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Informationen zum Dokument  BGer 8C_83/2020  Materielle Begründung
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BGer 8C_83/2020 vom 02.09.2020
 
 
8C_83/2020
 
 
Urteil vom 2. September 2020
 
 
I. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Maillard, Präsident,
 
Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Wirthlin, Bundesrichterin Viscione, Bundesrichter Abrecht,
 
Gerichtsschreiberin Polla.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva), Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
1. Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe, Stabstelle Rehabilitation, Verbindungsstelle CH/FR/ES/PT/BR, Dynamostrasse 7 - 11, 68165 Mannheim, Deutschland, vertreten durch Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung DGUV Deutsche Verbindungsstelle Unfallversicherung - Ausland, Postfach 40165, 10061 Berlin, Deutschland,
 
2. IV-Stelle für Versicherte im Ausland IVSTA, Avenue Edmond-Vaucher 18, 1203 Genf,
 
Beschwerdegegnerinnen.
 
Gegenstand
 
Unfallversicherung (Erstattung Sachleistungshilfe),
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts Appenzell Ausserrhoden vom 21. Mai 2019 (O3V 18 8 und O3V 18 12).
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
A.a. A.________ (Jahrgang 1988) verunfallte am 21. Juli 2016 während seiner Arbeit als Zimmermann für die B.________ AG indem er mit der linken Hand in das rotierende Fräsenblatt einer Kreissäge geriet. Das führte unter anderem zum ganzen oder teilweisen Verlust verschiedener Finger. Die dafür zuständige Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva) erbrachte in der Folge die gesetzlichen Leistungen in Form von Kostenerstattung für Heilbehandlung und Taggeldzahlungen.
1
A.b. Am 15. Dezember 2016 endete das Arbeitsverhältnis des Versicherten, worauf er sich aus der Schweiz abmeldete und nach Deutschland zog. Die Suva leistete bei unvermindert bestehender vollständiger Arbeitsunfähigkeit weiterhin Taggeldzahlungen. Mit Schreiben vom 6. Januar 2017 verwies sie den Versicherten auf die Möglichkeit beruflicher Eingliederungsmassnahmen und empfahl ihm, sich deswegen frühzeitig bei der Invalidenversicherung (IV) anzumelden. Genau dies tat er in der Folge, was die IV-Stelle für Versicherte im Ausland (IVSTA) der Suva am 7. Februar 2017 im Rahmen eines Akteneinsichtsgesuchs zur Kenntnis brachte.
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A.c. Mit Vorbescheid vom 27. Februar 2017 kündigte die IVSTA dem Versicherten an, dass sie aufgrund fehlender Beitragszeiten keine Rentenleistungen zu erbringen gedenke. Weiter teilte sie ihm gleichentags - formlos - mit, dass gegenüber der IV kein Anspruch auf berufliche Massnahmen bestehe; diese Leistungen seien bei den in einem Land der Europäischen Union (EU) wohnhaften Personen im Wohnsitzstaat nach Massgabe des dortigen Leistungskatalogs zu erbringen, und zwar zulasten der Suva, die als Verbindungsstelle (neben dem Unfallversicherer in Deutschland) sämtliche Anfragen entgegen nehme.
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A.d. Hierauf bemühte sich A.________ in Deutschland um Eingliederungsmassnahmen. Am 7. November 2017 wandte sich die als deutsche Verbindungsstelle in Unfallversicherungssachen wirkende Berufsgenossenschaft "Gastgewerbe und Nahrungsmittel" mit einem Gesuch um Akteneinsicht an die Suva. Das verband sie mit der Anfrage, ob es sich um einen Berufsunfall handle und, im Hinblick auf allfällige Sachleistungsaushilfe, mit der Bitte um Zusendung einer Anspruchsbescheinigung (E 123) ausdrücklich für Berufshilfemassnahmen.
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A.e. Am 15. November 2017 verfügte die Suva gegenüber dem Versicherten, dass sie weder Kostengutsprache für Umschulungsmassnahmen noch Taggelder während deren Dauer leiste, da nach hiesigem Recht beides in die Zuständigkeit der IV und nicht des Unfallversicherers falle. Im Wesentlichen dasselbe verfügte sie gleichentags zuhanden der Berufsgenossenschaft. Ein Erstattungsanspruch für Sachhilfe sowie auf Ausrichtung von Taggeldern während der Umschulungsmassnahme bestehe nicht ihr gegenüber, sondern gegenüber der IV. Die dagegen sowohl von der Berufsgenossenschaft als auch von der IVSTA erhobenen Einsprachen wies die Suva mit Einspracheentscheid vom 31. Januar 2018 ab.
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B. Das Obergericht des Kantons Appenzell Ausserrhoden hiess die dagegen von der Berufsgenossenschaft und der IVSTA je getrennt geführten Beschwerden mit Entscheid vom 21. Mai 2019 gut. Es hob den Einspracheentscheid mitsamt den zugrunde liegenden Verfügungen auf und verpflichtete die Suva dazu, Kostengutsprache für die in Deutschland im Fall des Versicherten erbrachten beruflichen Massnahmen zu leisten bzw. die dafür aufgelaufenen Kosten zu erstatten.
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C. Die Suva führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, der kantonale Gerichtsentscheid sei aufzuheben und ihr Einspracheentscheid vom 31. Januar 2018 sei zu bestätigen.
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Die Berufsgenossenschaft, nunmehr vertreten durch die Deutsche Verbindungsstelle (Unfallversicherung - Ausland), schliesst sinngemäss auf Abweisung der Beschwerde. Gleiches tun die IVSTA sowie das nachträglich eingeladene Bundesamt für Sozialversicherung (BSV). Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hat sich nicht vernehmen lassen.
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Erwägungen:
 
 
1.
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236 mit Hinweisen).
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1.2. Die Streitsache hat ihren Ursprung in einem Unfall und betrifft die Übernahme der Kosten von beruflichen Massnahmen, die im Ausland erbracht werden und durch einen schweizerischen Träger zu erstatten sind (vgl. E. 2.1 unten). Streitbetroffen sind mithin Eingliederungsmassnahmen; dabei handelt es sich - auch wenn es im vorliegenden Verfahren um deren Ersatz in Geldform geht - um Sachleistungen (Art. 14 und 15 ATSG). Derlei fällt unbestrittenermassen nicht in den praxisgemäss eng interpretierten Anwendungsbereich (vgl. BGE 135 V 412 E. 1.2.2 S. 414) von Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG. Daher legt das Bundesgericht seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).
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2.
 
