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Informationen zum Dokument  BGer 4C.42/2005  Materielle Begründung
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BGer 4C.42/2005 vom 04.05.2005
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
4C.42/2005 /sza
 
Urteil vom 4. Mai 2005
 
I. Zivilabteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Corboz, Präsident,
 
Bundesrichterin Rottenberg Liatowitsch,
 
Bundesrichter Nyffeler, Favre, Bundesrichterin Kiss,
 
Gerichtsschreiber Widmer.
 
Parteien
 
X.________ AG,
 
Klägerin und Berufungsklägerin, vertreten durch
 
Rechtsanwalt Dr. Martin Grossmann,
 
gegen
 
Y.________,
 
Beklagten und Berufungsbeklagten, vertreten durch
 
Fürsprecher Arthur Daniel Ruckstuhl.
 
Gegenstand
 
Arbeitsvertrag; Spesenentschädigung,
 
Berufung gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 30. September 2004.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Die X.________ AG (Klägerin) betreibt einen Grossvertrieb für Glückwunschkarten, in dem Y.________ (Beklagter) von September 2000 bis Ende August 2001 gestützt auf einen mündlichen Arbeitsvertrag als Aussendienstmitarbeiter für den Kartenverkauf zuständig war. Im Rahmen dieses Vertrages vereinbarten die Parteien eine pauschale Spesenentschädigung von Fr. 1'000.-- pro Monat.
 
Mit Darlehensvertrag vom 16. März 2001 gewährte die Klägerin dem Beklagten ein Darlehen über Fr. 40'000.--, das am 9. April 2001 ausbezahlt wurde und am Tag der Auflösung des Arbeitsverhältnisses, d.h. am 31. August 2001 zur Rückzahlung fällig wurde. Am 7. September 2001 gestand die Klägerin dem Beklagten eine zusätzliche, mit der Darlehensforderung zu verrechnende Spesenentschädigung von Fr. 2'000.-- zu und am 11. Oktober 2001 bezahlte der Beklagte der Klägerin Fr. 20'000.-- zurück, wodurch sich deren Darlehensforderung auf Fr. 18'000.-- reduzierte.
 
B.
 
Mit Weisung vom 23. Oktober 2002 beantragte die Klägerin der Bezirksgerichtskommission Weinfelden im Wesentlichen, der Beklagte sei zur Rückzahlung des offenen Darlehensbetrages von Fr. 18'000.-- nebst Zins, zur Zahlung von 5 % Zins auf Fr. 20'000.-- vom 1. September 2001 bis 11. Oktober 2001 sowie zur Leistung von Schadenersatz in der Höhe von Fr. 11'247.25 nebst Zins zu verpflichten. Ferner stellte sie verschiedene Herausgabebegehren. Der Beklagte beantragte die Abweisung der Schadenersatzforderung und der Herausgabebegehren. Sodann hielt er den Forderungen der Klägerin Verrechnungsansprüche entgegen, weil ihm im Rahmen des Arbeitsverhältnisses eine zu geringe Spesenentschädigung ausbezahlt worden sei. Die Bezirksgerichtskommission verpflichtete den Beklagten mit Urteil vom 24. November 2003, der Klägerin verschiedene Gegenstände herauszugeben. Im Übrigen wies sie die Klage ab, soweit diese nicht gegenstandslos geworden war.
 
Auf Berufung der Klägerin hiess das Obergericht des Kantons Thurgau die Klage am 30. September 2004 im Umfang von Fr. 1'000.-- nebst Zins gut und verpflichtete den Beklagten zur Herausgabe verschiedener Gegenstände. Im Übrigen wies es die Klage ab. Es kam zum Schluss, der Beklagte könne die Darlehensforderung im Betrag von Fr. 17'000.-- mit nicht abgegoltenen Ansprüchen auf Auslagenersatz verrechnen. Die Schadenersatzforderung der Klägerin wies es ab.
 
C.
 
