BGer 5D_269/2020 | |||
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BGer 5D_269/2020 vom 18.11.2020 |
5D_269/2020 |
Urteil vom 18. November 2020 |
II. zivilrechtliche Abteilung | |
Besetzung
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Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied,
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Gerichtsschreiber Zingg.
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Verfahrensbeteiligte | |
A.________,
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Beschwerdeführerin,
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gegen
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B.________ AG,
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Beschwerdegegnerin.
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Gegenstand
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Erneute Zustellung eines Rechtsöffnungsentscheids,
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Beschwerde gegen den Entscheid des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt, Dreiergericht, vom 27. Juli 2020 (BEZ.2020.13).
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Erwägungen: | |
1. Die Beschwerdegegnerin betreibt die Beschwerdeführerin für eine Forderung von Fr. 1'677.-- (Betreibung Nr. xxx des Betreibungsamts Basel-Stadt). Mit Entscheid vom 8. November 2019 erteilte das Zivilgericht des Kantons Basel-Stadt der Beschwerdegegnerin gegenüber der Beschwerdeführerin in dieser Betreibung die provisorische Rechtsöffnung und wies das Gesuch der Beschwerdeführerin um unentgeltliche Rechtspflege ab (Verfahren V.2019.764). Der Entscheid wurde der Beschwerdeführerin am 19. November 2019 im Dispositiv eröffnet. Am 28. November 2019 ersuchte die Beschwerdeführerin um schriftliche Begründung des Entscheids. Am 9. Dezember 2019 teilte die Beschwerdeführerin dem Zivilgericht für acht verschiedene hängige Verfahren mit, dass sie wegen Ortsabwesenheit ab sofort und bis zum 21. Januar 2020 ihre Post nicht mehr abholen könne. Mit Verfügung vom 31. Dezember 2019 wies das Zivilgericht die Beschwerdeführerin darauf hin, dass sie dafür sorgen müsse, dass die Zustellung von Gerichtsdokumenten im laufenden Verfahren erfolgen könne, ansonsten die Zustellfiktion gelte. Das Zivilgericht sandte den schriftlich begründeten Entscheid vom 8. November 2019 der Beschwerdeführerin am 6. Januar 2020 per Gerichtsurkunde zu. Die Sendung konnte nicht zugestellt werden. Das Zivilgericht sandte den Entscheid am 10. Januar 2020 nochmals per A-Post zu. Am 5. Februar 2020 beantragte die Beschwerdeführerin Akteneinsicht in acht verschiedene beim Zivilgericht hängige Verfahren. Die Akteneinsicht fand am 20. Februar 2020 statt. Mit Schreiben vom 25. Februar 2020 teilte die Beschwerdeführerin dem Zivilgericht mit, dass auf dem Rechtsöffnungsentscheid ein Vollstreckbarkeitsstempel angebracht worden sei. Am 3. März 2020 meldete sie, dass sie die schriftliche Entscheidbegründung nie erhalten habe. Mit Verfügung vom 5. März 2020 teilte das Zivilgericht mit, dass die Post den per Gerichtsurkunde versandten Entscheid retourniert habe. Der Entscheid gelte als zugestellt. Die Zustellung per A-Post sei aus Kulanzgründen erfolgt.
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Gegen diese Verfügung erhob die Beschwerdeführerin am 21. März 2020 Beschwerde an das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt (Verfahren BEZ.2020.13). Sie verlangte, das Zivilgericht zu veranlassen, ihr den schriftlich begründeten Rechtsöffnungsentscheid mit einer intakten Anfechtungsfrist zuzustellen. Mit Entscheid vom 27. Juli 2020 wies das Appellationsgericht die Beschwerde ab. Am 3. August 2020 hat die Beschwerdeführerin dem Appellationsgericht mitgeteilt, die Post werde vom 3. August 2020 bis 11. September 2020 zurückbehalten. Mit Verfügung vom 10. August 2020 hat das Appellationsgericht darauf hingewiesen, dass diese Meldung nicht dazu führen könne, dass ihr in dieser Zeit keine fristauslösenden Gerichtsdokumente zugestellt werden könnten.
