BGer 5C.197/2002 | |||
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BGer 5C.197/2002 vom 18.11.2002 | |
Tribunale federale
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{T 0/2}
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5C.197/2002 /zga
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Urteil vom 18. November 2002
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II. Zivilabteilung
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Bundesrichter Bianchi, Präsident,
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Bundesrichterin Nordmann, Bundesrichter Meyer,
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Gerichtsschreiber von Roten.
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B.________ (Ehemann),
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Beklagter und Berufungskläger, vertreten durch Fürsprecher Ubald Bisegger, Mellingerstrasse 6, 5402 Baden,
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gegen
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K.________ (Ehefrau),
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Klägerin und Berufungsbeklagte, vertreten durch Rechtsanwältin Andrea Metzler, Bahnhofstrasse 24, Postfach 617, 5401 Baden.
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Ehescheidung; Besuchsrecht,
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Berufung gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, 2. Zivilkammer, vom 27. Juni 2002.
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Sachverhalt:
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A.
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K.________ (Ehefrau) und B.________ (Ehemann) (Jahrgang 1973 und 1970) hatten am 4. Januar 1990 vor dem Zivilstandsamt YU-Batinac geheiratet. Aus ihrer Ehe gingen zwei Kinder hervor, nämlich P.________, geboren 1992, und O.________, geboren 1995. Beide Ehegatten lebten ab ihrer Heirat in der Schweiz. Ihre Ehe wurde mit Urteil vom 5. Oktober 1998 durch das Bezirksgericht YU-Jagodina rechtskräftig geschieden. B.________ (Ehemann) ist seither wieder eine Ehe eingegangen und Vater einer Tochter geworden. Seine zweite Ehefrau stammt ebenfalls aus Jugoslawien.
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B.
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Das in Jugoslawien ergangene Scheidungsurteil vom 5. Oktober 1998 wurde in der Schweiz nicht anerkannt, was die Zuteilung der Kinder an B.________ (Ehemann) anbetrifft. Im seit 4. April 1997 hängigen Scheidungsprozess wies das Bezirksgericht Brugg die elterliche Sorge über die beiden Kinder der Klägerin K.________ (Ehefrau) zu und regelte die weiteren Kinderbelange (Urteil vom 27. März 2001). Auf Appellation des Beklagten B.________ (Ehemann) hin bewilligte das Obergericht (2. Zivilkammer) des Kantons Aargau dem Beklagten ein Besuchsrecht von einem Sonntag im Monat (09.00 Uhr bis 18.00 Uhr) mit der Auflage, dass das Besuchsrecht nur im Beisein einer Drittperson ausgeübt werden dürfe (begleitetes Besuchsrecht). Es ordnete eine Beistandschaft zur Sicherstellung des begleiteten Besuchsrechts an und auferlegte dem Beklagten die Kosten des begleiteten Besuchsrechts. Im Übrigen wies das Obergericht die Appellation ab (Ziffern 1 und 2 des Urteils vom 27. Juni 2002).
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C.
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Mit eidgenössischer Berufung beantragt der Beklagte, das Urteil des Obergerichts hinsichtlich der Besuchsrechtsregelung aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an das Obergericht zurückzuweisen. Eventualiter sei ihm ein Besuchsrecht von zwei Sonntagen pro Monat von 9.00 Uhr bis 19.00 Uhr zu gewähren. Ein begleitetes Besuchsrecht sei lediglich während der Dauer von 1-2 Jahren aufrechtzuerhalten und danach sei ihm auch ein Ferienrecht von mindestens drei Wochen pro Jahr zu gewähren. Die Klägerin sei zu verpflichten, den Wohnort bekannt zu geben. Der Beklagte ersucht um unentgeltliche Rechtspflege. Das Obergericht hat auf Gegenbemerkungen verzichtet. Eine Berufungsantwort ist nicht eingeholt worden.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
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1.
