BGer 7B.190/2005 | |||
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BGer 7B.190/2005 vom 29.11.2005 | |
Tribunale federale
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{T 0/2}
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7B.190/2005 /blb
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Urteil vom 29. November 2005
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Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
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Besetzung
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Bundesrichterin Hohl, Präsidentin,
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Bundesrichter Meyer, Marazzi,
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Gerichtsschreiber Schett.
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Parteien
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X.________,
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Beschwerdeführerin,
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gegen
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Obergericht des Kantons Luzern, Schuldbetreibungs- und Konkurskommission, als obere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs, Hirschengraben 16, Postfach, 6002 Luzern.
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Gegenstand
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Neuschätzung,
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SchKG-Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Luzern, Schuldbetreibungs- und Konkurskommission, als obere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs, vom 23. August 2005.
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Die Kammer zieht in Erwägung:
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1.
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1.1 Mit betreibungsrechtlicher Schatzungsanzeige vom 20. Mai 2005 wurde das Grundstück Nr. xxxx, GB G.________, der X.________ geschätzt. Gestützt auf Art. 99 Abs. 2 i.V.m. Art. 9 Abs. 2 VZG verlangte die X.________ eine Neuschätzung. Mit Verfügung vom 2. Juni 2005 wurde die X.________ vom Amtsgerichtspräsidenten A.________ aufgefordert, einen Kostenvorschuss von Fr. 3'000.-- zu bezahlen. Nachdem die eingeschriebene Postsendung nicht abgeholt wurde, wurde die Verfügung per A-Post an die Wohnadresse des einzelzeichnungsberechtigten Verwaltungsratsmitglieds V.________ zugestellt.
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Mit Schreiben vom 16. Juni 2005 erkundigte sich die X.________ über den Stand des Verfahrens. Nachdem der Kostenvorschuss innert Frist nicht geleistet wurde, trat die untere Aufsichtsbehörde mit Entscheid vom 22. Juni 2005 auf das Gesuch um Neuschätzung nicht ein.
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1.2 Der Weiterzug der Sache an das Obergericht des Kantons Luzern als obere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs hatte keinen Erfolg. Mit Entscheid vom 23. August 2005 wurde die Beschwerde abgewiesen.
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1.3 Am 26. September 2005 hat die X.________ bei der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts Beschwerde eingereicht. Sie beantragt sinngemäss die Aufhebung des obergerichtlichen Entscheids. Ferner sei die Frist zur Leistung eines Kostenvorschusses wiederherzustellen und die Neuschätzung zu bewilligen.
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2.
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2.1 Die Vorinstanz führt aus, auf das Gesuch um Neuschätzung werde in Folge Nichtleistung des Kostenvorschusses nicht eingetreten. Der Amtsgerichtspräsident sei von einer fingierten Zustellung der Aufforderung zur Leistung des Kostenvorschusses ausgegangen und habe sich dabei auf die konstante Rechtsprechung des Obergerichts gestützt (vgl. LGVE 1995 I Nr. 23). Die Beschwerdeführerin habe dies im Beschwerde-Weiterzug zu Recht nicht beanstandet. Sie mache indes geltend, diese Rechtsprechung sei im vorliegenden Fall nicht anwendbar, da sie ihrer Pflicht zur Stellung eines valablen Domizils nachgekommen sei.
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Die Verfügung des Amtsgerichts Luzern-Stadt vom 2. Juni 2005 sei an die von der Beschwerdeführerin im Gesuch vom 1. Juni 2005 selber angegebene Adresse in Basel gesandt worden, und am 7. Juni 2005 zusätzlich auch noch an die Adresse des einzigen Verwaltungsrates der Beschwerdeführerin. Wenn die untere Aufsichtsbehörde unter diesen Umständen von einer fingierten Zustellung ausgegangen sei, so sei dies nicht zu beanstanden. Dies auch unter dem Gesichtspunkt, dass Versäumnisse von Rechtsvertretern oder Hilfspersonen der Prozesspartei selber anzulasten seien. Die Nachfrage der Beschwerdeführerin nach dem Stand des Verfahrens vom 17. Juni 2005 ändere daran nichts, sei doch die Frist zur Bezahlung des Kostenvorschusses am 17. Juni 2005 abgelaufen. Der Beschwerde-Weiterzug sei deshalb abzuweisen.
