BGE 125 III 57 - Einzeladoption nach Scheidung | |||
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Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: DFR-Server, A. Tschentscher | |||
10. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung |
vom 21. Dezember 1998 |
i.S. A.X. gegen Verwaltungsgericht |
(I. Verwaltungsgerichtshof) des Kantons Freiburg (Berufung) | |
Regeste | |
Regeste |
Aus Wortlaut, Sinn und Entstehungsgeschichte von Art. 264b Abs. 2 ZGB ergibt sich, dass eine Einzeladoption durch einen der getrennt lebenden Ehegatten nur bei einer seit mehr als drei Jahre dauernden gerichtlichen Trennung gemäss Art. 147 Abs. 1 ZGB möglich ist (E. 2). | |
Sachverhalt | |
A. | |
Die am 9. Juli 1971 zwischen A.X. und B.X. geschlossene Ehe blieb kinderlos. Am 9. Dezember 1985 nahmen die Ehegatten das Mädchen Y. zwecks Adoption in ihre Obhut.
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B.X. verliess im März 1988 die eheliche Wohnung und reichte am 1. März 1989 beim Zivilgericht des Sensebezirkes Klage auf Scheidung ein, welcher sich die Ehefrau widersetzte.
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Am 6. November 1990 wies das Zivilgericht die Klage in Anwendung von Art. 142 Abs. 2 ZGB ab; das Urteil erwuchs in Rechtskraft. Die Ehegatten X. lebten indes auch weiterhin getrennt, wobei das Kind Y. bei seiner Pflegemutter A.X. verblieb. Auf deren Gesuch hin erliess der Gerichtspräsident des Sensebezirkes am 24. November 1992 Eheschutzmassnahmen für unbestimmte Zeit zur Regelung des Getrenntlebens.
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B. | |
Nachdem B.X. seinen Verzicht auf eine Adoption des Kindes erklärt hatte, stellte A.X. am 1. Dezember 1994 ein Gesuch um Einzeladoption, dem das Justizdepartement des Kantons Freiburg indes am 24. Februar 1998 nicht statt gab. Die von A.X. dagegen eingereichte Verwaltungsgerichtsbeschwerde wies das Verwaltungsgericht (I. Verwaltungsgerichtshof) des Kantons Freiburg am 24. September 1998 ab.
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C. | |
A.X. gelangt mit Berufung an das Bundesgericht und beantragt, den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Freiburg aufzuheben und festzustellen, dass die Adoption auszusprechen sei. In ihrem Eventualantrag schliesst sie dahin, die Sache sei zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Das Verwaltungsgericht des Kantons Freiburg beantragt Abweisung der Berufung.
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Das Bundesgericht weist die Berufung ab und bestätigt das angefochtene Urteil.
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Auszug aus den Erwägungen: | |
Aus den Erwägungen:
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Erwägung 2 | |
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Den Ausdruck '«Trennung'» verwendet das Gesetz in Art. 143 ff. ZGB, wobei die Trennung stets als Alternative zur Scheidung erscheint. Für die Eheschutzmassnahme des sogenannten Getrenntlebens wird dagegen die Wendung '«Aufhebung des gemeinsamen Haushaltes'» gebraucht, und zwar im geltenden wie auch im früheren Recht (vgl. Art. 175 ZGB bzw. aArt. 170 ZGB). Diese Differenzierung nehmen auch die andern Amtssprachen vor. In Art. 143 ff. ZGB wird von '«séparation de corps'» bzw. von '«separazione giudiziale'» gesprochen, wogegen die Eheschutzmassnahme des Getrenntlebens mit der Wendung '«suspension de la vie commune'» bzw. '«sospendere la comunione domestica'» umschrieben wird. Die vom Gesetzgeber getroffene Wortwahl ist signifikant. Der in Art. 264b Abs. 2 ZGB verwendete Ausdruck der gerichtlichen Trennung kann nach dem Gesagten nicht die Eheschutzmassnahme, sondern nur die Trennung als Alternative zur Scheidung meinen.
