BGer I 641/2002 | |||
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BGer I 641/2002 vom 26.03.2003 | |
Eidgenössisches Versicherungsgericht
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Tribunale federale delle assicurazioni
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Tribunal federal d'assicuranzas
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Sozialversicherungsabteilung
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des Bundesgerichts
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Prozess
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{T 7}
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I 641/02
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Urteil vom 26. März 2003
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II. Kammer
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Besetzung
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Präsident Schön, Bundesrichter Ursprung und Frésard; Gerichtsschreiberin Amstutz
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Parteien
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IV-Stelle Basel-Stadt, Lange Gasse 7, 4052 Basel, Beschwerdeführerin,
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gegen
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P.________, 1970, Beschwerdegegner
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Vorinstanz
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Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt, Basel
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(Entscheid vom 19. August 2002)
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Sachverhalt:
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A.
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Mit Verfügung vom 5. November 2001 lehnte die IV-Stelle des Kantons Basel-Stadt das Gesuch des gelernten Tiefbauzeichners, auf diesem Beruf indessen nie tätig gewesenen P.________ (geboren 1970) auf eine Umschulung zum Schreiner mit der Begründung ab, wohl sei er in der seit 1990 mehrheitlich ausgeübten Verkäufertätigkeit aufgrund seines schweren Stotterleidens nicht mehr arbeitsfähig, doch könne er sämtliche Tätigkeiten mit weniger verbalem Kontakt ohne Erwerbseinbusse vollzeitlich ausüben, womit die Voraussetzungen einer Umschulung nicht erfüllt seien und sich der Anspruch auf die Hilfeleistung bei der Suche einer neuen Arbeitsstelle sowie auf finanzielle Unterstützung während einer dort allenfalls erforderlichen Einführungszeit beschränke.
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B.
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Auf hiegegen erhobene Beschwerde des P.________ hin bestätigte das Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt die Ablehnung der Umschulung zum Schreiner, wies die Streitsache indessen in teilweiser Beschwerdegutheissung an die IV-Stelle zurück, damit sie nochmals abkläre, "welche Eingliederungsmassnahmen vonnöten sind, um dem Beschwerdeführer den Wiedereinstieg in den Beruf als Tiefbauzeichner oder allenfalls auch eine andere Ausbildung mit vergleichbarem Aufwand zu ermöglichen" (Entscheid vom 19. August 2002).
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C.
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Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die IV-Stelle des Kantons Basel-Stadt die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids.
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Während P.________ auf eine Vernehmlassung verzichtet hat, schliesst das Bundesamt für Sozialversicherung auf Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
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Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
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1.
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Streitig und zu prüfen ist der Anspruch auf eine Umschulung, namentlich ob diesbezüglich zusätzliche Abklärungen angezeigt sind.
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2.
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Die Vorinstanz hat die für die Beurteilung des strittigen Umschulungsanspruchs massgebenden gesetzlichen Bestimmungen und Grundsätze (Art. 4 IVG (in der bis Ende 2002 in Kraft gewesenen, hier anwendbaren Fassung [BGE 127 V 467 Erw. 1, 121 V 366 Erw. 1b]; Art. 8 Abs. 1 IVG sowie Art. 8 Abs. 3 lit. b in Verbindung mit Art. 17 IVG; vgl. BGE 124 V 110 Erw. 2b mit Hinweisen; AHI 2002 S. 106 Erw. 2a, 2000 S. 62 Erw. 1), namentlich die für dessen Bejahung vorausgesetzte bleibende oder längere Zeit dauernde Erwerbseinbusse von etwa 20 % in den ohne zusätzliche berufliche Ausbildung noch zumutbaren Erwerbstätigkeiten (BGE 124 V 110 f. Erw. 2b mit Hinweisen), zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.
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3.
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3.1 Fest steht, dass der Beschwerdegegner nach Abschluss der Lehre als Tiefbauzeichner im Jahre 1990 aus ausschliesslich invaliditätsfremden Gründen nie in diesem Berufszweig tätig war, er in der Folge verschiedene Stellen vorwiegend in der Verkaufsbranche innehatte und die Verkäufertätigkeit schliesslich 1995 wegen Verschlimmerung seines seit Kindheit bestehenden starken Stotterns aufgeben musste. Aufgrund der Aktenlage erstellt ist sodann die bleibende Arbeitsunfähigkeit in sämtlichen übrigen beruflichen Betätigungsfeldern, welche - ähnlich wie in der Verkaufsbranche - in höherem Masse verbale Interaktion erfordern; dass dem Beschwerdegegner umgekehrt grundsätzlich all jene Erwebstätigkeiten vollzeitlich zumutbar sind, in denen der sprachliche Umgang eine untergeordnete Rolle spielt, wird ebenfalls von keiner Seite bestritten. Insbesondere wird - nach Lage der Akten zu Recht - nicht behauptet, die zusätzlich zum massiven Stottern diagnostizierte Störung der Persönlichkeitsentwicklung stünde einer Vollzeittätigkeit in einer der sprachlichen Behinderung angepassten Tätigkeit objektiv im Wege.
