Urteil | |
des Ersten Senats vom 5. August 1966 auf die mündliche Verhandlung vom 3. Mai 1966
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-- 1 BvF 1/61 -- | |
in dem Verfahren wegen verfassungsrechtlicher Prüfung des Gesetzes zur Regelung der öffentlichen Sammlungen und sammlungsähnlichen Veranstaltungen (Sammlungsgesetz) vom 5. November 1934 (RGBl. I S. 1086) in der Fassung vom 26. September 1939 (RGBl. I S. 1943) und vom 23. Oktober 1941 (RGBl. I S. 654) auf Antrag vom Mitgliedern des Deutschen Bundestages -- Bevollmächtigte: MdB Rechtsanwalt ..., MdB ...
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Entscheidungsformel:
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Das Gesetz zur Regelung der öffentlichen Sammlungen und sammlungsähnlichen Veranstaltungen (Sammlungsgesetz) vom 5. November 1934 (RGBl. I S. 1086) in der zuletzt geltenden Fassung der Zweiten Verordnung zur Änderung des Sammlungsgesetzes vom 23. Oktober 1941 (RGBl. I S. 654) ist nichtig.
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Gründe: | |
A. | |
Auf Grund eines Antrages der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP hat der Deutsche Bundestag die Feststellung beantragt, daß das
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Der auf Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG und § 13 Nr. 6 BVerfGG gestützte Antrag ist wie folgt begründet: Da das Sammlungsgesetz zum Polizeirecht gehöre, für das der Bund keine Gesetzgebungskompetenz besitze, könne der Bundestag seine Rechtsauffassung nur durch einen Antrag auf Normenkontrolle zur Geltung bringen.
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Nach seinem Inhalt habe das Sammlungsgesetz einen ausgesprochen totalitären Charakter. Es verstoße zunächst gegen das Rechtsstaatsprinzip. Das zur Kontrolle der Sammlungen eingeräumte Verbot mit Erlaubnisvorbehalt stehe in keinem Verhältnis zum Zweck des Gesetzes. Es bediene sich des polizeistaatlichen Mittels der Unterdrückung jeder Sammlungstätigkeit außer derjenigen der NSDAP. Allgemeine Verbote mit Erlaubnisvorbehalt dürften in einem Rechtsstaat nur dann ausgesprochen werden, wenn das Verbot sich gegen ein Verhalten richte, das in der Regel ein Unrecht sei. Sammeln und Spenden sei das Gegenteil davon. Es sei zwar nicht jede Kontrolle, aber doch dieses Mittel unzulässig. Ein Verbot dürfe sich nicht generell gegen das Sammeln und Spenden richten, sondern nur gegen Mißbräuche und Entartungen im Einzelfall. Dazu genügten weniger einschneidende Behelfe.
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Darüber hinaus stehe das Sammlungsgesetz im Widerspruch zu den Art. 2, 4, 5, 9 und 21 des Grundgesetzes. Das Recht auf freie Entfaltung schütze die Persönlichkeit in ihrer sittlichen Grundhaltung, zu der auch die Wohltätigkeit und der Liebesdienst gehörten. Die gesetzliche Regelung unterbinde die Spontaneität der Liebestätigkeit. Der nationalsozialistische Gesetzgeber habe das Gesetz als Waffe gegen die Kirchen geschaffen und es sei auch in diesem Sinne angewandt worden. Für Christen sei es auch außerhalb der Kirchen Gottesdienst, um Kollekten zu werben und zur Kollekte zu geben. Sie würden somit in der Ausübung ihres Glau ![]() ![]() | |
Das Sammlungsgesetz werde von den Ländern auch vielfach in verfassungswidriger Weise angewandt, wofür eine Anzahl von Beispielen sprächen.
