EuGH Rs. C-409/95, Slg. 1997, S. I-6363 - Marschall ./. Land Nordrhein-Westfalen | |||
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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: Michelle Ammann, A. Tschentscher | |||
Urteil |
des Gerichtshofes |
vom 11. November 1997 |
In der Rechtssache |
-- C-409/95 -- |
betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 177 EG-Vertrag vom Verwaltungsgericht Gelsenkirchen in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit |
Hellmut Marschall |
gegen |
Land Nordrhein-Westfalen |
vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung von Artikel 2 Absätze 1 und 4 der Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in bezug auf die Arbeitsbedingungen (ABl. L 39, S. 40) |
erläßt |
Der Gerichtshof unter Mitwirkung des Präsidenten G. C. Rodriguez Iglesias, der Kammerpräsidenten C. Gulmann, H. Ragnemalm und M. Wathelet sowie der Richter G. F. Mancini, J. C. Moitinho de Almeida, P. J. G. Kapteyn (Berichterstatter), J. L. Murray, D. A. O. Edward, J.-P. Puissochet, G. Hirsch, P. Jann und L. Sevon, Generalanwalt: F. G. Jacobs Kanzler: H. A. Rühl, Hauptverwaltungsrat |
unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen |
des Landes Nordrhein-Westfalen, vertreten durch die Bezirksregierung Arnsberg, diese vertreten durch Professorin Juliane Kokott, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, der spanischen Regierung, vertreten durch Alberto José Navarro Gonzalez, Generaldirektor für die rechtliche und institutionelle Koordinierung in Gemeinschaftsangelegenheiten, und Abogado del Estado Gloria Calvo Diaz, Juristischer Dienst des Staates, als Bevollmächtigte, der französischen Regierung, vertreten durch Catherine de Salins, Abteilungsleiterin in der Direktion für Rechtsfragen des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten, und Anne de Bourgoing, Chargé de mission in dieser Direktion, als Bevollmächtigte, der österreichischen Regierung, vertreten durch Ministerialrat Wolf Okresek, Bundeskanzleramt, Verfassungsdienst, als Bevollmächtigten, der finnischen Regierung, vertreten durch Tuula Pynnä, Rechtsberaterin im Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten, als Bevollmächtigte, der schwedischen Regierung, vertreten durch Lotty Nordling, Rättschef in der Außenhandelsabteilung des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten, als Bevollmächtigte, der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch Lindsey Nicoll, Treasury Solicitor's Department, als Bevollmächtigte im Beistand von Barrister Eleanor Sharpston, der norwegischen Regierung, vertreten durch Beate B. Ekeberg, kommissarische Abteilungsleiterin im Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten, als Bevollmächtigte, der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch Rechtsberater Jürgen Grunwald und durch Marie Wolfcarius, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte, |
aufgrund des Sitzungsberichts, |
nach Anhörung der mündlichen Ausführungen des Landes Nordrhein-Westfalen, vertreten durch Juliane Kokott, der niederländischen Regierung, vertreten durch Hans van den Oosterkamp, Rechtsberater im Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten, als Bevollmächtigten, der finnischen Regierung, vertreten durch Holger Rotkirch, Leiter der Abteilung für Rechtsfragen des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten, als Bevollmächtigten, der schwedischen Regierung, vertreten durch Lotty Nordling, der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch Lindsey Nicoll, Eleanor Sharpston und Michael Beloff, QC, und der Kommission, vertreten durch Jürgen Grunwald und Marie Wolfcarius, in der Sitzung vom 11. März 1997, |
nach Anhörung der Schlußanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 15. Mai 1997 folgendes |
Urteil | |
1. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hat mit Beschluß vom 21. Dezember 1995, beim Gerichtshof eingegangen am 29. Dezember 1995, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag eine Frage nach der Auslegung von Artikel 2 Absätze 1 und 4 der Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in bezug auf die Arbeitsbedingungen (ABl. L 39, S. 40; im folgenden: Richtlinie) zur Vorabentscheidung vorgelegt.
