BGer 2C_795/2020 | |||
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BGer 2C_795/2020 vom 02.10.2020 |
2C_795/2020 |
Urteil vom 2. Oktober 2020 |
II. öffentlich-rechtliche Abteilung | |
Besetzung
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Bundesrichter Seiler, Präsident,
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Bundesrichter Zünd, Beusch,
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Gerichtsschreiber Kocher.
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Verfahrensbeteiligte | |
A.________,
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Beschwerdeführer,
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gegen
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Eidgenössische Zollverwaltung, Hauptabteilung Zollfahndung.
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Gegenstand
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Einfuhrabgaben; unentgeltliche Rechtspflege,
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Beschwerde gegen die Zwischenverfügung
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des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I,
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vom 25. August 2020 (A-3488/2020).
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Erwägungen: | |
1.
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1.1. Mit Nachforderungsverfügung vom 9. Juni 2020 verpflichtete die Eidgenössische Zollverwaltung den in B.________ (DE) ansässigen A.________ (nachfolgend: der Steuerpflichtige) zur Leistung von Fr. 77'434.20. Dagegen gelangte der Steuerpflichtige an das Bundesverwaltungsgericht, das mit Zwischenverfügung im Verfahren A-3488/2020 zulasten des Steuerpflichtigen einen Kostenvorschuss von Fr. 4'500.-- ansetzte. Innerhalb der Zahlungsfrist ersuchte der Steuerpflichtige das Bundesverwaltungsgericht um Erteilung des Rechts zur unentgeltlichen Prozessführung. Das Bundesverwaltungsgericht nahm dem Steuerpflichtigen die laufende Zahlungsfrist einstweilen ab und forderte ihn auf, das Formular "Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für Personen mit Wohnsitz im Ausland" auszufüllen, zu dokumentieren und bis zum 21. August 2020 zu retournieren. Der Steuerpflichtige reichte das ausgefüllte und unterzeichnete Formular innert Frist ein.
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1.2. Mit weiterer Zwischenverfügung vom 25. August 2020 wies das Bundesverwaltungsgericht das Gesuch um Erteilung des Rechts zur unentgeltlichen Prozessführung ab und forderte es den Steuerpflichtigen auf, den Kostenvorschuss von Fr. 4'500.-- in drei Raten zu je Fr. 1'500.-- am 7. September, 7. Oktober und 6. November 2020 zu begleichen, ansonsten auf die Beschwerde nicht eingetreten werde. Das Bundesverwaltungsgericht erkannte, der Steuerpflichtige mache geltend, über kein eigenes Einkommen zu verfügen bzw. dass das mögliche Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit noch "offen" sei. Die Ehefrau des Steuerpflichtigen erziele, den Angaben des Steuerpflichtigen zufolge, über einen Nettolohn von EUR 567.--. Was das Vermögen betreffe, wolle der Steuerpflichtige über ein solches von Fr. 29'100.-- verfügen, das sich hauptsächlich aus dem Auto (Fr. 10'000.--) und der Sicherstellung bei der EZV (Fr. 17'500.--) zusammensetze. Das Vermögen der Ehefrau erreiche gemäss den Darlegungen des Steuerpflichtigen Fr. 880.--. Dem Vermögen sollen angeblich Schulden von Fr. 82'200.-- gegenüberstehen, wobei der Steuerpflichtige hierzu lediglich die Umsatzerlöse (Q02/2020), zwei Mehrwertsteuerabrechnungen (Q01/2020 und Q02/2020), Bankbelege zu den monatlichen Fixkosten und eine Übersicht zu den wichtigsten offenen Kreditorenrechnungen vorlege. Insgesamt vermöchten die eingereichten Dokumente, so das Bundesverwaltungsgericht, die angebliche finanzielle Situation weder hinreichend zu belegen noch zumindest als glaubhaft erscheinen lassen. Anhand der unterbreiteten Einzeldokumente lasse sich kein aussagekräftiges Bild gewinnen. Insbesondere lägen dem Gericht auch keinerlei Veranlagungsverfügungen vor.