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Von den nach § 77 BVerfGG anhörungsberechtigten Bundesorganen und Länderorganen haben sich die Ministerpräsidenten von Bayern und Schleswig-Holstein und die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen geäußert. Sie sind übereinstimmend der Auffassung, daß das Sammlungsgesetz mit dem Grundgesetz in Einklang stehe. Der objektive Inhalt des Gesetzes sei - abgesehen von wenigen Einzelvorschriften - nicht typisch nationalsozialistisch. Das Gesetz übernehme bewährte landesrechtliche Regelungen älterer Zeit; es solle in erster Linie die Sicherheit und Ordnung im Sammlungswesen gewährleisten, Belästigungen des Publikums und unlauteren Zwecken vorbeugen und damit die Spendenbereitschaft erhalten. Es seien auch keineswegs alle Sammlun ![]() ![]() | |
Die Länder Bayern und Nordrhein-Westfalen haben nach Abgabe ihrer Stellungnahmen neue Sammlungsgesetze erlassen.
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Das Sammlungsgesetz ist mit dem Grundgesetz nicht vereinbar.
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I.
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Nach seinem Inhalt lassen sich beim Sammlungsgesetz drei Vorschriftengruppen unterscheiden:
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1. Die §§ 1-6 erklären Sammlungen und sammlungsähnliche Veranstaltungen für genehmigungspflichtig und bestimmen, welche Art von Sammlungen hierunter fallen und was sammlungsähnliche Veranstaltungen sind. Nach § 7 ist die Genehmigung nur für eine bestimmte Zeit zu erteilen; sie kann jederzeit widerrufen und von Bedingungen abhängig gemacht werden. § 8 verbietet die öffentliche Ankündigung von Sammlungen und sammlungsähnlichen Veranstaltungen vor Erteilung der Genehmigung. Diese Vorschriften werden durch die §§ 4-6 der Verordnung zur Durchführung des Sammlungsgesetzes vom 14. Dezember 1934 (RGBl. I S. 1250 - I. DVOSammlG -) sachlich ergänzt. In ihnen ist bestimmt, unter welchen Voraussetzungen Veranstaltungen im Sinne des Sammlungsgesetzes "nur genehmigt werden" dürfen.
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2. Die zweite Gruppe enthält Vorschriften zur Überwachung der genehmigten Sammlungen und der sammelnden Organisationen. Nach § 9 hat die Behörde bei Vereinigungen, Stiftungen, Anstalten, sonstigen Unternehmen und Einzelpersonen, die eine öffentliche Sammlung oder sammlungsähnliche Veranstaltung durchführen (Sammlungsträger), weitgehende Kontrollrechte (Bücher- und Kassenprüfung, Auskunftsrecht, Recht zur Entsendung eines Vertreters). Die Behörde kann den Sammlungsträger ![]() ![]() | |
3. § 13 bewehrt die §§ 1-12 mit Gefängnisstrafen bis zu 6 Monaten und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen. § 14 läßt die Einziehung von Erträgen ungenehmigter Sammlungen zu; ist eine Einziehung nicht möglich, so kann eine Verfallserklärung ausgesprochen werden. Über die Verwendung entscheidet die zuständige Behörde. Nach § 15 findet das Gesetz keine Anwendung auf die NSDAP und ihre Gliederungen sowie auf Kollekten innerhalb der Kirchen. § 16 ermächtigt zum Erlaß der "zur Durchführung erforderlichen Rechtsverordnungen und allgemeinen Verwaltungsvorschriften".
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II.
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Die in den §§ 1-6 des Sammlungsgesetzes als Sammlungen und sammlungsähnliche Veranstaltungen umschriebenen Betätigungen sind Ausfluß der in Art. 2 Abs. 1 GG gewährleisteten allgemeinen Handlungsfreiheit. Dieses Grundrecht wird durch die für diese Tatbestände angeordneten Genehmigungsvorbehalte eingeschränkt. Die gesetzliche Regelung müßte also durch eine der drei Schranken dieses Grundrechts gerechtfertigt sein. In Betracht kommt nur die Schranke der "verfassungsmäßigen Ordnung". Das Sammlungsgesetz müßte also formell und inhaltlich mit der Verfassung voll vereinbar sein (vgl. BVerfGE 6, 32 [36 ff., bes. 41]). Das ist nicht der Fall.
