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Informationen zum Dokument  BGer 9C_74/2021  Materielle Begründung
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BGer 9C_74/2021 vom 11.03.2021
 
 
9C_74/2021
 
 
Urteil vom 11. März 2021
 
 
II. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Parrino, Präsident,
 
Gerichtsschreiberin Oswald.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Lagerhausstrasse 19, 8400 Winterthur,
 
Beschwerdegegner.
 
Gegenstand
 
Alters- und Hinterlassenenversicherung (Rechtsverweigerung; Prozessvoraussetzung),
 
Beschwerde im Rahmen des Verfahrens des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich AK.2020.00013.
 
 
Sachverhalt:
 
A. Die Ausgleichskasse des Kantons Zürich (fortan: Ausgleichskasse) verpflichtete A.________ mit Einspracheentscheid vom 25. Mai 2020 zur Leistung von Schadenersatz gemäss Art. 52 AHVG. Gleichzeitig wies die Verwaltung seine Anträge auf Erstattung von Strafanzeigen und Durchführung von Sicherungsmassnahmen ab. In der Folge forderte A.________ die Ausgleichskasse erneut, zuletzt mit Schreiben vom 22. November 2020, auf, diverse behauptete Delikte anzuzeigen und vorsorgliche Massnahmen zu treffen oder diesbezüglich anfechtbare Nichtanhandnahmeverfügungen zu erlassen.
1
 
B.
 
B.a. Gegen den Einspracheentscheid vom 25. Mai 2020 erhob der Verpflichtete am 10. Juni 2020 Beschwerde an das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich. Dieses eröffnete ein Verfahren (AK.2020.00013) und holte von der Verwaltung eine Vernehmlassung ein, die am 24. Juli 2020 einging. Mit Zwischenentscheid vom 3. August trat das Sozialversicherungsgericht auf das Begehren um Anordnung vorsorglicher Massnahmen nicht ein. Auf eine dagegen gerichtete Beschwerde trat das Bundesgericht mit Urteil 9C_494/2020 vom 10. September 2020 nicht ein. Am 31. August 2020 bezog A.________ seinerseits Stellung zur Vernehmlassung der Ausgleichskasse. Mit Eingabe vom 28. September 2020 beantragte er die unentgeltliche Verbeiständung.
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B.b. Am 7. Dezember 2020 führte A.________ ausserdem "dringliche Rechtsverweigerungs- und Rechtsverzögerungsbeschwerde" gegen die Ausgleichskasse beim Sozialversicherungsgericht, da die Verwaltung sich weiterhin weigere, die von ihm verlangten vorsorglichen Massnahmen zu ergreifen und Strafanzeigen zu erstatten. Er verlangte, das Sozialversicherungsgericht solle diese Beschwerde "mit dem hängigen Verfahren AK.2020.00013 zusammenlegen und als ganzes beurteilen". Mit Eingabe vom 4. Januar 2021 ersuchte er um Entscheid über sein Anliegen bis zum 15. Januar 2021.
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C. A.________ führt mit Eingabe vom 18. Januar 2021 (Poststempel) Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wegen Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung des Sozialversicherungsgerichts. Er verlangt, das Bundesgericht habe entweder direkt die Verwaltung oder eventualiter das Sozialversicherungsgericht anzuweisen: Erstens behauptete strafbare Handlungen gemäss Art. 208 AHVV anzuzeigen oder dies mittels anfechtbarer Verfügung abzulehnen; zweitens Massnahmen zur Sicherstellung von Beiträgen und des bestehenden Zustands vorzunehmen oder dies mittels anfechtbarer Verfügung abzulehnen. Weiter habe das Sozialversicherungsgericht seinen Antrag vom 28. September 2020 um unentgeltliche Verbeiständung gutzuheissen.
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Mit Schreiben vom 4. Februar 2021 (Poststempel) macht A.________ ergänzend geltend, das Sozialversicherungsgericht sei seit seinem Antrag auf unentgeltlichen Rechtsbeistand grundlos untätig geblieben und verlangt, dieses sei zu verpflichten, "auch zur beschwerten Schadenersatzforderung bis zum 15. Februar 2021 Stellung zu nehmen".
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Erwägungen:
 
