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Informationen zum Dokument  BGer 4A_188/2021  Materielle Begründung
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BGer 4A_188/2021 vom 15.04.2021
 
 
4A_188/2021
 
 
Urteil vom 15. April 2021
 
 
I. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin,
 
Bundesrichterinnen Kiss, May Canellas,
 
Gerichtsschreiber Leemann.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________ Limited,
 
vertreten durch Rechtsanwältin Dominique Leemann,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
B.________ AG in Liquidation,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Vorsorgliche Massnahmen, Gerichtsgebühr, Streitwertschätzung
 
Beschwerde gegen das Urteil des Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 2. März 2021 (HE210014-O).
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
Die A.________ Limited (Beschwerdeführerin, Gesuchstellerin) stellte am 21. Januar 2021 (ergänzt am 2. Februar 2021) beim Handelsgericht des Kantons Zürich ein gegen die B.________ AG in Liquidation (Beschwerdegegnerin, Gesuchsgegnerin) gerichtetes Massnahmebegehren mit folgenden Rechtsbegehren:
1
"1.1 Es sei die momentane Liquidatorin der B.________ AG in Liquidation (CHE-xxx), die C.________ AG (CHE-yyy), anzuweisen, namens der Gesuchsgegnerin im Prozess SK.2019.12 vor dem Bundesstrafgericht umgehend zivilrechtliche Ansprüche an den beschlagnahmten Vermögenswerten lautend auf den Namen der Gesuchsgegnerin geltend zu machen und deren Herausgabe an die Gesuchsgegnerin bzw. an die Gesuchstellerin direkt zu verlangen.
2
1.2 Eventualiter sei das Konkursamt U.________ anzuweisen, namens der Gesuchsgegnerin im Prozess SK.2019.12 vor dem Bundesstrafgericht umgehend zivilrechtliche Ansprüche an den beschlagnahmten Vermögenswerten lautend auf den Namen der Gesuchsgegnerin geltend zu machen und deren Herausgabe an die Gesuchsgegnerin bzw. an die Gesuchstellerin direkt zu verlangen.
3
1.3 Subeventualiter sei der einzige Verwaltungsrat der Gesuchsgegnerin, D.________, welcher zurzeit gemäss Handelsregistereintrag über keine Zeichnungsberechtigung verfügt, mit einer solchen auszustatten, so dass er selbst namens der Gesuchsgegnerin im Prozess SK.2019.12 vor dem Bundesstrafgericht zivilrechtliche Ansprüche an den beschlagnahmten Vermögenswerten lautend auf den Namen der Gesuchsgegnerin geltend machen und deren Herausgabe an die Gesuchsgegnerin bzw. an die Gesuchstellerin direkt verlangen kann.
4
2. Das nach Ziff. 1 hiervor angewiesene Organ der Gesuchsgegnerin sei anzuhalten, vor der Geltendmachung Rechtsanwalt E.________ zu kontaktieren, um genaue Informationen betreffend die beschlagnahmten Vermögenswerte einzuholen und ihn ggf. mit der Geltendmachung zu betrauen."
5
Die Beschwerdeführerin machte geltend, die Beschwerdegegnerin halte bei der F.________ AG treuhänderisch Vermögenswerte, die der Beschwerdeführerin wirtschaftlich gehörten. Die Bundesanwaltschaft habe diese Vermögenswerte im Jahre 2009 in einem Strafverfahren gegen Verantwortliche der Beschwerdegegnerin beschlagnahmt. Sie habe sich (als bloss wirtschaftlich Berechtigte) mangels Aktivlegitimation vergeblich um die Freigabe der Vermögenswerte bemüht. Deshalb begehre sie mit dem Massnahmegesuch, dass die Liquidatorin, der Konkursverwalter bzw. der Verwaltungsrat der Beschwerdegegnerin anzuweisen sei, die Freigabe der beschlagnahmten Vermögenswerte zu verlangen.
6
Mit Urteil vom 2. März 2021 wies der Einzelrichter des Handelsgerichts das Gesuch ab (Dispositivziffer 1), im wesentlichen mangels positiver Hauptsachenprognose. So sei u.a. nicht glaubhaft gemacht, dass die im Gesuch genannten Personen, von denen die Abgabe einer Willenserklärung für die Beschwerdegegnerin verlangt werde, dazu berechtigt bzw. verpflichtet seien.
7
Bei einem ermessensweise auf Fr. 500'000.-- geschätzten Streitwert setzte der Einzelrichter des Handelsgerichts die Gerichtsgebühr auf Fr. 15'000.-- fest (Dispositivziffer 2) und auferlegte sie der Beschwerdeführerin (Dispositivziffer 3).
8
 
B.
 
