BGer 5C.225/2001 | |||
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BGer 5C.225/2001 vom 11.06.2002 | |
Tribunale federale
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5C.225/2001 /min
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{T 0/2}
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Urteil vom 11. Juni 2002
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II. Zivilabteilung
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Bundesrichter Bianchi, Präsident,
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Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Meyer,
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Gerichtsschreiber Schett.
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X.________,
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Kläger und Berufungskläger, vertreten durch Rechtsanwalt Markus Ineichen, Bärengasse 1, 6210 Sursee,
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gegen
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Versicherung Z.________,
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Beklagte und Berufungsbeklagte, vertreten durch Rechtsanwalt Pirmin Frei, Unter Altstadt 28, Postfach 1421, 6301 Zug.
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Versicherungsvertrag,
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Berufung gegen das Urteil des Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 11. Juni 2001.
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Sachverhalt:
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A.
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X.________ betreibt ein Teppichgeschäft, mit Hauptgeschäft in A.________ und einer Filiale in B.________.
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Am 12. November 1996 wurde X.________ - gemäss seiner Darstellung - sein Auto gestohlen, in welchem sich zehn Orientteppiche befunden haben sollen. Gestützt auf den Sachversicherungsvertrag vom 25. März 1996 mit der Versicherung Z.________ verlangte X.________ von dieser den Ersatz der Teppiche im Wert von Fr. 33'975.10 (abzüglich Fr. 500.-- Selbstbehalt). Die Versicherung Z.________ lehnte das Begehren ab.
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B.
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Am 6. Januar 1998 klagte X.________ beim Bezirksgericht Zürich auf Zahlung des genannten Betrages abzüglich Selbstbehalt nebst Zins zu 5% seit 12. November 1996. Mit Verfügung vom 12. Januar 1998 wurde der Prozess zuständigkeitshalber dem Handelsgericht überwiesen. Dieses führte vorerst ein Beweisverfahren (u.a.) betreffend Herkunft von Kopierspuren auf einem der Autoschlüssel durch. Gestützt auf dessen Ergebnis erging am 25. Januar 2001 ein weiterer Beweisauflagebeschluss, der den Diebstahl selbst zum Gegenstand hatte. Mit Urteil vom 11. Juni 2001 wies das Handelsgericht die Klage ab.
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C.
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Der Kläger ist mit Berufung vom 30. August 2001 ans Bundesgericht gelangt und begehrt die Aufhebung des Urteils des Handelsgerichts sowie die Rückweisung an dieses zur Neubeurteilung. Ferner sei die Beklagte zur Bezahlung des Betrages von Fr. 33'475.10 nebst Zins zu verpflichten.
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Es wurden keine Berufungsantwort und keine Vernehmlassung eingeholt.
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D.
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Die vom Kläger gegen das Urteil des Handelsgerichts beim Kassationsgericht des Kantons Zürich eingereichte Nichtigkeitsbeschwerde wurde am 16. März 2002 abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden konnte.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
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1.
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Die Berufung richtet sich gegen einen kantonalen Endentscheid im Sinne von Art. 48 Abs. 1 OG und überschreitet den erforderlichen Streitwert von Fr. 8'000.-- nach Art. 46 OG bei weitem. Auf die Berufung ist somit grundsätzlich einzutreten.
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2.
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Der Kläger ersucht um Einräumung eines Replikrechts. Da von der Beklagten keine Berufungsantwort eingeholt worden ist, entfällt auch ein weiterer Schriftenwechsel.
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3.
