BGer 2A.60/2005 | |||
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BGer 2A.60/2005 vom 07.02.2005 | |
Tribunale federale
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{T 0/2}
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2A.60/2005 /kil
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Urteil vom 7. Februar 2005
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II. Öffentlichrechtliche Abteilung
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Besetzung
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Bundesrichter Merkli, Präsident,
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Bundesrichter Wurzburger, Müller,
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Gerichtsschreiber Feller.
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Parteien
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X.________,
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Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt
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Dr. Guido Hensch,
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gegen
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Regierungsrat des Kantons Zürich,
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Kaspar Escher-Haus, 8090 Zürich,
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Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 2. Abteilung, 2. Kammer, Postfach 1226, 8021 Zürich.
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Gegenstand
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Ausweisung,
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Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 2. Abteilung, 2. Kammer, vom 24. November 2004.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
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1.
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Der türkische Staatsangehörige X.________, geb. 1976, reiste 1992 zu seinem Vater in die Schweiz ein und erhielt 1994 die Niederlassungsbewilligung. Er heiratete 1994 in der Türkei eine Landsfrau, die 1995 zu ihm in die Schweiz zog; die kinderlos gebliebene Ehe wurde im März 2001 geschieden.
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Gegen X.________ ergingen verschiedene Strafurteile. Am 7. Juli 1998 erkannte ihn das Bezirksgericht Y.________ des Totschlags gegenüber seinem Vater für schuldig und verurteilte ihn zu 4 ½ Jahren Gefängnis. An der Tat waren nebst ihm seine Ehefrau und eine Schwester beteiligt. Am 14. Dezember 2000 verurteilte ihn das Obergericht des Kantons Zürich in zweiter Instanz wegen mehrfacher Vergewaltigung, Freiheitsberaubung und Entführung sowie Tätlichkeit zum Nachteil seiner damaligen Ehefrau zu 27 Monaten Zuchthaus. Das Bezirksgericht Zürich erkannte ihn am 4. Juli 2001 der einfachen Körperverletzung und Drohung zum Nachteil seiner ehemaligen Ehefrau schuldig und bestrafte ihn mit fünf Monaten Gefängnis und einer bedingt ausgesprochenen Landesverweisung von drei Jahren. Das Obergericht des Kantons Zürich bestätigte diese Verurteilung am 27. November 2001. X.________ wurde per 21. Juni 2004 bedingt aus dem Strafvollzug entlassen.
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Mit Beschluss vom 26. Mai 2004 wies der Regierungsrat des Kantons Zürich X.________ für die Dauer von zehn Jahren aus der Schweiz aus. Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich wies die gegen diesen Beschluss erhobene Beschwerde am 24. November 2004 ab.
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Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 31. Januar 2005 beantragt X.________ dem Bundesgericht, den Entscheid des Verwaltungsgerichts aufzuheben, die Angelegenheit zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen (Rechtsbegehren 2a) bzw. die Direktion für Soziales und Sicherheit des Kantons Zürich anzuweisen, ihm die Aufenthaltsbewilligung um ein halbes Jahr zu verlängern (Rechtsbegehren 2b).
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Es ist weder ein Schriftenwechsel noch sind andere Instruktionsmassnahmen angeordnet worden. Das Urteil, mit dessen Ausfällung das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos wird, ergeht im vereinfachten Verfahren (Art. 36a OG).
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2.
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2.1 Gemäss Art. 10 Abs. 1 ANAG kann der Ausländer aus der Schweiz unter anderem dann ausgewiesen werden, wenn er wegen eines Verbrechens oder Vergehens gerichtlich bestraft wurde (lit. a). Die Ausweisung soll nach Art. 11 Abs. 3 ANAG nur verfügt werden, wenn sie nach den gesamten Umständen angemessen erscheint. Für die Beurteilung der Angemessenheit, d.h. der Verhältnismässigkeit (vgl. BGE 125 II 521 E. 2a S. 523) der Ausweisung erklärt Art. 16 Abs. 3 der Vollziehungsverordnung vom 1. März 1949 zum ANAG (ANAV; SR 142.201) namentlich als wichtig die Schwere des Verschuldens des Ausländers, die Dauer seiner Anwesenheit in der Schweiz sowie die ihm und seiner Familie drohenden Nachteile. Da bei der vorzunehmenden Interessenabwägung die persönlichen und familiären Verhältnisse zu berücksichtigen sind, hält eine im Sinne von Art. 11 Abs. 3 ANAG verhältnismässige Ausweisung grundsätzlich auch vor Art. 8 EMRK (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens) stand.
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2.2 Der Beschwerdeführer hat seit 1996 in einem Zeitraum von rund fünf Jahren mehrmals massiv gegen die Rechtsordnung verstossen. Es wurden gegen ihn Freiheitsstrafen von insgesamt über sieben Jahren ausgesprochen. Der Ausweisungsgrund von Art. 10 Abs. 1 lit. a ANAG ist erfüllt.
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Ausgangspunkt für die ausländerrechtliche Interessenabwägung gemäss Art. 11 Abs. 3 ANAG ist das Verschulden des Ausländers, welches vorab im Strafmass seinen Ausdruck findet (BGE 129 II 215 E. 3.1). Wie das Verwaltungsgericht zutreffend festhält, ist im Ausweisungsverfahren weitgehend auf die Würdigung des Verschuldens im Strafurteil abzustellen. Es zieht aus den Strafurteilen zutreffend den Schluss, dass das Verschulden des Beschwerdeführers im Hinblick auf die ausländerrechtliche Interessenabwägung schwer wiegt. Es durfte in Betracht ziehen, dass der Beschwerdeführer mehrfach eine ausgesprochene Rücksichts- und Hemmungslosigkeit an den Tag gelegt hatte. Diesbezüglich kann auf E. 2.2.1 des angefochtenen Entscheids sowie auf E. 4a des regierungsrätlichen Beschlusses verwiesen werden (vgl. Art. 36a Abs. 3 OG). Bei dieser Ausgangslage ist die Ausweisung eines erst im Alter von 16 Jahren in die Schweiz eingereisten Ausländers grundsätzlich geboten, sofern nicht ganz besondere Umstände in den persönlichen Verhältnissen zu seinen Gunsten sprechen.
