und die Zwangsvollstreckung regeln, werden durch das Übereinkommen nicht berührt.
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Von der Zwangsvollstreckung in ein in Italien registriertes, einem Privaten gehörendes Seeschiff abzustehen, wird den schweizerischen Behörden auch nicht etwa durch die Rücksicht auf die Gewährung des Gegenrechtes nahegelegt. Da das Territorialitätsprinzip für die Zwangsvollstreckung allgemein anerkannt ist, kann nicht angenommen werden, dass die italienischen Behörden sich als unzu ![]() ![]() | 6 |
Zu Unrecht macht der Rekurrent geltend, die Zwangsvollstreckung in Schiffe, die im Register eines ausländischen Hafens eingetragen sind, müsse deswegen den dortigen Behörden vorbehalten bleiben, weil nur so die Rechte aller Pfandgläubiger in genügender Weise gewahrt werden können. Für die Wahrung dieser Rechte kann auch bei der Zwangsvollstreckung am Orte der gelegenen Sache gesorgt werden (unten Erw. 3).
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Schliesslich ist auch nicht zu befürchten, dass die Zwangsverwertung eines italienischen Schiffes in der Schweiz dem Erwerber das Eigentum daran nicht verschaffen würde. Für die Zwangsverwertung (vendita giudiziale) gilt nach allgemeiner, auch in Italien anerkannter Auffassung die lex fori (Brunetti, Diritto marittimo privato italiano, Torino 1929, I S. 50; vgl. Frankenstein, Internationales Privatrecht, Berlin 1929, II S. 494).
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Gegen die Zuständigkeit der schweizerischen Behörden zur Durchführung der Zwangsvollstreckung in das streitige Schiff lässt sich daher nichts Stichhaltiges einwenden.
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Erwägung 2 | |
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Über die interne Zuständigkeit zur Durchführung der Pfandbetreibung in ausländische Seeschiffe enthält nun das schweizerische Recht keine besondern Bestimmungen. Art. 55 des Bundesgesetzes über das Schiffsregister gilt, wie schon dargetan, nur für die in der Schweiz registrierten Schiffe und kann hier auch schon deswegen nicht heran ![]() ![]() | 11 |
Erwägung 3 | |
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Das bei der Pfandbetreibung in ausländische Seeschiffe zu befolgende Verfahren ist im schweizerischen Rechte ebensowenig wie die Zuständigkeit zur Durchführung solcher Betreibungen besonders geordnet. Die Art. 54, 59 und 61 des Bundesgesetzes über das Schiffsregister sind wie Art. 55 nur für die nach diesem Gesetz in der Schweiz registrierten Schiffe erlassen worden, und der Bundesratsbeschluss über die Seeschiffahrt unter der Schweizerflagge enthält überhaupt keine Bestimmungen über die Zwangsvollstreckung. (Haab begründet dies a.a.O. damit, dass eine Sondervollstreckung in ein schweizerisches Seeschiff nie nach schweizerischem Rechte durchgeführt werden könne, da das Exekutionssubstrat sich stets ausserhalb des schweizerischen Gebietes und damit der schweizerischen Vollstreckungshoheit befinde; es ist aber immerhin denkbar, dass kleinere schweizerische Seeschiffe wie dasjenige des Rekurrenten auf dem Flusswege in die Schweiz gelangen). Im Gegensatz zur Frage der Zuständigkeit geht ![]() ![]() | 13 |
Die schweizerische Gesetzgebung weist also mit Bezug auf das Verfahren, das bei der Pfandbetreibung in ausländische Seeschiffe zu befolgen ist, eine Lücke auf. Diese ist, da es sich zwar nicht geradezu um die Beurteilung eines zivilrechtlichen Tatbestandes der Seeschiffahrt, aber doch um eine mit dem privaten Seeschiffahrtsrecht eng verbundene Frage handelt, gemäss der Art. 1 ZGB nachgebildeten Regel von Art. 72 des Bundesratsbeschlusses über die Seeschiffahrt unter der Schweizerflagge auszu ![]() ![]() ![]() ![]() | 14 |
Erwägung 4 | |
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Demnach erkennt die Schuldbetr.- und Konkurskammer: | |
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