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2. Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen Hellmut Marschall (Kläger) und dem Land Nordrhein-Westfalen (Beklagter) wegen der Bewerbung des Klägers um eine Beförderungsstelle an der Gesamtschule Schwerte.
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3. In § 25 Absatz 5 Satz 2 des Beamtengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Mai 1981 (Gesetz- und Verordnungsblatt Nordrhein-Westfalen -- GVNW --, S. 234), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Siebten Gesetzes zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom 7. Februar 1995 (GVNW, S. 102; im folgenden: streitige Bestimmung), heißt es:
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"Soweit im Bereich der für die Beförderung zuständigen Behörde im jeweiligen Beförderungsamt der Laufbahn weniger Frauen als Männer sind, sind Frauen bei gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung bevorzugt zu befördern, sofern nicht in der Person eines Mitbewerbers liegende Gründe überwiegen (...)"
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4. Nach den vom Beklagten abgegebenen Erklärungen wird durch die in dieser Bestimmung vorgesehene Vorrangklausel ein zusätzliches Beförderungskriterium -- die Eigenschaft als Frau -- eingeführt, das die Situation der Ungleichheit neutralisieren soll, in der sich die weiblichen Bewerber gegenüber ihren männlichen Konkurrenten befinden. Bei gleicher Qualifikation neige der Arbeitgeber nämlich dazu, in Anwendung bestimmter traditioneller, die Frauen faktisch benachteiligender Beförderungskriterien wie des Lebensalters, des Dienstalters und der Erwägung, daß der Bewerber alleinverdienender Familienvater sei, einen Mann vorrangig vor einer Frau zu befördern.
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5. Als der Gesetzgeber vorgesehen habe, daß Frauen bevorzugt zu befördern seien, "sofern nicht in der Person eines Mitbewerbers liegende Gründe überwiegen", habe er bewußt einen unbestimmten Rechtsbegriff gewählt, um eine hinreichende Flexibilität zu gewährleisten und der Verwaltung insbesondere Spielraum für die Berücksichtigung von allen in der Person eines Bewerbers liegenden Gründen zu geben. Folglich könne die Verwaltung trotz der Vorrangklausel immer noch dem männlichen Bewerber auf der Grundlage traditioneller oder anderer Beförderungskriterien den Vorzug geben.
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6. Aus dem Vorlagebeschluß geht hervor, daß der Kläger als beamteter Lehrer im Dienst des Beklagten steht und im Eingangsamt aus der Besoldungsgruppe A 12 besoldet wird.
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7. Am 8. Februar 1994 bewarb er sich um eine der Besoldungsgruppe A 13 zugeordnete Beförderungsstelle ("Lehrer mit der Befähigung für das Lehramt der Sekundarstufe I bei entsprechender Verwendung") an der Gesamtschule Schwerte. Die Bezirksregierung Arnsberg teilte ihm jedoch mit, daß beabsichtigt sei, die Stelle mit einer Konkurrentin zu besetzen.
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8. Dagegen erhob der Kläger Widerspruch, den die Bezirksregierung durch Bescheid vom 29. Juli 1994 mit der Begründung zurückwies, daß aufgrund der streitigen Bestimmung die ausgewählte Konkurrentin befördert werden müsse, da sie und der Kläger bei Zugrundelegung der dienstlichen Beurteilungen gleich geeignet und im Beförderungsamt der Besoldungsgruppe A 13 zum Zeitpunkt der Ausschreibung der Stelle weniger Frauen als Männer beschäftigt gewesen seien.
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9. Der Kläger erhob daraufhin beim Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Klage und beantragte, den Beklagten zu verpflichten, ihm die fragliche Stelle zu übertragen.