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Das Handelsgericht führt aus, im Prinzip müsste der Kläger nach Art. 8 ZGB die anspruchsbegründende Tatsache beweisen. Bei Versicherungsfällen betreffend Diebstahl genüge aber praxisgemäss der Nachweis der hohen Wahrscheinlichkeit. Könne der Versicherer aber seinerseits Indizien glaubhaft machen, die es als wahrscheinlich erscheinen liessen, dass kein Diebstahl stattgefunden habe, könne die Beweisanforderung an den Versicherten bis zum strikten Beweise erhöht werden. Es stehe unbestrittenermassen fest, dass einer der vom Kläger eingereichten vier Originalschlüssel Spuren aufweise, die auf seine Benutzung als Kopiervorlage zurückgingen. Weiter habe das Beweisverfahren ergeben, dass seitens der Mercedes - entgegen der Sachdarstellung des Klägers - kein Nachschlüssel hergestellt worden sei. Schliesslich habe der Kläger auch nicht behauptet, dass er bei anderer Gelegenheit einem Dritten einen Autoschlüssel ausgehändigt habe, so dass dieser allenfalls die Möglichkeit gehabt hätte, den Schlüssel als Kopiervorlage zu verwenden. Damit seien mit den Kopierspuren auf dem Schlüssel Umstände dargetan, die am behaupteten Diebstahl erhebliche Zweifel aufkommen liessen. Entsprechend erscheine es angezeigt, dem Kläger den strikten Beweis für den Diebstahl aufzuerlegen. Ebenfalls müsse er beweisen, und das müsste er auch dann, wenn am Diebstahl des Fahrzeuges nicht zu zweifeln wäre, dass sich im Zeitpunkt des Diebstahls die fraglichen zehn Teppiche im Auto befunden hätten. Da der Kläger die ihm auferlegten Beweise nicht habe erbringen können, müsse seine Klage vollumfänglich abgewiesen werden.
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4.
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Der Kläger bringt vor, im Parallelprozess vor Amtsgericht Luzern-Stadt sei ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes der Stadtpolizei Zürich erstellt worden. Darnach könne spurenkundlich nicht belegt werden, dass die vier vorgelegten Schlüssel bei einem mechanischen Kopieren als Vorlage gedient hätten. Damit sei erstellt, dass keine rechtsgenüglichen Beweise und Indizien gegen den Diebstahl des Autos und der Teppiche vorlägen. Die Vorinstanz habe dem
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Kläger deshalb zu Unrecht den strikten Beweis auferlegt. Er müsse den Diebstahl nur glaubhaft machen, was er denn auch getan habe. Das Handelsgericht habe somit Art. 8 ZGB verletzt.
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4.1 Im Bereich des Versicherungsvertrages ist die Person, die gegenüber dem Versicherer einen Versicherungsanspruch erhebt, dafür behauptungs- und beweispflichtig, dass ein Versicherungsfall eingetreten ist; ferner hat sie den Umfang des Anspruchs darzutun (Alfred Maurer, Schweizerisches Privatversicherungsrecht, 3. Auflage, Bern 1995, S. 381 f.; Willy Koenig, Schweizerisches Privatversicherungsrecht, 3. Auflage, Bern 1967, S. 99).
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Soweit der Nachweis rechtsbegründender Tatsachen im Bereich des Versicherungsvertrages regelmässig mit Schwierigkeiten verbunden ist, geniesst der beweispflichtige Versicherungsnehmer nach der Rechtsprechung insofern eine Beweiserleichterung, als er nur eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für das Bestehen des geltend gemachten Versicherungsanspruches darzutun hat (BGE 107 II 269 E. 1b S. 273 mit Hinweisen; Entscheid des Bundesgerichts vom 22. November 1990, in: SVA XVIII [1990/1991], Nr. 7, S. 30 ff.; Entscheid des Bundesgerichts vom 5. März 1984, in: SVA XV [1982-1985], Nr. 27, S. 163; zum Beweismass im Sinne von Art. 8 ZGB siehe BGE 118 II 235 E. 3c). Ob eine genügende Wahrscheinlichkeit für das Vorhandensein des glaubhaft zu machenden Umstandes vorliegt, ist eine Frage der Beweiswürdigung (BGE 119 Ib 334 E. c S. 342; 113 Ib 420 E. 3 S. 424, je mit Hinweisen; Messmer/Imboden, Die eidgenössischen Rechtsmittel in Zivilsachen, S. 144 Rz. 105), über die Art. 8 ZGB auch in diesem Zusammenhang nichts vorschreibt (BGE 98 II 231 E. 5 S. 243 mit Hinweisen). Das Bundesgericht kann im Berufungsverfahren nur überprüfen, ob die Vorinstanz vom richtigen Begriff der Glaubhaftmachung ausgegangen ist, ob sie daran zu hohe oder zu niedrige Anforderungen gestellt, zu Unrecht den vollen Beweis verlangt oder sich mit einer blossen Parteibehauptung ohne unterstützende Indizien begnügt hat (H. Dressler, in ZSR 94/1975 II S. 64; A. Wurzburger, ebenda S. 104).
