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Informationen zum Dokument  BGer 1P.106/2002  Materielle Begründung
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BGer 1P.106/2002 vom 11.10.2002
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
1P.106/2002 /ngu
 
Urteil vom 11. Oktober 2002
 
I. Öffentlichrechtliche Abteilung
 
Bundesgerichtsvizepräsident Aemisegger, Präsident,
 
Bundesrichter Féraud, Fonjallaz,
 
Gerichtsschreiber Härri.
 
X.________ AG,
 
Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr.iur. Peter Steiner, Landstrasse 85, Postfach 214, 5430 Wettingen 1,
 
gegen
 
Gemeinderat Lupfig, 5242 Lupfig,
 
Baudepartement des Kantons Aargau, Rechtsabteilung, Entfelderstrasse 22, 5001 Aarau,
 
Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 3. Kammer, Obere Vorstadt 40, 5000 Aarau.
 
Anfechtbarkeit eines Zwischenentscheids (Art. 87 OG),
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen die Urteile des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau, 3. Kammer,
 
vom 14. Dezember 2000 und 14. Dezember 2001.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Am 20. März 2000 wies der Gemeinderat Lupfig ein Baugesuch der X.________ AG für ein Gewerbehaus ab.
 
Die von der X.________ AG dagegen erhobene Beschwerde wies das Baudepartement des Kantons Aargau am 26. Juli 2000 ab. Es auferlegte der X.________ AG die Verfahrenskosten von Fr. 1'000.--.
 
Dagegen reichte die X.________ AG Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Aargau ein. Dieses stellte mit Urteil vom 14. Dezember 2000 in teilweiser Gutheissung der Beschwerde fest, dass das Baugesuch nicht mit Rücksicht auf die künftige kanalisationsmässige Erschliessung der hinterliegenden Grundstücke abgewiesen werden darf. Im Übrigen wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde ab. Es wies die Sache an den Gemeinderat zurück mit der Anweisung, die Baubewilligung zu erteilen, sofern im Sinne der Erwägungen die übrigen öffentlichrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Es auferlegte der X.________ AG die Verfahrenskosten von Fr. 7'252.-- zur Hälfte. Ausserdem verpflichtete es den Einwohnergemeinderat Lupfig, der X.________ AG die Parteikosten von Fr. 9'536.55 zur Hälfte zu ersetzen.
 
Am 19. Februar 2001 ersuchte die X.________ AG das Verwaltungsgericht um Wiedererwägung und um Wiederaufnahme.
 
Am 14. Dezember 2001 trat das Verwaltungsgericht auf das Wiedererwägungsgesuch nicht ein. Das Wiederaufnahmegesuch wies es ab.
 
B.
 
Die X.________ AG führt staatsrechtliche Beschwerde mit dem Antrag, die Urteile des Verwaltungsgerichts vom 14. Dezember 2000 und 14. Dezember 2001 aufzuheben und die Sache an dieses zum neuen Entscheid über die Verteilung der Prozesskosten zurückzuweisen.
 
C.
 
Das Verwaltungsgericht hat sich vernehmen lassen. Es ist der Auffassung, die staatsrechtliche Beschwerde sei unbegründet. Der Gemeinderat Lupfig und das Baudepartement haben auf eine Vernehmlassung verzichtet.
 
Die X.________ AG hat eine Stellungnahme zur Vernehmlassung des Verwaltungsgerichts eingereicht. Sie hält darin an ihrem Beschwerdeantrag fest.
 
Der Gemeinderat Lupfig und das Verwaltungsgericht haben auf Bemerkungen zur Stellungnahme der X.________ AG verzichtet. Das Baudepartement hat Bemerkungen eingereicht, ohne einen Antrag zu stellen.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
1.1 Das Bundesgericht prüft die Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen und mit freier Kognition (BGE 128 I 46 E. 1a mit Hinweisen).
 
1.2 Gemäss Art. 86 OG ist die staatsrechtliche Beschwerde, von hier nicht gegebenen Ausnahmen abgesehen, nur gegen letztinstanzliche kantonale Entscheide zulässig.
 
Die Beschwerdeführerin hat nach dem Urteil vom 14. Dezember 2000 das Verwaltungsgericht gemäss § 27 lit. b des Gesetzes des Kantons Aargau über die Verwaltungsrechtspflege vom 9. Juli 1968 (VRPG) um Wiederaufnahme ersucht. Damit hat sie den kantonalen Instanzenzug ausgeschöpft (vgl. BGE 110 Ia 136 E. 2a; Rudolf Weber, Grundsätzliches zur Wiederaufnahme nach § 27 VRPG, Festschrift für alt Oberrichter Dr. Kurt Eichenberger, Aarau 1990, S. 350).
 
Die Beschwerdeführerin kann das zweite Urteil des Verwaltungsgerichts vom 14. Dezember 2001, mit welchem dieses das Gesuch um Wiederaufnahme abgewiesen hat, mit staatsrechtlicher Beschwerde anfechten. Hingegen ist fraglich, ob die staatsrechtliche Beschwerde auch gegen das erste Urteil des Verwaltungsgerichtes vom 14. Dezember 2000 zulässig sei. Die Beschwerdeführerin könnte dieses erste Urteil dann mit staatsrechtlicher Beschwerde mitanfechten, wenn entweder dem Verwaltungsgericht im Verfahren der Wiederaufnahme nicht sämtliche vor Bundesgericht erhobene Rügen unterbreitet werden konnten, oder wenn solche Rügen vom Verwaltungsgericht im Verfahren der Wiederaufnahme zwar zu beurteilen waren, jedoch mit einer engeren Prüfungsbefugnis, als sie dem Bundesgericht zusteht (vgl. BGE 126 II 377 E. 8b S. 395, 110 Ia 136 E. 3b S. 138/9; Karl Spühler, Die Praxis der staatsrechtlichen Beschwerde, Bern 1994, S. 102 N. 298). Wie es sich damit verhält, braucht hier nicht näher geprüft zu werden. Denn für den Ausgang des vorliegenden Verfahrens der staatsrechtlichen Beschwerde ist es ohne Belang, ob die Beschwerdeführerin das erste Urteil des Verwaltungsgerichtes mitanfechten kann oder nicht.
 