Die Klägerin beantragt mit eidgenössischer Berufung, das Urteil des Obergerichts vom 30. September 2004 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihr Fr. 18'000.-- nebst Zins zu 5 % seit dem 1. September 2001 sowie 5 % Zins auf Fr. 20'000.-- vom 1. September 2001 bis 11. Oktober 2001 zu bezahlen. Eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an das Obergericht zurückzuweisen.
 
Der Beklagte schliesst auf Abweisung der Berufung und ersucht um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
Der Rechtsvertreter der Klägerin behielt sich in der Berufungsschrift vor, bis zum 28. Januar 2005 mitzuteilen, ob die Klägerin definitiv an der Berufung festhalte, da deren Ansprechpartner im Ausland weile und nicht erreichbar sei. Bis zum genannten Datum ist keine Mitteilung eingegangen, weshalb die Berufung insoweit an die Hand zu nehmen ist. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist die abgegebene Erklärung nach Treu und Glauben (BGE 115 Ia 107 E. 2b; 105 II 149 E. 2a; 101 Ia 39 E. 3; 82 II 173 E. 1 S. 178) so zu verstehen, dass sich die Klägerin einen Rückzug der Berufung vorbehält und ohne gegenteilige Mitteilung davon auszugehen ist, sie halte an dieser fest.
 
2.
 
Im Berufungsverfahren hat das Bundesgericht seiner Entscheidung die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz zugrunde zu legen, es sei denn, sie beruhten auf einem offensichtlichen Versehen, seien unter Verletzung bundesrechtlicher Beweisvorschriften zustande gekommen oder bedürften der Ergänzung, weil das kantonale Gericht in fehlerhafter Rechtsanwendung einen gesetzlichen Tatbestand nicht oder nicht hinreichend klärte, obgleich ihm die entscheidwesentlichen Behauptungen und Beweisanträge rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form unterbreitet wurden (Art. 63 und 64 OG; BGE 130 III 102 E. 2.2; 127 III 248 E. 2c; 125 III 193 E. 1e S. 205).
 
Wie in den nachfolgenden Erwägungen aufzuzeigen ist, weicht die Klägerin bei ihren Vorbringen in verschiedener Hinsicht von den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz ab, ohne substanziierte Sachverhaltsrügen nach Art. 63 Abs. 2 und Art. 64 OG zu erheben. Insoweit haben ihre Ausführungen unbeachtet zu bleiben.
 
3.
 
Strittig ist im vorliegenden Verfahren einzig, ob die Vorinstanz die Verrechnungsforderung des Beklagten wegen ungenügenden Auslagenersatzes zu Recht geschützt hat.
 
Die Klägerin macht insoweit geltend, die Vorinstanz habe Art. 327c OR sowie Art. 2 ZGB verletzt, indem sie eine verspätete Geltendmachung des angeblich ungenügenden Spesenersatzes und dementsprechend eine Verwirkung der Forderung verneint habe. Ferner habe die Vorinstanz die Angemessenheit und die Notwendigkeit der gefahrenen Autokilometer und des diesbezüglichen Spesenersatzes aufgrund eines offensichtlichen Versehens nicht beurteilt.
 
4.
 
Die Vorinstanz ist zutreffend davon ausgegangen und es ist unbestritten, dass auf das zwischen den Parteien geschlossene Vertragsverhältnis das Recht über den Handelsreisendenvertrag (Art. 347 ff. OR) anwendbar ist. Soweit das Arbeitsverhältnis des Handelsreisenden, wie im vorliegenden Fall, nicht durch schriftlichen Vertrag geregelt ist, wird der Inhalt des Vertrags bezüglich Entgelt und Auslagenersatz durch die gesetzlichen Vorschriften und durch die üblichen Arbeitsbedingungen bestimmt (Art. 347a Abs. 1 lit. c und Abs. 2 OR; vgl. dazu BGE 116 II 700 E. 3a S. 701). Was die gesetzlichen Vorschriften angeht, sind auf den Handelsreisendenvertrag insbesondere die Vorschriften über den Einzelarbeitsvertrag ergänzend anwendbar (Art. 355 OR; vgl. dazu Staehelin, Zürcher Kommentar, N. 3 zu Art. 347a OR).
 