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10. Das vorlegende Gericht stellt fest, daß der Kläger und die ausgewählte Konkurrentin für die zu besetzende Stelle gleich qualifiziert seien, und vertritt die Ansicht, daß die Entscheidung des Rechtsstreits von der Vereinbarkeit der streitigen Bestimmung mit Artikel 2 Absätze 1 und 4 der Richtlinie abhänge.
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11. Dazu führt das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen unter Bezugnahme auf das Urteil des Gerichtshofes vom 17. Oktober 1995 in der Rechtssache C-450/93 (Kalanke, Slg. 1995, I-3051) aus, die in der streitigen Bestimmung grundsätzlich vorgeschriebene Bevorzugung von Frauen stelle wohl eine Diskriminierung im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie dar. Diese Diskriminierung werde durch die Möglichkeit, dem männlichen Bewerber ausnahmsweise den Vorzug zu geben, nicht beseitigt.
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12. Das vorlegende Gericht hält es auch für fraglich, ob die streitige Bestimmung unter die in Artikel 2 Absatz 4 der Richtlinie vorgesehene Ausnahme für Maßnahmen zur Förderung der Chancengleichheit für Männer und Frauen fällt. Die Grundlage für die Beurteilung der Bewerber werde sachwidrig verkürzt, weil nur auf das zahlenmäßige Verhältnis von Männern und Frauen im Beförderungsamt abgestellt werde. Außerdem verbessere die streitige Bestimmung nicht die Fähigkeit der Frauen, auf dem Arbeitsmarkt mit anderen zu konkurrieren und unter den gleichen Bedingungen wie die Männer eine berufliche Laufbahn zu verwirklichen, sondern schreibe ein Ergebnis fest, während Artikel 2 Absatz 4 der Richtlinie nur Maßnahmen gestatte, die auf Chancengleichheit abzielten.
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13. Unter diesen Umständen hat das vorlegende Gericht das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
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Steht Artikel 2 Absätze 1 und 4 der Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in bezug auf die Arbeitsbedingungen (76/207/EWG) einer nationalen Regelung entgegen, nach der in behördlichen Geschäftsbereichen, in denen im jeweiligen Beförderungsamt einer Laufbahn weniger Frauen als Männer beschäftigt sind, bei gleicher Qualifikation (Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung) männlicher und weiblicher Bewerber Frauen bevorzugt befördert werden müssen, sofern nicht in der Person eines männlichen Mitbewerbers liegende Gründe überwiegen?
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14. Der Beklagte, die finnische, die norwegische, die österreichische, die schwedische und die spanische Regierung sowie die Kommission sind der Auffassung, daß eine nationale Regelung wie die streitige Bestimmung eine unter Artikel 2 Absatz 4 der Richtlinie fallende Maßnahme zur Förderung der Chancengleichheit für Männer und Frauen darstelle.
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15. Der Beklagte führt hierzu aus, der weiblichen Bewerbern eingeräumte Vorrang solle ein Gegengewicht zu den traditionellen Beförderungskriterien schaffen, ohne sie jedoch zu verdrängen. Die österreichische Regierung trägt vor, eine nationale Regelung der in Rede stehenden Art richte sich gegen diskriminierende Auswahlprozesse bei Personalentscheidungen.
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16. Die finnische, die norwegische und die schwedische Regierung vertreten die Ansicht, die fragliche nationale Regelung fördere den Zugang von Frauen zu verantwortungsvollen Stellen und trage damit zur Herstellung eines Gleichgewichts auf den Arbeitsmärkten bei, die gegenwärtig noch weitgehend in der Weise geschlechtsspezifisch abgeschottet seien, daß die weiblichen Arbeitnehmer vornehmlich die unteren Stufen der beruflichen Hierarchie einnähmen. Nach Ansicht der finnischen Regierung zeigt die in der Vergangenheit gemachte Erfahrung u.a., daß Maßnahmen, die nur die Berufswahl und -ausbildung von Frauen oder die Verteilung der beruflichen und familiären Pflichten beträfen, nicht ausreichten, um diese Abschottung der Arbeitsmärkte zu beenden.