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Mit Eingaben vom 21. September 2020 (Postaufgabe 22. September 2020) und 9. Oktober 2020 (Postaufgabe 10. Oktober 2020) ist die Beschwerdeführerin an das Appellationsgericht gelangt. Auf ihren Wunsch hin hat das Appellationsgericht die Eingaben als Beschwerde an das Bundesgericht weitergeleitet. In der Eingabe vom 10. Oktober 2020 bezieht sie sich nicht nur auf das Verfahren BEZ.2020.13, sondern noch auf zwei weitere (dazu Verfahren 5D_271/2020). Am 29. Oktober 2020 (Postaufgabe) hat die Beschwerdeführerin dem Bundesgericht eine weitere Eingabe eingereicht, in der sie unter anderem ihre Orts- bzw. Landesabwesenheit bis 20. November 2020 mitgeteilt hat. Das Bundesgericht hat die Akten beigezogen.
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2. Der Entscheid vom 27. Juli 2020 ist der Beschwerdeführerin per Einschreiben zugesandt und am 18. August 2020 zur Abholung gemeldet worden. Aufgrund eines Postrückbehaltungsauftrags hat sie ihn erst am 15. September 2020 entgegengenommen. Eine eingeschriebene Sendung gilt auch in jenen Fällen, in denen der Post ein Rückbehaltungsauftrag erteilt wurde, spätestens am letzten Tag einer Frist von sieben Tagen ab Eingang bei der Poststelle am Ort des Empfängers als zugestellt, soweit der Adressat mit der fraglichen Zustellung hat rechnen müssen (BGE 134 V 49 E. 4 S. 51 f.; 141 II 429 E. 3 S. 431 ff.). Die Beschwerdeführerin hat das kantonale Beschwerdeverfahren angehoben und musste deshalb mit Zustellungen rechnen. Ihre Mitteilung an das Appellationsgericht vom 3. August 2020 vermag daran nichts zu ändern. Aufgrund der Vorgeschichte durfte sie nicht damit rechnen, dass das Appellationsgericht eine derart lange Abwesenheit ohne Möglichkeit der Zustellung akzeptieren würde (vgl. die Verfügung vom 10. August 2020 mit Hinweis auf die Verfügung vom 21. Januar 2020 im Verfahren BEZ.2019.79, in der die Beschwerdeführerin darauf hingewiesen wurde, dass weitere Meldungen über Ortsabwesenheiten mit einer Dauer von mehr als zwei Wochen die Zustellung von Gerichtsakten nicht verhindern könnten). Sie vertritt zwar die Auffassung, die genannte Dauer von zwei Wochen beruhe offensichtlich auf freiem richterlichem Ermessen, welches ihrer Situation nicht Rechnung trage und werde ohne rechtliches Gehör in den Raum gestellt. Dies ändert jedoch nichts daran, dass sie um die Haltung des Appellationsgerichts wusste und sie deshalb nicht darauf vertrauen durfte, ihre Meldung genüge, um Zustellungen zu verhindern. Hinzu kommt, dass sie ihre Abwesenheit nicht derart rechtzeitig angekündigt hat, dass das Appellationsgericht darauf hätte reagieren und sie allenfalls dazu hätte Stellung nehmen können. Stattdessen hat sie das Appellationsgericht vor vollendete Tatsachen gestellt. Sie behauptet nun zwar, dass sie zu dem Zeitpunkt über ihre Abwesenheiten informiere, in dem es ihr angesichts des Umfangs der Gerichtspost möglich sei. Dies ist jedoch eine unbelegte Behauptung. Ausserdem hat sie ihre Eingabe vom 3. August 2020 kaum begründet, sondern bloss auf Ferien und die Pflege ihrer familiären Kontakte hingewiesen. Angesichts der ihr bekannten Haltung des Appellationsgerichts durfte sie nicht davon ausgehen, das Appellationsgericht werde eine längere Zeit als zwei Wochen Abwesenheit ohne triftige Begründung akzeptieren. Ihre Erklärung, sie habe Familie in Polen, die auf ihre Unterstützung angewiesen sei, und sie brauche Erholung von den Gerichtsangelegenheiten und der Unterstützung, ist nachgeschoben und unbelegt. Auch das Bundesgericht hat die Beschwerdeführerin bereits darauf hingewiesen, dass es derart lange und nicht hinreichend begründete Abwesenheiten nicht beachten werde (Urteil 5D_96/2020 vom 10. Juni 2020 E. 2). Die Beschwerdeführerin verkennt im Übrigen nach wie vor, dass von ihr nicht die Bestellung einer anwaltlichen Vertretung verlangt wird, sondern es ihr überlassen ist, wie sie die Zustellung ermöglicht (vgl. Urteil 5A_206/2020 vom 20. April 2020 betreffend eine GmbH, deren Geschäftsführerin die Beschwerdeführerin ist). Demnach greift im Hinblick auf den Entscheid vom 27. Juli 2020 die Zustellungsfiktion (Art. 138 Abs. 3 lit. a ZPO; Art. 44 Abs. 2 BGG). Er gilt als am 25. August 2020 zugestellt. Die dreissigtägige Beschwerdefrist (Art. 100 Abs. 1 BGG) endete somit am 24. September 2020. Während die Eingabe vom 22. September 2020 rechtzeitig erfolgt ist, ist die Eingabe vom 10. Oktober 2020 verspätet. Auf Letztere ist nicht einzutreten.