Die Beschwerdeführerin beantragt dem Bundesgericht mit Beschwerde ein Zivilsachen, Dispositivziffer 2 des Urteils des Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 2. März 2021 sei aufzuheben. Die Gerichtsgebühr sei auf angemessene Fr. 3'500.-- zu reduzieren. Eventualiter sei die Sache mit verbindlichen Weisungen zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
9
Es wurden keine Vernehmlassungen eingeholt.
10
 
Erwägungen:
 
 
1.
 
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein Rechtsmittel zulässig ist (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 145 I 121 E. 1; 143 III 140 E. 1; 141 III 395 E. 2.1).
11
1.1. Der angefochtene Entscheid betrifft im Hauptpunkt vorsorgliche Massnahmen. Solche Entscheide gelten nur dann als Endentscheide im Sinne von Art. 90 BGG, wenn sie in einem eigenständigen Verfahren ergehen. Selbständig eröffnete Massnahmeentscheide, die vor oder während eines Hauptverfahrens erlassen werden und nur für die Dauer des Hauptverfahrens Bestand haben bzw. unter der Bedingung, dass ein Hauptverfahren eingeleitet wird, stellen Zwischenentscheide im Sinne von Art. 93 BGG dar (BGE 144 III 475 E. 1.1.1; 138 III 76 E. 1.2, 333 E. 1.2; 137 III 324 E. 1.1).
12
Die Beschwerdeführerin macht geltend, es gehe um eine eigenständig eingeleitete vorsorgliche Massnahme, weshalb es sich beim angefochtenen Entscheid um einen Endentscheid (Art. 90 BGG) handle. Davon scheint auch die Vorinstanz in ihrer Rechtsmittelbelehrung auszugehen und kann angenommen werden, nachdem kein Hauptverfahren ersichtlich ist.
13
1.2. Gegen Entscheide einer einzigen kantonalen Instanz im Sinne von Art. 75 Abs. 2 lit. b BGG steht die Beschwerde in Zivilsachen offen, gemäss Art. 74 Abs. 2 lit. b BGG unabhängig vom Streitwert (BGE 139 III 67 E. 1.2; siehe auch BGE 138 III 2 E. 1.2.2, 799 E. 1.1). Dies gilt auch, wenn bloss der Kostenentscheid angefochten ist.
14
 
2.
 