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17. Schließlich sind der Beklagte und die oben genannten Regierungen der Meinung, daß die streitige Bestimmung den Frauen keinen absoluten und unbedingten Vorrang einräume. Sie bleibe somit innerhalb der vom Gerichtshof im Urteil Kalanke gezogenen Grenzen.
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18. Die französische Regierung und die Regierung des Vereinigten Königreichs vertreten dagegen die Ansicht, daß die streitige Bestimmung nicht durch die Ausnahme in Artikel 2 Absatz 4 der Richtlinie gedeckt sei.
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19. Diese Bestimmung gehe dadurch, daß sie weiblichen Bewerbern den Vorrang einräume, über eine Förderung der Chancengleichheit hinaus und sei auf die Herbeiführung einer zahlenmäßigen Gleichstellung von Männern und Frauen gerichtet. Folglich kämen die im vorerwähnten Urteil Kalanke angestellten Erwägungen zum Tragen.
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20. Das Vorhandensein einer Ausnahmeklausel ändere nichts am diskriminierenden Charakter der streitigen Bestimmung. Diese Klausel komme nur ausnahmsweise zur Anwendung und habe daher keine Auswirkung auf einen "Normalfall", in dem kein Grund speziell in der Person des männlichen Bewerbers liege, der gegenüber dem Grundsatz, weibliche Bewerber bevorzugt zu befördern, überwiege. Sie verstoße außerdem gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit, da sie sowohl allgemein als auch unbestimmt formuliert sei.
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21. Wie sich aus Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie ergibt, hat diese zum Ziel, daß in den Mitgliedstaaten der Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen u.a. hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, einschließlich des Aufstiegs, verwirklicht wird. Dieser Grundsatz der Gleichbehandlung beinhaltet nach Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie, "daß keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung auf Grund des Geschlechts (...) erfolgen darf".
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22. Nach Artikel 2 Absatz 4 steht die Richtlinie "nicht den Maßnahmen zur Förderung der Chancengleichheit für Männer und Frauen, insbesondere durch Beseitigung der tatsächlich bestehenden Ungleichheiten, die die Chancen der Frauen in den in Artikel 1 Absatz 1 genannten Bereichen beeinträchtigen, entgegen".
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23. In Randnummer 16 des Urteils Kalanke hat der Gerichtshof festgestellt, daß eine nationale Regelung, nach der weiblichen Bewerbern, die die gleiche Qualifikation wie ihre männlichen Mitbewerber besitzen, in Tätigkeitsbereichen, in denen im jeweiligen Beförderungsamt weniger Frauen als Männer beschäftigt sind, bei einer Beförderung automatisch der Vorrang eingeräumt wird, eine Diskriminierung der Männer aufgrund des Geschlechts bewirkt.
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24. Im Unterschied zu der Regelung, die Gegenstand des Urteils Kalanke war, enthält die streitige Bestimmung jedoch eine Klausel, nach der Frauen nicht vorrangig befördert werden müssen, sofern in der Person eines männlichen Mitbewerbers liegende Gründe überwiegen ("Öffnungsklausel").
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25. Folglich ist zu prüfen, ob eine nationale Regelung, die eine solche Klausel enthält, der Förderung der Chancengleichheit für Männer und Frauen im Sinne von Artikel 2 Absatz 4 der Richtlinie dient.
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26. Die letztgenannte Vorschrift hat den bestimmten und begrenzten Zweck, Maßnahmen zuzulassen, die zwar dem Anschein nach diskriminierend sind, tatsächlich aber in der sozialen Wirklichkeit bestehende faktische Ungleichheiten beseitigen oder verringern sollen (Urteil vom 25. Oktober 1988 in der Rechtssache 312/86, Kommission/Frankreich, Slg. 1988, 6315, Randnr. 15, und Urteil Kalanke, a. a. O., Randnr. 18).
