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Informationen zum Dokument  BGer 4C.246/2002  Materielle Begründung
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BGer 4C.246/2002 vom 30.10.2002
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
4C.246/2002 /rnd
 
Urteil vom 30. Oktober 2002
 
I. Zivilabteilung
 
Bundesrichterinnen und Bundesrichter Walter, Präsident,
 
Corboz, Klett, Rottenberg Liatowitsch, Nyffeler,
 
Gerichtsschreiber Gelzer.
 
C.________,
 
D.________,
 
E.________,
 
Beklagte und Berufungskläger,
 
alle drei vertreten durch Rechtsanwalt Viktor Rüegg, Schachenstrasse 2, Postfach 1551, 6011 Kriens,
 
gegen
 
A.________-Fonds,
 
Kläger und Berufungsbeklagten, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Jürg Purtschert, Cysatstrasse 1, 6004 Luzern.
 
Schenkungsvertrag; Kaufsrecht,
 
Berufung gegen das Urteil der Obergericht des Kantons Luzern, I. Kammer, vom 21. Mai 2002.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Am 9. Oktober 1941 erwarb der A.________-Fonds (nachstehend: Kläger) in der Gemeinde Y.________, ein grosses Areal. Im Jahre 1942 entschloss sich der Kläger dieses Land im Sinne eines Sozialwerkes Arbeitnehmern der A.________-Betriebe zur Verfügung zu stellen, um ihnen zu ermöglichen, günstig zu einem Einfamilienhaus mit Pflanzland zu kommen. Dazu schenkte der Kläger einzelne Parzellen an Arbeitnehmer der A.________betriebe, die Mitglieder der Genossenschaft "Wohnkolonie Feldbreite" waren, subventionierte den Bau von Häusern, sorgte für die entsprechenden staatlichen Subventionen und für die Finanzierung der restlichen Erstellungskosten. In diesem Rahmen schenkte der Kläger Herrn B.________ mit Vertrag vom 12. Juni 1944 das Grundstück Y.________. Der Schenkungsvertrag enthielt folgendes Kaufsrecht, welches insbesondere sicherstellen sollte, dass die Häuser zu Gunsten der Arbeitnehmer der A.________-Betriebe erhalten bleiben:
 
"4.) Der Beschenkte räumt dem Schenker am geschenkten Grundstücke samt dem von der Genossenschaft Wohnkolonie Feldbreite für Rechnung des Beschenkten, auf Grund des Schenkungsversprechens vom 19. Okt. 1942, darauf erstellten Hause ein Kaufsrecht ein zu den nach Abzug der Subventionen verbleibenden Gestehungskosten der Baute abzüglich Entwertung zufolge Abnützung, worüber noch folgendes vereinbart wird:
 
a) Die Gestehungskosten, von denen bei Bestimmung des Kaufpreises ausgegangen wird, betragen nach bisheriger Berechnung Fr. 21'360.--. Dazu kommen allfällige Mehrkosten für Nachtragsarbeiten, sowie eigene im Laufe der Zeit, in Übereinstimmung mit den Genossenschafts-Statuten vom Beschenkten vorgenommene, wertvermehrende Aufwendungen. Die Entwertung zufolge Abnützung ist nach dem Zustande der Baute im Zeitpunkte der Ausübung des Kaufsrechtes zu schätzen. Allfällige gegenüber der bisherigen Berechnung vom 4.4.44 sich ergebende Abänderungen der endgültigen Subventionen sind ebenfalls zu berücksichtigen.
 
b) ...
 
c) Sofern die Parteien sich bei Ausübung des Kaufsrechtes über den anzurechnenden Kaufpreis nicht einigen können, so ist derselbe auf Grund obiger Bestimmungen von einem Fachmann als Schiedsrichter endgültig festzusetzen. Dieser Schiedsrichter wird von den Parteien, oder wenn sie sich über dessen Wahl nicht einigen können, auf Begehren einer Partei vom Amtsgerichtspräsident von Hochdorf ernannt.
 
