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Informationen zum Dokument  BGer 6B_121/2013  Materielle Begründung
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BGer 6B_121/2013 vom 08.04.2013
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
6B_121/2013
 
Urteil vom 8. April 2013
 
Strafrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Mathys, Präsident,
 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
 
Bundesrichter Oberholzer,
 
Gerichtsschreiber Keller.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
X.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt MLaw Matthias Kessler,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Schwyz, Archivgasse 1, 6430 Schwyz,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Grobe Verletzung der Verkehrsregeln (ungenügender Abstand beim Hintereinanderfahren),
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Schwyz, Strafkammer, vom 12. Dezember 2012.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
X.________ lenkte am 6. November 2009 um ca. 17.00 Uhr einen Sattelschlepper in Freienbach auf der Normalspur der Autobahn N3 in Richtung Chur. Ungefähr bei Kilometer 129.900 schloss er auf einen vorausfahrenden Sattelschlepper auf und folgte diesem mit einer Geschwindigkeit von ca. 85 km/h über eine Distanz von rund 2,5 Kilometern mit einem Abstand von rund 10-13 Metern.
 
B.
 
Das Bezirksgericht Höfe sprach X.________ am 12. Dezember 2011 von Schuld und Strafe frei. Die von der Staatsanwaltschaft des Kantons Schwyz erhobene Berufung hiess das Kantonsgericht Schwyz am 12. Dezember 2012 teilweise gut. Es verurteilte den Angeschuldigten wegen vorsätzlicher grober Verletzung der Verkehrsregeln durch ungenügenden Abstand beim Hintereinanderfahren zu einer bedingten Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu Fr. 80.--, bei einer Probezeit von zwei Jahren, sowie zu einer Busse von Fr. 800.--.
 
C.
 
X.________ erhebt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, das angefochtene Urteil sei aufzuheben, und er sei freizusprechen. X.________ ersucht um aufschiebende Wirkung der Beschwerde.
 
Erwägungen:
 
1.
 
1.1 Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz sei zu Unrecht von einem Abstand zum vorausfahrenden Sattelschlepper von 10-13 Metern ausgegangen. Es handle sich um Vermutungen der nachfahrenden Polizeibeamten. Diese Aussagen von Direktbeteiligten seien in hohem Masse unzuverlässig und mit grösster Vorsicht zu geniessen. Der Fahrzeugabstand könne auch nicht durch die Videoaufnahmen überprüft werden, da er nur während und unmittelbar nach Abbruch des Überholmanövers erkennbar sei. Das Polizeifahrzeug habe sich anschliessend hinter ihm eingeordnet, weshalb die Distanz zum vorausfahrenden Sattelschlepper nicht mehr erkennbar gewesen sei. Dem Polizeivideo könne entnommen werden, dass sich das Polizeifahrzeug zwischen die beiden Lastwagen gezwängt habe, was bei einem Abstand von 10 Metern kaum möglich gewesen wäre (Beschwerde, S. 7 f.).
 
Der Beschwerdeführer räumt ein, dass die Distanz zwischen den Fahrzeugen zumindest unmittelbar vor und nach Abbruch des Überholmanövers eher klein gewesen sei. Gleichwohl hätte er rechtzeitig anhalten können, da der vorausfahrende Lastwagen sehr schwer beladen gewesen sei und daher einen längeren Bremsweg aufgewiesen hätte. Er habe denn auch die Distanz zum dazwischen drängenden Polizeiauto sofort vergrössert, da dessen Bremsweg bedeutend kürzer gewesen sei (Beschwerde, S. 8 f.).
 
1.2 Die Vorinstanz erwägt, der Beschwerdeführer habe im Untersuchungsverfahren zweimal unterschriftlich anerkannt, einen zu geringen Abstand von ca. 10 Metern zum vorausfahrenden Lastwagen eingehalten zu haben. Zudem habe er im Berufungsverfahren zugegeben, es sei möglich, dass er dem Lastwagen unbewusst näher gekommen sei und dann aufgeschlossen habe. Zusammen mit den polizeilichen Videoaufnahmen sei in tatsächlicher Hinsicht erstellt, dass der Beschwerdeführer den erforderlichen Fahrzeugabstand sehr deutlich unterschritten und über eine Minute einen zu geringen Abstand von 10-13 Metern eingehalten habe (Urteil, S. 4).
 
1.3 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zu Grunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; Art. 105 Abs. 2 BGG). Offensichtlich unrichtig im Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn sie willkürlich ist (BGE 137 III 226 E. 4.2 mit Hinweisen; zum Begriff der Willkür BGE 138 I 49 E. 7.1; 136 III 552 E. 4.2; je mit Hinweisen). Eine entsprechende Rüge muss klar und substantiiert begründet werden (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 137 IV 1 E. 4.2.3; 136 I 65 E. 1.3.1; je mit Hinweisen).
 