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Verwaltungsgericht und Regierungsrat haben die persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers umfassend berücksichtigt und gewürdigt. Die Anwesenheitsdauer von gut zwölf Jahren ist angesichts der Tatsache, dass der Beschwerdeführer viele Jahre davon in Untersuchungs- und Strafhaft verbracht hat, zu relativieren. Seit der Entlassung aus dem Strafvollzug ist noch kein Jahr vergangen, und das seitherige Wohlverhalten vermag nicht wesentlich ins Gewicht zu fallen, zumal ihm eine Probezeit von drei Jahren angesetzt worden ist. Jedenfalls genügt diese kurze Zeitspanne nicht, um von der Einschätzung des Verwaltungsgerichts abzuweichen, dass Art und zeitliche Abfolge der Straftaten für eine ausgeprägte Uneinsichtigkeit und eine erhebliche Rückfallgefahr sprechen würden. Von einer eigentlichen Integration des Beschwerdeführers in der Schweiz, wo er übrigens keine Familie (mehr) hat, kann sodann offensichtlich keine Rede sein. Umgekehrt sind ihm die Verhältnisse in der Türkei, wo er aufgewachsen ist und die Schulzeit absolviert hat, nicht fremd; dort leben zudem mehrere Geschwister von ihm.
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Bei diesen persönlichen Verhältnissen geht das öffentliche Interesse an der Ausweisung des Beschwerdeführers dessen Interesse, in der Schweiz bleiben zu können, klar vor.
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2.3 Der Beschwerdeführer will offenbar die Interessenabwägung des Verwaltungsgerichts an sich nicht beanstanden. Dennoch scheint er eine Ermessensüberschreitung i.S. von Art. 104 lit. a OG bzw. eine unvollständige Sachverhaltsermittlung i.S. von Art. 105 Abs. 2 OG rügen zu wollen, weil das Verwaltungsgericht davon abgesehen habe, ein (psychiatrisches) Gutachten über die heute von ihm ausgehende Gefährdung für die öffentliche Sicherheit einzuholen. Schon das Verwaltungsgericht hat in E. 3 des angefochtenen Entscheids dargelegt, warum es, insbesondere derart kurze Zeit nach der - bedingten - Entlassung aus dem Strafvollzug, keines derartigen Gutachtens bedürfe. In der Tat kommt dem Aspekt der Rückfallgefahr, gleich wie dem Resozialisierungsgedanken, beim Entscheid über die ausländerrechtliche Ausweisung nicht die gleiche Bedeutung zu wie etwa beim Entscheid über die strafrechtliche Landesverweisung oder über die bedingte Entlassung aus dem Strafvollzug (BGE 129 II 215 E. 3.2 S. 216 f.; 122 II 433 E. 2b S. 435 f.; 114 Ib 1 E. 3a S. 4). Ohnehin aber geht das Verwaltungsgericht, wie vorne erwähnt, zutreffend von einer uneinsichtigen Haltung des Beschwerdeführers und damit dem Bestehen einer Rückfallgefahr aus. Im Zusammenhang mit Gewaltdelikten wäre selbst ein blosses Restrisiko nicht hinzunehmen (vgl. Urteile 2A.353/2004 vom 28. Juni 2004 E. 2.2; 2A.279/2003 vom 17. Juni 2003 E. 2.2.2), und es ist nicht ersichtlich, wie im Falle des Beschwerdeführers über das Bestehen eines solchen durch ein wie auch immer geartetes Gutachten genügend konkrete Kenntnisse gewonnen werden könnten. Auch unter rein sicherheitspolizeilichen Gesichtspunkten besteht ein grosses öffentliches Interesse an einer Entfernung und Fernhaltung des Beschwerdeführers aus der Schweiz.
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2.4 Die Interessenabwägung des Verwaltungsgerichts beruht somit auf einem genügend abgeklärten Sachverhalt, und es hat dabei nichts unberücksichtigt gelassen, was von Bedeutung sein könnte. Die Ausweisung erscheint darum i.S. von Art. 11 Abs. 3 ANAG verhältnismässig. Insbesondere fällt eine mildere Massnahme, etwa in dem Sinne, dass die Niederlassungsbewilligung widerrufen und dem Beschwerdeführer jeweilen nur befristete Aufenthaltsbewilligungen erteilt würden (Rechtsbegehren 2b), ausser Betracht.
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Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich als offensichtlich unbegründet und ist abzuweisen.
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2.5 Entsprechend dem Verfahrensausgang sind die bundesgerichtlichen Kosten dem Beschwerdeführer, welcher ausdrücklich nur von der Pflicht, einen den Betrag von Fr. 1'000.-- übersteigenden Kostenvorschuss zu leisten, befreit werden wollte, aufzuerlegen (Art. 156 in Verbindung mit Art. 153 und 153a OG).
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Hingegen hat er um Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung ersucht. Das Gesuch ist wegen Aussichtslosigkeit der Beschwerde abzuweisen (vgl. Art. 152 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 OG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht
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im Verfahren nach Art. 36a OG:
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1.
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Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
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2.
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Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'500.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
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3.
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Das Gesuch um Beigabe eines unentgeltlichen Rechtsanwalts wird abgewiesen.
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4.
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Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Regierungsrat und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich sowie dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 7. Februar 2005
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Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
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