d) ...
 
e) Dieses Kaufsrecht ist im Sinne von Art. 683 ZGB für die Dauer von 10 Jahren im Grundbuche vorzumerken als Kaufsrecht zu den Gestehungskosten des Hauses abzüglich Entwertung zufolge Abnützung. Auf Verlangen des Schenkers wird der Beschenkte oder Rechtsnachfolger vor Ablauf von 10 Jahren jeweilen die nötigen Formalitäten erfüllen, um die Vormerkung zu erneuern."
 
B.________ erneuerte das Kaufsrecht am 24. Mai 1954, am 25. Mai 1964, am 21. Mai 1974, am 14. Mai 1984 und am 25. Februar 1994, worauf es jeweils für die weitere Dauer von zehn Jahren im Grundbuch vorgemerkt wurde. In der ersten und zweiten Kaufsrechtserneuerung verpflichtete er sich, vor Ablauf von zehn Jahren das Kaufsrecht zwecks Erneuerung der Vormerkung wieder zu erneuern. Nachdem B.________ am 9. Oktober 1995 verstorben war, übte der Kläger mit Erklärung vom 26. Juni 1996 sein Kaufsrecht per 30. September 1996 gegenüber den Erben von B.________ aus. Diese stimmten der Eigentumsübertragung nicht zu und beriefen sich auf Nichtigkeit des Kaufsrechts und Unverbindlichkeit der letzten Kaufsrechtserneuerung wegen Grundlagenirrtums.
 
B.
 
Am 10. Februar 1997 reichte der Kläger beim Amtsgericht Hochdorf gegen die Erben von B.________ Klage ein, mit der im Wesentlichen die Übertragung des Grundstücks Y.________ auf ihn verlangte, wobei der Kaufpreis gemäss Ziff. 4 lit. a-c des am 12. Juni 1944 mit Herrn B.________ sel. abgeschlossenen Schenkungsvertrages durch ein Schiedsgerichtsurteil festzusetzen sei. Zudem verlangte der Kläger, die Beklagten zu verpflichten, ihm unter solidarischer Haftbarkeit ab 1. Oktober 1996 Fr. 105.-- pro Monat bis zum rechtskräftigen Abschluss der vorliegenden Auseinandersetzung zuzüglich Zins zu 5% ab mittlerem Verfall zu bezahlen. Die Beklagten schlossen auf Abweisung der Klage, soweit darauf einzutreten sei. Eventualiter verlangten sie, es sei festzustellen, dass der von einem Schiedsgericht endgültig festzusetzende Kaufpreis aufgrund des aktuellen Gebäudewertes zu bemessen sei.
 