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3. Aufgrund des unter Fr. 30'000.-- liegenden Streitwerts (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG) und mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG) ist die Eingabe vom 22. September 2020 als subsidiäre Verfassungsbeschwerde zu behandeln (Art. 113 ff. BGG). Mit der Verfassungsbeschwerde kann einzig die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden (Art. 116 BGG). Verfassungsrügen müssen gemäss dem strengen Rügeprinzip von Art. 117 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet werden. Dies bedeutet, dass anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids klar und detailliert darzulegen ist, inwiefern verfassungsmässige Rechte verletzt worden sein sollen (BGE 133 II 396 E. 3.1 S. 399; 142 III 364 E. 2.4 S. 368).
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4. Das Appellationsgericht hat erwogen, die Beschwerdeführerin habe um Ausfertigung einer schriftlichen Begründung des Entscheids vom 8. November 2019 ersucht und habe darum mit einer Zustellung rechnen müssen. Mit der Abwesenheitsanzeige vom 9. Dezember 2019 habe sie die Anwendung der Zustellfiktion nicht verhindert. Sie habe die Abwesenheit dem Gericht nicht vorgängig mitgeteilt, sondern ausgeführt, dass sie ab sofort für einen Zeitraum von mehr als einen Monat nicht mehr erreichbar sei. Sie habe damit verhindert, dass das Gericht auf die Abwesenheitsmitteilung noch hätte reagieren können. Die Beschwerdeführerin mache nicht geltend, dass es ihr nicht möglich gewesen wäre, die Abwesenheit mit genügend Vorlaufzeit anzukündigen. Eine Mitteilung von Abwesenheiten, welche sofort wirksam die Zustellung postalischer Sendungen über einen langen Zeitraum verhindern sollen, sei nicht mit Treu und Glauben vereinbar. Die Beschwerdeführerin sei am Zivilgericht in eine Vielzahl von Verfahren involviert und sie sei darauf hingewiesen worden, dass sie auch während ihrer Abwesenheit in laufenden Verfahren dafür besorgt sein müsse, dass ihr durch das Gericht Verfügungen und Entscheide zugestellt werden könnten. Auch das nachfolgende Verhalten der Beschwerdeführerin sei mit Treu und Glauben unvereinbar. Aus ihren Äusserungen sei abzuleiten, dass sie die per A-Post versandte Entscheidbegründung zumindest nach ihrer Arbeitsunfähigkeit entgegengenommen habe. Zudem habe sie bei der Akteneinsicht die schriftliche Begründung des Entscheids zur Kenntnis nehmen müssen, denn nur darauf sei der von ihr erwähnte Vollstreckbarkeitsstempel angebracht worden. Ihr Verhalten zeige, dass sie sich verschiedentlich darum bemühe, Zustellungen zu verzögern oder zu erschweren.
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5. Die Beschwerdeführerin geht auf diese Erwägungen nicht ein und sie legt nicht dar, inwieweit sie gegen verfassungsmässige Rechte verstossen sollen. Stattdessen wiederholt sie bloss ihren Standpunkt. Sodann verkennt sie, dass ihr das Appellationsgericht keinen Verstoss gegen Treu und Glauben vorgeworfen hat, weil sie nach der Rückkehr von ihrer Reise krank geworden ist, sondern wegen ihres Verhaltens im Prozess.
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6. Die Beschwerde ist damit offensichtlich unzulässig und sie enthält offensichtlich keine hinreichende Begründung. Auf sie ist im vereinfachten Verfahren durch das präsidierende Mitglied der Abteilung nicht einzutreten (Art. 117 i.V.m. Art. 108 Abs. 1 lit. a und b BGG).
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7. Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Wie die vorstehenden Erwägungen zeigen, war die Beschwerde von vornherein aussichtslos. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren ist abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG).
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Demnach erkennt das präsidierende Mitglied: | |
1. Auf die Verfassungsbeschwerde wird nicht eingetreten.
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2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren wird abgewiesen.
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3. Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
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4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, Dreiergericht, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 18. November 2020
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Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Das präsidierende Mitglied: Escher
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Der Gerichtsschreiber: Zingg
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