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1. Aus der im Rahmen des Art. 2 Abs. 1 GG gewährleisteten allgemeinen Handlungsfreiheit folgt unmittelbar das Recht, die hieraus sich ergebenden Einzelbefugnisse zu verwirklichen. Das bedeutet jedoch nicht, daß der Gesetzgeber schlechthin gehindert wäre, die Ausübung solcher Befugnisse zu überwachen; er ![]() ![]() | |
Einem rechtsstaatlich ausgestalteten Erlaubnisvorbehalt kommt in diesem Bereich legitimerweise die Aufgabe zu, die Behörden rechtzeitig zur vorbeugenden Prüfung bei solchen Umständen und Vorgängen einzuschalten, die erfahrungsgemäß häufig Ordnungswidrigkeiten mit sich bringen. Die gesetzliche Verpflichtung, eine Erlaubnis einzuholen, besagt daher nicht, daß die erlaubnispflichtige Tätigkeit als solche verboten sei, sondern nur, daß mit der Rechtsausübung erst begonnen werden darf, wenn die Gesetzmäßigkeit des Vorhabens in einem geordneten Verfahren geprüft und festgestellt ist. Die rechtliche Bedeutung der Erlaubnis besteht also darin, daß eine vorläufige Sperre, die der Rechtsausübung zunächst gesetzt ist, aufgehoben wird.
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Da das Grundrecht des Art. 2 Abs. 1 GG aber nicht nur die allgemeine Handlungsfreiheit als solche, sondern auch die Ausübung der in ihr enthaltenen Befugnisse gewährleistet, muß der Grundrechtsträger notwendigerweise einen Rechtsanspruch auf die Erlaubnis haben, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen des objektiven Rechts vorliegen. Dem Wesen des Grundrechts entspricht ein Erlaubnisvorbehalt hiernach dann, wenn er das materielle, aus dem Grundrecht fließende Recht als solches unberührt läßt, und dem Grundrechtsträger in dem einfachen Gesetz, das den Erlaubnisvorbehalt enthält, das Recht eingeräumt ist, die Aufhebung der formellen Ausübungsschranke zu verlangen.
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Diesen Erfordernissen widersprechen die Genehmigungsvorbehalte nach dem Sammlungsgesetz in mehrfacher Richtung: ![]() | |
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Dieser Grundanschauung, die in besonderem Maße auch in dem zum Vollzug des Sammlungsgesetzes ergangenen Runderlaß des Reichs- und Preuß. Minister des Innern vom 14. Dezember 1934 (MBliV S. 1531) zum Ausdruck gekommen ist, entsprechen die tatbestandlichen Voraussetzungen und die rechtstechnische Ausgestaltung der Genehmigungsvorbehalte: Das Gesetz bestimmt in den §§ 1-6, welche Sammlungen und sammlungsähnlichen Veranstaltungen der behördlichen Genehmigung bedürfen. Die Genehmigung darf "nur" erteilt werden, wenn die in den §§ 4-6 der I. DVOSammlG genannten Voraussetzungen vorliegen. Durch diese Fassung ist zum Ausdruck gebracht, daß eine Genehmigung schlechthin dann ausscheidet, wenn die dort genannten Umstände nicht vorliegen; dagegen normieren weder das Gesetz selbst noch die Durchführungsverordnung solche Voraussetzun ![]() ![]() | |
Nach ihrem materiellen Gehalt handelt es sich bei den Genehmigungsvorbehalten des Sammlungsgesetzes um Verbote mit einem Befreiungsvorbehalt. Das Sammeln und die sammlungsähnlichen Veranstaltungen werden im Prinzip nicht als erlaubt angesehen mit der Möglichkeit, rechtswidriges Verhalten zu verbieten, sondern als grundsätzlich verboten mit der "Chance", von diesem Verbot eine Befreiung zu erhalten. Die Genehmigung besagt nicht mehr nur, daß dem Vorhaben keine gesetzlichen Hindernisse entgegenstehen, sondern gestattet die Tätigkeit erst. Die Genehmigung ist nicht lediglich eine zur präventiven Kontrolle vorgesehene formelle Voraussetzung für die rechtmäßige Ausübung einer an sich nicht verbotenen Betätigung, sondern enthält der Sache nach die Aufhebung eines repressiven Verbotes des objektiven Rechts. Sie ist somit eine materielle Voraussetzung für das Recht überhaupt. Durch die Genehmigung wird das Recht, eine Sammlung oder sammlungsähnliche Veranstaltung durchzuführen, erst konstitutiv begründet.