Nach den vorinstanzlichen Feststellungen vereinbarten die Parteien neben einem Grundgehalt und einer Umsatzbeteiligung eine pauschale Spesenentschädigung von Fr. 1'000.-- pro Monat. Im vorliegenden Verfahren ist nicht mehr strittig, dass darin nicht eine nach Art. 349d Abs. 2 OR unzulässige Abrede liegt, wonach der Auslagenersatz im festen Gehalt oder der Provision eingeschlossen wäre. Da keine schriftliche Vereinbarung vorliegt (Art. 12 ff. OR), bestimmt sich der Auslagenersatz im vorliegenden Fall aber dennoch nicht nach der Pauschalvereinbarung, sondern nach Massgabe von Art. 327a OR. Selbst wenn eine schriftliche Vereinbarung vorläge, wäre zudem Art. 327a OR insoweit zu beachten, als diese Norm zwingend vorschreibt, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer alle durch die Ausführung der Arbeit notwendig entstandenen Auslagen zu ersetzen hat; die Vereinbarung einer Pauschale, welche die durchschnittlichen Spesen des Handelsreisenden nicht deckt, ist danach ohnehin nichtig (Rehbinder, Berner Kommentar, N. 7 zu Art. 327a OR; derselbe, Basler Kommentar, N. 4 zu Art. 327a OR; Brühwiler, Kommentar zum Einzelarbeitsvertrag, 2. Aufl., Bern/Stuttgart/Wien 1996, N. 4 zu Art. 327a OR; Streiff/von Kaenel, Arbeitsvertrag, 5. Aufl., Zürich 1992, N. 4 und 6 zu Art. 327a OR; Wyler, Droit du travail, Bern 2002, S. 213). Nach zutreffender, in der Lehre vertretener Auffassung darf beim Handelsreisenden aufgrund des in Art. 349d Abs. 2 OR enthaltenen Verbots, den Auslagenersatz in den Lohn einzuschliessen, die Nichtigkeitsfolge nicht davon abhängig gemacht werden, ob die gesamten Leistungen des Arbeitgebers dem Reisenden nach Abzug der notwendigen Reiseauslagen ein angemessenes Entgelt für seine Dienste bieten (vgl. dagegen BGE 91 II 372 E. 12 S. 384 f., der zwar vor Inkrafttreten von Art. 349d Abs. 2 OR [AS 1971 S. 1465, 1507], aber doch unter Art. 13 Abs. 2 des Handelsreisendengesetzes [Bundesgesetz vom 13. Juni 1941 über das Anstellungsverhältnis der Handelsreisenden, HRAG; aufgehoben mit dem Inkrafttreten des geltenden X. Titels des OR am 1. Januar 1972; AS 1971 S. 1465, 1506 f. sowie Art. 6 Ziff. 5 der Schluss- und Übergangsbestimmungen zum X. Titel des OR] mit gleichlautendem Wortlaut erging, sowie die Kritik an diesem Entscheid sowie an der darin erwähnten Praxis für das übrige Arbeitsrecht bei Rehbinder, Berner Kommentar, N. 10 zu Art. 327a OR und N. 3 zu Art. 349d OR und bei Streiff/von Kaenel, a.a.O., N. 4 zu Art. 349d OR; vgl. dazu auch Staehelin, a.a.O., N. 11 und 13 f. zu Art. 327a OR sowie N. 2 zu Art. 349d OR). Die Vorinstanz ist insoweit zutreffend davon ausgegangen und es ist auch unbestritten, dass der Beklagte grundsätzlich unabhängig von der vereinbarten Pauschale Anspruch auf Ersatz von allen effektiv entstandenen notwendigen Spesen hat.
 
5.
 
Die Klägerin hält unter Hinweis auf BGE 91 II 372 E. 13 S. 386 f. dafür, der Beklagte habe seine Abrechnungspflicht nach Art. 327c Abs. 1 OR verletzt sowie gegen Treu und Glauben verstossen, und daher seinen Anspruch verwirkt, indem er erstmals nach zehn Monaten zu tiefe Spesen gerügt habe.
 