1.3 Das Verwaltungsgericht stellte in seinem ersten Urteil in teilweiser Gutheissung der Beschwerde fest, dass das Baugesuch der Beschwerdeführerin nicht mit Rücksicht auf die künftige kanalisationsmässige Erschliessung der hinterliegenden Grundstücke abgewiesen werden darf. Es wies die Sache an den Gemeinderat zurück mit der Anweisung, die Baubewilligung zu erteilen, sofern die übrigen öffentlichrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind.
 
Endentscheid im Sinne von Art. 87 OG ist jeder Entscheid, der ein Verfahren vorbehältlich der Weiterziehung an eine höhere Instanz abschliesst, sei es durch einen Entscheid in der Sache selber, sei es aus prozessualen Gründen. Als Zwischenentscheide gelten dagegen jene Entscheide, die das Verfahren nicht abschliessen, sondern bloss einen Schritt auf dem Weg zum Endentscheid darstellen. Ein Rückweisungsentscheid einer oberen kantonalen Instanz an eine untere ist nach ständiger Rechtsprechung ein Zwischenentscheid (BGE 128 I 3 E. 1b, 122 I 39 E. 1a/aa mit Hinweisen).
 
Das erste Urteil des Verwaltungsgerichts ist somit ein Zwischenentscheid. Dasselbe gilt für das zweite Urteil des Verwaltungsgerichts, bei dem es um die Frage der Wiederaufnahme des Verfahrens in Bezug auf das erste Urteil ging; dieses zweite Urteil schliesst das Verfahren ebenfalls nicht ab.
 
Die staatsrechtliche Beschwerde ist damit nur zulässig, wenn die Urteile des Verwaltungsgerichtes einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil bewirken können (Art. 87 Abs. 2 OG in der Fassung vom 8. Oktober 1999, in Kraft seit 1. März 2000). Insoweit bedarf es eines Nachteils rechtlicher Natur; eine bloss tatsächliche Beeinträchtigung wie beispielsweise die Verlängerung oder Verteuerung des Verfahrens genügt nicht. Der Nachteil ist nur dann rechtlicher Natur, wenn er auch durch einen für den Beschwerdeführer günstigen Endentscheid nicht mehr behoben werden könnte. Dabei ist es nicht nötig, dass sich der Nachteil schon im kantonalen Verfahren durch einen günstigen Endentscheid beheben lässt. Es genügt, wenn er in einem anschliessenden bundesgerichtlichen Verfahren beseitigt werden kann (BGE 126 I 97 E. 1b mit Hinweis).
 
Die Beschwerdeführerin macht geltend, sie sei mit der kantonalen Verwaltungsgerichtsbeschwerde durchgedrungen. Das Verwaltungsgericht hätte deshalb die Beschwerde vollumfänglich und nicht nur teilweise gutheissen müssen. Damit hätte es der Beschwerdeführerin keine Kosten auferlegen dürfen und die Gemeinde zum vollständigen Ersatz ihrer Parteikosten verpflichten müssen. Ebenso hätte das Verwaltungsgericht den Entscheid des Baudepartements, mit dem der Beschwerdeführerin Kosten auferlegt worden seien, aufheben müssen.
 
Der Beschwerdeführerin droht insoweit kein nicht wiedergutzumachender Nachteil. Sollte der Gemeinderat das Baugesuch erneut ablehnen, könnte die Beschwerdeführerin wiederum die ihr zur Verfügung stehenden kantonalen Rechtsmittel ergreifen und nach Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges das Bundesgericht mit staatsrechtlicher Beschwerde anrufen. Mit der staatsrechtlichen Beschwerde gegen den Endentscheid könnte die Beschwerdeführerin den Rückweisungsentscheid und die darin getroffene Kostenregelung mitanfechten (Art. 87 Abs. 3 OG; BGE 122 I 39 E. 1a/bb S. 42, 117 Ia 251 E. 1b S. 254). Sollte dagegen der Gemeinderat das Baugesuch bewilligen und hätte die Beschwerdeführerin damit mangels Rechtsschutzinteresses keine Möglichkeit zur Anfechtung des Sachentscheids, so könnte sie im Anschluss daran unmittelbar staatsrechtliche Beschwerde erheben, mit der sie die Rügen gegen den Rückweisungsentscheid vorbringen könnte (BGE 122 I 39 E. 1a/bb S. 42/3, 117 Ia 251 E. 1b S. 254/5). Im einen wie im anderen Fall könnte der Nachteil, den die Beschwerdeführerin mit den angefochtenen Urteilen erlitten haben will, noch behoben werden. Damit fehlt es am Erfordernis des nicht wiedergutzumachenden Nachteils. Auf die staatsrechtliche Beschwerde kann deshalb nicht eingetreten werden.
 
2.
 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt die Beschwerdeführerin die Kosten (Art. 156 Abs. 1 OG). Eine Entschädigung steht ihr nicht zu (Art. 159 Abs. 1 und 2 OG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Auf die staatsrechtliche Beschwerde wird nicht eingetreten.
 
2.
 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Gemeinderat Lupfig, dem Baudepartement des Kantons Aargau, Rechtsabteilung, und dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 3. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 11. Oktober 2002
 
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
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