1.4 Der Beschwerdeführer vermag keine Willkür an der vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellung darzutun. Gestützt auf die erhobenen Beweise - insbesondere den Polizeirapport, das Polizeivideo und die Aussagen der beiden Polizeibeamten - durfte sie willkürfrei erkennen, dass der Beschwerdeführer während rund 2,5 Kilometern mit einem ungenügenden Sicherheitsabstand von lediglich 10-13 Metern dem vorausfahrenden Sattelschlepper folgte. Der Beschwerdeführer bringt ausser der pauschalen Feststellung, polizeiliche Aussagen seien unzuverlässig, keine Argumente vor, welche die vorinstanzlichen Feststellungen als unhaltbar erscheinen liessen. Er räumt vielmehr selber ein, den zulässigen Abstand zum vorderen Fahrzeug unterschritten zu haben.
 
2.
 
Art. 90 SVG wurde gestützt auf das Bundesgesetz vom 15. Juni 2012 über die Änderung des Strassenverkehrsgesetzes (AS 2012 6291 ff.) neu gefasst. Art. 90 Abs. 2 SVG ist mit Ausnahme redaktioneller Anpassungen gegenüber aArt. 90 Ziff. 2 SVG materiell unverändert geblieben. Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird demnach bestraft, wer durch grobe Verletzung der Verkehrsregeln eine ernstliche Gefahr für die Sicherheit anderer hervorruft oder in Kauf nimmt.
 
2.1 Der Beschwerdeführer bestreitet, die grundlegende Verkehrsregel, genügend Abstand zu wahren, grob verletzt zu haben. Der objektive Tatbestand von Art. 90 Abs. 2 SVG sei nicht erfüllt. Der subjektive Tatbestand sei ebenfalls nicht erfüllt. Jedem Lastwagenfahrer sei bekannt, vor dem Überholmanöver auf das vorausfahrende Fahrzeug aufzuschliessen, um den Zeitbedarf des Manövers zu reduzieren. Ihm sei nicht bewusst gewesen, dadurch eine grundlegende Verkehrsregel grob zu verletzen. Eine willentliche Tatbegehung liege nicht vor. Die Vorinstanz begründe ferner nicht, inwiefern er eventualvorsätzlich andere Verkehrsteilnehmer und sich selber habe gefährden wollen (Beschwerde, S. 10 ff.).
 
2.2 Die Vorinstanz bejaht den Tatbestand der groben Verkehrsregelverletzung. Mit dem geringen Fahrzeugabstand habe der Beschwerdeführer nicht nur sich, sondern auch den vorausfahrenden Lastwagenfahrer sowie die übrigen Verkehrsteilnehmer einer grossen Gefahr ausgesetzt. Im Tatzeitpunkt habe dichter Verkehr geherrscht, weshalb eine Kollision unvermeidbar gewesen wäre, wenn der mit rund 85 km/h vorausfahrende Sattelschlepper brüsk hätte bremsen müssen. Der Beschwerdeführer habe in subjektiver Hinsicht zumindest eventualvorsätzlich gehandelt. Er habe als Berufschauffeur wissen müssen, durch den stark unterschrittenen Mindestabstand eine wichtige Verkehrsvorschrift in objektiv schwerer Weise zu missachten. Er habe den geringen Abstand weiterhin aufrechterhalten als er nach dem abgebrochenen Überholmanöver zu nahe auf den vorausfahrenden Sattelschlepper aufgeschlossen habe. Er habe eine wichtige Verkehrsregel grob missachtet, indem er seinen Willen, möglichst rasch zu überholen, durch einen zu geringen Abstand habe umsetzen wollen. Er habe damit bewusst eine ernstliche Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer hervorgerufen. Zumindest habe er sie im Sinne des Eventualvorsatzes gebilligt bzw. in Kauf genommen. Rechtfertigungsgründe lägen nicht vor (Urteil, S. 5 ff.).
 
2.3 Die Vorbringen des Beschwerdeführers zur vorinstanzlichen Tatbestandssubsumption gehen an der Sache vorbei. Die Vorinstanz geht zu Recht von einer groben Verletzung von Verkehrsregeln nach Art. 90 Abs. 2 SVG aus. Wer gegenüber dem vorausfahrenden Fahrzeuglenker den notwendigen Abstand nicht einhält, verletzt eine wichtige Verkehrsregel. Da dies der Beschwerdeführer wissentlich und willentlich über eine Distanz von rund 2,5 Kilometern mit einem Abstand von lediglich 10-13 Metern tat, verletzte er diese Verkehrsregel grob. Die Vorinstanz bejaht auch zutreffend eine ernsthafte Gefährdung der anderen Verkehrsteilnehmer. Selbst wenn der vorausfahrende Sattelschlepper einen längeren Bremsweg gehabt haben sollte, wäre es dem Beschwerdeführer ohne Sicht nach vorne nicht möglich gewesen, sein Fahrzeug rechtzeitig anzuhalten und eine Auffahrkollision zu vermeiden. Er hat damit zumindest eventualvorsätzlich eine ernstliche Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer in Kauf genommen.
 
3.
 
Die Beschwerde ist abzuweisen. Bei diesem Verfahrensausgang trägt der Beschwerdeführer die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Mit dem Entscheid in der Sache selbst wird der Antrag des Beschwerdeführers um aufschiebende Wirkung gegenstandslos.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Schwyz, Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 8. April 2013
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Mathys
 
Der Gerichtsschreiber: Keller
 
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