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29. Urteil der II. Zivilabteilung vom 23. Mai 1957 i.S. Preiswerk gegen Fromer. | |
Regeste |
1. Voraussetzungen der Nichtigkeitsbeschwerde in Zivilsachen. Art. 68 OG (Erw. 1). |
3. Kassatorische Wirkung der Nichtigkeitsbeschwerde nach Art. 68 Abs. 1 lit. a OG. Bedingte und unbedingte Parteierklärungen (Erw. 3). | |
Sachverhalt | |
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B.- Dr. Preiswerk hatte keine Zivilklage angehoben, dagegen hatte noch während der Hängigkeit der Baueinsprache Dr. Fromer seinerseits beim Bezirksgericht Arlesheim ein Gesuch um Aufforderung des Nachbars zur Klage "auf Anerkennung des behaupteten Anspruchs auf angebliche Unzulässigkeit der Reitanlage" eingereicht. Er berief sich auf die wiederholte Beanstandung dieser Anlage durch Dr. Preiswerk. Dieser liess nun vor Bezirksgericht die Behauptung, die Reitanlage stelle eine unzulässige Immission dar, ausdrücklich fallen. Er anerkannte auch, dass der bisherige Reitbetrieb nicht übermässig gewesen sei. Dagegen äusserte er die Befürchtung, dieser Betrieb werde in naher Zukunft zunehmen, da Dr. Fromer ein drittes Pferd angeschafft und einen Bereiter eingestellt habe. Unter Umständen werde er gegen einen verstärkten Reitbetrieb durch Klage einschreiten müssen; ![]() | 2 |
C.- Dr. Fromer hielt am Provokationsbegehren fest, indem er sein Klagebegehren auf den Reitbetrieb erweiterte. Er erklärte, bisher sei die Reitanlage an folgenden Zeiten überhaupt nicht benützt worden: am Samstagnachmittag sowie an Sonn- und allgemeinen Feiertagen, ferner morgens vor 8.30, mittags zwischen 12.00 und 14.30 und abends nach 18.00 Uhr. Für die Zukunft wolle er sich freiwillig verpflichten, an Sonn- und allgemeinen Feiertagen sowie an Samstagnachmittagen gar nicht und an andern Werktagen zwischen 12 und 14 und zwischen 20 und 8 Uhr nicht zu reiten.
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D.- Das Bezirrksgericht Arlesheim fällte am 7. Februar 1957 folgendes Urteil:
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"1. Der Provokationsbeklagte wird bei seiner Erklärung behaftet, dass er die Reitanlage des Provokationsklägers auf den Parzellen 913/14 des Grundbuches Binningen in nachbarrechtlicher Hinsicht nicht beanstandet.
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2. Der Kläger wird bei seiner Erklärung behaftet, dass er den Reitbetrieb nur zwischen 08.00 - 12.00 und 14.00 - 20.00 Uhr durchführen und an Samstagnachmittagen, Sonn- und allgemeinen Feiertagen ganz darauf verzichten will.
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3. Dem Beklagten wird gemäss § 257 ZPO eine Frist bis zum 31. März 1957 angesetzt zur Anhebung einer Klage gegen den Provokationskläger betreffend unzulässiger Immission durch den Reitbetrieb, sofern derselbe durch Ausübung zwischen 08.00 -12.00 und 14.00 - 20.00 Uhr werktags störend wirkt. Die Unterlassung der Klageeinreichung gilt als Verzicht auf den behaupteten Rechtsanspruch."
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E.- Mit vorliegender Nichtigkeitsbeschwerde nach Art. 68 Abs. 1 lit. a OG rügt der Provokat Dr. Preiswerk eine mit dem eidgenössischen Zivilrecht unvereinbare Anwendung kantonalen Prozessrechts. Er hat die Begründung der Beschwerde nach Zustellung des motivierten Entscheides ergänzt.
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Der Provokant Dr. Fromer beantragt Abweisung der Beschwerde. Er behält sich vor, von der vor Bezirksgericht eingegangenen Verpflichtung auf einen bestimmten zeitlichen Rahmen der Reittätigkeit abzugehen, "nachdem ![]() | 9 |
F.- Neben der Nichtigkeitsbeschwerde hat Dr. Preiswerk eine noch hängige staatsrechtliche Beschwerde eingereicht, der mit Verfügung vom 12. März 1957 aufschiebende Wirkung beigelegt wurde.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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"Wenn jemand schriftlich oder mündlich behauptet hat, bestimmte Ansprüche gegen einen Dritten zu haben, die dieser nicht anerkennen will, so kann letzterer den erstern zur Klage auffordern. Eine solche Aufforderung steht auch demjenigen zu, der einen Bau, eine Wasserleitung und dgl. unternehmen und sich gegen Einsprachen sicherstellen will."