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Die aus Art. 2 Abs. 1 GG sich ergebende Befugnis, im Rahmen von Sammlungen und sammlungsähnlicher Veranstaltung karitativ tätig zu werden, ist also dem Grunde nach durch einfaches Gesetz beseitigt, ohne daß das öffentliche Interesse dies erfordert. Die Regelung enthält ein generelles Verbot grundrechtlicher Betätigung. Darüber hinaus sind die Genehmigungsvorbehalte grundrechtswidrig, weil dem Sammlungsträger kein Rechtsanspruch auf die Genehmigung eingeräumt ist.
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2. Der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und das Prinzip der Gewaltenteilung, das die Exekutive - jedenfalls ![]() ![]() | |
Auch in dieser Richtung hält das Sammlungsgesetz einer verfassungsrechtlichen Prüfung nicht stand: Die Genehmigungsvorbehalte enthalten keine tatbestandsmäßige Festlegung der Genehmigungsvoraussetzungen. Im Gesetz selbst fehlt jeder Hinweis, nach welchen Merkmalen die Behörde zu entscheiden hat, wenn die Genehmigung einer Sammlung oder sammlungsähnlichen Veranstaltung beantragt wird. Die in den §§ 4-6 I. DVO- SammlG enthaltenen Voraussetzungen binden die Verwaltung nur insoweit, als eine beantragte Genehmigung in jedem Fall versagt werden muß, wenn diese nicht vorliegen; die Behörde ist jedoch nicht gehindert, die Genehmigung auch aus anderen Gründen zu versagen. Die Versagungsgründe der I. DVOSammlG sind nur Beispiele und stellen keine tatbestandsmäßige fest umrissene Regelung dar; auch gesetzlich nicht normierte Versagungsgründe können einer behördlichen Entscheidung zugrunde gelegt werden. Nicht das Gesetz selbst, sondern die Verwaltung bestimmt abschließend die Gesichtspunkte, die die Versagung einer Genehmigung rechtfertigen können. Das entspricht der grundsätzlichen Tendenz des Gesetzes, die auf eine umfassende behördliche Lenkung des Sammlungswesens ausgerichtet ist. Auch die bis in die neueste Zeit geübte Verwaltungspraxis geht hiervon aus, wie verschiedene zum Sammlungsgesetz ergangene Ländererlasse und die von den Ländern Bayern und Nordrhein-Westfalen vorge ![]() ![]() | |
Da die Entscheidungsbefugnisse der Verwaltung im Bereich der Versagungsgründe somit durch das Gesetz nicht ausreichend festgelegt sind, ist die Regelung auch insoweit verfassungswidrig.
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3. Der verfassungsmäßigen Ordnung entspricht eine gesetzliche Regelung von Befugnissen, die aus einem Grundrecht hergeleitet werden können, nur dann, wenn alle tatbestandlichen Voraussetzungen - also auch die negativen - inhaltlich mit dem Grundgesetz in Einklang stehen. Ist ein Genehmigungsverfahren zulässigerweise angeordnet, so müssen also die Gründe, die eine Versagung der behördlichen Erlaubnis ermöglichen, durch legitime öffentliche Interessen gerechtfertigt sein. Das gleiche gilt, wenn das Gesetz zuläßt, daß die Erteilung der Genehmigung von Bedingungen, Auflagen oder zeitlichen Begrenzungen abhängig gemacht wird. Je mehr der gesetzliche Eingriff elementare Äußerungen der menschlichen Handlungsfreiheit berührt, um so sorgfältiger müssen die zur Rechtfertigung vorgebrachten Gründe gegen den grundsätzlichen Freiheitsanspruch des Bürgers abgewogen werden (BVerfGE 17, 306 [314]).
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Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte sind jedenfalls solche Versagungsgründe nicht gerechtfertigt, die eine Lenkung und Reglementierung des Sammlungswesens nach der Auffassung der Behörden ermöglichen. Das Bundesverwaltungsgericht hält daher zutreffend § 4 der I. DVOSammlG für grundrechtswidrig, soweit diese Vorschrift die Genehmigung von einem "hinreichenden öffentlichen Bedürfnis" abhängig macht (BVerwGE 10, 199 [201]). Ihm ist auch darin zuzustimmen, daß eine nach dem Belieben der Behörde ausgesprochene Befristung von Sammlungen (§ 7 Abs. 1) dann mit dem Grundrecht der freien karitativen Betätigung nicht in Einklang steht, wenn hiermit das Ziel verfolgt ![]() ![]() | |
4. Die die Genehmigungsvorbehalte anordnenden Vorschriften des Sammlungsgesetzes können auch im Wege verfassungskonformer Auslegung nicht aufrechterhalten werden.