2.1. Streitig ist, ob das kantonale Gericht die Beschwerdeführerin zu Recht dazu verhalten hat, der Berufsgenossenschaft Kostengutsprache für die in Deutschland zugunsten des Versicherten erbrachten beruflichen Massnahmen zu leisten bzw. die dafür aufgelaufenen Kosten zu erstatten.
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2.2. Es steht ausser Frage, dass die Beschwerdeführerin aufgrund des am 21. Juli 2016 erlittenen Unfalls leistungspflichtig wurde und dem Versicherten auch nach seiner Ausreise nach Deutschland noch Taggeldzahlungen ausrichtete. Ebenfalls ist unbestritten, dass ein hiesiger Versicherungsträger für die in Deutschland unfallbedingt im Rahmen der Leistungsaushilfe erfolgten oder erfolgenden beruflichen Eingliederungs- bzw. "Rehabilitationsmassnahmen" Kostenersatz zu leisten hat. Nach schweizerischem Recht erbringt der Unfallversicherer im Wesentlichen Heilbehandlung (Art. 10 UVG) und Taggelder (Art. 16 UVG), des Weiteren besteht ihm gegenüber allenfalls Anspruch auf Invalidenrente (Art. 18 UVG) und/oder Integritätsentschädigung (Art. 24 UVG). Hingegen fallen die vor Entstehung des Rentenanspruchs notwendigen Eingliederungsmassnahmen (vgl. Art. 19 Abs. 1 UVG) gemäss Landesrecht nicht in die Leistungszuständigkeit des Unfallversicherers, sondern in diejenige der IV (vgl. Art. 8 ff. IVG). Dies betrifft insbesondere auch die Massnahmen beruflicher Art (Art. 15 ff. IVG), die unter anderem den Anspruch auf Umschulung umfassen (Art. 17 IVG). Während deren Dauer besteht gegenüber der IV auch ein Anspruch auf Taggelder (Art. 22 ff. IVG). Diesfalls wird das Taggeld der Unfallversicherung nicht gewährt (Art. 16 Abs. 3 UVG). Mit Blick auf diese Rechtslage läge von der Sache her eine Leistungspflicht der IV nahe, dies namentlich mit Blick auf die konkret betroffenen Versicherungsleistungen, die auch innerstaatlich - trotz unfallbedingter Verursachung - zu Lasten derselben gingen. Unmittelbar und ausschliesslich gestützt auf das Landesrecht liesse sich eine Leistungspflicht der IV allerdings nicht begründen. Denn zum einen endet der Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen mit dem Ende der Versicherung (Art. 9 Abs. 1bis IVG), bedingt durch die Aufgabe der Erwerbstätigkeit hierzulande und die Rückkehr nach Deutschland (Art. 1b IVG in Verbindung mit Art. 1a Abs. 1 lit. a und b AHVG; vgl. BGE 145 V 266 E. 4.2 S. 271). Zum andern fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage im Landesrecht, die die Kostenerstattung durch die IV positivrechtlich vorschreiben würde. Zu prüfen ist jedoch, was sich aus dem internationalen Bezug und den insofern anwendbaren besonderen Bestimmungen ergibt bzw. welche Folgerungen aus diesen zu ziehen sein werden.
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3.
 
3.1. Das Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten über die Freizügigkeit (FZA; SR 0.142.112.681) enthält in Art. 8 die Grundlage für Anhang II FZA, der seinerseits Bestandteil des Abkommens bildet (Art. 15 FZA). Nach Art. 1 Abs. 1 dieses Anhangs (in der bis 31. März 2012 geltenden Fassung) in Verbindung mit dessen Abschnitt A befolgen die Vertragsparteien untereinander insbesondere die Verordnungen (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbstständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (AS 2004 121; nachfolgend VO Nr. 1408/71), und Nr. 574/72 des Rates vom 21. März 1972 über die Durchführung der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 (AS 2005 3909) oder gleichwertige Vorschriften.
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Mit Wirkung auf den 1. April 2012 sind diese beiden Rechtsakte durch die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (SR 0.831.109.268.1 [Grundverordnung oder VO Nr. 883/2004]) sowie die von den nämlichen Gremien am 16. September 2009 verabschiedete Verordnung (EG) Nr. 987/2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der VO Nr. 883/2004 (SR 0.831.109.268.11 [Durchführungsverordnung oder VO Nr. 987/2009]) abgelöst worden (BGE 146 V 152 E. 4.1 S. 156; 144 V 127 E. 4.1 S. 129; 143 V 52 E. 6.1 S. 55 f.; 141 V 246 E. 2.1 S. 248 f.). Diese Verordnungen, auf deren Geltung im Übrigen in Art. 115a UVG (in der ab 1. Januar 2017 geltenden Fassung; AS 2016 5233) verwiesen wird, sind auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt in zeitlicher, persönlicher und sachlicher Hinsicht (vgl. auch E. 3.2.1 und 3.2.3 unten) anwendbar, was auch aus Sicht sämtlicher Parteien ausser Frage steht.
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3.2.
 
3.2.1. Die VO Nr. 883/2004 bezweckt nicht die inhaltliche Angleichung nationaler Systeme sozialer Sicherheit im Sinne einer Harmonisierung, sondern - wie schon ihr Titel besagt - ihre Koordination (BGE 143 V 1 E. 5.2.3 S. 5; 141 V 246 E. 5.1 S. 251). Ihr sachlicher Geltungsbereich umfasst unter anderem gemäss ihrem Art. 3 Abs. 1 lit. f die Leistungen bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten. Im Titel III finden sich sodann Kollisionsnormen für besondere Situationen im jeweiligen Zweig des Systems der sozialen Sicherheit, so in Kapitel 1 (Art. 17-35) für Leistungen bei Krankheit sowie Leistungen bei Mutterschaft (und gleichgestellten Leistungen bei Vaterschaft) und in Kapitel 2 (Art. 36- 41) für Leistungen bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten. Der Charakter als Kollisionsnorm ergibt sich nicht immer bereits aus dem Wortlaut. Bei diesen Bestimmungen (des Titels III) handelt es sich im Unterschied zu Titel II regelmässig nur um punktuelle Regelungen bezüglich einzelner Zweige der sozialen Sicherheit oder einzelner Rechtsgebiete (BGE 146 V 152 E. 4.2.2.1 S. 158, mit Hinweisen auf das Schrifttum).
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3.2.2. So bestimmt Art. 36 Abs. 2 VO Nr. 883/2004, dass eine Person, die einen Arbeitsunfall erlitten oder sich eine Berufskrankheit zugezogen hat und in einem anderen als dem zuständigen Mitgliedstaat wohnt oder sich dort aufhält, Anspruch auf die 
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3.2.2.1.
 