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2.2 Da sich das Bundesrecht über die Einzelheiten des Kostenvorschusses betreffend die Neuschätzung des Grundstücks ausschweigt (Art. 99 Abs. 2 und Art. 9 Abs. 2 VZG), obliegt es der angerufenen (kantonalen) Aufsichtsbehörde, den Betrag des Vorschusses und die Frist festzulegen, innert welcher dieser zu leisten ist. Für diesen verfahrensleitenden Entscheid und mithin auch für die Frage, ob und unter welchen Umständen die genannte Frist zu erstrecken oder allenfalls zurückzunehmen sei, ist das kantonale Prozessrecht massgebend (Urteil der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts vom 3. April 2003 E. 2; vgl. auch Adrian Staehelin, Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Ergänzungsband, Basel 2005, ad N. 16 zu Art. 97 SchKG, S. 103).
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Die obere Aufsichtsbehörde hat mit Bezug auf die Zustellung der Verfügung vom 2. Juni 2005 des Amtsgerichts A.________ zur Leistung des Kostenvorschusses einzig - unter Verweis auf den Entscheid der unteren Aufsichtsbehörde - auf die kantonale Rechtsprechung abgestellt. Die Verletzung von kantonalem Recht kann jedoch nicht mit Beschwerde nach Art. 19 SchKG, sondern nur mit staatsrechtlicher Beschwerde beim Bundesgericht gerügt werden kann (BGE 120 III 114 E. 3a S. 116; Heinz Pfleghard, in: Prozessieren vor Bundesgericht I, [Hrsg. Geiser/Münch], 2. Aufl. 1998, S. 180/181 Rz. 5.55).
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Auf die Vorbringen der Beschwerdeführerin, die im Zusammenhang mit der Mitteilung dieser Verfügung stehen, kann somit nicht eingetreten werden.
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3.
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3.1 Die obere Aufsichtsbehörde hat ferner erwogen, soweit die Beschwerdeführerin um eine Wiederherstellung der versäumten Frist nachsuche, sei darauf hinzuweisen, dass der Richter auf Gesuch der säumigen Partei eine Frist neu ansetzen könne, wenn ein entschuldbares Hindernis als Ursache der Säumnis glaubhaft gemacht werde (§ 90 Abs. 1 ZPO/LU). Gemäss konstanter Praxis stelle das Luzerner Obergericht an die Gewährung der Wiederherstellung hohe Anforderungen. Eine Wiederherstellung im Sinne von § 90 ZPO/LU könne nur dann in Frage kommen, wenn die Wahrung der Frist objektiv nicht möglich gewesen sei oder übermässige Anforderungen gestellt hätte, wie etwa bei Naturereignissen, Verkehrsstörungen, plötzlicher schwerer Krankheit, usw. Ausdrücklich als Hinderungsgründe verneint würden u.a. Arbeitsüberlastung und Rechtsunkenntnis. Säumnis des Rechtsvertreters oder dessen Hilfsperson würden immer der vertretenen Partei angerechnet. Das Gesuch sei innert 10 Tagen nach Wegfall des Hindernisses schriftlich einzureichen; gleichzeitig sei die versäumte Rechtshandlung nachzuholen (§ 90 Abs. 2 ZPO/LU).