Das Amtsgericht ging dem Sinne nach davon aus, eine Verpflichtung, das Kaufsrecht alle zehn Jahre zu erneuern sei einzig 1954 und 1964 vereinbart worden. Später habe keine solche Verpflichtung bestanden. Am 1. Januar 1994 sei Art. 216a OR in Kraft getreten, der die Höchstdauer des Kaufsrechts auf zehn Jahre beschränkte. Diese Bestimmung entfalte jedoch keine Rückwirkung, weshalb die Kaufsrechtserneuerung im Jahr 1994 für zehn Jahre gültig sei und insoweit eine in zeitlicher Hinsicht übermässige Bindung zu verneinen sei. Eine gegen Art. 27 Abs. 2 ZGB verstossende Bindung auf Grund des geringen Kaufpreises sei zu verneinen. Ob B.________ bei den Erneuerungen des Kaufsrechts irrtümlich angenommen habe, er sei dazu verpflichtet, könne offen bleiben, da das Hauptmotiv für die Erneuerung nicht in der rechtlichen Pflicht sondern im Umstand gelegen haben dürfte, dass das jeweils noch gültige Kaufsrecht andernfalls ausgeübt worden wäre und er das Haus hätte verlassen müssen. Damit fehle es an der Kausalität zwischen dem geltend gemachten Irrtum und den Kaufsrechtserneuerungen. Jedoch stelle sich die Frage, ob das Beharren auf der ursprünglichen Kaufpreisregelung unter den gegebenen Umständen rechtsmissbräuchlich sei. Zwar hätte B.________ im Zeitpunkt der Unterzeichnung des Schenkungsvertrages bewusst sein müssen, dass er bei der Ausübung des Kaufsrechts, abgesehen von zusätzlichen Investitionen, höchstens gut Fr. 20'000.-- erhalten wird. Die Parteien hätten zudem mit einer gewissen Baukostensteigerung rechnen müssen. Damit, dass diese nach gut 50 Jahren allerdings über 1'250% betrage, hätten sie jedoch wohl nicht gerechnet. Zudem sei zu berücksichtigen, dass B.________ während den über 50 Jahren, in denen er Grundeigentümer war, die entsprechenden Kosten und Risiken zu tragen gehabt habe. Auf Grund einer Abwägung der damaligen und heutigen Interessen der Parteien sei es daher gerechtfertigt, die Kaufpreisregelung gemäss Schenkungsvertrag vom 12. Juni 1944 in Anwendung von Art. 2 ZGB insoweit anzupassen, als die Gestehungskosten grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Ausübung des Kaufsrechts per 30. September 1996 zu aktualisieren seien. Demnach wies das Amtsgericht mit Urteil vom 30. Juni 2000 das Grundbuchamt Hochdorf an, den Kläger als neuen Eigentümer des Grundstücks Y.________, im Grundbuch einzutragen, wenn er den Nachweis erbringt, dass er den Beklagten den Kaufpreis bezahlt oder gerichtlich hinterlegt hat, wobei dieser nach dem Neuwert des Gebäudes und Nebenkosten per 30. September 1996 abzüglich Alterungsentwertung und abzüglich 19.77% (Subventionen) zu berechnen und im Übrigen nach Ziffer 4 lit. b und c des Schenkungsvertrages zwischen dem Kläger und B.________ sel. zu bestimmen und zu bezahlen sei. Die anderslautenden Begehren wies das Amtsgericht ab.
 
Auf Appellation der Beklagten und Anschlussappellation des Klägers hin, wies das Obergericht des Kantons Luzern mit Urteil vom 21. Mai 2002 das Grundbuchamt Hochdorf an, den Kläger als neuen Eigentümer des Grundstücks Y.________, im Grundbuch einzutragen, wenn dieser nachweise, dass er den Beklagten den Kaufpreis bezahlt oder gerichtlich hinterlegt habe; dieser bestehe in den Gestehungskosten abzüglich der Subventionen und der Entwertung zufolge Abnützung, wobei Vertragsbestimmung Ziff. 4 lit. a-c des Schenkungsvertrages zwischen dem Kläger und B.________ vom 12. Juni 1944 massgebend sei. Zudem verpflichtete das Obergericht die Beklagten, dem Kläger in solidarischer Haftung ab 1. Oktober 1996 bis zum rechtskräftigen Abschluss dieser Auseinandersetzung monatlich Fr. 105.-- nebst 5% Zins ab mittlerem Verfall zu bezahlen. Die übrigen Begehren der Parteien hat das Obergericht abgewiesen.
 
C.
 
Die Beklagten erheben eidgenössische Berufung mit den Anträgen, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und die Klage abzuweisen. Eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
 
Der Kläger schliesst auf Abweisung der Berufung.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
Im Berufungsverfahren sind Rügen unzulässig, die sich gegen die tatsächlichen Feststellungen und gegen die Beweiswürdigung der Vorinstanz richten (Art. 55 Abs. 1 lit. c OG), es sei denn, es werde dieser zugleich ein offensichtliches Versehen, eine Verletzung bundesrechtlicher Beweisvorschriften (Art. 63 Abs. 2 OG) oder unvollständige Ermittlung des Sachverhalts vorgeworfen (Art. 64 OG; BGE 120 II 97 E. 2b S. 99; 119 II 84 E. 3).
 