Streitig ist einzig die Höhe der Gerichtsgebühr, konkret die Höhe des von der Vorinstanz der Gebühr zugrunde gelegten Streitwertes.
15
2.1. Nach Art. 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO bestimmt sich der Streitwert nach den Rechtsbegehren. Lautet das Rechtsbegehren nicht auf eine bestimmte Geldsumme, so setzt das Gericht den Streitwert fest, sofern sich die Parteien darüber nicht einigen oder ihre Angaben offensichtlich unrichtig sind (Abs. 2). Das Gericht nimmt in pflichtgemässer Ausübung seines Ermessens eine Schätzung vor (statt vieler MATTHIAS Stein-Wigger, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger [Hrsg.], 3. Aufl. 2016, N. 25 zu Art. 91 ZPO).
16
2.2. Nach ständiger Praxis des Bundesgerichts liegt Willkür in der Rechtsanwendung vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 144 II 281 E. 3.6.2 mit Hinweisen). Das Bundesgericht hebt einen Entscheid jedoch nur auf, wenn nicht bloss die Begründung, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist. Dass eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt nicht (BGE 141 III 564 E. 4.1 mit Hinweisen). Dabei greift das Bundesgericht in Ermessensentscheide, zu denen Entscheide über die Höhe der Gerichtsgebühr gehören, nur mit grösster Zurückhaltung ein (BGE 139 III 334 E. 3.2.5 mit Hinweisen).
17
2.3. Vorliegend hatte die Vorinstanz den Streitwert zu schätzen, da das Rechtsbegehren nicht auf eine bestimmte Geldsumme lautete. Die Beschwerdeführerin macht nicht geltend, die Parteien hätten sich auf einen Streitwert geeinigt; vielmehr anerkennt sie, dass die Vorinstanz den Streitwert ermessensweise festzulegen hatte.
18
2.4. Die Vorinstanz setzte den Streitwert des Massnahmebegehrens ermessenweise auf Fr. 500'000.-- fest. Zur Begründung der geschätzten Fr. 500'000.-- verwies sie auf act. 4 S. 4, mithin auf die Verfügung vom 21. Januar 2021. Dort führte sie aus, die Beschwerdeführerin mache geltend, die Beschwerdegegnerin halte für sie treuhänderisch Vermögenswerte in Höhe von Fr. 15,2 Mio. Da das Vermögen der Beschwerdegegnerin - und damit auch das treuhänderisch gehaltene Vermögen - in einem vor Bundesstrafgericht hängigen Strafverfahren beschlagnahmt worden sei, drohe ihr im Fall einer Einziehung ein Schaden in Millionenhöhe. Bei dieser Ausgangslage sei die Schätzung der Beschwerdeführerin, die von einem Streitwert von bloss Fr. 30'000.-- bis Fr. 50'000.-- ausgehe, zu tief gegriffen.
19
2.5. Die Beschwerdeführerin kritisiert, die Vorinstanz begründe nicht weiter, wie sie auf den Betrag von Fr. 500'000.-- komme. Es sei daher für sie nicht nachvollziehbar, wie diese Streitwertfestlegung erfolgt sei.
20
Es trifft zu, dass die Streitwertschätzung nur knapp begründet ist. Dennoch geht aus dem Verweis auf act. 4 S. 4 klar hervor, dass die Vorinstanz den Wert der beschlagnahmten Vermögenswerte berücksichtigte, um deren Herausgabe die Beschwerdeführerin kämpft. Dies ist nicht zu beanstanden, liegt hier doch ihr Vermögensinteresse verortet. Mit Blick auf den sehr hohen Betrag der treuhänderisch gehaltenen Vermögenswerte von Fr. 15,2 Mio. ist auch ohne weitere Begründung nachvollziehbar, dass die Vorinstanz anstelle der - ihrerseits nicht weiter begründeten - Schätzung der Beschwerdeführerin von bloss Fr. 30'000.-- bis Fr. 50'000.-- einen geschätzten Streitwert von Fr. 500'000.-- für angemessen hielt. Dies hat denn auch die Beschwerdeführerin erkannt, bezieht sie sich doch in der Beschwerde selber darauf, dass sich die Vorinstanz von der hohen Summe der 15.2 Mio. Franken habe leiten lassen. Sie konnte den Entscheid also sachgerecht anfechten.
21
2.6. Die Beschwerdeführerin wirft der Vorinstanz Willkür vor. Sie erachtet die Berücksichtigung der Höhe der treuhänderisch gehaltenen Vermögenswerte von Fr. 15,2 Mio. für nicht sachgerecht. Diese Summe bilde nicht Streitgegenstand im vorliegenden Verfahren. Mit dem Massnahmebegehren sei einzig und allein beantragt worden, dass ein Organ der Beschwerdegegnerin zu einem Handeln angewiesen werde. Diese Handlung hätte sich darauf beschränkt, dass das Organ die Vermögensansprüche der Beschwerdeführerin im Verfahren vor dem Bundesstrafgericht geltend macht. Diese Handlung hätte sich nicht als aufwändiger als andere erwiesen. Auch sei nicht absehbar gewesen, ob und wie das Eingreifen des Organs sich auf die Einbringlichkeit der Forderung auswirken würde. Ein Streitwert von Fr. 500'000.-- für ein singuläres Handeln eines Organs sei offensichtlich überhöht und daher willkürlich.
22
Dem kann nicht gefolgt werden. Wenn die Vorinstanz berücksichtigte, dass es der Beschwerdeführerin mit dem Massnahmebegehren letztlich um die Herausgabe eines Treugutes von 15,2 Mio. Franken geht, kann nicht gesagt werden, der geschätzte Streitwert von Fr. 500'000.-- sei geradezu unhaltbar. Sie berücksichtigte dabei kein sachfremdes Element, im Gegenteil, kommt doch im Treugut der Interessenwert zum Ausdruck. Dass die Abgabe der verlangten Willenserklärung oder Handlung nicht besonders aufwändig wäre, und das Treugut selber nicht Streitgegenstand des Massnahmeverfahrens bildet, ist auch der Vorinstanz nicht entgangen und macht ihre Schätzung, die vor allem und zu Recht auf das wirtschaftliche Interesse der Beschwerdeführerin abstellt, nicht willkürlich. Die Beschwerdeführerin vermag nicht aufzuzeigen, dass die Vorinstanz ihr Ermessen qualifiziert fehlerhaft ausgeübt hätte. Für das Bundesgericht besteht daher kein Anlass, in den Ermessensentscheid der Vorinstanz einzugreifen. Die Willkürrüge erweist sich als unbegründet.
23
 
3.
 
Die Beschwerde ist abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht zu sprechen, da der Beschwerdegegnerin mangels Einholen einer Antwort kein entschädigungspflichtiger Aufwand erwachsen ist (Art. 68 Abs. 2 BGG).
24
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
3. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Handelsgericht des Kantons Zürich, dem Konkursamt U.________ und der C.________ AG, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 15. April 2021
 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Die Präsidentin: Hohl
 
Der Gerichtsschreiber: Leemann
 
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