5.1 Im angerufenen Entscheid, der wie vorstehend erwähnt noch unter dem HRAG erging, erwog das Bundesgericht, der Reisende dürfe mit Rücksicht auf das Interesse des Dienstherrn an einer klaren Lage, dem in billiger Weise Rechnung zu tragen sei, nicht beliebig lange schweigen, wenn er die vereinbarte Vergütung als unzureichend erachte. Vielmehr habe er den Dienstherrn nach Treu und Glauben auf das Ungenügen dieser Vergütung aufmerksam zu machen, sobald er genügende Erfahrungen darüber gesammelt habe, wie hoch sich die notwendigen Reiseauslagen in Wirklichkeit beliefen. Unterlasse der Reisende den gebotenen Hinweis ohne zureichenden Grund und nehme er die vereinbarten Vergütungen während längerer Zeit vorbehaltlos entgegen, so könne in der späteren Erhebung der Nachforderung ein offenbarer Rechtsmissbrauch liegen. Im konkreten Fall bejahte das Bundesgericht ein Verhalten wider Treu und Glauben, da der Handelsreisende die vereinbarte Auslagenvergütung während dreieinhalb Jahren ohne Vorbehalt entgegen genommen habe und ihm eine frühere Beanstandung zuzumuten gewesen wäre.
 
Seit Ergehen dieses klägerischerseits angerufenen Urteils hat sich die bundesgerichtliche Rechtsprechung zum Rechtsmissbrauchsverbot im Arbeitsverhältnis allerdings stark weiterentwickelt. Danach kann sich der Arbeitgeber zunächst nur bei Vorliegen besonderer Umstände auf einen Rechtsmissbrauch (Art. 2 Abs. 2 ZGB) des Arbeitnehmers berufen, der geltend macht, eine getroffene Vereinbarung verstosse gegen zwingendes Recht; ansonsten würde dem Arbeitnehmer der mit der zwingenden Gesetzesbestimmung gewährte Schutz auf dem Weg über Art. 2 ZGB wieder entzogen (BGE 129 III 493 E. 5, 618 E. 5.2 S. 622; 110 II 168 E. 3c S. 171, je mit Hinweisen). Sodann begründet blosses Zuwarten mit der Rechtsausübung innerhalb der gesetzlichen Verjährungsfristen allgemein noch nicht Rechtsmissbrauch (BGE 116 II 428 E. 2; vgl. auch BGE 129 III 171 E. 2.4 S. 176; 127 III 506 E. 4a S. 513, je mit Hinweisen). Zum blossen Zeitablauf müssen vielmehr besondere Umstände hinzutreten, welche die Rechtsausübung mit der früheren Untätigkeit des Berechtigten in einem unvereinbaren Widerspruch erscheinen lassen (vgl. BGE 129 III 493 E. 5.1 S. 498 mit Hinweisen). Solche können darin bestehen, dass dem Verpflichteten aus der verzögerten Geltendmachung in erkennbarer Weise Nachteile erwachsen sind und dem Berechtigten die Rechtsausübung zumutbar gewesen wäre, oder darin, dass der Berechtigte mit der Geltendmachung des Anspruchs zuwartet, um sich einen ungerechtfertigten Vorteil zu verschaffen (Merz, Berner Kommentar, N. 512 zu Art. 2 ZGB; Baumann, Zürcher Kommentar, N. 401 f. zu Art. 2 ZGB; Honsell, Basler Kommentar, N. 49 zu Art. 2 ZGB; Hausheer/Jaun, Die Einleitungsartikel des ZGB, Bern 2003, N. 136 f. zu Art. 2). Erkennbare Nachteile für den Verpflichteten können dabei nach der Lehre namentlich darin bestehen, dass sich die Forderung nicht mehr überprüfen lässt (Streiff/von Kaenel, a.a.O., N. 2 zu Art. 327c OR; vgl. auch derselbe in N. 5 zu Art. 349d OR). Schwierigkeiten, die Forderung zu überprüfen, fallen zwar im vorliegenden Zusammenhang insoweit nicht ins Gewicht, als der Arbeitnehmer die Beweislast für die Notwendigkeit wie auch die Höhe der einzelnen Auslagen trägt, wie auch für die Behauptung, die vereinbarte Spesenpauschale sei zu niedrig (Rehbinder, Berner Kommentar, N. 10 zu Art. 327a OR; Brühwiler, a.a.O., N. 4 zu Art. 327a OR; Streiff/von Kaenel, a.a.O., N. 8 zu Art. 327a OR). Indessen ist immerhin zu beachten, dass nach der Rechtsprechung vom Arbeitnehmer mit Bezug auf die Höhe der Auslagen kein strenger Beweis verlangt werden darf und dass effektiv gehabte Auslagen, die ziffernmässig nicht mehr beweisbar sind, vom Richter in analoger Anwendung von Art. 42 Abs. 2 OR zu schätzen sind (BGE 91 II 372 E. 12 S. 385; Staehelin, a.a.O., N. 9 zu Art. 327a OR; Rehbinder, Berner Kommentar, N. 9 zu Art. 327a OR). Insoweit ist es für den Arbeitgeber von erheblicher Bedeutung, die Ansprüche überprüfen und gegebenenfalls den Gegenbeweis antreten zu können, so dass ein Verhalten des Arbeitnehmers, das dies verunmöglicht, als rechtsmissbräuchlich erscheinen kann. Der blosse Umstand, dass der Arbeitnehmer seine Ansprüche erst bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses geltend macht, vermag dagegen für sich allein keinen Rechtsmissbrauch zu begründen. Andernfalls würde dem Arbeitnehmer über Art. 2 ZGB der Schutz wieder entzogen, den ihm der Gesetzgeber durch den im Jahre 1972 in Kraft getretenen Art. 341 Abs. 1 OR gewährte, worin bestimmt wurde, dass der Arbeitnehmer während der Dauer des Arbeitsverhältnisses und eines Monats nach dessen Beendigung auf Forderungen, die sich aus unabdingbaren Vorschriften des Gesetzes ergeben, nicht verzichten kann (BGE 129 III 618 E. 5.2 mit Hinweisen; vgl. auch Rehbinder, Basler Kommentar, N. 1 zu Art. 327c OR).
 