Das Obergericht ging davon aus, B.________ habe das Kaufsrecht alle zehn Jahre erneuert, ohne dass nachgewiesen wäre, dass er je Vorbehalte geäussert hätte, obwohl ihm der Wertzuwachs des Gebäudes nicht entgangen sein konnte. Damit habe er gezeigt, dass er mit der in der Kaufsrechtsklausel vom 12. Juni 1944 enthaltenen Preisbestimmungsmethode einverstanden gewesen sei. Jedenfalls sei nicht ersichtlich, dass B.________ je versucht hätte, sich aus der angeblich übermässigen Bindung zu lösen; es seien nicht einmal Reaktionen schlüssig behauptet oder aktenkundig, die den Schluss zuliessen, er habe die Vereinbarung hinsichtlich des Kaufsrechts als belastend oder ungerecht empfunden. Sein Verhalten lasse vielmehr darauf schliessen, dass er das Kaufsrecht des Klägers und die diesbezüglichen Vereinbarungen seit je als faire und ihm genehme Abmachungen betrachtet habe.
 
Die Beklagten üben unzulässige Kritik an dieser Beweiswürdigung, wenn sie - ohne eine Ausnahme von der Bindung des Bundesgerichts an die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz geltend zu machen - dem Sinne nach anführen, B.________ habe mit den Erneuerungen des Kaufsrechts nicht sein Einverständnis mit der Kaufspreisbestimmung zum Ausdruck gebracht, da diese ihn wirtschaftlich dazu gezwungen hätte das Kaufsrecht zu erneuern und er überzeugt gewesen sei, dieses regelmässig alle zehn Jahre erneuern zu müssen.
 
Die Beklagten haben vor Obergericht nicht mehr geltend gemacht, B.________ sei irrtümlich von Verpflichtung zur Erneuerung des Kaufsrechts ausgegangen. Soweit die Beklagten in ihrer Berufung dem Sinne nach anführen, B.________ sei bei den Kaufsrechtserneuerungen einem Grundlagenirrtum unterlegen, können sie nicht gehört werden, da das Vorbringen neuer Tatsachen und Einreden im Berufungsverfahren unzulässig ist (Art. 55 Abs. 1 lit. c OG).
 
2.
 
2.1 Das Obergericht ging davon aus, das letztmals 1994 erneuerte Kaufsrecht habe nicht zu einer übermässigen Bindung von B.________ geführt, weshalb eine Verletzung von Art. 27 Abs. 2 ZGB zu verneinen sei.
 
Die Beklagten rügen, das Obergericht habe verkannt, dass die Kaufsrechtsverpflichtung nichtig sei, da sie bei einer Gesamtwürdigung der Umstände die Freiheit von B.________ übermässig beschränkt und damit gegen Art. 27 Abs. 2 ZGB verstossen habe. Die Beklagten könnten sich daher auf die Ungültigkeit der Kaufsrechtsklausel berufen.
 
Der Kläger wendet dem Sinne nach ein, der Schutz gemäss Art. 27 Abs. 2 ZGB vor übermässigen Bindungen könne nur von der Person geltend gemacht werden, deren Persönlichkeitsrecht dadurch geschützt wird. Der Anspruch auf diesen Schutz sei als höchstpersönliches Recht unvererblich. Er könne von den Erben - gleich wie bei Genugtuungsansprüchen - nur geltend gemacht werden, soweit er beim Ableben der zu schützenden Partei anerkannt oder eingeklagt worden sei. Da B.________ nie eine übermässige Bindung geltend gemacht habe, sei es seinen Erben verwehrt, dies an seiner Stelle zu tun.
 
