BGer 2A.205/2005 | |||
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BGer 2A.205/2005 vom 22.12.2005 | |
Tribunale federale
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{T 0/2}
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2A.205/2005/sza
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Urteil vom 22. Dezember 2005
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II. Öffentlichrechtliche Abteilung
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Besetzung
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Bundesrichter Merkli, Präsident,
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Bundesrichter Betschart, Wurzburger, Müller,
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Bundesrichterin Yersin,
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Gerichtsschreiber Matter.
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Parteien
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X.________ GmbH,
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Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Erich Leuzinger,
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gegen
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Steuerverwaltung des Kantons Glarus, Hauptstrasse 11/17, 8750 Glarus.
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Gegenstand
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Sicherstellungsverfügung,
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Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen die Sicherstellungsverfügung der Steuerverwaltung des Kantons Glarus vom 24. Februar 2005.
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Sachverhalt:
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A.
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Im Jahr 1996 gründete die X.________ GmbH, Y.________ D, in der Schweiz eine Tochtergesellschaft, ebenfalls in Form einer GmbH, mit Sitz in Z.________ GL (nachfolgend: die Gesellschaft). Dieser gewährte der Regierungsrat des Kantons Glarus am 9. Juli 1996 für die Staats- und Gemeindesteuern eine volle Steuerbefreiung für 10 Jahre.
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Im Februar 2005 teilte die Gesellschaft ihren Mitarbeitern und danach auch den Behörden mit, dass auf Ende Mai 2005 der Schweizer Betrieb geschlossen, allen Angestellten gekündigt und die gesamte Produktion auf die deutsche Muttergesellschaft übertragen werde. Daraufhin ergingen folgende Massnahmen gegen die Gesellschaft: Mit Beschluss vom 22. Februar 2005 widerrief der Regierungsrat die Steuerbefreiung, stellte die Nachforderung der nichtbezogenen Steuern in Aussicht und wies die kantonale Steuerverwaltung an, "das Erforderliche in die Wege zu leiten". Diese erliess am 24. Februar 2005 eine Sicherstellungsverfügung über 1,5 Mio. Franken, wovon Fr. 18'185.05 auf die direkte Bundessteuer entfielen (provisorische Rechnung vom 25. Februar 2005), verbunden mit einem auf alle liquiden Mittel der Gesellschaft gerichteten Arrestbefehl, was zur Blockierung von ca. Fr. 250'000.-- führte. Nach einem Zahlungsbefehl vom 8. März 2005 und definitiver Rechtsöffnung vom 27. April 2005 über 1,5 Mio. Franken teilte die Gesellschaft den Behörden am 1. Juni 2005 mit, sie sei zur Sicherstellung bereit und habe diese in Form einer Bankbürgschaft über den genannten Betrag geleistet.
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B.
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Gegen die Sicherstellungsverfügung vom 24. Februar 2005 hat die Gesellschaft am 11. April 2005 Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht eingereicht. Sie beantragt, die Verfügung aufzuheben, soweit sie die direkte Bundessteuer betrifft.
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Die kantonale und die Eidgenössische Steuerverwaltung schliessen auf Abweisung der Beschwerde.
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C.
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Mit Verfügung vom 14. April 2005 hat der Präsident der II. öffentlichrechtlichen Abteilung das mit der Beschwerde gestellte Gesuch um aufschiebende Wirkung abgelehnt.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
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1.
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Gemäss Art. 169 Abs. 3 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer (DBG; SR 642.11) kann der Steuerpflichtige gegen eine Sicherstellungsverfügung für die direkte Bundessteuer innert 30 Tagen nach Zustellung Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht erheben. Die vorliegende, rechtzeitig eingereichte Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist damit zulässig, und die Beschwerdeführerin ist als Adressatin der Sicherstellungsverfügung zur Erhebung der Beschwerde berechtigt (Art. 103 lit. a OG). Ihr praktisches aktuelles Interesse an der Überprüfung ist dadurch, dass sie Sicherheit geleistet hat, nicht dahingefallen (vgl. ASA 64 318 E. 1 mit Hinweisen).
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2.
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Nach Art. 169 Abs. 1 DBG kann die kantonale Verwaltung für die direkte Bundessteuer auch vor der rechtskräftigen Feststellung des Steuerbetrags jederzeit Sicherstellung verlangen, wenn der Steuerpflichtige keinen Wohnsitz in der Schweiz hat oder die Bezahlung der von ihm geschuldeten Steuer als gefährdet erscheint. Die Beschwerdeführerin macht geltend, die angefochtene Verfügung verletze diese Bestimmung in doppelter Hinsicht:
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2.1 Vorab wird gerügt, die Verfügung sei ohne vorherige Anhörung ergangen und ungenügend begründet worden.
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Eine vorgängige Anhörung ist im Bereich von Art. 169 DBG indessen der Natur der Sache nach nicht geboten. Sodann erscheint die Verfügung zwar ungenügend begründet; dieser (allfällige) Mangel ist jedoch im bundesgerichtlichen Verfahren geheilt worden: Die kantonale Verwaltung hat in ihrer Vernehmlassung zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde ihre Verfügung eingehend begründet. Die Beschwerdeführerin hat Gelegenheit erhalten, sich zum Inhalt der Vernehmlassung auszusprechen und hat somit ihre Rechte vollumfänglich wahrnehmen können. Aus der mangelhaften Begründung ist ihr demzufolge kein Nachteil erwachsen. Eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör liegt deshalb nicht vor (vgl. dazu u.a. StR 59/2004 40 E. 3 mit weiteren Hinweisen).