3.2.2.1.1. Damit verankert Art. 36 Abs. 2 VO Nr. 883/2004 (nebst anderen Bestimmungen - vgl. auch: Art. 17, 40 VO Nr. 883/2004) das Prinzip der Sachleistungsaushilfe. Dabei handelt es sich um ein Surrogat für den eigentlichen Leistungsexport (der seinerseits namentlich bei Geldleistungen zum Zuge kommt - vgl. Art. 7, 21 und 36 Abs. 3 VO Nr. 883/2004), um den damit verbundenen logistischen und bürokratischen Schwierigkeiten, den zeitlichen Verzögerungen sowie der faktischen Unmöglichkeit des Exports stationärer Mittel Rechnung zu tragen. An die Stelle des Leistungsexports tritt die Erbringung der Sachleistung durch den Träger des Wohnorts nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften (Frank Schreiber, in: Schreiber/Wunder/Dern, VO [EG] Nr. 883/2004, Verordnung zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, Kommentar [nachfolgend: Kommentar], 2012, N. 7 zu Art. 17 VO Nr. 883/2004; Jean-Maurice Frésard/Margit Moser-Szeless, Unfallversicherungsrecht, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], 3. Aufl. 2016, S. 1009 f. N. 358). Der Geschädigte wird so gestellt, als ob er nach den Vorschriften des Trägers am Wohn- oder Aufenthaltsort versichert wäre (Annet Wunder, in: Kommentar, a.a.O., N. 16 zu Art. 36 VO Nr. 883/2004; zum Ganzen auch: Bettina Kahil-Wolff, Droit social européen, Union européenne et pays associés, 2017, S. 420 ff., Ziff. 691 ff., S. 430, Ziff. 708). Damit einher geht, dass der aushelfende Träger (am Wohnort) über das Vorliegen der spezifischen Leistungsvoraussetzungen gemäss seinem Recht entscheidet, mithin darüber, welche Leistungen (Typus der Leistung, Art und Modalitäten sowie Umfang der Leistungserbringung) zu erbringen sind (vgl. Karl-Jürgen Bieback, in: Europäisches Sozialrecht, Maximilian Fuchs [Hrsg.], 7. Aufl. 2019, N. 14 zu Art. 17 VO Nr. 883/2004; Peter Baumeister, in: Enzyklopädie Europarecht, Schlachter/-Heinig [Hrsg.], Europäisches Arbeits- und Sozialrecht, § 24 Rz. 36 und 48). Ist eine Leistung im zuständigen Staat, nicht aber im Recht des aushelfenden Trägers vorgesehen, können also Lücken im Versicherungsschutz entstehen (Bieback, a.a.O. sowie N. 18 zu Art. 17 VO Nr. 883/2004). Gleichbehandlung über die Staatsgrenzen hinweg führt hier demnach nicht zu einer solchen mit den Versicherten des zuständigen Staates, sondern nur mit jenen des Wohnortsstaates (Baumeister, a.a.O., § 24 Rz. 36). Von den spezifischen Leistungsvoraussetzungen zu unterscheiden gilt es hingegen die grundsätzlichen Fragen der Versicherungsunterstellung ("Versicherungsstatus") oder des Versicherungsfalls; soweit es darum geht, bleibt das Recht des zuständigen Staates massgebend (Baumeister, a.a.O., § 24 Rz. 28 sowie Rz. 48; vgl. zum Ganzen ferner § 24 Rz. 35 f.; vgl. auch Bieback, a.a.O., N. 16 f. zu Art. 17 VO Nr. 883/2004).
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3.2.2.1.2. Zur administrativen Erledigung des Antrags auf Leistungen braucht es einen Informationsaustausch zwischen dem Träger des Wohnorts und den involvierten Stellen des zuständigen Mitgliedstaats. In diesem Rahmen gilt es vor allem die Anspruchsberechtigung zu klären. Dafür verweist Art. 33 Abs. 1 VO Nr. 987/2009 auf Art. 24 Abs. 1 der nämlichen Verordnung. Danach muss der zuständige Träger auf Antrag des Versicherten oder auf Antrag des Trägers des Wohnorts ein Dokument ausstellen, das den Sachleistungsanspruch bestätigt (vgl. auch Art. 25 Abs. 1 der Durchführungsverordnung; Maximilian Fuchs, in: Fuchs, a.a.O., N. 6 und 14 zu Art. 36 VO Nr. 883/2004). In der Praxis findet dafür das Formular DA1 bzw. (vorher) E 123 ("Bescheinigung über den Anspruch auf Sachleistungen der Versicherung gegen Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten") der Verwaltungskommission für die soziale Sicherheit der Wanderarbeiter Verwendung. Bestreitet der zuständige Träger nach Art. 36 Abs. 2 der Grundverordnung, dass die Rechtsvorschriften über Arbeitsunfälle oder Berufskrankheiten anzuwenden sind, so teilt er dies unverzüglich dem Träger des Wohn- und Aufenthaltsortes mit, der die Sachleistungen gewährt hat; diese Sachleistungen gelten dann als Leistungen der Krankenversicherung (Art. 35 Abs. 1 VO Nr. 987/2009; Frésard/Moser-Szeless, a.a.O., S. 1010 N. 362). Ist zu dieser Frage eine endgültige Entscheidung ergangen, so teilt der zuständige Träger dies unverzüglich dem Träger des Wohn- oder Aufenthaltsorts mit, der die Sachleistungen gewährt hat (Abs. 2, Unterabsatz 1 der nämlichen Bestimmung). Wird kein Arbeitsunfall bzw. keine Berufskrankheit festgestellt, so werden die Sachleistungen weiterhin als Leistungen der Krankenversicherung gewährt, sofern die betreffende Person Anspruch darauf hat (Unterabsatz 2).
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3.2.2.2.
 