5.2 Eine strengere Verwirkungsregel lässt sich insbesondere nicht aus Art. 327c Abs. 1 OR ableiten. Nach dieser Bestimmung ist der Auslagenersatz auf Grund der Abrechnung des Arbeitnehmers jeweils zusammen mit dem Lohn auszurichten, sofern nicht eine kürzere Frist verabredet oder üblich ist. Wie die Vorinstanz zutreffend festgehalten hat, bildet die Spesenabrechnung Voraussetzung für die Vergütung des Spesenersatzes und besteht zu ihrer Vorlage keine eigentliche Vertragspflicht, sondern eine blosse Obliegenheit des Arbeitnehmers. Wurde ein Pauschalbetrag verabredet, ist zudem ohnehin keine Spesenabrechnung erforderlich (vgl. Staehelin, a.a.O., N. 1 zu Art. 327c OR; Rehbinder, Berner Kommentar, N. 2 zu Art. 327c OR; Streiff/von Kaenel, a.a.O., N. 2 zu Art. 327c OR; Brühwiler, a.a.O., N. 1 zu Art. 327c OR; Duc/Subilia, Commentaire du contrat individuel de travail, Lausanne 1998, N. 2 zu Art. 327c OR; vgl. immerhin BGE 91 II 372 E. 13, wo die der Bestimmung von Art. 327c OR entsprechende Norm von Art. 13 Abs. 4 HRAG [Streiff/von Kaenel, a.a.O., N. 1 zu Art. 327c OR] noch zu Lasten des Arbeitnehmers berücksichtigt wurde).
 
