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Der Abgeordnete, der dadurch nicht "Beamter" geworden, sondern - vom Vertrauen der Wähler berufen - Inhaber eines öffentlichen Amtes, Träger des "freien Mandats" und "Vertreter des ganzen Volkes" geblieben ist, erhält nicht mehr bloß eine echte Aufwandsentschädigung, er bezieht aus der Staatskasse ein Einkommen.
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2. a) Aus dem formalisierten Gleichheitssatz folgt, daß jedem Abgeordneten eine gleich hoch bemessene Entschädigung zusteht, unabhängig davon, ob die Inanspruchnahme durch die parlamentarische Tätigkeit größer oder geringer ist, ob der individuelle finanzielle Aufwand oder das Berufseinkommen verschieden hoch ist.
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b) Die Alimentation ist so zu bemessen, daß sie auch für den, der, aus welchen Gründen immer, kein Einkommen aus einem Beruf hat, aber auch für den, der infolge des Mandats Berufseinkommen ganz oder teilweise verliert, eine Lebensführung gestattet, die der Bedeutung des Amtes angemessen ist.
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3. Die Alimentation der Abgeordneten mit dem Charakter von Einkommen muß nach Grundsätzen, die für alle gleich sind, der Besteuerung unterworfen werden. Nur die Entschädigung für wirklich entstandenen, sachlich angemessenen, mit dem Mandat verbundenen besonderen Aufwand ist daneben noch echte Aufwandsentschädigung, die auch künftig steuerfrei bleiben kann.
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b) Daß der ins Parlament gewählte Beamte sein Gehalt behält oder in den Ruhestand tritt und Ruhegehalt bezieht, war von Anfang an und ist bis zu den noch in Geltung stehenden Regelungen ein mit dem Mandat verbundenes Privileg geblieben.
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c) Dieses Privileg hat seine Berechtigung innerhalb des Abgeordnetenrechts in dem Augenblick verloren, in dem der Abgeordnete angemessen alimentiert wird. Außerdem widerspricht das Privileg dem formalisierten Gleichheitssatz.
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5. Art. 48 Abs. 3 GG in Verbindung mit Art. 38 Abs. 1 GG verlangt gesetzliche Vorkehrungen dagegen, daß Abgeordnete Bezüge aus einem Angestelltenverhältnis, aus einem sog Beratervertrag oder ähnlichem, ohne die danach geschuldeten Dienste zu leisten, nur deshalb erhalten, weil von ihnen im Hinblick auf ihr Mandat erwartet wird, sie würden im Parlament die Interessen des zahlenden Arbeitgebers, Unternehmers oder der zahlenden Großorganisation vertreten und nach Möglichkeit durchzusetzen versuchen. Einkünfte dieser Art sind mit dem unabhängigen Status der Abgeordneten und ihrem Anspruch auf gleichmäßige finanzielle Ausstattung in ihrem Mandat unvereinbar.
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6. Das demokratische und rechtsstaatliche Prinzip (Art. 20 GG) verlangt, daß der Willensbildungsprozeß im Parlament, der zur Festsetzung der Höhe der Entschädigung und zur näheren Ausgestaltung der mit dem Abgeordnetenstatus verbundenen finanziellen Regelungen führt, für den Bürger durchschaubar ist und das Ergebnis vor den Augen der Öffentlichkeit beschlossen wird.
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Schlußurteil | |
des Zweiten Senats vom 5. November 1975 auf die mündliche Verhandlung vom 18. Juni 1975
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-- 2 BvR 193/74 -- | |
in dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde des Diplom-Ingenieurs S ...- ... - gegen § 3 Abs. 1 buchst. c und § 13 abs. 1 Nr. 4 des Gesetzes Nr. 970 über den Landtag des Saarlandes vom 20. Juni 1973 (Amtsbl. des Saarlandes S. 517).
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1. Die Paragraphen 5, 6, 9 und 13 Absatz 1 Nummern 1 bis 4, 16 Absatz 1 Satz 2 des Saarländischen Gesetzes Nr. 970 über den Landtag des Saarlandes vom 20. Juni 1973 (Amtsbl. des Saarlandes S. 517) sind mit dem Grundgesetz unvereinbar.
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2. Das Saarland hat dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen zu erstatten.
