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Informationen zum Dokument  BGer U 230/2002  Materielle Begründung
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BGer U 230/2002 vom 29.01.2003
 
Eidgenössisches Versicherungsgericht
 
Tribunale federale delle assicurazioni
 
Tribunal federal d'assicuranzas
 
Sozialversicherungsabteilung
 
des Bundesgerichts
 
Prozess
 
{T 7}
 
U 230/02
 
Urteil vom 29. Januar 2003
 
IV. Kammer
 
Besetzung
 
Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Ferrari; Gerichtsschreiber Ackermann
 
Parteien
 
R.________, 1962, Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher Dr. Peter Hollinger, Marktgasse 16, 3800 Interlaken,
 
gegen
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern, Beschwerdegegnerin
 
Vorinstanz
 
Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Bern
 
(Entscheid vom 7. Juni 2002)
 
Sachverhalt:
 
A.
 
R.________, geboren 1962, arbeitete ab April 1999 (seit November 1999 im Zwischenverdienst) als Hilfsarbeiter für die Baufirma Z.________ AG, und war bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) unfallversichert. Am Vormittag des 9. Dezember 1999 stürzte er beim Beladen eines ca. 65 cm hohen Pritschenwagens von dem als Rampe dienenden Gerüstladen und fiel auf Gesäss und Rücken. Der am Nachmittag des gleichen Tages aufgesuchte Dr. med. F.________, Stellvertreter des Hausarztes Dr. med. D.________, Allgemeine Medizin FMH, diagnostizierte eine Beckenprellung. Die SUVA nahm in der Folge umfangreiche medizinische Abklärungen vor und zog diverse ärztliche Berichte bei (unter anderem Bericht der Klinik M.________ vom 27. April 2000 [Aufenthalt vom 3. bis 24. März 2000] sowie Bericht des Spitals X.________ vom 13. November 2000 [Aufenthalt vom 23. Oktober bis 10. November 2000]). Wie mit Schreiben vom 28. Juli 2000 bereits angekündigt, stellte die SUVA mit Verfügung vom 5. Dezember 2000 mit Wirkung ab dem 14. August 2000 ihre Leistungen ein, da ab diesem Datum wieder eine vollständige Arbeitsfähigkeit vorliege. Die unter Beilage zweier Berichte des Hausarztes Dr. med. D.________ vom 4. und 12. Januar 2001 erhobene Einsprache des R.________ wurde mit Einspracheentscheid vom 5. April 2001 abgewiesen, nachdem zusätzlich ein (weiterer) Röntgenbericht vom 2. März 2001 zu den Akten genommen worden war. Die vorsorglich eingereichte Einsprache des Krankentaggeldversicherers des Arbeitgebers wurde dagegen zurückgezogen.
 
B.
 
Unter Beilage je eines (zuhanden der Invalidenversicherung erstellten) Gutachtens des Dr. med. H.________, Psychiatrie Psychotherapie FMH, vom 22. März 2001 und der Frau Dr. med. L.________, Spezialärztin FMH für Neurochirurgie, vom 26. März 2001 sowie eines Berichtes des Spitals I.________ vom 28. Mai 2001 und eines Röntgenberichtes vom 15. Mai 2001 liess R.________ Beschwerde gegen den Einspracheentscheid der SUVA erheben, welche das Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit Entscheid vom 7. Juni 2002 abwies.
 
C.
 
R.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Antrag, unter Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides und des Einspracheentscheides seien ihm weiterhin Heilbehandlung und Taggelder zu gewähren; ferner lässt er die Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung und Verbeiständung beantragen.
 
Die SUVA schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine Vernehmlassung verzichtet.
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
Am 1. Januar 2003 ist das Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 in Kraft getreten. Mit ihm sind zahlreiche Bestimmungen im Unfallversicherungsbereich geändert worden. Weil in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich diejenigen Rechtssätze massgebend sind, die bei der Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung haben (BGE 127 V 467 Erw. 1), und weil ferner das Sozialversicherungsgericht bei der Beurteilung eines Falles grundsätzlich auf den bis zum Zeitpunkt des Erlasses des streitigen Einspracheentscheides (der an die Stelle der vorgängig erlassenen Verfügung tritt, BGE 119 V 350 Erw. 1b mit Hinweisen; hier: 5. April 2001) eingetretenen Sachverhalt abstellt (BGE 121 V 366 Erw. 1b), sind im vorliegenden Fall die bis zum 31. Dezember 2002 geltenden Bestimmungen anwendbar.
 
2.
 
Zutreffend sind die Darlegungen der Vorinstanz betreffend Rechtsprechung zu dem für die Leistungspflicht des Unfallversicherers vorausgesetzten natürlichen (BGE 119 V 337 Erw. 1, 118 V 289 Erw. 1b, 117 V 376 Erw. 3a mit Hinweisen) und adäquaten Kausalzusammenhang (BGE 123 III 112 Erw. 3a, 123 V 103 Erw. 3d, 139 Erw. 3c, 122 V 416 Erw. 2a, je mit Hinweisen) zwischen dem Unfallereignis und dem eingetretenen Schaden (Krankheit, Invalidität, Tod), insbesondere auch zur Adäquanzbeurteilung bei Unfällen und der in der Folge eingetretenen psychischen Fehlentwicklung mit Einschränkung der Arbeits- und Erwerbsfähigkeit (BGE 115 V 133). Darauf wird verwiesen.
 