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3.2 Die Vorinstanz stimmt mit der Verwaltung im Ergebnis darin überein, dass es an einer Anspruchsgrundlage für eine von der Invalidenversicherung zu übernehmende Umschulung zum Schreiner fehlt, bejaht aber den zusätzlichen Abklärungsbedarf bezüglich anderweitiger, nicht näher bezeichneten Eingliederungsmassnahmen; dies mit der Begründung, ein Wiedereinstieg in das Erwerbsleben - auch in den ursprünglich gelernten Beruf des Tiefbauzeichners - aus eigenen Kräften könne und dürfe vom Beschwerdegegner selbst bei Anerkennung seiner Schadenminderungspflicht nicht ohne Weiteres erwartet werden, nachdem der Lehrabschluss als Tiefbauzeichner viele Jahre zurückliege, der Versicherte seinen nach wie vor leidensangepassten Beruf nie ausgeübt habe und er im Übrigen seit mehreren Jahren nicht vollzeitlich arbeitstätig gewesen sei.
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3.3 Die beschwerdeführende IV-Stelle und das Bundesamt für Sozialversicherung stellen sich demgegenüber auf den Standpunkt, der Anspruch auf eine Umschulung - sei es zum Schreiner oder zu einem andern Beruf, sei es in Form einer der Umschulung gleichgestellten Wiedereinschulung in den gelernten Beruf des Tiefbauzeichners (Art. 17 Abs. 2 IVG) - falle mangels einer erheblichen Erwerbseinbusse von etwa 20 % (Erw. 1 hievor) von vornherein ausser Betracht. Dieser Auffassung ist beizupflichten. Die Verwaltung ist in ihrer anspruchsverneinenden Verfügung vom 5. November 2001 richtigerweise davon ausgegangen, dass der Beschwerdegegner ohne die zwischen 1990 und 1995 eingetretene Verschlimmerung des Stotterleidens heute mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nach wie vor nicht im erlernten Beruf, sondern weiterhin in der von ihm aus invaliditätsfremden Gründen bevorzugten Verkaufsbranche tätig wäre, weshalb das für die Invaliditätsbemessung (nach der allgemeinen Methode des Einkommensvergleichs gemäss Art. 28 Abs. 2 IVG in der bis Ende 2002 in Kraft gewesenen, hier anwendbaren Fassung [BGE 127 V 467 Erw. 1, 121 V 366 Erw. 1b]) massgebende hypothetische Einkommen ohne Gesundheitsschaden (Valideneinkommen) aufgrund dieser Tätigkeit zu ermitteln ist. Dabei müssen angesichts der infolge unregelmässiger Einsätze und wechselnden Stellen nicht hinreichend aussagekräftigen tatsächlichen Einkommensgrundlagen der Jahre 1990 bis 1995 ausnahmsweise Durchschnittswerte beigezogen werden (AHI 1999 S. 240 f. Erw. 3b). Allerdings ist entgegen der Auffassung der IV-Stelle nicht auf die lediglich unverbindlichen Salärempfehlungen des Schweizerischen Kaufmännischen Verbandes abzustellen (vgl. Urteil P. vom 29. Januar 2003 [U 425/00] Erw. 4.4), sondern auf die - auf tatsächlich ausgerichteten Löhnen beruhenden - Tabellenwerte gemäss der vom Bundesamt für Statistik herausgegebenen Lohnstrukturerhebungen (hierzu BGE 126 V 76 Erw. 3b/bb; AHI 2002 S. 67 Erw. 3b) zurückzugreifen, wobei unter bestimmten Voraussetzungen und je nach den Umständen des Einzelfalls vom statistischen Lohn ein Abzug von bis zu 25 % vorzunehmen ist (BGE 126 V 78 Erw. 5; AHI 2002 S. 62). Danach ergibt sich für im Detailhandel tätige Männer in ungelernter Stellung aufgerechnet auf das Verfügungsjahr 2001 ein durchschnittliches Jahreseinkommen von Fr. 52'660.79 (4097.- [LSE 2000/TA1/Kat. 52/Anforderungsniveau 4/Männer] x 41.8/40 [betriebsübliche wöchentliche Arbeitszeit im Jahre 2000; vgl. Die Volkswirtschaft 2002/Heft 12, S. 88] x 12 x 1, 025 [Nominallohnentwicklung bis 2001; vgl. Die Volkswirtschaft 2002/Heft 11, S. 89]) und, falls gewisse Berufs- und Fachkenntnisse vorausgesetzt werden, ein solches von 61'414.02 (4778.