2.2 Von den gesetzlichen Vorschriften abweichende Vereinbarungen sind nur zulässig, wo das Gesetz nicht eine unabänderliche Vorschrift aufstellt oder die Abweichung nicht einen Verstoss gegen die öffentliche Ordnung, gegen die guten Sitten oder gegen das Recht der Persönlichkeit in sich schliesst (Art. 19 Abs. 2 OR). Ein Vertrag, der einen unmöglichen oder widerrechtlichen Inhalt hat oder gegen die guten Sitten verstösst, ist gemäss Art. 20 Abs. 1 OR nichtig. Der gesetzlich nicht definierte Begriff der Nichtigkeit wird traditionell als ursprüngliche Unwirksamkeit verstanden, welche von Amtes wegen zu beachten ist (BGE 97 II 108 E. 4 S. 115; 110 II 360 E. 4 S. 368; 123 III 60 E. 3b; Huguenin Jacobs, Basler Kommentar, 2. Aufl., N. 53 zu Art. 19/20 OR, mit weiteren Hinweisen; vgl. für das öffentliche Recht BGE 115 Ia 1 E. 3 S. 4 mit Hinweisen). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts und der herrschenden Lehre ist Art. 20 OR insoweit einschränkend auszulegen, als gegen zwingendes Recht verstossende Verträge nur nichtig sind, wenn diese Rechtsfolge ausdrücklich gesetzlich vorgesehen ist oder sich aus dem Sinn und Zweck der verletzten Norm ergibt (BGE 119 II 222 E. 2; Huguenin Jacobs, a.a.O., N. 54 zu Art. 19/20 OR, je mit Hinweisen). Art. 27 Abs. 2 ZGB statuiert zum Schutz der Persönlichkeit vor übermässiger Bindung (vgl. Marginalie), dass sich niemand seiner Freiheit entäussern oder sich in ihrem Gebrauch in einem das Recht oder die Sittlichkeit verletzenden Grade beschränken kann. Das Bundesgericht ging davon aus, eine gemäss Art. 27 Abs. 2 ZGB übermässige Bindung verstosse gegen die guten Sitten und sei damit gemäss Art. 20 OR als nichtig oder teilnichtig zu qualifizieren (BGE 84 II 355 E. 3 S. 366 f.; 106 II 369 E. 4 S. 379; 112 II 433 E. 3 S. 436; 114 II 159 E. 2c; 120 II 35 E. 4a S. 40 f.). In der Literatur wird demgegenüber angenommen, ein Verstoss gegen die von Amtes wegen zu beachtenden guten Sitten sei nur soweit anzunehmen, als ein Vertrag den höchstpersönlichen Kernbereich einer Person betreffe, welcher jeder vertraglichen Verpflichtung entzogen sein soll. Soweit eine Bindung an sich zulässig und nur das Mass der Bindung als übermässig zu qualifizieren sei, liege kein Verstoss gegen die guten Sitten, sondern alleine ein Verstoss gegen das Recht der Persönlichkeit vor (Bucher, Berner Kommentar, N. 114 ff. und N. 127 zu Art. 27 ZGB; Kramer, Berner Kommentar, N. 212 ff. und 374 zu Art. 19 und 20 OR; a.M. Gauch/Schluep/Schmid/Rey, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, Bd. I., 7. Aufl., S. 125 f. Rz. 658-661, die jedoch ebenfalls zwischen dem Gegenstand und dem Übermass der Bindung unterscheiden). Die bloss übermässige Bindung solle gemäss dem Zweck von Art. 27 Abs. 2 ZGB, die individuelle Freiheit einer Person zu schützen, nur zur Unverbindlichkeit des Vertrages führen, wenn die betroffene Person den Schutz in Anspruch nehme und sich von der Bindung lösen möchte (Bucher, Berner Kommentar, N. 127 zu Art. 27 ZGB; im Ergebnis ebenso Kramer, Berner Kommentar, N. 371 ff. zu Art. 19 und 20 OR; Huguenin Jacobs, Basler Kommentar, N. 21 zu Art. 27 ZGB; Brückner, Das Personenrecht des ZGB, S. 276 f. Rz. 905 f.; vgl. auch Gauch/Schluep/ Schmid/Rey, a.a.O., S. 133 Rz. 687; Tuor/Schnyder/Schmid/Rumo-Jungo, Das Schweizerische Zivilgesetzbuch, 12. Aufl., S. 100). Dieser Auffassung, welche gleich wie Art. 19 Abs. 2 OR zwischen einem Verstoss gegen die Persönlichkeit und einem Verstoss gegen die guten Sitten unterscheidet, ist zuzustimmen. Die gegenüber der Nichtigkeit eingeschränkte Rechtsfolge bei bloss übermässigen Bindungen ist gerechtfertigt, da die zu schützende Freiheit einer Person ihr die Möglichkeit belassen soll, im Rahmen der im öffentlichen Interesse zu wahrenden guten Sitten für die Gegenwart auf den Schutz von Art. 27 Abs. 2 ZGB zu verzichten und einen objektiv betrachtet übermässig bindenden Vertrag rechtsgültig zu erfüllen, ohne dass sich die Gegenpartei auf das Übermass der Bindung berufen kann (vgl. Art. 28 Abs. 2 ZGB; ähnlich schon BGE 106 II 369 E. 4 S. 379). Der Zweck von Art. 27 Abs. 2 ZGB verlangt jedoch, dass die übermässig gebundene Person die Vertragserfüllung verweigern kann (vgl. BGE 108 II 405 E. 3 S. 409). Der Anspruch auf Schutz vor übermässigen Bindungen gemäss Art. 27 Abs. 2 ZGB ist höchstpersönlicher Natur und damit unvererblich (vgl. BGE 104 II 225 E. 5b S. 234 f.). Es steht den Erben daher nicht zu, sich auf eine übermässige Bindung des Erblassers zu berufen, wenn er dies nicht selbst getan hat.
 