3.2.2.2.1. Mit der Sachleistungsaushilfe zwingend verknüpft ist die Erstattung zwischen den Trägern: Unter diesem Titel bestimmt Art. 35 Abs. 1 VO Nr. 883/2004, dass die vom Träger eines Mitgliedstaats für Rechnung des Trägers eines anderen Mitgliedstaats nach diesem Kapitel gewährten Sachleistungen in voller Höhe zu erstatten sind (vgl. Frésard/Moser-Szeless, a.a.O., S. 1010 N. 358). Die Erstattungen nach Absatz 1 werden nach Massgabe der Durchführungsverordnung festgestellt und vorgenommen, und zwar entweder gegen Nachweis der tatsächlichen Aufwendungen oder auf der Grundlage von Pauschalbeträgen für Mitgliedstaaten, bei deren Rechts- und Verwaltungsstruktur eine Erstattung auf der Grundlage der tatsächlichen Aufwendungen nicht zweckmässig ist (Abs. 2). Diese für Leistungen bei Krankheit (u.a.) geltende Bestimmung greift gemäss Art. 41 VO Nr. 883/2004 auch für Leistungen nach dem 2. Kapitel, mithin im Fall von Leistungen bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten; die Erstattung erfolgt auf der Grundlage der tatsächlichen Aufwendungen (Abs. 1). Zwei oder mehr Mitgliedstaaten oder ihre zuständigen Behörden können (wortlautidentisch mit Art. 35 Abs. 3 VO Nr. 883/2004) andere Erstattungsverfahren vereinbaren oder auf jegliche Erstattung zwischen den in ihre Zuständigkeit fallenden Trägern verzichten (Abs. 2).
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3.2.2.2.2. Die Erstattungsnorm wird in der Durchführungsverordnung bekräftigt und ergänzt: So hält Abs. 3 von Art. 35 VO Nr. 987/2009 fest, dass deren Art. 6 Abs. 5 Unterabsatz 2 (betreffend die [...] vorläufige Gewährung von Leistungen) entsprechend gelte. Danach werden Sachleistungen, die von einem Träger (...) vorläufig gewährt wurden, von dem zuständigen Träger nach Titel IV der Durchführungsverordnung erstattet. In diesem Titel IV finden sich Finanzvorschriften, namentlich in den Art. 62 bis 69. Im Grundsatz unterstreicht Art. 62 VO Nr. 987/2009, dass der "zuständige Träger" dem Träger, der die Sachleistung gewährt hat, diese in Höhe der tatsächlichen Ausgaben (...) erstattet (Abs. 1). Die Erstattung soll nach Art. 66 Abs. 1 Durchführungsverordnung so rasch wie möglich vorgenommen werden (Wunder, Kommentar, a.a.O., N. 6 zu Art. 41 VO Nr. 883/2004; vgl. ferner Robertus Cornelissen, in: Fuchs, a.a.O., N. 3 zu Art. 74 VO Nr. 883/2004, der von Erstattung innerhalb eines vernünftigen Zeitraums spricht). Zusätzlich unterstrichen wird dies mit der Vorgabe bestimmter Fristen (Art. 67 VO Nr. 987/2009; vgl. auch den Vorbehalt in dessen Abs. 5, wonach die Frist nicht gilt, wenn der leistungspflichtige Träger die Forderung aus einem berechtigten Grund zurückweist) bzw. einer Verzugszinspflicht (Art. 68 VO Nr. 987/2009). Eine reibungslose Anwendung des Erstattungssystems ist grundlegend für das Funktionieren der Koordinationsregeln der Grundverordnung, widrigenfalls droht Gefahr ihrer Aushöhlung (Cornelissen, a.a.O.). Allerdings soll das tatsächliche Erstattungsverhalten einiger Mitgliedstaaten gegenüber der Deutschen Verbindungsstelle (Unfallversicherung - Ausland) erhebliche Defizite aufweisen (Baumeister, a.a.O., § 24 Rz. 67 mit Hinweis auf Helmut Maxeiner, in: Juristischer Praxiskommentar SGB I, VO Nr. 987/2009, Art. 41 Rz. 30).
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3.2.2.2.3. Erstattungen zwischen den Trägern der Mitgliedstaaten nach Art. 35 und 41 VO Nr. 883/2004 werden gemäss Art. 66 Abs. 2 VO Nr. 987/2009 über die Verbindungsstelle abgewickelt. Gemäss Legaldefinition hat sie die Anfragen und Amtshilfeersuchen für die Zwecke der Anwendung der Grund- und der Durchführungsverordnung zu beantworten und die ihr nach deren Titel IV zugewiesenen Aufgaben zu erfüllen (vgl. Art. 1 Abs. 2 lit. b VO Nr. 987/2009). Die Aufgabenzuweisungen finden sich in Art. 2 bis 4 VO Nr. 987/2009 (Datenaustausch) und in Art. 66 bis 69 VO Nr. 987/2009 (Titel IV: Erstattungswesen; vgl. E. 3.2.2.2.2 oben; vgl. ferner Frank Schreiber, in: Enzyklopädie Europarecht, Schlachter/Heinig [Hrsg.], Europäisches Arbeits- und Sozialrecht, § 33 Rz. 55 und 93; derselbe, in: Schreiber/Wunder/Dern, a.a.O., N. 18 ff. zu Art. 35 VO Nr. 883/2004). Im Schrifttum wird die Verbindungsstelle definiert "als ganz allgemein jene Einrichtung eines Mitgliedstaates, die Anfragen und Aushilfeersuchen aus anderen Mitgliedstaaten entgegen nimmt und durch die betroffenen Träger, die sie repräsentiert, beantworten lässt, sowie die Kostenerstattung zwischen den Mitgliedstaaten abwickelt" (Bernhard Spiegel, in: Fuchs, a.a.O., N. 7 zu Art. 78 VO Nr. 883/2004).
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3.2.2.2.4. Als Schweizer Verbindungsstelle, der die Durchführung der Leistungsaushilfe obliegt, amtet in Unfallversicherungssachen nach Art. 103a UVV die Suva (vgl. auch Urteil 8C_66/2009 vom 7. September 2009 E. 5.2; Frésard/Moser-Szeless, a.a.O., S. 1010 N. 359; Usinger-Egger, in: Hürzeler/Kieser [Hrsg.], Kommentar zum schweizerischen Sozialversicherungsrecht, UVG, 2018, N. 25 zu Art. 115a UVG; Kreisschreiben [Unfallversicherung] Nr. 19 des Bundesamtes für Gesundheit [BAG] vom 14. Dezember 2017, S. 5). Die dadurch verursachten Kosten werden zu zwei Dritteln von der Suva und zu einem Drittel von den Versicherern nach Artikel 68 des Gesetzes getragen (Abs. 2). Der Bund übernimmt die durch die Vorfinanzierung der Leistungsaushilfe entstehenden Zinskosten (Abs. 3). In der betreffenden Botschaft hat der Bundesrat dazu ausgeführt, dass sich das bisherige System der Leistungsaushilferegelung (auch in den meisten der bestehenden bilateralen Sozialversicherungsabkommen enthalten) bewährt habe, weshalb es im Rahmen des vorliegenden Abkommens fortzuführen sei; danach sorge die Suva für die vorschussweise Übernahme von Versicherten ausländischer Versicherungen in der Schweiz und wirke anderseits als Verbindungsstelle für Versicherungsfälle im Ausland (Botschaft zur Genehmigung der sektoriellen Abkommen zwischen der Schweiz und der EG vom 23. Juni 1999, BBl 1999 6344 f.).
22
3.2.2.3. Von der Verbindungsstelle zu unterscheiden ist der zuständige Träger. Diesem wird in Art. 19 Abs. 1 und 35 Abs. 1 VO Nr. 883/2004 die Erstattungspflicht überbunden (Kahil-Wolff, in: Fuchs/Cornelissen, EU Social Security Law, A Commentary on EU Regulations 883/2004 and 987/2009, N. 19 zu Art. 1 VO Nr. 883/2004). Gleiches tut zwangsläufig auch die Durchführungsverordnung (Art. 6 Abs. 5, Art. 62 VO Nr. 987/2009). Zum Begriff des zuständigen Trägers finden sich in Art. 1 lit. q VO Nr. 883/2004 Legaldefinitionen, und zwar vier an der Zahl (i - iv), wodurch die Bedeutung des Rechtsbegriffs normativ, eigenständig autonom europarechtlich, umfassend und abschliessend festgelegt wird (Kahil-Wolff, in: Fuchs, a.a.O., N. 2 zu Art. 1 VO Nr. 883/2004). Im Einzelnen meint zuständiger Träger:
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i) den Träger, bei dem die betreffende Person zum Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Leistungen versichert ist,
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oder
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ii) den Träger, gegenüber dem die betreffende Person einen Anspruch auf Leistungen hat oder hätte, wenn sie selbst oder ihr Familienangehöriger bzw. ihre Familienangehörigen in dem Mitgliedstaat wohnen würden, in dem dieser Träger seinen Sitz hat,
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oder
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iii) den von der zuständigen Behörde des betreffenden Mitgliedstaats bezeichneten Träger,
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oder
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iv) bei einem System, das die Verpflichtungen des Arbeitgebers hinsichtlich der in Artikel 3 Absatz 1 genannten Leistungen betrifft, den Arbeitgeber oder den betreffenden Versicherer oder, falls es einen solchen nicht gibt, die von der zuständigen Behörde des betreffenden Mitgliedstaats bezeichnete Einrichtung oder Behörde. 
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Daraus wird im Schrifttum gefolgert, zuständiger Träger sei die Behörde oder Einrichtung des zuständigen Staates, bei dem eine aktuelle Versicherung bestehe oder die gegenüber dem Berechtigte n zur Erbringung von Leistungen verpflichtet sei (Kahil-Wolff, in: Fuchs, a.a.O., N. 31 zu Art. 1 VO Nr. 883/2004; ebenso Spiegel, in der Vorauflage desselben Werks, am gleichen Ort; Albrecht Otting, in Hauck/Noftz, EU-Sozialrecht, 2015, K Art. 1 VO Nr. 883/2004 N. 51).
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3.2.3. Was die in Art. 36 Abs. 2 VO Nr. 883/2004 erwähnten i) für Titel III Kapitel 1 (Leistungen bei Krankheit sowie Leistungen bei Mutterschaft und gleichgestellte Leistungen bei Vaterschaft) Sachleistungen, die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats vorgesehen sind und die den Zweck verfolgen, die ärztliche Behandlung und die diese Behandlung ergänzenden Produkte und Dienstleistungen zu erbringen bzw. zur Verfügung zu stellen oder direkt zu bezahlen oder die diesbezüglichen Kosten zu erstatten. Dazu gehören auch Sachleistungen bei Pflegebedürftigkeit;
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ii) für Titel III Kapitel 2 (Leistungen bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten) alle Sachleistungen im Zusammenhang mit Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten gemäss der Definition nach Ziffer i, die nach den Arbeitsunfall- und Berufskrankheitenregelungen der Mitgliedstaaten vorgesehen sind. 
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In diesem Zusammenhang wird für das im vorliegenden Fall am Wohnort des Versicherten geltende deutsche Recht in der Literatur vermerkt, es gehörten neben den klassischen Sachleistungen der medizinische n Versorgung die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 35 SGB VII), am Leben in der Gemeinschaft (§ 39 SGB VII) und anderes mehr bzw. sämtliche Sachleistungen des Sozialgesetzbuchs/ siebtes Buch (SGB VII) dazu (Baumeister, a.a.O., § 24 Rz. 50; vgl. auch Helmut Maxeiner, Sachleistungsaushilfe, in: Trauma und Berufskrankheit, Sonderheft 5/2016 S. 434 ff. sowie Wunder, in: Kommentar, a.a.O., N. 4 zu Art. 36 mit Hinweis auf den in § 1 Nr. 2 SGB VII formulierten Auftrag, wonach bei Arbeitsunfall oder Berufskrankheit nicht bloss Genesung das Ziel sei, sondern in besonderem Masse auch die Wiedererlangung bzw. Erhaltung der Arbeitsfähigkeit). Dass demnach berufliche Eingliederungsmassnahmen ebenfalls zu den besonderen Sachleistungen gemäss Art. 36 Abs. 2 VO Nr. 883/2004 zählen, wird auch hierzulande vertreten (Bettina Kahil-Wolff Hummer, in: Frésard-Fellay/Leuzinger/Pärli [Hrsg.], Basler Kommentar zum Unfallversicherungsgesetz, N. 14 zu Art. 115a UVG; PATRICIA USINGER-EGGER, Die Verordnung [EG] Nr. 883/2004 und deren Durchführungsverordnung, JaSo 2013 S. 106, insbesondere auch Fn. 70; dieselbe Autorin in: Hürzeler/Kieser [Hrsg.], a.a.O., N. 17 zu Art. 115a UVG; desgleichen Thomas Gächter, im in den Akten liegenden Rechtsgutachten vom 4. August 2010, das er gemeinsam mit der zuletzt genannten Autorin verfasst hat, S. 13 Rz. 56; vgl. ferner, wenn auch weniger explizit: BAG-Kreisschreiben [Unfallversicherung] Nr. 19, a.a.O., S. 5 f.). Im Übrigen bringen weder die Beschwerdeführerin noch das BSV in dieser Hinsicht Gegenteiliges vor.
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4.
 