5.3 Den tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil lassen sich keine besonderen Umstände entnehmen, auf Grund derer vorliegend im Lichte der aktuellen Rechtsprechung eine rechtsmissbräuchliche Geltendmachung des über die Pauschale hinausgehenden Auslagenersatzes durch den Beklagten bejaht werden könnte.
 
5.3.1 Die Parteien hatten eine Vereinbarung über eine pauschale Spesenentschädigung getroffen. Wenn diese nach dem Ausgeführten (vorstehende Erwägung 4) auch bereits wegen der mangelnden Schriftform keine Gültigkeit beanspruchen kann, gingen die Parteien insoweit doch gemeinsam von deren Gültigkeit aus, was bei der Beurteilung des Verhaltens des Beklagten auf seine Rechtsmissbräuchlichkeit hin zu berücksichtigen ist. Nach den unbestrittenen und verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz nahmen die Parteien überdies an, die Spesen seien mit der Pauschale genügend gedeckt, und vereinbarten entsprechend keinen Modus über die Spesenabrechnung. Bei dieser Sachlage traf den Beklagten zunächst nicht einmal eine Obliegenheit, eine monatliche Spesenabrechnung zu erstellen (vgl. die vorstehende Erwägung 5.2). Der Beklagte erhielt von der Klägerin denn auch jeden Monat die pauschale Spesenvergütung von Fr. 1'000.-- ausgerichtet, ohne dass er ihr eine Spesenabrechnung unterbreitet hätte.
 
5.3.2 Wegen ungenügender Deckung der effektiven Auslagen ist eine Vereinbarung über einen pauschalen Auslagenersatz nicht bereits ungültig, wenn die Monatspauschale die effektiven Spesen während eines Monats nicht zu decken vermag, sondern erst dann, wenn sich ergibt, dass die pauschal ausgerichteten Spesenvergütungen die durchschnittlichen effektiven Auslagen über eine relativ lange Periode, beispielsweise über ein Jahr hinweg, nicht decken (vgl. Staehelin, a.a.O., N. 11 zu Art. 327a OR; Rehbinder, Berner Kommentar, N. 7 zu Art. 327a OR; Brühwiler, a.a.O., N. 4 zu Art. 327a OR; Wyler, a.a.O., S. 213 bei Fn. 677; Streiff/von Kaenel, a.a.O., N. 4 zu Art. 327a OR; Duc/Subilia, a.a.O., N. 7 zu Art. 327a OR). Erst wenn der Arbeitnehmer dies feststellt, ist es ihm daher zumutbar, die Pauschale bei der Arbeitgeberin in Frage zu stellen. Die Vorinstanz erwog in diesem Zusammenhang überdies, dass der Beklagte verständlicherweise eine gewisse Zeit gebraucht habe, um (überhaupt) zu realisieren, dass der Spesenansatz nicht genügt habe. Wenn die Klägerin dagegen vorbringt, der Beklagte habe monatliche Reiseberichte erstellt, aus denen es ihm ohne weiteres möglich gewesen wäre, jeweils Ende Monat seine effektiven Auslagen zu bestimmen, behauptet sie Tatsachen, die im angefochtenen Urteil keine Stütze finden, und demnach nicht gehört werden können (Art. 63 Abs. 2 OG). Überdies könnte, selbst wenn es dem Beklagten, wie behauptet, ohne weiteres möglich gewesen wäre, monatlich seine effektiven Auslagen zu bestimmen, nicht ausgeschlossen werden, dass er das durchschnittliche Ungenügen des pauschalen Ansatzes erst nach einer gewissen Zeit mit genügender Sicherheit realisierte, um es als zumutbar erscheinen zu lassen, die Pauschale bei der Arbeitgeberin in Frage zu stellen.
 