2.3 Das dem Kläger eingeräumte Kaufsrecht betrifft ein Verfügungsgeschäft und berührt den Kerngehalt der Persönlichkeit von B.________ nicht, weshalb - auch wenn insbesondere in zeitlicher Hinsicht eine übermässige Bindung anzunehmen wäre - eine von Amtes wegen zu beachtende Sittenwidrigkeit des Vertrages im Sinne von Art. 20 OR zu verneinen ist. Da B.________ gemäss den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz gegenüber dem Kläger nicht zum Ausdruck brachte, dass er das Kaufsrecht als übermässige Bindung empfand und er sich nie davon lösen wollte, können die Beklagten nicht geltend machen, B.________ sei durch dieses Kaufsrecht übermässig gebunden gewesen. Es kann daher offen bleiben, ob gemäss der Annahme des Obergerichts eine übermässige Bindung von B.________ zu verneinen sei. Auf die dagegen gerichtete Kritik der Beklagten ist demnach mangels eines genügenden Rechtsschutzinteresses nicht einzutreten. Dass das dem Kläger eingeräumte Kaufsrecht die Beklagten selbst übermässig binde, wird von ihnen nicht geltend gemacht und ist auch nicht ersichtlich. Das Obergericht hat demnach kein Bundesrecht verletzt, wenn es zum Ergebnis kam, Art. 27 Abs. 2 ZGB sei nicht verletzt.
 
3.
 
3.1 Das Obergericht verneinte einen Rechtsmissbrauch wegen zweckwidriger Rechtsausübung. Der Kläger habe sich zur Verfolgung des Stiftungszwecks langfristig das Land und die Bauten der Arbeitnehmerschaft der A.________-Betriebe erhalten wollen. Diesem Zweck würde die Ausübung des vereinbarten Kaufsrechts gegenüber den Erben von B.________ - unabhängig davon, dass es sich auf Grund der Wertsteigerung zu Gunsten des Klägers auswirke - nicht widersprechen.
 
