BGer 1P.73/2002 | |||
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BGer 1P.73/2002 vom 02.04.2002 | |
Tribunale federale
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{T 0/2}
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1P.73/2002 /sta
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Urteil vom 2. April 2002
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I. Öffentlichrechtliche Abteilung
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Bundesgerichtsvizepräsident Aemisegger, Präsident,
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Bundesrichter Reeb, Féraud,
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Gerichtsschreiberin Gerber.
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+ A.X.________,
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+ B.X.________,
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Beschwerdeführer, beide vertreten durch Rechtsanwalt Ludwig A. Minelli, Hans Roelli-Strasse 14, Postfach 10, 8127 Forch,
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gegen
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Bezirksanwaltschaft Zürich, Abteilung D, Bezirksanwältin Claudia Löffler, Bezirksgebäude, Stauffacherstrasse 55, Postfach, 8026 Zürich,
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Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich, vertreten durch Staatsanwalt Dr. A. Brunner, Florhofgasse 2, 8023 Zürich.
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aussergewöhnlicher Todesfall; Obduktion
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(Staatsrechtliche Beschwerde gegen die Obduktionsverfügung der Bezirksanwaltschaft Zürich vom 12. Februar 2002 und gegen den Rekurszwischenentscheid der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich vom 13. Februar 2002)
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Sachverhalt:
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A.
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Die in Frankreich wohnhaften Geschwister B.X.________ und A.X.________ begingen am 11. Februar 2002 in Zürich gemeinsam Suizid, unter Freitodbegleitung des Vereins Dignitas. Die Bezirksanwaltschaft Zürich leitete gleichentags ein Verfahren zwecks Abklärung der Todesursachen ein und ordnete die Überführung beider Leichname in das Rechtsmedizinische Institut der Universität Zürich-Irchel (IRM) an. Am 12. Februar 2002 um 11.30 Uhr verfügte die sachbearbeitende Bezirksanwältin die Obduktion beider Leichname. Rechtsanwalt Minelli, den beide Verstorbenen als ihren Anwalt für alle mit ihrem Ableben zusammenhängenden Angelegenheiten bevollmächtigt hatten, wurde um 14.05 Uhr telefonisch von dieser Massnahme in Kenntnis gesetzt.
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B.
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Gegen die Obduktionsverfügung erhob Rechtsanwalt Minelli am 12. Februar 2002 namens der Verstorbenen Rekurs bei der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich mit den Anträgen, das IRM sei unverzüglich anzuweisen, mit der Obduktion zuzuwarten, bis über den Rekurs rechtskräftig entschieden sei, es sei die bezirksanwältliche Anordnung aufzuheben und es sei ihm eine schriftliche und begründete Verfügung der Bezirksanwaltschaft zuzustellen und ihm Gelegenheit zu geben, seine Rekursbegründung anschliessend zu ergänzen.
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C.
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Gleichentags erhob Rechtsanwalt Minelli, ebenfalls im Namen von A.X.________ und B.X.________, staatsrechtliche Beschwerde beim Bundesgericht gegen die Verfügung der Bezirksanwaltschaft mit den Anträgen, es sei den Behörden durch Präsidialverfügung die Durchführung der Obduktion einstweilen zu untersagen, es sei diese Anordnung dem Direktor des IRM unverzüglich per Telefax zuzustellen und es sei anzuordnen, dass die Behörden des Kantons Zürich in Fällen begleiteten Suizids die Anordnung von Obduktionen künftig mit formgerechter schriftlicher und begründeter Verfügung vorzunehmen hätten, und dass Rekurse dagegen deren Vollzug hinderten.
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D.
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Mit Rekurszwischenentscheid vom 13. Februar 2002 verweigerte die Staatsanwaltschaft die Gewährung der aufschiebenden Wirkung.
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E.
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Gleichentags ordnete der Präsident der I. öffentlichrechtlichen Abteilung an, dass bis zum Entscheid über das Gesuch um aufschiebende Wirkung alle Vollziehungsmassnahmen zu unterbleiben hätten und vorläufig keine Obduktion vorgenommen werden dürfe. Mit Fax vom 13. Februar 2002 teilte der Direktor des IRM dem Bundesgericht mit, dass er die rechtsmedizinische Obduktion an den Leichnamen von A.X.________ und B.X.________ bereits am Vormittag vorgenommen habe, noch bevor ihn die vorläufige Anordnung des Bundesgerichts erreicht habe.
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F.