5.3.3 Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis nach den Feststellungen der Vorinstanz bereits vor Ablauf des ersten Dienstjahres, wobei er die Kündigung gerade wegen des ungenügenden Auslagenersatzes aussprach (vgl. dazu Streiff/von Kaenel, a.a.O., N. 5 zu Art. 349d OR). Der Beklagte hat damit jedenfalls innert einer Frist auf den ungenügenden Auslagenersatz reagiert, dass ihm nicht der Vorwurf gemacht werden kann, die Rechtsausübung ungebührlich verzögert zu haben, obwohl sie ihm zumutbar gewesen wäre. Es ist demnach nicht entscheidend, ob der Beklagte mit der Klägerin erst nach der Kündigung, die er am 31. Juli 2001 aussprach, über die Spesenvergütung diskutierte, wie die Klägerin dem angefochtenen Urteil entnehmen will. Es erschiene überdies selbst im Lichte der nach dem vorstehend (Erwägung 5.1) Ausgeführten überholten Rechtsprechung von BGE 91 II 372 E. 13 fraglich, ob sich die Klägerin bei einer Rechtsausübung innert der entsprechenden Frist auf Rechtsmissbrauch berufen könnte; im genannten Entscheid ging es um einen Fall, in dem der Arbeitnehmer die vereinbarte Auslagenvergütung immerhin dreieinhalb Jahre lang vorbehaltlos entgegen genommen hatte (E. 13 S. 287), und nicht bloss während zehn Monaten wie im vorliegenden Fall.
 
5.3.4 Schliesslich lässt sich dem angefochtenen Urteil nicht entnehmen, dass der Klägerin in erkennbarer Weise ein Nachteil entstanden wäre oder dass sich der Beklagte damit einen ungerechtfertigten Vorteil verschafft hätte, weil er den ungenügenden Auslagenersatz erst bei seiner Kündigung zur Sprache gebracht habe, was für die Annahme eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens über die blosse verzögerte Rechtsausübung hinaus erforderlich wäre (Erwägung 5.1 vorne). Soweit die Beklagte entsprechende Umstände geltend machen will, indem sie vorbringt, sie habe dem Beklagten im März 2001 mit dem Darlehen von Fr. 40'000.-- ein Auto finanziert, das er für Geschäftszwecke eingesetzt habe, ohne dass er dabei die Spesenpauschale zur Diskussion gestellt hätte, stützt sie sich zunächst auf tatsächliche Elemente, die im angefochtenen Urteil keine Stütze finden. Da sie dazu keine Ausnahme nach Art. 63 Abs. 2 und Art. 64 OG beansprucht, kann sie insoweit nicht gehört werden. Überdies ist ohnehin nicht erkennbar, inwiefern die Klägerin vorliegend durch die Darlehensgewährung in erkennbarer Weise Nachteile erlitten oder der Beklagte sich insoweit ungerechtfertigte Vorteile verschafft haben könnte.
 
5.3.5 Die Rüge der Verletzung von Art. 2 ZGB und von Art. 327c OR erweist sich demnach als unbegründet, ohne dass auf die in diesem Zusammenhang erhobenen Sachverhaltsrügen der Klägerin eingegangen werden muss, die keine entscheiderheblichen Tatsachen betreffen.
 
6.
 
Was die Frage der Notwendigkeit der gefahrenen Kilometer angeht, für die der Beklagte eine Entschädigung beansprucht, hielt die Vorinstanz fest, es sei unbestritten, dass der Beklagte im Monat September 2000 zusammen mit seinem Vorgänger unterwegs war. Aus den Reiseberichten ergebe sich deutlich, dass der Beklagte seine Arbeit so ausgeführt habe, wie er im Monat September 2000 instruiert worden sei; jedenfalls erschienen in den Berichten auch später die gleichen Einträge wie bereits im September 2000. Eine Streichung von Kilometern wegen mangelnder Notwendigkeit falle daher ausser Betracht.
 