4.1. Die Vorinstanz hat erwogen, es stehe unbestrittenermassen fest, dass die Berufsgenossenschaft einen Erstattungsanspruch gestützt auf Art. 36 Abs. 2 VO Nr. 883/2004 habe und dass der zugrunde liegende Schadenfall als Arbeitsunfall im Sinne der einschlägigen Bestimmungen des Koordinationsrechts zu qualifizieren sei. Bei der Frage nach dem zuständigen Träger für die Erstattung hat sie erkannt, dass die Suva einerseits als Durchführungsstelle zuständig für die Abwicklung der Kostenerstattung für die aushilfsweise erbrachten Sachleistungen sei (Art. 66 Abs. 2 VO Nr. 987/2009). Anderseits sei sie - da der Versicherte im Zeitpunkt des Unfalls bei ihr versichert gewesen sei - auch zuständiger Unfallversicherer im Sinne von Art. 1 lit. q der Grundverordnung, weshalb offen bleiben könne, wie sich im Bereich der Unfallversicherung die Kostenerstattung innerstaatlich bei einem Auseinanderfallen zwischen Verbindungsstelle und Trägerschaft gestalten würde (mit Hinweis auf BGE 141 V 612 E. 3.3.2 S. 617). Das einschlägige Koordinationsrecht bezwecke nicht zuletzt die Förderung der Zusammenarbeit zwischen den Trägern der sozialen Sicherheit der einzelnen Mitgliedstaaten und die Gewährleistung eines effektiven und verbindlichen Erstattungsverfahrens (mit Hinweis auf die Erwägungsgründe 2 und 19 sowie Art. 62 ff. der Durchführungsverordnung). Damit sei unvereinbar, dass sich eine nationale Verbindungsstelle bzw. der zum Unfallzeitpunkt zuständige Unfallversicherer unter Berufung auf innerstaatliche Besonderheiten der Zuordnung von Versicherungsleistungen ihrer Erstattungspflicht gegenüber dem ausländischen aushelfenden Träger entziehe. Die Leistungen bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten gemäss Art. 3 Abs. 1 lit. f und 36 ff. VO Nr. 883/2004 seien nicht nach Massgabe des innerstaatlichen Rechts, sondern nach gemeinschaftsrechtlichen Kriterien zu verstehen. So gesehen gehe es im vorliegenden Fall bei den fraglichen Eingliederungsmassnahmen um Leistungen bei Arbeitsunfall und Berufskrankheit, die in die Zuständigkeit der Suva fielen, woran nichts ändere, dass sie in der Schweiz von der IV zu erbringen wären.
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4.2. Die beschwerdeführende Suva wendet dagegen im Wesentlichen ein, dass die IV nicht nur nach innerstaatlichem Recht leistungszuständig (Art. 8 Abs. 1 und 22 Abs. 1 IVG), sondern auch nach Art. 1 lit. q/ii VO Nr. 883/2004 als zuständiger Träger zu qualifizieren sei. Entscheidend für die Annahme der Trägerschaft sei demgegenüber nicht, dass der Versicherte im Unfallzeitpunkt versichert gewesen sei. Unter welchem Titel eine Leistung gemeinschaftsrechtlich zu erbringen sei, bleibe ohne Einfluss darauf, welcher Sozialversicherungszweig die Leistung innerstaatlich zu übernehmen habe bzw. rückerstattungspflichtig sei. Das Koordinationsrecht wolle dem Versicherten den komplikationslosen Zugang zu den "ortsgebundenen" Leistungen verschaffen, hingegen beabsichtige es nicht, diesen Anspruch in demjenigen Staat, in dem der Anspruch überhaupt erst entstehe, einem anderen Versicherungszweig und einer anderen Risikogemeinschaft zuzuordnen. Im Übrigen könne aus dem Umstand, dass sie - die Suva - hier als Verbindungsstelle für die Abwicklung zuständig sei, nicht abgeleitet werden, dass sie letztlich die Kosten zu tragen habe.
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4.3. Die IVSTA verweist ihrerseits darauf, dass sie mangels Versicherteneigenschaft nach innerstaatlichem Recht nach Dezember 2016 keine Leistungspflicht treffe. Die Zuordnung zu den in Art. 3 Abs. 1 VO Nr. 883/2004 enumerierten Risiken erfolge rechtsprechungsgemäss unabhängig vom innerstaatlichen Recht nach gemeinschaftsrechtlichen Kriterien. Insofern gehe es im vorliegenden Fall um Sachleistungen - wozu die Eingliederungsmassnahmen gehörten - aus Arbeitsunfall, wofür die Suva der für die Kostentragung zuständige Träger sei. Der Umstand, dass die Suva nun plötzlich ihre Zuständigkeit verneine, befremde. Auch habe sie, soweit ersehbar, nie gegen ihre Eintragung als zuständiger Träger für Sachleistungen und Rehabilitationsleistungen bei Arbeitsunfall im öffentlichen Verzeichnis der europäischen Institutionen der Sozialen Sicherheit opponiert.
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5.
 