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Dieser zweite Absatz kommt hier nicht in Frage, da der Beschwerdeführer seine Einwendungen gegen die Reitanlage schon vor Bezirksgericht fallen gelassen und mit der Erklärung, der bisherige Reitbetrieb verstosse nicht gegen das Nachbarrecht, auch zugegeben hat, dass der Verwendungszweck dieser Anlage nicht notwendigerweise unzulässige Einwirkungen auf sein Grundstück erwarten lasse. Es braucht deshalb nicht geprüft zu ![]() | 14 |
Der erste Absatz der erwähnten Prozessnorm, auf den sich der angefochtene Entscheid stützt, gibt das Recht zur Provokation bei jeglicher Behauptung eines bestimmten Anspruches, also abweichend von andern Prozessgesetzen nicht nur bei einer in bedrohlicher oder benachteiligender Weise erfolgten Anspruchsberühmung (vgl. WETZELL, System des ordentlichen Civilprocesses, 3. Aufl., S. 108/9). Grundsätzlich hat die Provokation zur Klage auch bei Ansprüchen, die aus eidgenössischem Zivilrecht hergeleitet werden, als zulässig zu gelten (vgl.BGE 54 II 113Erw. 5,BGE 60 II 490). Der letzterwähnte Entscheid achtet die althergebrachte Provokation zur Klage im wesentlichen der in modernen Prozessgesetzen an deren Stelle getretenen negativen Feststellungsklage gleich. Davon geht auch GULDENER (Das schweizerische Zivilprozessrecht, I 61/2) aus, der freilich die Zulässigkeit einer Klageprovokation wie einer negativen Feststellungsklage vom Vorliegen eines hinreichenden Rechtsschutz-, d.h. eben Feststellungsbedürfnisses abhängig machen will. Die neuere Rechtsprechung anerkennt bei Gefährdung von Ansprüchen des Bundeszivilrechts einen materiell- und damit bundesrechtlichen Anspruch auf (positive oder negative) Feststellung und knüpft ihn an die Voraussetzung eines hinreichenden Interesses an sofortiger Feststellung, d.h. an urteilsmässiger Abklärung (BGE 77 II 344; so auch ausdrücklich Art. 25 des BZP vom 4. Dezember 1947). Doch ist umstritten geblieben, ob das kantonale Prozessrecht neben diesem bundesrechtlichen einen an leichtere ![]() | 15 |
Das Recht des Grundnachbars, übermässige Einwirkungen (nach Art. 684 Abs. 1 ZGB, wie sie Abs. 2 daselbst näher umschreibt) abzuwehren, ist eine Äusserung des mit dem Eigentum (an beweglichen gleichwie an unbeweglichen Sachen) verbundenen allgemeinen Rechts auf Abwehr ungerechtfertigter Einwirkungen, also der seit jeher anerkannten actio negatoria (Art. 641 Abs. 2 ZGB). Dieses mit dem Eigentum fortdauernd verknüpfte Recht unterliegt an sich keiner Verjährung (BGE 53 II 224) und kann bei jeder Störung oder Schadensbedrohung neu ausgeübt werden (Art. 679 in Verbindung mit Art. 684 ZGB). Mit dieser dem Eigentümer zukommenden Rechtsstellung ist die Provokation zu einer Klage, mit der er zum voraus alle erdenklichen künftigen Immissionen, die er nicht dulden will, zu bezeichnen hätte, unvereinbar. Es muss ihm vorbehalten bleiben, zu künftigen Nachbarrechtsverletzungen jeweilen zu gegebener Zeit Stellung zu nehmen. Nur wenn bestimmte Vorrichtungen und Veranstaltungen eines Grundeigentümers zum vornherein nach dem ihnen unzweifelhaft zugedachten Zwecke sich in sicher vorauszusehender Art auf ein Nachbargrundstück auswirken werden, hat der Nachbar Veranlassung, zum "Schutz gegen drohenden Schaden" eine Präventivklage ![]() | 16 |
Die dem angefochtenen Entscheid (nach Einleitung des Nichtigkeitsverfahrens) beigegebene Begründung versucht nun zwar den Gegenstand der dem Beschwerdeführer aufgegebenen Klage einzuschränken. Auf S. 4 ist zu lesen, im Hinblick auf eine künftige mögliche Intensivierung des Reitbetriebes könne der Beschwerdeführer heute nicht zur Klage provoziert werden. Die ihm aufgegebene Klage könne nur die Erweiterung des zeitlichen Rahmens gemäss den Erklärungen des Beschwerdegegners bei einem dem bisherigen entsprechenden oder "leicht ![]() | 17 |
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Mit dem eigentlichen Entscheid über das Provokationsbegehren (Dispositiv 3) sind auch die ihm vorangestellten Behaftungen (Dispositive 1 und 2) aufzuheben, da sie durch ihn bedingt sein mögen, wie denn das Beschwerdebegehren nicht bloss auf Aufhebung von Dispositiv 3 geht ![]() | 19 |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
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