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Die Staatsanwaltschaft beantragt, es sei auf die Beschwerde nicht einzutreten und es sei die einstweilige Verfügung, wonach vorläufig alle Vollziehungsvorkehrungen zu unterblieben hätten, aufzuheben; eventualiter sei die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werde. Rechtsanwalt Minelli wurde Gelegenheit gegeben, zur Vernehmlassung der Staatsanwaltschaft Stellung zu nehmen.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
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1.
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Formell wurde die staatsrechtliche Beschwerde gegen die Verfügung der Bezirksanwaltschaft vom 12. Februar 2002 erhoben, mit der die Obduktion der Leichnamen der Verstorbenen A.X.________ und B.X.________ angeordnet wurde. Allerdings hat die Staatsanwaltschaft über den Rekurs von Rechtsanwalt Minelli gegen diese Verfügung noch nicht entschieden, weshalb es diesbezüglich an einem letztinstanzlichen kantonalen Entscheid fehlt (Art. 86 Abs. 1 OG).
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2.
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Als Anfechtungsobjekt kommt somit zum gegenwärtigen Zeitpunkt nur der Rekurszwischenentscheid vom 13. Februar 2002 in Betracht, mit dem die Gewährung der aufschiebenden Wirkung des Rekurses verweigert wurde.
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2.1 Allerdings besteht an der Aufhebung dieses Zwischenentscheids kein aktuelles praktische Interesse mehr, nachdem die Obduktion der beiden Leichname bereits am 13. Februar 2002 durchgeführt worden ist.
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2.2 Ausnahmsweise verzichtet das Bundesgericht auf das Erfordernis des aktuellen Rechtsschutzinteresses, wenn sich die aufgeworfenen grundsätzlichen Fragen jeweils unter gleichen oder ähnlichen Umständen wieder stellen könnten, ohne dass im Einzelfall rechtzeitig eine höchstrichterliche Prüfung stattfinden könnte (BGE 126 I 250 E. 1b S. 252 mit Hinweisen). Im vorliegenden Fall besteht jedoch die Möglichkeit, noch in der Hauptsache, d.h. gegen den kantonal letztinstanzlichen Entscheid über die Obduktionsverfügung, an das Bundesgericht zu gelangen und in diesem Verfahren die Zulässigkeit untersuchungsrichterlich angeordneter Obduktionen bei Suiziden mit Freitodbegleitung sowie Form und Begründung derartiger Verfügungen verfassungsgerichtlich prüfen zu lassen.
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Es ist allerdings nach dem heutigen Stand der Rechtsprechung zweifelhaft, ob Rechtsanwalt Minelli namens der Verstorbenen staatsrechtliche Beschwerde gegen den Rekursentscheid erheben kann: Gemäss Art. 31 Abs. 1 ZGB erlischt die Rechts- und Parteifähigkeit mit dem Tod; dies schliesst nach der bundesgerichtlichen Praxis Klagen oder Beschwerden im Namen des Verstorbenen aus (vgl. hierzu BGE 101 II 177 E. 5a S. 191; 104 II 225 E. 5b S. 235 f.; 127 I 115 E. 6a S. 122 f. mit Hinweisen; Esther Knellwolf, Postmortaler Persönlichkeitsschutz - Andenkensschutz der Hinterbliebenen; Diss. Zürich 1990, insbes. S. 80 f.; a.A. Walter Ott/Thomas Grieder, Plädoyer für den postmortalen Persönlichkeitsschutz, AJP 2001 S. 627 ff.). Zumindest die nächsten Angehörigen der Verstorbenen haben jedoch die Möglichkeit, die Anordnung der Obduktion nachträglich gerichtlich überprüfen zu lassen (BGE 127 I 115).
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2.3
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Nach dem Gesagten ist am Erfordernis des aktuellen Rechtsschutzinteresses festzuhalten.
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3.
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Die Beschwerde erweist sich somit als offensichtlich unzulässig, weshalb auf sie nicht einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind Rechtsanwalt Minelli die Gerichtskosten aufzuerlegen.
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Mit diesem Entscheid wird die einstweilige Verfügung, wonach vorläufig alle Vollziehungsvorkehrungen zu unterbleiben haben, gegenstandslos, weshalb sie nicht gesondert aufgehoben werden muss.
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Demnach erkennt das Bundesgericht
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im Verfahren nach Art. 36a OG:
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1.
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Auf die staatsrechtliche Beschwerde wird nicht eingetreten.
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2.
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Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- wird Rechtsanwalt Minelli auferlegt.
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3.
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Dieses Urteil wird Rechtsanwalt Minelli, der Bezirksanwaltschaft Zürich, Abteilung D, Bezirksanwältin Claudia Löffler, und der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 2. April 2002
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Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
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