5.1. Zu Recht hat das kantonale Gericht den Grundsatz besonders hervorgehoben, dass sich aus einem negativen Kompetenzkonflikt unter den hiesigen Sozialversicherern kein Nachteil für den Träger am Wohnmitgliedstaat ergeben darf, der dort aushilfsweise Sachleistungen zu erbringen und deswegen Anspruch auf Erstattung in voller Höhe hat. Erst recht nicht darf derlei zulasten des oder der Versicherten gehen. Ebenfalls zu Recht - und insoweit unbestritten - hat die Vorinstanz erkannt, dass die Suva im vorliegenden Fall als Verbindungsstelle involviert ist. Ob sie daneben zugleich als zuständiger Träger im Sinne von Art. 1 lit. q/i VO Nr. 883/2004 in Betracht fällt, ist nachfolgend zu prüfen.
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5.2. Die Legaldefinition in Art. 1 lit. q VO Nr. 883/2004 sieht vier alternative Möglichkeiten vor, ohne dass sich daraus eine Prioritätenordnung ergeben würde (vgl. E. 3.2.2.3 oben). Ebenso wenig lässt sich eine solche dem oben zitierten Schrifttum entnehmen. Das erstaunt insofern nicht, als der Zweck des Koordinationsrechts keine Prioritätenordnung erfordert. Vielmehr ruft er nach einer umfassenden, lückenlosen Zuordnung sämtlicher Versicherungsfälle im Bereich der sozialen Sicherheit zu einem als zuständig zu erachtenden Träger. Und welcher Träger dies im konkreten Fall letztlich ist, ergibt sich im Fall mehrerer Möglichkeiten nicht allein aus dem Koordinationsrecht selbst, sondern bestimmt sich unter Einbezug des Landesrechts, dessen Anwendung selbstredend nicht zu einer Vereitelung der Koordinationsbemühungen führen darf.
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5.3.
 