3.
 
Streitig ist, ob die geklagten Beschwerden adäquat kausale Folgen des Unfalles vom 9. Dezember 1999 sind.
 
3.1 Das kantonale Gericht geht davon aus, dass weder körperliche noch psychische Unfallfolgen vorlägen, während der Beschwerdeführer sinngemäss der Auffassung ist, es sei ungenügend abgeklärt, ob die geklagten Beschwerden körperlich oder psychisch begründet seien, wobei beim (allfälligen) Vorliegen einer psychischen Überlagerung die für die Bejahung der Adäquanz notwendigen Kriterien gegeben seien.
 
3.2 Der SUVA-Arzt Dr. med. K.________ geht im Bericht vom 27. Juli 2000 davon aus, dass aus orthopädischer Sicht keine Unfallfolgen mehr vorliegen, während der Psychiater Dr. med. H.________ in seinem Gutachten vom 22. März 2001 der Auffassung ist, dass der Versicherte aus psychischen Gründen vollständig arbeitsfähig ist (obwohl eine mild ausgeprägte psychische Störung vorliegt, die jedoch nicht eindeutig Krankheitswert hat und keine limitierende Bedingungen an eine Arbeitsstelle stellt). Die Neurochirurgin Frau Dr. med. L.________ schätzt in ihrem Gutachten vom 26. März 2001 die Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers ab Dezember 1999 zwar nunmehr auf 50% für körperlich belastende Tätigkeiten mit wiederholtem Heben von Gewichten über zwanzig Kilogramm, führt jedoch weiter aus, dass diese Einschränkung auf einer Fehlhaltung der Wirbelsäule infolge einer Differenz der Beinlängen basiert; das bedeutet, dass es sich nicht um eine Unfallfolge handelt. Diese ärztlichen Stellungnahmen sind für die streitigen Belange umfassend, beruhen auf allseitigen Untersuchungen, berücksichtigen die geklagten Beschwerden und sind in Kenntnis der Vorakten abgegeben worden; zudem sind sie in der Beurteilung der medizinischen Zusammenhänge sowie der medizinischen Situation einleuchtend und beinhalten begründete Schlussfolgerungen (BGE 125 V 352 Erw. 3a). Die im Einspracheverfahren aufgelegten Berichte des Hausarztes Dr. med. D.________ vom 4. und 12. Januar 2001 sprechen nicht gegen die Zuverlässigkeit der Angaben der Dres. med. K.________, H.________ und L.________ (vgl. BGE 125 V 353 Erw. 3b/bb und ee), da die Frage der Unfallkausalität im Bericht vom 4. Januar 2001 als noch nicht geklärt und in demjenigen vom 12. Januar 2001 gar nicht erwähnt wird. Der im vorinstanzlichen Verfahren eingereichte Bericht des Spitals I.________ vom 28. Mai 2001 enthält ebenfalls keine Äusserungen zur Kausalität der vorliegenden Beschwerden; die erwähnte (stumme) Diskushernie wird jedenfalls nicht auf den Unfall von Dezember 1999 zurückbezogen (was nach der Rechtsprechung im Übrigen nur ausnahmsweise der Fall ist; RKUV 2000 Nr. U 379 S. 193 Erw. 2a mit Hinweisen).
 
Damit ist davon auszugehen, dass in körperlicher Hinsicht keine Unfallfolgen mehr bestehen und auch keine psychischen Gesundheitsschäden mit Auswirkungen auf die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit vorliegen, so dass sich die Frage der adäquaten Kausalität und der dort zu prüfenden Elemente (vgl. BGE 115 V 133) gar nicht stellt.
 
4.
 
Da es im vorliegenden Verfahren um Versicherungsleistungen geht, sind gemäss Art. 134 OG keine Gerichtskosten zu erheben. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege im Sinne der Befreiung von den Gerichtskosten erweist sich daher als gegenstandslos.
 
Die unentgeltliche Verbeiständung kann hingegen gewährt werden (Art. 152 in Verbindung mit Art. 135 OG), da die Bedürftigkeit aktenkundig ist, die Beschwerde nicht als aussichtslos zu bezeichnen und die Vertretung geboten war (BGE 125 V 202 Erw. 4a und 372 Erw. 5b, je mit Hinweisen). Es wird indessen ausdrücklich auf Art. 152 Abs. 3 OG aufmerksam gemacht, wonach die begünstigte Partei der Gerichtskasse Ersatz zu leisten haben wird, wenn sie später dazu im Stande ist.
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
 
1.
 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
 
3.
 
Zufolge Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung wird Fürsprecher Dr. iur. Peter Hollinger, Interlaken, für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht aus der Gerichtskasse eine Entschädigung (einschliesslich Mehrwertsteuer) von Fr. 1'500.-- ausgerichtet.
 
4.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
 
Luzern, 29. Januar 2003
 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
 
Die Präsidentin der IV. Kammer: Der Gerichtsschreiber:
 
i. V.
 
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