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Damit ist die Auffassung von MAX HESS, (Die Adoption in rechtlicher und sozialpädagogischer Sicht, Wädenswil 1976, S. 20) entkräftet, wonach die Trennung als Eheschutzmassnahme und das für die Dauer des Scheidungsprozesses angeordnete Getrenntleben nicht vom Tatbestand des Art. 264b Abs. 2 ZGB ausgeklammert werden dürften, sofern sie nicht nur faktisch vollzogen, sondern vom Richter verfügt worden seien. Die Berufungsklägerin versucht daher vergeblich, ihre These mit dieser im Widerspruch zur herrschenden Doktrin stehenden Lehrmeinung zu stützen (HEGNAUER, Berner Kommentar, N. 20-22 zu Art. 264b ZGB; BREITSCHMID, in: Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, Schweizerisches Zivilgesetzbuch I, Basel 1996, N. 8 zu Art. 264b ZGB; vgl. auch GROSSEN, in: Schweizerisches Privatrecht III/2, Basel 1992, S. 97 und 101).
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f) Die Berufungsklägerin macht sodann geltend, eine formaljuristische Auslegung von Art. 264b Abs. 2 ZGB führe zur Aufhebung der rechtlich geschützten Stellung des schuldlosen Ehegatten. Durch eine zu enge Interpretation der genannten Bestimmung werde er gezwungen, seinerseits auf Trennung oder Scheidung zu klagen, um eine Einzeladoption zu erreichen. Ein solcher Sachzwang in Bezug auf ein höchstpersönliches Recht habe aber nicht in der Absicht des Gesetzgebers gelegen, der bei der Neuregelung des Adoptionsrechts keine Änderung des Scheidungsrechts beabsichtigt habe.
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Die Berufungsklägerin vermengt hier unterschiedliche Rechts- und Interessenlagen. Die Interessen des an der Scheidung unschuldigen oder weniger schuldigen Ehegatten werden durch die auf dem Verbot des Rechtsmissbrauchs beruhende Klagebeschränkung von Art. 142 Abs. 2 ZGB gewahrt (BGE 84 II Nr. 45 S. 337; 108 II 25 E. 3a S. 27). Demgegenüber liegt die Frage nach der Zulassung der Einzeladoption Verheirateter auf einer anderen Ebene. Hier geht es um die Persönlichkeitsentwicklung des fremden familienlosen Kindes, was nichts damit zu tun hat, ob einem schuldlosen Ehegatten gegen dessen Willen die Scheidung aufgedrängt werden darf. Folglich kann die Schuldlosigkeit eines Ehegatten an der Zerrüttung keinen Grund bilden, ihm bei blossem Getrenntleben die Einzeladoption zu gestatten.
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g) Schliesslich verkennt die Berufungsklägerin die Befugnisse des Bundesgerichts als rechtsanwendenden Instanz. Der Richter darf nur vom Gesetz abweichen, wo sich der Gesetzgeber offenkundig über gewisse Tatsachen geirrt hat oder sich die Verhältnisse seit Erlass des Gesetzes gewandelt haben, so dass die Vorschrift unter legislativpolitischen Gesichtspunkten nicht mehr befriedigen kann und deren Anwendung einen Normmissbrauch darstellt (BGE 123 III 445 E. 2b/aa S. 448). Aus den bisherigen Ausführungen erhellt, dass davon im vorliegenden Fall keine Rede sein kann. In der Anwendung der in Art. 264b Abs. 2 ZGB getroffenen Regelung lässt sich kein Normmissbrauch erblicken. Der Vorwurf der Berufungsklägerin, das angefochtene Urteil sei bundesrechtswidrig, erweist sich damit als unbegründet. Die Vorinstanz hat vielmehr bundesrechtskonform festgestellt, dass unter der Geltung von Art. 264b Abs. 2 ZGB die von der Berufungsklägerin verlangte Einzeladoption nicht bewilligt werden kann. Dies führt zur Abweisung der Berufung und zur Bestätigung des angefochtenen Urteils.
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