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27. So sind danach nationale Maßnahmen im Bereich des Zugangs zur Beschäftigung einschließlich des Aufstiegs zulässig, die Frauen spezifisch begünstigen und ihre Fähigkeit verbessern sollen, auf dem Arbeitsmarkt mit anderen zu konkurrieren und unter den gleichen Bedingungen wie Männer eine berufliche Laufbahn zu verwirklichen (Urteil Kalanke, a. a. O., Randnr. 19).
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28. Wie der Rat in der dritten Begründungserwägung seiner Empfehlung 84/635/EWG vom 13. Dezember 1984 zur Förderung positiver Maßnahmen für Frauen (ABl. L 331, S. 34) ausgeführt hat, reichen die "geltenden Rechtsvorschriften über die Gleichbehandlung, die zur Stärkung der Rechte des einzelnen erlassen wurden, (...) nicht aus, um alle faktischen Ungleichheiten zu beseitigen, wenn nicht die Regierungen, die Sozialpartner und sonstige beteiligte Stellen gleichzeitig tätig werden, um gegen die Benachteiligung der Frauen in der Arbeitswelt vorzugehen, die durch Einstellungen, Verhaltensmuster und Strukturen in der Gesellschaft verursacht wird" (Urteil Kalanke, a. a. O., Randnr. 20).
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29. Es zeigt sich jedoch, wie der Beklagte und mehrere beteiligte Regierungen betont haben, daß selbst bei gleicher Qualifikation die Tendenz besteht, männliche Bewerber vorrangig vor weiblichen Bewerbern zu befördern; dies hängt vor allem mit einer Reihe von Vorurteilen und stereotypen Vorstellungen über die Rolle und die Fähigkeiten der Frau im Erwerbsleben und z.B. mit der Befürchtung zusammen, daß Frauen ihre Laufbahn häufiger unterbrechen, daß sie ihre Arbeitszeit aufgrund häuslicher und familiärer Aufgaben weniger flexibel gestalten oder daß sie durch Schwangerschaften, Geburten und Stillzeiten häufiger ausfallen.
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30. Aus diesen Gründen bedeutet allein die Tatsache, daß zwei Bewerber unterschiedlichen Geschlechts gleich qualifiziert sind, nicht, daß sie gleiche Chancen haben.
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31. Folglich kann unter Artikel 2 Absatz 4 eine nationale Regelung fallen, nach der Frauen mit gleicher Qualifikation wie ihre männlichen Mitbewerber bei einer Beförderung in Bereichen, in denen sie unterrepräsentiert sind, vorbehaltlich der Öffnungsklausel bevorzugt behandelt werden, denn eine solche Regelung kann dazu beitragen, ein Gegengewicht zu den nachteiligen Auswirkungen zu schaffen, die sich für die weiblichen Bewerber aus den oben beschriebenen Einstellungen und Verhaltensmustern ergeben, und damit in der sozialen Wirklichkeit bestehende faktische Ungleichheiten zu verringern.
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32. Da Artikel 2 Absatz 4 eine Ausnahme von einem in der Richtlinie verankerten individuellen Recht darstellt, kann diese nationale Maßnahme zur spezifischen Begünstigung weiblicher Bewerber jedoch den Frauen bei einer Beförderung keinen absoluten und unbedingten Vorrang einräumen, sollen die Grenzen der in dieser Bestimmung vorgesehenen Ausnahme nicht überschritten werden (Urteil Kalanke, a. a. O., Randnrn. 21 und 22).