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In Würdigung einer Vielzahl von Indizien ist das Obergericht zum Schluss gekommen, es bestehe die konkrete Gefahr, dass der Beklagte das Besuchsrecht zum Zweck der Entführung der Kinder missbrauchen könnte (E. 6b S. 21 ff.: wiederholte Entführungsdrohungen des Beklagten gegenüber der Klägerin; Weigerung des Beklagten, die Pässe der Kinder herauszugeben; Geldtransfer und Investitionen des Beklagten in Jugoslawien, wo er ein Haus gebaut hat; Verwurzelung des Beklagten und seiner zweiten Ehefrau in Jugoslawien; fehlende Integration in der Schweiz u.a.m.). Gestützt auf das eingeholte Gutachten hat das Obergericht festgestellt, dass der Wechsel des Wohnortes und umso mehr des Aufenthaltslandes aus kinderpsychiatrischer Sicht nicht im Sinne der Kinder und daher zu vermeiden sei. Der positive Entwicklungs- und Integrationsstand würde dadurch gefährdet. Andererseits empfehle das Gutachten eine den Bedürfnissen der Kinder angepasste, schrittweise Intensivierung des Besuchs- und Ferienrechts, halte aber einen begleiteten Besuchskontakt für unumgänglich bis zum Zeitpunkt, an welchem keine Entführungsgefahr mehr bestehe. Der Beklagte habe sich vor Obergericht selber nicht gegen ein begleitetes Besuchsrecht gestellt. Um die drohende Entführungsgefahr zu bannen, sei lediglich ein begleitetes Besuchsrecht einzuräumen (E. 6f S. 25 f.).
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2.
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Der Beklagte wendet sich nicht grundsätzlich gegen die Einräumung eines sog. begleiteten Besuchsrechts, d.h. eines Besuchsrechts, das in Anwesenheit einer Drittperson und unter deren Aufsicht auszuüben ist (vgl. den Eventualberufungsantrag des Beklagten). Er bemängelt, dass das Obergericht die Besuchsrechtsbegleitung nicht befristet und ihm deshalb auch kein Ferienrecht eingeräumt habe. Der persönliche Verkehr sei im Scheidungsurteil nicht bloss temporär, sondern grundsätzlich endgültig und dauerhaft festzulegen. Er dürfe nicht einfach an den Abänderungsrichter verwiesen werden. Dass er seine Kinder bis zu deren Volljährigkeit lediglich an einem Sonntag im Monat und dabei nur unter Drittüberwachung sehen dürfe und dass ihm auf Dauer kein Ferienrecht eingeräumt werde, sei masslos und gesetzeswidrig (unter Verweis auf die Art. 273 ff. i.V.m. Art. 133 Abs. 1 und 2 ZGB).
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Das Obergericht hat nicht übersehen, dass das begleitete Besuchsrecht in der Regel nur vorübergehend, für eine begrenzte Dauer festgelegt werden soll. In dieser Zeit kläre sich, ob ein unbegleiteter Verkehr möglich sei oder es könne eine klare Entscheidung über die Entziehung des Besuchsrechts getroffen werden. Auch auf Grund der Rechtsprechung müsse sich das Gericht darüber aussprechen, ob die Besuchsrechtsbegleitung auf unbestimmte oder bestimmte Zeit anzulegen sei; dabei könne freilich nicht ausgeschlossen werden, dass eine Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse eintrete, der alsdann im gesetzlich geregelten Abänderungsverfahren Rechnung zu tragen sei. Das Obergericht hat für den konkreten Fall festgestellt, die beiden Kinder hätten den Beklagten seit Juni 2000 überhaupt nicht mehr gesehen. Gemäss Gutachten hätten beide Kinder nur noch verschwommene Erinnerungen in Bezug auf ihre Ursprungsfamilien und den Kontakt zum Vater immer in Zusammenhang mit weiteren Bezugspersonen (Grossvater/Stiefgrossmutter, Fachpersonen im Rahmen des begleiteten Besuchsrechts) erlebt. Die Klägerin habe vor Obergericht gesagt, es gäbe keine Kinder-Vater-Beziehung, auch keine negative. Nach Ansicht des Obergerichts kann demnach nicht abgeschätzt werden, wie sich die Kontakte entwickeln werden, und erst im Laufe der Zeit wird sich ergeben, ob es dem Beklagten gelingt, die Entführungsgefahr durch Tatbeweise zu entkräften, namentlich zu garantieren, dass er das schweizerische Urteil akzeptiert. Aus diesen Gründen hat das Obergericht von einer Befristung der Begleitung abgesehen und diese grundsätzlich dauerhaft - unter Vorbehalt der Abänderung oder einvernehmlichen Regelung der Eltern - festgelegt (E. 6g S. 26 f.).
