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Informationen zum Dokument  BGer 6B_227/2013  Materielle Begründung
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BGer 6B_227/2013 vom 03.10.2013
 
{T 0/2}
 
6B_227/2013
 
 
Urteil vom 3. Oktober 2013
 
 
Strafrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Mathys, Präsident,
 
Bundesrichter Denys, Oberholzer,
 
Gerichtsschreiber Briw.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
X.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Max Bleuler,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8001 Zürich,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Verwahrung (Art. 64 Abs. 1 StGB); willkürliche Beweiswürdigung,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Strafkammer, vom 8. Januar 2013.
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
 
B.
 
 
C.
 
 
Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
1.1. Der Beschwerdeführer rügt die vorinstanzliche Erwägung als unhaltbar, es sei nicht belegt, dass sich durch eine stationäre therapeutische Massnahme Straftaten mit hinreichender Wahrscheinlichkeit über eine Dauer von fünf Jahren deutlich verringern liessen.
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1.2. Die Vorinstanz beurteilt die Behandlungsprognose gestützt auf ein psychiatrisches Gutachten vom 25. Juni 2007 (sowie ein Ergänzungsgutachten vom 17. Januar 2011 desselben Gutachters) und ein zweites psychiatrisches Gutachten vom 30. Dezember 2011 sowie die bezirksgerichtliche Befragung des Zweitgutachters (erstinstanzliches Urteil S. 18), ferner anhand von zwei Therapieberichten des PPD betreffend die Jahre 2011 und 2012. Das Zweitgutachten berücksichtigte die früheren Gutachten und den Therapiebericht vom 25. November 2011.
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1.3. Nach dem Hauptargument des Beschwerdeführers konnte die Vorinstanz "nur auf dem Weg des Ignorierens der beiden Therapieberichte" schliessen, eine Massnahme gemäss Art. 59 StGB erweise sich als nicht hinreichend erfolgversprechend (Beschwerde S. 10).
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1.4. Die Verwahrung ist unzulässig, wenn eine Massnahme nach Art. 59 StGB Erfolg verspricht. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit über die Dauer von fünf Jahren eine deutliche Verringerung der Gefahr weiterer Straftaten im Sinne von Art. 64 Abs. 1 StGB besteht (BGE 134 IV 315 E. 3.4.1 und 3.4.2). Gutachten sind grundsätzlich frei zu würdigen, jedoch darf das Gericht in Fachfragen nicht ohne triftige Gründe von ihnen abweichen (BGE 128 I 81 E. 2 S. 86; 136 II 539 E. 3.2; 139 II 185 E. 9.2 S. 197).
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1.4.1. Nach dem psychiatrischen Gutachten vom 25. Juni 2007 erschien die Legalprognose als "ungünstig" und die Rückfallgefahr für vergleichbare Delikte gegen die körperliche Integrität anderer als "deutlich erhöht". Das psychiatrische Gutachten vom 30. Dezember 2011 stufte das Rückfallrisiko für Gewalthandlungen mit 76% innert sieben Jahren und 82% innert zehn Jahren ein und bezeichnete die Rückfallgefahr für erneute Gewalthandlungen als "deutlich ausgeprägt" (Urteil S. 26).
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1.4.2. Das Gutachten 2011 erachtete die Ansicht des Gutachtens 2007 als nicht nachvollziehbar und empfahl eine Massnahme gemäss Art. 59 StGB (Urteil S. 19 f.). An der erstinstanzlichen Verhandlung relativierte der Zweitgutachter diese in seinem Gutachten vertretene Ansicht und erklärte, dass die Verminderung der Rückfallgefahr nicht garantiert werden könne. Da man aus heutiger Sicht eine unzureichende Behandelbarkeit nicht nachweisen könne, müsse man jedoch eine Therapie versuchen. Die Frage, ob über den Fünfjahreshorizont hinaus eine grosse Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Therapie bestehe, verneinte er und fügte an, dass er skeptisch sei, ob dies gelingen werde. Wie die Erstinstanz feststellte, bewertete selbst der Zweitgutachter die Erfolgsaussichten einer Therapie zurückhaltend, vage und ungewiss (erstinstanzliches Urteil S. 18 und 21; Urteil S. 20).
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1.4.3. Der Beschwerdeführer kritisiert, die Vorinstanz vertrete eine unwissenschaftliche Therapieauffassung, wonach der Therapeut den Probanden zum Anerkennen des in den Augen des Gerichts richtigen Sachverhalts zu konditionieren habe (Beschwerde S. 9). Die Kritik ist nicht begründet. Strafrechtliche Therapie muss die tatsächliche Problematik bearbeiten. Illusionäre Therapieformen können die kriminogenen Defizite nicht beheben, sondern womöglich verfestigen. Es macht einen gravierenden Unterschied für den Behandlungsauftrag, nämlich "der Gefahr weiterer Straftaten zu begegnen" (Art. 56 Abs. 1 lit. a und Art. 59 Abs. 1 lit. b StGB), ob der Beschwerdeführer sich nach seinen Behauptungen bei der Anlasstat in einer Notwehrsituation wähnen konnte, oder ob er sich - wie tatsächlich geschehen - auf das regungslos am Boden liegende Opfer setzte und diesem die Kehle aufschlitzte (Urteil S. 28). Eine deliktpräventive, günstige Wirkung ist mit einer manipulativ zum Inhalt der Therapie gemachten Deliktkonstruktion nicht zu erreichen (Urteil S. 26).
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1.4.4. Eine willkürliche Würdigung ist nicht ersichtlich. Das Gutachten 2011 geht (wie jenes von 2007) von einer deutlichen Rückfallgefahr aus und verneint über den Fünfjahreshorizont eine grosse Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Therapie (ungeachtet seiner Kritik am Gutachten 2007). Damit ist die für die Anordnung einer stationären therapeutischen Massnahme gemäss Art. 59 StGB vorausgesetzte hinreichende Wahrscheinlichkeit einer deutlichen Verringerung der Gefahr weiterer Straftaten nicht gegeben. Zutreffend geht die Vorinstanz von einer bis heute mangelnden Einsicht des Beschwerdeführers aus, so dass er - wie im Erstgutachten ausgeführt - therapeutisch kaum erreichbar bzw. beeinflussbar erscheint (Urteil S. 29).
8
 
Erwägung 2
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen.
 
3. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
 
4. Dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers, Dr. Max Bleuler, wird aus der Bundesgerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 3'000.-- ausgerichtet.
 
5. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 3. Oktober 2013
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Mathys
 
Der Gerichtsschreiber: Briw
 
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