1. Gegen das unrechtmässige Verzögern oder Verweigern eines anfechtbaren Entscheides kann Beschwerde geführt werden (Art. 94 BGG). Jede Person hat im Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf Beurteilung innert angemessener Frist (Art. 29 Abs. 1 BV; vgl. auch Art. 61 lit. a ATSG). Eine Rechtsverzögerung und damit eine Verletzung von Art. 29 Abs. 1 BV liegt nach der Rechtsprechung unter anderem dann vor, wenn eine Gerichts- oder Verwaltungsbehörde einen Entscheid nicht binnen der Frist fasst, welche nach der Natur der Sache und der Gesamtheit der übrigen Umstände als angemessen erscheint. Ob sich die gegebene Verfahrensdauer mit dem Anspruch des Bürgers auf Rechtsschutz innert angemessener Frist verträgt oder nicht, ist am konkreten Einzelfall zu prüfen. Massgeblich ist namentlich die Art des Verfahrens, die Schwierigkeit der Materie und das Verhalten der Beteiligten (vgl. etwa Urteil 5A_768/2020 vom 23. November 2020 E. 2; SVR 2001 IV Nr. 24 S. 73, Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts I 436/00 E. 3b mit Hinweisen).
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2. Unzulässig ist die Rechtsverweigerungs- bzw. Rechtsverzögerungsbeschwerde, wo auch die Beschwerde in der Hauptsache nicht zulässig wäre (Urteil 2C_543/2016 vom 18. August 2016 E. 2.1; FELIX UHLMANN, in: Basler Kommentar Bundesgerichtsgesetz, 3. Aufl. 2018, N. 5 zu Art. 94 BGG).
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Ein Entscheid über unentgeltliche Rechtsvertretung für das vorinstanzliche Beschwerdeverfahren ist nur unter der Voraussetzung eines nicht wieder gutzumachenden Nachteils im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG anfechtbar (vgl. etwa Urteil 9C_539/2019 vom 9. Oktober 2019 mit Hinweisen). Dass ein solcher drohen würde, wird weder geltend gemacht noch ist es - auch mit Blick darauf, dass die Verbeiständung erst nach erfolgtem vorinstanzlichen Schriftenwechsel geltend gemacht wurde (vgl. hiervor Sachverhalt lit. B.a in fine) - ersichtlich. Soweit die unentgeltliche Rechtsverbeiständung im Schadenersatzverfahren vor Sozialversicherungsgericht betreffend, ist demnach bereits aus diesem Grund auf die Beschwerde nicht einzutreten (Art. 108 Abs. 1 lit. a BGG).
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3. Die anbegehrten vorsorglichen Massnahmen betreffend, ist das Sozialversicherungsgericht auf die entsprechenden, mit Beschwerde vom 10. Juni 2020 formulierten, Anträge des Beschwerdeführers mit Zwischenentscheid vom 3. August 2020 (mit ausführlicher Begründung) nicht eingetreten. Auf die von ihm hiergegen geführte Beschwerde trat das Bundesgericht mit Urteil 9C_494/2020 vom 10. September 2020 nicht ein, da das Erfülltsein der Voraussetzungen gemäss Art. 93 Abs. 1 BGG nicht dargetan war. Insoweit kann auch an dieser Stelle auf das soeben Gesagte (E. 2) verwiesen werden. Es kommt hinzu, dass von Rechtsverweigerung oder -verzögerung angesichts der erfolgten gerichtlichen Beurteilung des Anspruchs auf vorsorgliche Massnahmen offensichtlich keine Rede sein kann, so dass auch insoweit und aus diesem zusätzlichen Grund auf die Beschwerde nicht eingetreten werden kann (Art. 108 Abs. 1 lit. a BGG).
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4. Schliesslich gilt auch für Rechtsverweigerungs- resp. Rechtsverzögerungsbeschwerden, dass das Rechtsmittel gemäss Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG die Begehren und deren Begründung zu enthalten hat, wobei in Bezug auf die Verletzung von Grundrechten erhöhte Anforderungen an die Begründungspflicht bestehen (Art. 106 Abs. 2 BGG).
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Die Beschwerde genügt diesen inhaltlichen Mindestanforderungen nicht. Weder bezüglich der bei der Vorinstanz am 10. Juni 2020 anhängig gemachten Beschwerde (Sachverhalt lit. B.a) noch hinsichtlich der am 7. Dezember 2020 eingereichten Rechtsverweigerungs- und Rechtsverzögerungsbeschwerde (Sachverhalt lit. B.b) wird auch nur ansatzweise - geschweige denn qualifiziert - dargelegt, weshalb das vorinstanzliche Verfahren bereits unangemessen lang andauern soll (vgl. oben E. 1 und Urteil 9C_580/2014 vom 19. August 2014 mit Hinweisen). Insbesondere wird eine besondere Dringlichkeit nicht (qualifiziert) geltend gemacht, welche die - im Zeitpunkt der Einreichung der Rechtsverweigerungs- und Rechtsverzögerungsbeschwerde beim Bundesgericht erst sieben respektive einen Monat betragende - Verfahrensdauer vor Vorinstanz (ohne deren längere Untätigkeit, vgl. oben Sachverhalt lit. B.a) als unangemessen lang auszuweisen vermöchte. Dies wiegt umso schwerer, als der Sachverhalt ohne Weiteres als unübersichtlich bezeichnet werden kann, was massgeblich dem querulatorischen Verhalten des Beschwerdeführers geschuldet ist (etwa: Beharren auf einer Erstattung von Strafanzeigen durch die Ausgleichskasse trotz bereits letztinstanzlich bestätigter Nichtanhandnahme durch die Staatsanwaltschaft bzw. Nichtermächtigung zur Eröffnung eines Strafverfahrens durch die Anklagekammer aufgrund der von ihm selbst erstatteten Strafanzeigen, vgl. Urteile 6B_970/2020 vom 23. September 2020; 1C_606/2018 vom 6. Dezember 2018 und 1F_1/2019 vom 19. März 2019; Beharren auf vorsorglichen Massnahmen trotz bereits erfolgten [auch] höchstrichterlichen Nichteintretens diesbezüglich, vgl. E. 3 hiervor). Demnach ist auf die Rechtsverweigerungs- und Rechtsverzögerungsbeschwerde auch im Übrigen angesichts ihrer offensichtlich querulatorischen Natur und unzureichender Begründung nicht einzutreten (Art. 108 Abs. 1 lit. b und c BGG).
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5. Zusammenfassend ist auf die Beschwerde im vereinfachten Verfahren nach Art. 108 Abs. 1 lit. a-c nicht einzutreten.
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6. Auf die Erhebung von Gerichtskosten wird umständehalber verzichtet (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG). Der Beschwerdeführer wird indes darauf hingewiesen, dass er künftig mit solchen zu rechnen hat, wenn er sich erneut in querulatorischer Weise an das Bundesgericht wendet.
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 Demnach erkennt der Präsident:
 
1. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
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2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
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3. Dieses Urteil wird den Parteien, der Ausgleichskasse des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
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Luzern, 11. März 2021
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Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Parrino
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Die Gerichtsschreiberin: Oswald
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