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33. Im Gegensatz zu der Regelung, die Gegenstand des Urteils Kalanke war, überschreitet eine nationale Regelung, die wie im vorliegenden Fall eine Öffnungsklausel enthält, diese Grenzen nicht, wenn sie den männlichen Bewerbern, die die gleiche Qualifikation wie die weiblichen Bewerber besitzen, in jedem Einzelfall garantiert, daß die Bewerbungen Gegenstand einer objektiven Beurteilung sind, bei der alle die Person der Bewerber betreffenden Kriterien berücksichtigt werden und der den weiblichen Bewerbern eingeräumte Vorrang entfällt, wenn eines oder mehrere dieser Kriterien zugunsten des männlichen Bewerbers überwiegen. Solche Kriterien dürfen allerdings gegenüber den weiblichen Bewerbern keine diskriminierende Wirkung haben.
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34. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, auf der Grundlage einer Prüfung der Tragweite der streitigen Bestimmung in ihrer Anwendung durch den Beklagten festzustellen, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind.
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35. Dem vorlegenden Gericht ist daher zu antworten, daß Artikel 2 Absätze 1 und 4 der Richtlinie einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, nach der bei gleicher Qualifikation von Bewerbern unterschiedlichen Geschlechts in bezug auf Eignung, Befähigung und fachliche Leistung weibliche Bewerber in behördlichen Geschäftsbereichen, in denen im jeweiligen Beförderungsamt einer Laufbahn weniger Frauen als Männer beschäftigt sind, bevorzugt zu befördern sind, sofern nicht in der Person eines männlichen Mitbewerbers liegende Gründe überwiegen, vorausgesetzt,
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- diese Regelung garantiert den männlichen Bewerbern, die die gleiche Qualifikation wie die weiblichen Bewerber besitzen, in jedem Einzelfall, daß die Bewerbungen Gegenstand einer objektiven Beurteilung sind, bei der alle die Person der Bewerber betreffenden Kriterien berücksichtigt werden und der den weiblichen Bewerbern eingeräumte Vorrang entfällt, wenn eines oder mehrere dieser Kriterien zugunsten des männlichen Bewerbers überwiegen, und - solche Kriterien haben gegenüber den weiblichen Bewerbern keine diskriminierende Wirkung. | 38 |
Kosten | |
36. Die Auslagen der spanischen, der französischen, der niederländischen, der österreichischen, der finnischen und der schwedischen Regierung, der Regierung des Vereinigten Königreichs, der norwegischen Regierung sowie der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.
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Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof auf die ihm vom Verwaltungsgericht Gelsenkirchen mit Beschluß vom 21. Dezember 1995 vorgelegte Frage für Recht erkannt:
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Artikel 2 Absätze 1 und 4 der Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in bezug auf die Arbeitsbedingungen steht einer nationalen Regelung nicht entgegen, nach der bei gleicher Qualifikation von Bewerbern unterschiedlichen Geschlechts in bezug auf Eignung, Befähigung und fachliche Leistung weibliche Bewerber in behördlichen Geschäftsbereichen, in denen im jeweiligen Beförderungsamt einer Laufbahn weniger Frauen als Männer beschäftigt sind, bevorzugt zu befördern sind, sofern nicht in der Person eines männlichen Mitbewerbers liegende Gründe überwiegen, vorausgesetzt, diese Regelung garantiert den männlichen Bewerbern, die die gleiche Qualifikation wie die weiblichen Bewerber besitzen, in jedem Einzelfall, daß die Bewerbungen Gegenstand einer objektiven Beurteilung sind, bei der alle die Person der Bewerber betreffenden Kriterien berücksichtigt werden und der den weiblichen Bewerbern eingeräumte Vorrang entfällt, wenn eines oder mehrere dieser Kriterien zugunsten des männlichen Bewerbers überwiegen, und solche Kriterien haben gegenüber den weiblichen Bewerbern keine diskriminierende Wirkung. | |
Rodriguez Iglesias, Gulmann, Ragnemalm, Wathelet, Mancini, Moitinho de Almeida, Kapteyn, Murray, Edward, Puissochet, Hirsch, Jann, Sevon | |
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 11. November 1997.
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R. Grass (Der Kanzler), G. C. Rodriguez Iglesias (Der Präsident) | |
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