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4.2 Weil die Beklagte den Beweis hat erbringen können, dass bei der Mercedes-Benz in Deutschland nie ein Schlüssel nachbestellt und auch nicht kopiert worden ist, wurde dem Kläger der Hauptbeweis dafür auferlegt, dass sein Mercedes am 12. November 1996 in C.________ behändigt wurde. In seiner Beweiseingabe vom 3. März 2001 habe er dargelegt, er könne den Hauptbeweis dazu nicht führen; er befinde sich in einem Beweisnotstand.
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Diese Beweislage kann der Kläger auch nicht mit dem von ihm eingereichten Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes der Stadt Zürich zu seinen Gunsten verändern. Denn die Sachvorbringen des Klägers gelten als neu und damit als unzulässig (BGE 123 III 385 E. 4b S. 389 mit Hinweis).
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4.3 Weil dieses Gutachten nicht zum Beweisfundament des Klägers im vorinstanzlichen Verfahren gehörte, hat das Handelsgericht auch nicht gegen Art. 8 ZGB verstossen, indem es ihm auch den strikten Beweis für den Diebstahl der Teppiche auferlegt hat. Die Vorinstanz hat ausführlich dargelegt, warum sie den Beweis als misslungen angesehen hat. Sie hat bezüglich der drei Teppiche Nr. 6, 7 und 8 ausgeführt, mit der Bestätigung des Lieferanten könne nur bewiesen werden, dass der Kläger sie nicht zurückgegeben habe. Die Bestätigung sage aber nichts darüber aus, was mit den Teppichen geschehen sei, und schon gar nicht, dass sie sich im fraglichen Zeitpunkt im Fahrzeug des Klägers befunden hätten. Hinsichtlich der übrigen sieben Teppiche seien gar keine Beweismittel angeboten worden.
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Gestützt auf diese für das Bundesgericht verbindlichen Feststellungen (Art. 63 Abs. 2 OG) durfte die Vorinstanz ohne Verletzung von Bundesrecht vom Kläger den vollen Beweis für den Verlust der Teppiche abverlangen und hatte sich nicht einer blossen Glaubhaftmachung zu begnügen.
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4.4 In diesem Zusammenhang rügt der Kläger, seine Ehefrau sei nie angehört worden, obwohl sie gemäss Klageschrift beim Einladen der Teppiche geholfen habe. Auf diesen sinngemässen Vorwurf der Missachtung von Art. 8 ZGB kann nicht eingetreten werden. Denn der Kläger legt nicht dar, dass der Beweisantrag nach Form und Inhalt den Vorschriften des kantonalen Rechts entsprochen hat (BGE 114 II 289 E. 2a S. 290; Geiser/Münch, Prozessieren vor Bundesgericht, 2. Aufl., S. 141 Rz 4.58 und S. 143 Rz 4.62).
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5.
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Nach dem Ausgeführten ist die Berufung abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Verfahrensausgang wird der Kläger kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG). Da die Beklagte nicht zur Vernehmlassung eingeladen worden ist, entfällt eine Parteientschädigung.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.
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Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist, und das Urteil des Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 11. Juni 2001 wird bestätigt.
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2.
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Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird dem Kläger auferlegt.
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3.
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Dieses Urteil wird den Parteien und dem Handelsgericht des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 11. Juni 2002
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Im Namen der II. Zivilabteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
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