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1.3. Mit Eingabe vom 20. September 2020 (Poststempel: 23. September 2020) erhebt der Steuerpflichtige beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Er ersucht sinngemäss um Aufhebung der angefochtenen Verfügung und Erteilung des Rechts zur unentgeltlichen Rechtspflege (wohl auch für das bundesgerichtliche Verfahren). Zur Begründung reicht er Dokumente nach, aus welcher die Stundung der in Deutschland geschuldeten Einkommens- und Gewerbesteuer hervorgeht. Er erklärt, an der finanziellen Lage, die als desaströs zu bezeichnen sei, habe sich in den letzten vier Wochen nichts geändert. Er bestreite sein Leben grundsätzlich mittels der Einkünfte aus selbständiger Erwerbstätigkeit. Covid-19-bedingt seien die Umsätze um bis zu 75 Prozent eingebrochen. Von einer baldigen Erholung könne nicht ausgegangen werden. Die EZV habe Waren beschlagnahmt, dies von Dezember 2018 bis 2019, weil er - nicht näher bezeichnete - Fehler begangen habe. Seine Kunden hätten sich deswegen teils abgewandt, und Kosten für Anwälte und Berater seien hinzugekommen. Die Verbindlichkeiten erreichten EUR 82'200.-- [womit wohl Fr. 82'200.-- gemeint sind; vorne E. 1.2].
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1.4. Der Abteilungspräsident als Instruktionsrichter (Art. 32 Abs. 1 BGG) hat von Instruktionsmassnahmen, insbesondere von einem Schriftenwechsel (Art. 102 Abs. 1 BGG), abgesehen.
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2. | |
2.1. Die Voraussetzungen der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 lit. a, Art. 83 e contrario, Art. 86 Abs. 1 lit. a, Art. 89 Abs. 1 und Art. 100 Abs. 1 BGG) sind unter Vorbehalt des Nachfolgenden gegeben.
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2.2. Zwischenentscheide, mit denen die unentgeltliche Rechtspflege verweigert wird, entfalten einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG, sofern sie die gesuchstellende Person zur Leistung eines Kostenvorschusses auffordern und ihr androhen, bei Säumnis auf das Rechtsmittel nicht einzutreten (zum Ganzen BGE 142 III 798 E. 2.3.1 S. 802; Urteil 2C_540/2020 vom 26. Juni 2020 E. 2.1). Dies ist hier der Fall. Der Zwischenentscheid ist selbständig anfechtbar. Auf die Beschwerde ist einzutreten.
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2.3. Das Bundesgericht wendet das Bundesgesetzesrecht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG; BGE 146 IV 88 E. 1.3.2 S. 92) und prüft es mit uneingeschränkter (voller) Kognition (Art. 95 lit. a BGG; BGE 145 I 239 E. 2 S. 241).
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2.4. Im Unterschied zum Bundesgesetzesrecht geht das Bundesgericht der Verletzung verfassungsmässiger Individualrechte (einschliesslich der Grundrechte) und des rein kantonalen und kommunalen Rechts nur nach, falls und soweit eine solche Rüge in der Beschwerde überhaupt vorgebracht und ausreichend begründet worden ist (qualifizierte Rüge- und Begründungsobliegenheit gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG). Die beschwerdeführende Person hat daher klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids darzulegen, dass und inwiefern verfassungsmässige Individualrechte verletzt worden sein sollen (BGE 146 I 62 E. 3 S. 65).
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2.5. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG; BGE 146 IV 88 E. 1.3.1 S. 91 f.). Die vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen können von Amtes wegen oder auf Rüge hin berichtigt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 105 Abs. 2 und Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 146 I 83 E. 1.3 S. 86). "Offensichtlich unrichtig" ist mit "willkürlich" gleichzusetzen (zum Ganzen: BGE 146 IV 88 E. 1.3.1 S. 91 f.). Tatfrage ist auch die Beweiswürdigung (BGE 144 V 111 E. 3 S. 112). Die Anfechtung der vorinstanzlichen Feststellungen unterliegt der qualifizierten Rüge- und Begründungsobliegenheit (BGE 146 III 73 E. 5.2.2 S. 80; vorne E. 2.4).
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2.6. Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen im bundesgerichtlichen Verfahren nur vorgebracht werden, falls und soweit erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (unechte Noven; Art. 99 Abs. 1 BGG; BGE 146 II 150 E. 7.8.2 S. 185). Der vorinstanzliche Verfahrensausgang allein bildet aber noch keinen hinreichenden Anlass für die Zulässigkeit von unechten Noven, die bereits zuvor ohne Weiteres hätten vorgebracht werden können (BGE 143 V 19 E. 1.2 S. 22 f.). Das Novenrecht vor Bundesgericht kann insbesondere nicht dazu dienen, ein prozessuales Verhalten, das im vorinstanzlichen Verfahren versäumt wurde, nachzuholen oder die verletzte Mitwirkungspflicht zu heilen (Urteil 2C_1115/2014 vom 29. August 2016 E. 1.4.1, nicht publ. in: BGE 142 II 488).