6.1 Die Klägerin rügt, die Feststellung, wonach der Vorgänger des Beklagten diesen im September 2000 instruiert und sich der Beklagte entsprechend verhalten habe, beruhe auf einem offensichtlichen Versehen und einer Verletzung von Art. 8 ZGB (Art. 63 Abs. 2 OG). Sie habe in der vorinstanzlichen Replik bestritten, dass der Vorgänger den Beklagten instruiert habe, so vorzugehen, wie er dann vorgegangen sei. Zudem habe sie darauf hingewiesen, dass der Beklagte nur an drei Tagen von seinem Vorgänger begleitet worden sei, und nicht, wie die Vorinstanz ausführe, während dem ganzen Monat September 2000. Die Vorinstanz habe diese Aktenstelle in der Replik übersehen oder nicht in ihrer wahren Gestalt wahrgenommen und Art. 8 ZGB verletzt, indem sie die bestrittene entsprechende Parteibehauptung des Beklagten ohne Beweis als richtig angenommen habe. Überdies sei dem Urteil nicht zu entnehmen, auf welcher Grundlage die Vorinstanz ihre Beurteilung stütze, die Klägerin habe den Beklagten falsch instruiert, womit die Vorinstanz Art. 64 OG verletzt habe.
 
6.2 Diese Rügen erweisen sich ohne weiteres als unbegründet. Zunächst ergibt sich aus den Erwägungen der Vorinstanz nicht eindeutig und ist auch nicht von entscheiderheblicher Bedeutung, ob der Beklagte während des ganzen Monats September 2000 mit seinem Vorgänger unterwegs war und von ihm instruiert wurde, oder ob dies lediglich an einigen Tagen dieses Monats der Fall war. Ebenso wenig hat die Vorinstanz festgestellt, dass der Beklagte durch seinen Vorgänger falsch instruiert worden sei; sie hielt lediglich fest, dass sich die Klägerin eine (allfällige) mangelhafte Instruktion jedenfalls anrechnen lassen müsste. Erheblich ist allein die Feststellung, dass der Beklagte seine Arbeit so ausgeführt habe, wie er im September 2000 durch seinen Vorgänger instruiert worden sei. Aus den Erwägungen im angefochtenen Urteil ergibt sich deutlich, dass die Vorinstanz dies aus einem Vergleich der Einträge in den Reiseberichten des Monats September mit späteren Reiseberichten schloss. Sie zog diesen Schluss damit aus der Würdigung der genannten Beweise, weshalb sich auch der Vorwurf, die bestrittene Behauptung ohne Beweise und ohne Angabe der Entscheidgrundlage als richtig anerkannt zu haben, als haltlos erweist.
 
7.
 
Die Berufung ist somit abzuweisen. Da der Streitwert der ursprünglich angehobenen Klage nach den unbestrittenen Feststellungen der Vorinstanz Fr. 30'000.-- überstieg, ist das Verfahren nicht kostenlos (BGE 115 II 41; 100 II 359 E. a). Dem Ausgang entsprechend ist die Gerichtsgebühr der Klägerin aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 OG). Sie hat den Beklagten überdies für das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen (Art. 159 Abs. 1 und 2 OG).
 
Das Gesuch des Beklagten um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ist angesichts des Verfahrensausgangs in Bezug auf die Prozesschancen begründet. Die Bedürftigkeit des Beklagten ist aufgrund der eingereichten Unterlagen zu bejahen. Ferner lässt die Komplexität des Verfahrens den Beizug eines Rechtsanwalts als gerechtfertigt erscheinen. Dem Gesuch um Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege ist daher zu entsprechen, was angesichts des Verfahrensausgangs zur Folge hat, dass dem Rechtsvertreter des Beklagten das Honorar für den Fall der Uneinbringlichkeit zu garantieren ist (Art. 152 Abs. 1 und 2 OG)
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Berufung wird abgewiesen.
 
2.
 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird der Klägerin auferlegt.
 
3.
 
Die Klägerin hat den Beklagten für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen. Für den Fall der Uneinbringlichkeit wird dieses Honorar dem Rechtsvertreter des Beklagten zufolge Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege aus der Bundesgerichtskasse bezahlt.
 
4.
 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Thurgau schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 4. Mai 2005
 
Im Namen der I. Zivilabteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
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