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Die Vorinstanz fährt fort, vor dem Hintergrund der genannten konstanten Rechtsprechung des Obergerichts würden die von der Beschwerdeführerin aufgeführten Gründe kein entschuldbares Hindernis im Sinne von § 90 Abs. 1 ZPO/LU darstellen. Es könne hier weder behauptet werden, dass die Wahrung der Frist objektiv nicht möglich gewesen sei, noch, dass die Wahrung der Frist übermässige Anforderungen gestellt hätte. Die für das Unterlassen der rechtzeitigen Bezahlung des Kostenvorschusses aufgeführten Gründe vermöchten nicht zu überzeugen. Es sei Sache der Beschwerdeführerin sicherzustellen, dass die Hilfsperson (vorliegend die S.________ AG), bei welcher die Beschwerdeführerin ihr Domizil in Basel gewählt habe, richtig instruiert werde. Dass das Handelsregisteramt Basel-Stadt die Eintragung der Sitzverlegung auf eine entsprechende Anmeldung der Beschwerdeführerin hin vorgenommen habe, vermöge an der Rechtslage ebenfalls nichts zu ändern. Schliesslich habe die Beschwerdeführerin die versäumte Rechtshandlung (Bezahlung des Kostenvorschusses) bis heute offenbar nicht nachgeholt, was gemäss § 90 Abs. 2 ZPO/LU aber eine Voraussetzung für die Wiederherstellung einer versäumten Frist sei.
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Die Wiederherstellung der Frist zur Bezahlung des Kostenvorschusses sei deshalb ebenfalls abzulehnen.
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3.2 Mit Bezug auf die Wiederherstellung der versäumten Frist hat die obere Aufsichtsbehörde mit Recht ebenfalls einzig kantonales Recht (Art. 90 Abs. 1 und 2 ZPO/LU) angewendet. Denn Art. 33 Abs. 4 SchKG regelt i.V.m. Art. 33 Abs. 1 SchKG ausschliesslich die Wiederherstellung von durch das SchKG aufgestellten Fristen, nicht aber von solchen, die der Richter gestützt auf kantonales Prozessrecht erlässt. Die Berechnung einer Frist richtet sich stets nach dem Recht, welches die Frist setzt (BGE 123 III 67 E. 2a; 119 II 434 E. 2a; 101 II 86 E. 2). Weil die Vorinstanz sich auch in diesem Punkt auf kantonales Recht abgestützt hat, ist die Prüfung der Wiederherstellung der versäumten Frist nach Art. 33 Abs. 4 SchKG ausgeschlossen. Die Einwände der Beschwerdeführerin hätten deshalb nur im Rahmen einer staatsrechtlichen Beschwerde beurteilt werden können (E. 2.2 hiervor).
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4.
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Schliesslich beanstandet die Beschwerdeführerin, dass sie vor der vom Betreibungsamt veranlassten Schätzung nicht angehört worden sei, denn der mit der Schätzung beauftragte Architekt sei nicht neutral gewesen. Dieser Vorwurf wird nicht rechtsgenüglich im Sinne von Art. 79 Abs. 1 OG begründet (dazu: BGE 119 III 49 E. 1), weshalb darauf nicht eingetreten werden kann.
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Im Übrigen ordnet das Betreibungsamt gemäss Art. 99 Abs. 1 VZG die Schätzung nach Eingang des Verwertungsbegehrens an. Gemäss Abs. 2 dieser Bestimmung ist das Ergebnis der Schätzung dem Gläubiger, dem Schuldner und einem allfälligen Dritteigentümer mit der Anzeige mitzuteilen, dass sie innerhalb der Beschwerdefrist bei der Aufsichtsbehörde eine neue Schätzung durch Sachverständige im Sinne des Art. 9 Abs. 2 VZG verlangen können. Eine Anhörung der Betroffenen ist im Gesetz jedoch nicht vorgesehen.
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5.
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Das Beschwerdeverfahren ist - abgesehen von Fällen bös- oder mutwilliger Beschwerdeführung - kostenlos (Art. 20a Abs. 1 SchKG).
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Demnach erkennt die Kammer:
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1.
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Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
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2.
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Diese Urteil wird der Beschwerdeführerin, den Beschwerdegegnern (Lebensversicherungs- und Rentenanstalt Y.________; der Stadt Luzern, vertreten durch das Betreibungsamt der Stadt Luzern, Obergrundstrasse 3, Postfach, 6002 Luzern) und dem Obergericht des Kantons Luzern, Schuldbetreibungs- und Konkurskommission, als obere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 29. November 2005
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Im Namen der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber:
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