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3.
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3.1. Die Vorinstanz hatte zu prüfen, ob die Voraussetzungen zur Erteilung des Rechts zur unentgeltlichen Rechtspflege erfüllt seien. Dabei handelt es sich um eine bundesrechtliche Frage (Art. 65 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren [VwVG; SR 172.021] in Verbindung mit Art. 37 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht [VGG; SR 173.32]). Die Sachumstände, welche die Prozessarmut darlegen sollen, fallen unter die Tatfragen.
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3.2. Zur Frage der Bedürftigkeit des Steuerpflichtigen hat die Vorinstanz beweiswürdigend festgestellt, insgesamt vermöchten die eingereichten Dokumente die angebliche finanzielle Situation weder hinreichend zu belegen noch zumindest als glaubhaft erscheinen zu lassen. Anhand der unterbreiteten Einzeldokumente lasse sich kein aussagekräftiges Bild gewinnen. Insbesondere lägen dem Gericht auch keinerlei Veranlagungsverfügungen vor (vorne E. 1.2). Dagegen erhebt der Steuerpflichtige im bundesgerichtlichen Verfahren recht pauschale Einwände, die sich im Wesentlichen darin erschöpfen, die im vorinstanzlichen Verfahren aufgezeigten Sachumstände zu wiederholen. Diese hat die Vorinstanz bereits gewürdigt. Inwiefern die vorinstanzliche Beweiswürdigung auf verfassungsrechtlich unhaltbaren Grundlagen beruhen könnte, zeigt der Steuerpflichtige höchstens ansatzweise auf, jedenfalls aber in keiner Weise, mit welcher er der qualifizierten Rüge- und Begründungsobliegenheit genügen könnte (Art. 105 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 106 Abs. 2 BGG; vorne E. 2.4 und 2.5).
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3.3. Selbst unter Berücksichtigung dessen, dass eine Laienbeschwer-de vorliegt, weswegen die formellen Anforderungen praxisgemäss niedriger angesetzt werden (Urteil 2D_37/2020 vom 1. September 2020 E. 2.4), unterbleibt jede auch nur beiläufige Auseinandersetzung mit der Verfassungsfrage. Zu keinem anderen Ergebnis vermögen die im bundesgerichtlichen Verfahren nachgereichten Dokumente (zwei "Stundungsbescheide" vom 20. April 2020 und 14. September 2020 zur Gewerbesteuer bzw. zwei weitere vom 2. April 2020 und 23. Juni 2020 zur Einkommenssteuer, ferner das Schreiben eines Inkassobüros vom 12. Februar 2020) zu führen. Im vorinstanzlichen Verfahren war der Steuerpflichtige aufgefordert worden, anhand des amtlichen Formulars umfassend über seine finanzielle Lage zu berichten. Die zweckdienlichen Veranlagungsverfügungen bzw. Stundungsentscheide hat der Steuerpflichtige im vorinstanzlichen Verfahren offenkundig nicht vorgelegt, ansonsten die Vorinstanz auf die Unterlassung nicht ausdrücklich hingewiesen hätte (vorne E. 1.2). Im bundesgerichtlichen Verfahren stellen die Dokumente sich daher als unzulässige Noven dar, die nicht weiter zu berücksichtigen sind (E. 2.6).
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3.4. Die vorinstanzliche Auslegung und Anwendung des einschlägigen Rechts ist nicht zu beanstanden. Die Beschwerde erweist sich mithin als offensichtlich unbegründet. Die Sache kann im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG entschieden werden.
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4. Nach dem Unterliegerprinzip sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens der unterliegenden Partei aufzuerlegen (Art. 65 und Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Mit Blick auf die besonderen Umstände kann von einer Kostenverlegung abgesehen werden (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG), womit das für das bundesgerichtliche Verfahren gestellte Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gegenstandslos wird (BGE 144 V 120 E. 5 S. 126). Der Eidgenossenschaft, die in ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegt, ist keine Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 68 Abs. 3 BGG).
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Demnach erkennt der Präsident: | |
1. Die Beschwerde wird abgewiesen
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2. Für das bundesgerichtliche Verfahren werden keine Kosten erhoben.
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3. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung I, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 2. Oktober 2020
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Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Seiler
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Der Gerichtsschreiber: Kocher
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