5.3.1. Die oben dargelegte Legaldefinition (vgl. E. 3.2.2.3 oben) ist vom Wortlaut her so gefasst, dass sich im vorliegenden Fall sowohl die Suva als auch die IV als zuständiger Träger qualifizieren liessen.
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5.3.2. Letzteres folgt - worauf die Beschwerdeführerin zu Recht verweist - aus Art. 1 lit. q/ii der Grundverordnung, wonach auch an einer aus hypothetischem Wohnen hierzulande abgeleiteten Leistungspflicht angeknüpft werden kann. In diesem Zusammenhang sei zudem Anhang XI zur VO Nr. 883/2004 angeführt, der besondere Vorschriften für die Anwendung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten enthält. Dort findet sich für die Schweiz unter Ziff. 8 der Passus, dass ein Arbeitnehmer oder Selbstständiger, der den schweizerischen Rechtsvorschriften über die IV nicht mehr unterliegt, weil er seine existenzsichernde Erwerbstätigkeit in der Schweiz infolge Unfalls oder Krankheit aufgeben musste, in dieser Versicherung für den Erwerb des Anspruchs auf Eingliederungsmassnahmen als versichert gilt bis zur Zahlung einer Invalidenrente und während der Durchführung dieser Massnahmen, sofern er keine anderweitige Erwerbstätigkeit im Ausland aufnimmt (vgl. dazu BGE 132 V 244 E. 5 f. S. 250 ff.). Demnach bestünde jedenfalls dann weiterhin ein auf Eingliederungsmassnahmen gerichteter Leistungsanspruch gegenüber der IV, wenn der Versicherte hier wohnen würde, womit lit. q/ii erfüllt ist.
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5.3.3. Was die Suva angeht, gelangt Art. 1 lit. q/i VO Nr. 883/2004 in den Blick, wonach auf die Versicherungsunterstellung im Zeitpunkt des Antrags auf Leistungen abgestellt wird. Das lässt die Trägerschaft des hiesigen Unfallversicherers dann fraglich werden, wenn dieser Antrag im Begehren um Sachleistungen gegenüber dem Träger des Wohnstaates erblickt würde. Im vorliegenden Fall schon deswegen die Trägerschaft der Suva zu verwerfen, ginge jedoch nicht an. Insbesondere wäre dies mit ihrer unbestrittenermassen bestehenden Leistungspflicht aufgrund des Unfalls vom 21. Juli 2016 nicht zu vereinbaren. So richtete sie auch nach der Rückkehr nach Deutschland weiterhin Taggelder dorthin aus (vgl. Art. 7 VO Nr. 883/2004). Vor allem aber hätte sie einem Begehren um Wiederaufnahme der Heilbehandlung - einer Sachleistung - im Wohnortsstaat jedenfalls nicht mit dem Argument entgegen treten können, es bestehe im Zeitpunkt dieses Gesuchs keine Versicherungsdeckung mehr.
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5.4.
 