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Unter den verbindlich festgestellten Umständen des zu beurteilenden Einzelfalls verletzt die obergerichtliche Anordnung kein Bundesrecht. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist der unmittelbare Regelungshorizont unter anderem schon durch die je nach Alter veränderliche Schutzbedürftigkeit des Kindes zeitlich begrenzt. Infolgedessen können Kinderbelange auch immer nur unter Vorbehalt der gesetzlich vorgesehenen Anpassungsmöglichkeiten endgültig und dauerhaft geordnet werden (BGE 120 II 229 E. 3b S. 232; 122 III 404 E. 4d S. 413; Urteil des Bundesgerichts 5C.131/2000 vom 24. August 2000, E. 2d; Hausheer, Die drittüberwachte Besuchsrechtsausübung [das sogenannte "begleitete" Besuchsrecht] - Rechtliche Grundlagen, ZVW 53/1998 S. 17 ff., S. 20 und S. 37 f.); soweit nicht bloss vorübergehend, kann eine auf längere Sicht gewandelte Haltung des Beklagten als Änderung der tatsächlichen Verhältnisse eine Anpassung der getroffenen Anordnungen erheischen (zu den Voraussetzungen allgemein: BGE 100 II 76 Nr. 14; für das Besuchsrecht: BGE 111 II 405 E. 3 S. 408; Hegnauer, Berner Kommentar, 1997, N. 121 f. zu aArt. 273 und N. 132 zu aArt. 275 ZGB), und zwar spätestens nach der Pubertät des Kindes, in welchem Zeitpunkt es gemeinhin auch als möglich erachtet wird, dass sich das Kind mit dem Besuchsberechtigten über den persönlichen Kontakt einvernehmlich einigt (BGE 125 III 401 E. 4a Abs. 3, nicht veröffentlicht).
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Diese vor der ZGB-Revision von 1998/2000 begründete Rechtsprechung ist unter Herrschaft des neuen Rechts beizubehalten. Die Anforderungen an die Dauerhaftigkeit einer Besuchsrechtsregelung dürfen nicht überspannt werden, wollte der Reformgesetzgeber doch Abänderungen beim häufig umstrittenen persönlichen Verkehr erleichtern, indem er ihre Behandlung gemäss Art. 134 Abs. 4 ZGB auch in Streitfällen den vormundschaftlichen Behörden übertragen hat, es sei denn, ein Gericht habe ohnehin über die Abänderung der elterlichen Sorge oder des Unterhaltsbeitrags für das unmündige Kind zu befinden (Wirz, in: Praxiskommentar Scheidungsrecht, Basel 2000, N. 29, und Breitschmid, Basler Kommentar, 2002, N. 3 und N. 7, je zu Art. 134 ZGB).
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Wenn der Beklagte freiwillig und von sich aus die gerichtliche Abänderung des jugoslawischen Scheidungsurteils betreffend die Kinderzuteilung erwirken würde und wenn er bereit wäre, die Pässe seiner Kinder zu hinterlegen, fiele eine Aufhebung der Besuchsrechtsbegleitung allenfalls in Betracht, und wenn der Beklagte überdies eine Friedensbürgschaft leistete, wäre unter Umständen ein Ferienbesuchsrecht einzuräumen (vgl. zu solchen Auflagen: Urteil des Bundesgerichts 5P.323/2001 vom 13. November 2001, E. 2c Abs. 3, in: Praxis 91/2002 Nr. 38 S. 203 f.; Hegnauer, N. 117 ff. zu aArt. 273 ZGB). Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte seine Haltung künftig nachhaltig in der gezeigten Richtung ändern könnte, bestehen indessen nach den verbindlichen Feststellungen des Obergerichts zur Zeit nicht. Es verletzt deshalb im konkreten Fall kein Bundesrecht, dass das Obergericht weder eine Befristung des drittüberwachten Besuchsrechts angeordnet noch Bedingungen aufgestellt hat, bei deren Erfüllung die durch die Drittüberwachung bewirkte massive Einschränkung des persönlichen Verkehrs hätte gemildert werden können. Auch einer solchen Anpassung der Besuchsrechtsordnung zum Voraus müssen vorhersehbare Änderungen zugrunde gelegt werden können; die blosse Möglichkeit veränderter Verhältnisse genügt dazu nicht (vgl. Hegnauer, N. 119 f. zu aArt. 273 ZGB). Die Berufung muss abgewiesen werden.
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3.
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Der unterliegende Beklagte wird kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG). Seinem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege kann wegen offensichtlicher Unbegründetheit der Berufung und damit Aussichtslosigkeit der gestellten Begehren nicht entsprochen werden. Das Urteil des Obergerichts lässt sich auf die herrschende Lehre und die - auch veröffentlichte - Rechtsprechung stützen (Art. 152 OG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.
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Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts (2. Zivilkammer) des Kantons Aargau vom 27. Juni 2002 wird bestätigt.
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2.
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Das Gesuch des Beklagten um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
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3.
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Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beklagten auferlegt.
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4.
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Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, 2. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 18. November 2002
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Im Namen der II. Zivilabteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Gerichtsschreiber:
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