Die Beklagten bringen sinngemäss vor, das Obergericht habe ausser Acht gelassen, dass mit dem Projekt "Feldbreite" als Hauptziel die Eigentumsförderung zu Gunsten von A.________-Angestellten verfolgt worden sei und dem Zweck der dauernden Erhaltung der Häuser zu Gunsten der Arbeitnehmer der A.________-Betriebe daneben eine untergeordnete Rolle zukomme. Das Kaufsrecht sei hauptsächlich eingeräumt worden, um spekulative Bodengewinne bei einem Verkauf der Grundstücke an Dritte auszuschliessen. Ein solcher Fall liege jedoch nicht vor, weshalb die Ausübung des Kaufsrechts als zweckwidrig und damit als rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren sei.
 
3.2 Nach Art. 2 Abs. 2 ZGB findet der offenbare Missbrauch eines Rechts keinen Rechtsschutz. Ein Rechtsmissbrauch kann vorliegen, wenn ein Rechtsinstitut zweckwidrig zur Verwirklichung von Interessen verwendet wird, die dieses Rechtsinstitut nicht schützen soll (BGE 121 I 367 E. 3b S. 375; 121 II 97 E. 4 S. 103).
 
3.3 Auch die Beklagten gehen davon aus, dass mit dem Kaufsrecht insbesondere bezweckt wurde, die Häuser dauernd den Arbeitern der A.________-Betriebe zu erhalten. Die Ausübung des Kaufsrechts nach dem Tod von B.________ erfolgt daher nicht zweckwidrig, da seine Erben nicht bei den A.________-Betrieben arbeiten und damit das Haus nicht Angestellten der A.________-Betriebe entzogen wird. Entgegen der Ansicht der Beklagten kann auch ein Gewinn des Klägers nicht als zweckwidrig betrachtet werden, da er die günstige Verschaffung von Wohnraum bzw. Eigentum für Angestellte der A.________-Betriebe ermöglicht.
 
3.4 Das Obergericht verneinte einen Rechtsmissbrauch wegen eines krassen Missverhältnisses zwischen den Interessen beider Parteien. Es nahm an, die Wertdisparität der Vertragsleistungen könne grundsätzlich nicht zu einem Rechtsmissbrauch führen. Auch die clausula rebus sic stantibus komme nicht zum Tragen. Sie setze insbesondere voraus, dass auf Grund nicht voraussehbarer Verhältnisänderungen eine schwerwiegende Äquivalenzstörung eintrete, welche zu einer "Sozialkatastrophe" bzw. einer entscheidenden Veränderung der Sozialexistenz führen müsse. Diese Voraussetzungen seien nicht gegeben. So hätte bei jeder Erneuerung des Kaufsrechts mit erheblichen Änderungen der Bodenpreise und Baukosten gerechnet werden müssen, weshalb keine nicht voraussehbare Verhältnisänderung vorliege. Zudem könne unter Berücksichtigung, dass B.________ den geschenkten Boden kostenlos habe nutzen können und die kaufsrechtliche Preisbestimmung im ganzen Vertragsgebilde einen Nebenpunkt darstelle, nicht von einem offenbaren Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung gesprochen werden. Schliesslich sei auch eine Gefährdung der Sozialexistenz der Beklagten zu verneinen.
 
Die Beklagten rügen, das Obergericht habe zu Unrecht die Voraussetzungen der clausula rebus sic stantibus verneint. Zur Begründung führen sie insbesondere an, keine der Parteien hätte vorausgesehen, dass die künftigen Gestehungskosten um 611% steigen würden.
 