- [TA1/Kat.52/Anforderungsniveau 3/Männer] x 41.8/40 x 12 x 1.025). Aus dem Vergleich zu dem trotz Gesundheitsschaden zumutbarerweise erzielbaren Einkommen (Invalideneinkommen), welches ausgehend von dem in ungelernten Tätigkeiten im Privatsektor allgemein erzielbaren Durchschnittslohn für das Jahr 2001 Fr. 57'030.98 beträgt (4437.- [LSE 2000/TA1/TOTAL/Anforderungsniveau 4/Männer] x 41.8/40 x 12 x 1.025), resultiert in jedem Fall ein Invaliditätsgrad von weniger als 20 %. Dies gilt selbst denn, wenn beim Valideneinkommen vom höheren Wert von Fr. 61'414.02 ausgegangen wird und auf Seiten des Invalideneinkommens unter Berücksichtigung des (hier einzig lohnrelevanten) Umstands, dass das Betätigungsfeld des Beschwerdegegners selbst in einfacheren Tätigkeiten gesundheitsbedingt etwas eingeschränkt ist, ein leidensbedingter Abzug in angemessener Höhe von 10 % gewährt wird, beträgt doch diesfalls der Invaliditätsgrad lediglich 16,4 % ([51'327.88 x 100/61'414.02] - 100).
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Nach dem Gesagten stehen dem Beschwerdegegner auch ohne zusätzliche Ausbildung Verdienstmöglichkeiten offen, welche von den bisherigen nicht erheblich abweichen, womit der Anspruch auf Umschulung zu verneinen ist. Dies gilt umso mehr, als der (noch junge) Versicherte nicht allein auf einfache Hilfstätigkeiten verwiesen wird, in welchen er seine intellektuellen und manuellen Fähigkeiten wohl nicht wird ausschöpfen können. Die Ausübung seines gelernten Berufes ist ihm nach wie vor vollzeitlich zumutbar (Erw. 3.1 hievor), und er könnte nach einer Einarbeitungszeit sowie mit zunehmender Berufserfahrung hierbei voraussichtlich gar ein höheres Einkommen erzielen als in der Verkäuferbranche oder in den während der ersten Jahre des Erwerbslebens hilfsweise ebenfalls ausgeübten Tätigkeiten in Schreiner-, Gärtnerei- und Velomechanikerbetrieben. Nach der zutreffenden Auffassung der Beschwerdeführerin hat die Invalidenversicherung nicht dafür einzustehen, dass sich der Versicherte unmittelbar nach Lehrabschluss aus nicht gesundheitlichen Gründen gegen eine Ausschöpfung seiner Fähigkeiten in seinem gelernten Beruf entschieden und sich daraufhin mit einem eher niedrigeren Einkommen begnügt hat.
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Hinsichtlich des von der Vorinstanz potentiell bejahten Anspruchs auf Wiedereinschulung in den angestammten Beruf ist festzuhalten, dass der Beschwerdegegner eine Rückkehr in dieses Berufsfeld nach eigenen Angaben klar ausschliesst. In dieser Hinsicht fehlt es mithin von vornherein an der subjektiven Eingliederungsbereitschaft des Versicherten als einer der Voraussetzungen des Anspruchs auf berufliche Massnahmen gemäss Art. 17 IVG (AHI 1997 S. 82 Erw. 2b/aa; ZAK 1991 S. 179 unten f. Erw. 3), und es kann nicht erwartet werden, dass zusätzliche Abklärungsmassnahmen diesbezüglich etwas änderten.
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Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
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1.
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In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Basel-Stadt vom 19. August 2002 aufgehoben.
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2.
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Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
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3.
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Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt, der Ausgleichskasse Basel-Stadt und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
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Luzern, 26. März 2003
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Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
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Der Präsident der II. Kammer: Die Gerichtsschreiberin:
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