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Das Sammlungsgesetz entstammt dem Verwaltungsdenken des totalitären Staates. Damals genossen die wirklichen oder vermeintlichen Staatsinteressen den unbedingten Vorrang vor der individuellen Freiheit des Staatsbürgers. Verfassungskräftige Grundrechte gab es nicht mehr und subjektiv-öffentliche Rechte gegenüber der Verwaltung wurden nicht anerkannt. Das Gesetz sollte ein Instrument der Machthaber zur Sicherung der NSDAP und ihrer Gliederungen sein und diente zur Bekämpfung der freien Wohlfahrtstätigkeit und der Kirchen. Das ist der Grund, warum der Verwaltung eine im Ergebnis unbegrenzte Ermächtigung für die Genehmigungspraxis eingeräumt ist und zwar ohne bindende Vorschriften, wann die Genehmigung erteilt werden muß.
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Auf Grund der dem zuständigen Minister in § 16 erteilten Befugnis zum Erlaß von Durchführungs- und Ausführungsvorschriften können die Genehmigungs- und Versagungsgründe jeweils von der Verwaltung geändert werden; sie ist ermächtigt, Vorschriften normativen Inhalts zu erlassen. Wie verschiedene in den Ländern der Bundesrepublik ergangene Erlasse zeigen, ist hiervon auch noch nach dem Inkrafttreten des Grundgesetzes Gebrauch gemacht worden. In ihnen ist durch die Bestreitung jeglichen Rechtsanspruchs und die Festlegung sehr detaillierter Genehmigungsbedingungen der Vorrang der staatlichen Lenkungsbefugnis im Sammlungswesen zum Ausdruck gebracht.
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Selbst wenn die in den §§ 1-6 des Sammlungsgesetzes normierten Genehmigungsvorbehalte im Hinblick auf das Rechtsstaatsprinzip in ein gebundenes Erlaubnisverfahren mit einem Rechtsanspruch auf die Genehmigung umgedeutet werden könnten - wie das Bundesverwaltungsgericht in BVerwGE 10, 199 annimmt -, bliebe offen, ob die gesetzliche Regelung im übrigen, insbesondere ![]() ![]() | |
5. Bei dieser Rechtslage kann dahinstehen, ob die Normen, die die Überwachung genehmigter Sammlungen und der Sammlungsträger betreffen, mit dem Grundgesetz in Einklang stehen. Im Hinblick auf die Nichtigkeit der Genehmigungsvorbehalte sind die übrigen Vorschriften des Gesetzes und die Durchführungsverordnungen wegen ihres engen Zusammenhanges mit diesen Vorbehalten gegenstandslos geworden. Es bedarf auch keiner Entscheidung, ob das Sammlungsgesetz gegen andere Vorschriften der Verfassung verstößt.
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III.
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Der rechtspolitischen Entscheidung des zuständigen Landesgesetzgebers muß überlassen bleiben, ob und wie er das Sammlungswesen in Übereinstimmung mit der Verfassung regeln will. Art. 2 Abs. 1 GG verbietet nicht jede gesetzliche Regelung und Beaufsichtigung des Spenden- und Sammlungswesens. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, zur Vermeidung von Betrügereien, von unlauterem Wettbewerb und sonstigen Ordnungswidrigkeiten das Sammlungswesen gesetzlich geordnet wird. Diese "polizeilichen" Gesichtspunkte müssen aber auch im wesentlichen für die Grenze staatlicher Beaufsichtigung maßgebend sein. Wenn auch ein generelles Verbot mit Genehmigungsvorbehalt, wie es im Sammlungsgesetz angeordnet ist, nicht verfassungsmäßig ist, so bestehen doch erhebliche Gründe des öffent ![]() ![]() ![]() |