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2.2 Im Weiteren bringt die Beschwerdeführerin vor, die Steuerverwaltung habe Art. 169 DBG auch in materiellrechtlicher Hinsicht verletzt. Die Sicherstellungsverfügung sei gegen eine Gesellschaft ergangen, die zum fraglichen Zeitpunkt ihren Sitz in der Schweiz gehabt habe, und von einer Steuergefährdung könne keine Rede sein.
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2.2.1 Voraussetzung für den Anspruch auf Sicherheitsleistung und Erlass einer Sicherstellungsverfügung ist eine Gefährdung des Steuerbezuges, sei es, weil der Steuerpflichtige keinen Wohnsitz in der Schweiz hat, oder aus einem anderen Grund. Eine besondere Handlungsweise, ein "Verhalten" des Steuerpflichtigen, das sich auf die Bezahlung der Steuerforderung nachteilig auswirken könnte, verlangt Art. 169 DBG nicht. Es genügt, dass die Bezahlung der Steuerforderung objektiv aufgrund der gesamten Umstände als gefährdet erscheint. Das ist etwa dann der Fall, wenn die steuerpflichtige Tätigkeit in einer Weise ausgestaltet ist, die es dem Steuerpflichtigen ermöglicht, sich durch Verschieben von Vermögenswerten namentlich ins Ausland der Steuervollstreckung zu entziehen. Ob die Steuerschuld besteht, prüft das Bundesgericht im Sicherstellungsverfahren nur provisorisch und vorfrageweise, ohne Präjudiz für die abschliessende Untersuchung und den Entscheid im ordentlichen Veranlagungsverfahren. Auch die Gefährdung der Steuerforderung ist nach dem Wortlaut des Gesetzes ("erscheint") nur glaubhaft zu machen (vgl. zum Ganzen u.a. StR 59/2004 S. 40 E. 4, 57/2002 336 E. 2, ASA 67 S. 722 E. 3, 66 S. 470 E. 3a, 65 S. 641 E. 3a, je mit weiteren Hinweisen).
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2.2.2 Ein Verstoss gegen diese Grundsätze liegt hier nicht vor. Eine objektive Steuergefährdung ist gegeben, nachdem die Beschwerdeführerin ihre Absicht kundgetan hat, den Schweizer Betrieb vollum-fänglich und definitiv zu schliessen. Spätestens nach Ablauf der Kündigungsfrist für das Personal ist eine Liquidation der Gesellschaft und Verlegung der (restlichen) Geschäftsaktiven (d.h. eine faktische Sitzverlegung) ins Ausland problemlos möglich und auch wahrscheinlich geworden. Es sind keine besonders schwer verwertbaren Vermögenswerte vorhanden. Eine rechtsgenügliche Erschwerung der Vollstreckung kann unter den gegebenen Umständen schon darin liegen, dass die schweizerischen Steuerbehörden zur Durchsetzung ihrer noch ausstehenden Forderungen vor den deutschen Gerichten und gemäss deutschem Recht handeln müssten.
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2.2.3 Dagegen bringt die Beschwerdeführerin vor, sie habe ihre Steuerverpflichtungen bislang vollumfänglich und zeitgerecht erfüllt. Ihre Bilanz- bzw. Finanzierungsstruktur sei einwandfrei, was es ihr ermögliche, die nachgeforderten Steuern ebenfalls zu bezahlen. Zwar bestünden ihre Aktiven in erster Linie aus Debitorenguthaben (insgesamt rund 3 Mio. Franken) und diese zum grössten Teil aus einem Guthaben gegenüber der deutschen Muttergesellschaft, doch sei deren Bonität und Solvenz über jeden Zweifel erhaben.
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Diese Argumentation überzeugt indessen nicht: Die Bezahlung der bisherigen Abgabeschulden ändert nichts daran, dass die Beschwerdeführerin mit der Ankündigung ihres Wegzugs eine neue Situation geschaffen hat, in der eine Steuergefährdung zumindest glaubhaft gemacht ist. Dazu ist nicht erforderlich, dass die Gesellschaft im Zeitpunkt der Sicherstellung schon ins Liquidationsstadium getreten wäre oder sonst wie Liquidationshandlungen vorgenommen hätte. Auch ist nicht massgeblich, ob die Geschäftsaktiven der Beschwerdeführerin die ausstehende Steuerschuld übertreffen, weil der mögliche Abzug der besagten Vermögenswerte ja gerade in Frage steht. Ebenso unbeachtlich ist, wie finanzkräftig die ausländische Muttergesellschaft ist, da sie rechtlich nur unter erschwerten Bedingungen belangt werden könnte. Aus dem gleichen Grund muss die bei einer deutschen Bank für den vollen Umfang der noch bestehenden Schuld erwirkte Bürgschaft hier ausser Betracht bleiben: Sie gibt als Schuldnerin nicht die Beschwerdeführerin, sondern die Muttergesellschaft an; im Streitfall wäre somit diesbezüglich vor den deutschen Behörden und nach deutschem Recht zu handeln. Weiter ist ohne Belang, ob - wie behauptet - markt- und konkurrenzbezogene Gründe für die Produktionsverlagerung ausschlaggebend waren. Sachbezogene Einwände sind im Übrigen nicht im Rahmen der hier massgeblichen Prima-facie-Würdigung, bei der kein Beweisverfahren durchzuführen ist, näher zu prüfen, sondern im ordentlichen Verfahren.
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3.
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Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde als unbegründet und ist abzuweisen.
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Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 und 2 OG in Verbindung mit Art. 153 und 153a OG). Eine Parteientschädigung ist nicht geschuldet (Art. 159 OG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.
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Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
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2.
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Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.
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3.
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Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin und der Steuerverwaltung des Kantons Glarus sowie der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 22. Dezember 2005
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Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
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