5.4.1. Der Wortlaut von Art. 1 lit. q VO Nr. 883/2004 liesse demnach verschiedene Anknüpfungen zu. Anderseits steht ausser Frage, dass es sich bei den streitbetroffenen Leistungen aus koordinationsrechtlicher Sicht um solche bei Arbeitsunfällen (Art. 3 Abs. 1 lit. f VO Nr. 883/2004) und nicht etwa um solche bei Invalidität (Art. 3 Abs. 1 lit. c VO Nr. 883/2004) handelt, wie das kantonale Gericht in der Sache richtig erkannt hat (vgl. BGE 133 V 320 E. 5.6 S. 328; zur Massgeblichkeit der gemeinschaftsrechtlichen Kriterien: BGE 134 V 284 E. 3.2 S. 288; Urteil 8C_870/2012 vom 8. Juli 2013 E. 2.4). Auch das BSV verweist hierauf. Darüber hinaus legt es dar, dass die Schweiz im Rahmen der Mitteilungen und Verzeichnisse gemäss Art. 88 Abs. 1 und 4 VO Nr. 987/2009 (wie schon in Anhang 2 der zuvor gültig gewesenen Verordnung Nr. 574/72 sub Schweiz Ziff. 4a) ausschliesslich den zuständigen Unfallversicherer aufführt. Zudem ist nunmehr im Zuge der jüngsten Änderung des ATSG vom 21. Juni 2019 mit Art. 75a eine explizite formellgesetzliche Grundlage dafür geschaffen worden, die dem Bundesrat die Befugnis einräumt, die betreffenden Stellen zu bestimmen, die damit beauftragt sind, für die einzelnen Sozialversicherungen die Aufgaben, insbesondere als zuständige Behörde, Verbindungsstelle und zuständiger Träger, gemäss den Erlassen in der für die Schweiz verbindlichen Fassung von Anhang II des FZA (...) wahrzunehmen (BBl 2019 4475 ff., 4478). Die bundesrätliche Botschaft vom 2. März 2018 hält dazu fest, Art. 75a ATSG kodifiziere die bestehende Aufgabenzuteilung formell in einer gesetzlichen Grundlage, wobei weder inhaltliche noch organisatorische Änderungen der Zuständigkeiten der betroffenen Stellen vorgesehen seien (BBl 2018 1607 ff., 1641). Ob Art. 75a ATSG tatsächlich in diesem weitgehenden Sinne zu verstehen sein wird, ist hier nicht zu beurteilen. Immerhin ergibt sich daraus aber doch insofern ein Bekenntnis zur bestehenden (und auch nach aussen hin bekundeten) Ordnung, als dieser Punkt im Rahmen des weiteren Gesetzgebungsprozess nicht aufgegriffen oder gar in Frage gestellt wurde (AB 2018 S 667 ff., 670; 2019 N 329 ff., 341).
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5.4.2. Namentlich die Zuordnung der streitbetroffenen Leistungen zu Art. 3 Abs. 1 lit. f VO Nr. 883/2004 spricht für die Erstattungspflicht der beschwerdeführenden Suva. Dagegen steht zwar die klare Leistungszuständigkeit gemäss Landesrecht (vgl. E. 2.2 oben; vgl. dazu insbesondere Usinger-Egger, in: Hürzeler/Kieser [Hrsg.], a.a.O., N. 17 zu Art. 115a; sowie in: JaSo, a.a.O., S. 106 Fn. 70). Allerdings drängt sich eine Involvierung der IV hinsichtlich der beruflichen Eingliederungsmassnahmen unter dem Titel der "besonderen Sachleistungen" nach Art. 36 Abs. 2 VO Nr. 883/2004 auch von der Sache her nicht auf. Denn die betreffende Erstattung erfordert aufgrund der im Wohnortsstaat gemäss dortigem Recht erfolgenden Sachleistungsaushilfe gerade keine Prüfung der Frage, ob und inwieweit gemäss hiesigem IVG ein Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen bestünde. Vielmehr geht es im Wesentlichen einzig um die Klärung, ob ein hier versicherter Arbeitsunfall vorliegt (vgl. E. 3.2.2.1.1 oben), wozu der Unfallversicherer allemal berufen ist. Nicht zu vernachlässigen sind sodann Erschwernisse praktischer Art, die entstehen können, wenn neben dem Unfallversicherer, der für die eigentliche Heilbehandlung bzw. für die Erstattung ihrer Kosten aufzukommen hat, mit dem Einbezug der IV (agierend durch die IVSTA) in ein und demselben Fall - wenigstens zeitverschoben - ein weiterer Träger beteiligt wäre. Ob sich solchen Erschwernissen dadurch befriedigend begegnen liesse, dass die Suva als Verbindungsstelle mitzuwirken und so den Erstattungsfall nicht nur für die übrigen Unfallversicherer (Art. 68 ff. UVG), sondern gleichermassen für die IV abzuwickeln hätte (vgl. Art. 1 Abs. 2 lit. b und Art. 66 Abs. 2 VO Nr. 987/2009 sowie E. 3.2.2.2.3 oben), scheint zumindest fraglich.
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5.4.3. Die Beschwerdeführerin verweist sodann zur Untermauerung ihres Standpunkts auch auf die gebotene Äquivalenz, wonach zwischen den zu erbringenden Versicherungsleistungen und deren Finanzierung durch Nettoprämien über die Zeit hin ein Gleichgewicht bestehen soll (vgl. Alfred Maurer, Schweizerisches Unfallversicherungsrecht, Bern 1985, S. 46; Ueli Kieser/Sarah Scheiwiller, in: Hürzeler/Kieser [Hrsg.], Kommentar zum schweizerischen Sozialversicherungsrecht, UVG, 2018, N. 4 zu Art. 92 UVG; speziell für den versicherten Verdienst: BGE 139 V 148 E. 7.2.2 S. 156). Tatsächlich lässt sich auf Anhieb nicht ersehen, dass und wo im geltenden Landesrecht, geschweige denn im Koordinationsrecht, eine entsprechende Grundlage für eine Schadloshaltung des Unfallversicherers zu finden wäre. Das BSV schliesst derlei explizit aus. Dennoch muss bezweifelt werden, dass das erwähnte Gleichgewicht durch die endgültige Belastung des Unfallversicherers mit den ihm aus der Erstattungspflicht erwachsenden Kosten auf die Dauer tatsächlich unter Druck geraten wird. Die Beschwerdeführerin wartet in diesem Zusammenhang auch nicht mit entsprechenden Erfahrungswerten und Zahlen aus der Vergangenheit auf, die ihren Standpunkt zu erhärten vermöchten. Auch der Gesichtspunkt der Finanzierung unter Einschluss desjenigen der "intersystemischen" Abgeltung spricht darum ebenfalls nicht zwingend dafür, hier die IV bzw. die IVSTA als den massgeblichen zuständigen Träger ins Recht zu fassen.
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5.5. Nach dem Erwogenen kann der angefochtene Gerichtsentscheid bestätigt werden. Selbst unter Berücksichtigung landesrechtlicher Aspekte besteht keine zwingende Veranlassung, die IV zur Erstattung der Kosten zu verhalten, die nach einem Arbeitsunfall durch die im ausländischen Wohnstaat unter dem Titel berufliche Eingliederungsmassnahmen aushilfsweise geleistete Sachhilfe entstanden sind. Mithin bleibt es bei der Erstattungspflicht der Suva, wie vom kantonale Gericht entschieden. Bei diesem Ergebnis kann auch die Frage offen bleiben, ob die Suva nicht sogar gehalten gewesen wäre, von sich aus bereits gegen die (allerdings nicht förmlich verfügte und auch von ihrem verpflichtenden Gehalt her auslegungsbedürftige) Mitteilung vom 27. Februar 2017 vorzugehen.
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6. Die Beschwerdeführerin unterliegt, weshalb sie die Gerichtskosten zu tragen hat (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung steht ausser Frage (Art. 68 Abs. 3 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 3000.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
3. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht Appenzell Ausserrhoden, dem Bundesamt für Gesundheit und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 2. September 2020
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Maillard
 
Die Gerichtsschreiberin: Polla
 
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