3.5 Die Auswirkungen eines Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses wird abschliessend durch den Übervorteilungstatbestand des Art. 21 OR geregelt, weshalb dem Rechtsmissbrauchsverbot insoweit keine Bedeutung zukommt (BGE 115 II 232 E. 4c und d). Wird das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung nachträglich infolge ausserordentlichen und unvorhersehbaren Änderungen der Umstände erheblich gestört, so kann das Beharren des Gläubigers auf seinem Vertragsanspruch als rechtsmissbräuchlich erscheinen, wenn eine wucherische Ausbeutung dieses Missverhältnisses vorliegt (BGE 122 III 97 E. 3a mit weiteren Hinweisen; vgl. auch BGE 127 III 300 E. 5b). Dies entspricht der so genannten "clausula rebus sic stantibus", welche unterstellt, dass die Parteien bei Vertragsabschluss stillschweigend vom Fortbestand bestimmter Verhältnisse ausgingen. Diese Annahme ist ausgeschlossen, wenn die Parteien beim Abschluss des Vertrages voraussehen konnten, dass sich die bestehenden Verhältnisse ändern werden. Die Voraussehbarkeit ist jedoch zu verneinen, wenn mit einer Veränderung wie etwa einer Gesetzesänderung als solcher zwar zu rechnen war, nicht aber mit deren Art, Umfang und Auswirkung auf den Vertrag. Sehen die Parteien davon ab, eine Anpassung an voraussehbare Änderungen vorzusehen, so ist von einem Verzicht auf eine Vertragsanpassung auszugehen (BGE 127 III 300 E. 5 b/aa mit Hinweisen).
 
3.6 Das Obergericht nahm in tatsächlicher Hinsicht an, B.________ sei anlässlich der Erneuerungen des Kaufsrechts mit der im Schenkungsvertrag vom 12. Juni 1944 enthaltenen Preisbestimmungsmethode bezüglich des Kaufsrechts auch einverstanden gewesen, nachdem ihm der Wertzuwachs des Gebäudes bewusst geworden war. Damit ist davon auszugehen, er habe bei den Vertragserneuerungen darauf verzichtet, eine Vertragsanpassung an den inzwischen eingetretenen ihm bekannten Wertzuwachs zu verlangen. Dass sich dieser nach der letzten Erneuerung in unvorhersehbarem Ausmass geändert hätte, wird von den Beklagten nicht geltend gemacht. Damit hat das Obergericht kein Bundesrecht verletzt, indem es eine Vertragsanpassung gestützt auf die clausula rebus sic stantibus verneinte. Damit kann offen bleiben, ob die weitere Voraussetzung des erheblichen Missverhältnisses zwischen den Vertragsleistungen vorlag. Ebenso kann offen bleiben, ob eine Vertragsanpassung vorausgesetzt hätte, dass die Ausübung des Kaufsrechts zu einer "Sozialkatastrophe" geführt hätte, wie dies das Obergericht annahm. Auf die Kritik der Beklagten an den entsprechenden Erwägungen des Obergerichts ist daher mangels Rechtsschutzinteresses nicht einzutreten.
 
4.
 
Die Erwägung des Obergerichts bezüglich des vom Obergericht zugesprochenen Ertragsausfalls werden von den Beklagten nicht als bundesrechtswidrig ausgegeben, weshalb das angefochtene Urteil insoweit als anerkannt zu gelten hat.
 
5.
 
Nach dem Gesagten ist die Berufung abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens werden die Beklagten kosten- und entschädigungspflichtig.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist, und das Urteil des Obergerichts des Kantons Luzern, I. Kammer, vom 21. Mai 2002 wird bestätigt.
 
2.
 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 8'000.-- wird den Beklagten unter solidarischer Haftbarkeit auferlegt.
 
3.
 
Die Beklagten haben den Kläger für das bundesgerichtliche Verfahren unter solidarischer Haftbarkeit mit Fr. 9'000.-- zu entschädigen.
 
4.
 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Luzern, I. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 30. Oktober 2002
 
Im Namen der I. Zivilabteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
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