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Gründe: | |
A. -- I. | |
Die Verfassungsbeschwerde betrifft Regelungen zum Status und zur finanziellen Ausstattung der Abgeordneten des Saarländischen Landtages. Sie ist durch die Teilentscheidung vom 21. Januar 1975 (BVerfGE 38, 326 ff.) zurückgewiesen worden, soweit sie sich gegen § 3 Abs. 1 Buchst. c des Gesetzes Nr. 970 über den Landtag des Saarlandes vom 20. Juni 1973 - im folgenden: Landtagsgesetz (LTG) - (Amtsbl. des Saarlandes S. 517) richtet. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts, der der Verfassungsbeschwerde zugrunde liegt, wird auf die Abschnitte A. I. und II. der Gründe dieses Beschlusses Bezug genommen.
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II.
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Im weiteren Verfahren über die Verfassungsmäßigkeit des vom Beschwerdeführer ebenfalls angegriffenen § 13 Abs. 1 Nr. 4 LTG und der damit in sachlichem Zusammenhang stehenden weiteren Vorschriften des Gesetzes hat das Gericht gemäß Abschnitt C. I. 3 der Gründe der Teilentscheidung vom 21. Januar 1975 den Beschwerdeführer, den Landtag des Saarlandes und den Minister des Innern des Saarlandes als unmittelbar Beteiligte zur mündlichen Verhandlung geladen und außerdem dem Deutschen Bundestag, dem Bundesrat, der Bundesregierung, den übrigen Landesparlamenten, dem Bayerischen Senat und den im Bundestag vertretenen politischen Parteien Gelegenheit gegeben, sich schriftlich und in der mündlichen Verhandlung u. a. zu folgenden ![]() ![]() | |
III.
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Es haben sich schriftlich geäußert:
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1. Der Saarländische Landtag:
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a) Er trägt im wesentlichen vor: Das noch anhängige Verfahren sei unzulässig; denn das Bundesverfassungsgericht sei an den in dem Antrag des Beschwerdeführers umschriebenen Streit- und Beschwerdegegenstand gebunden, dürfe also nicht über ihn hinausgreifen und andere Vorschriften des Landtagsgesetzes auf ihre Verfassungsmäßigkeit überprüfen. Dieses Gesetz regle in seinem ersten Abschnitt ausschließlich die Rechtsstellung des Landtagsabgeordneten; sie könne nicht Anfechtungsgegenstand in einem Verfassungsbeschwerdeverfahren, sondern nur Streitgegenstand ![]() ![]() | |
b) In der Sache seien die Abgeordnetenbezüge vorveranschlagte und pauschalierte Aufwandsentschädigungen, aber kein Gehalt. Ihr Zweck sei das auftragsfreie Mandat, die Unabhängigkeit des Abgeordneten gegenüber Staat und politischer Partei zu gewährleisten. Veränderungen im politisch-soziologischen Bereich könnten geltendes Recht nicht außer Kraft setzen oder abändern, sondern allenfalls den Gesetzgeber veranlassen, die Rechtslage zu überprüfen und zu ändern. Im übrigen sei zwischen Bundestagsabgeordneten und Landtagsabgeordneten zu differenzieren. Landtagsabgeordnete übten typischerweise Mandat und Beruf nebeneinander aus; ihre Abgeordnetenbezüge seien auch ihrer tatsächlichen Beschaffenheit und Auswirkung nach Entschädigungen für mandatsbedingten Aufwand.
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Die Gewährung von Ruhegehalt an Abgeordnete, die dem öffentlichen Dienst angehören, stelle sich als Ausgleich für die nach Art. 137 Abs. 1 GG zulässige und vom Landesgesetzgeber für alle öffentlich-rechtlichen Bediensteten des Landes und der ihm eingegliederten Körperschaften, Anstalten und Stiftungen angeordneten Beschränkung der Wählbarkeit in der Form einer Inkompatibilitätsbestimmung dar. Die Alimentationspflicht des Staates gegenüber den Ruhestandsbeamten gehöre zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG. Es sei also verfassungsrechtlich geboten, neben der Abgeordnetenentschädigung weitere Bezüge vorzusehen für inkompatible Tätigkeiten und zwar in der Form von Verdienstausfallsentschädigungen oder in der Form von Ruhegeldern oder entsprechenden Bezügen.
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Aus der Entscheidung, Angehörigen des öffentlichen Dienstes bei der Übernahme eines Mandats Versorgungsbezüge oder korrespondierende Bezüge und die Zusicherung des Wiedereintritts ![]() ![]() | |
Die Abgeordnetenbezüge, die das Landtagsgesetz vorsehe, stellten, da es sich um Aufwandsentschädigungen handle, keine Einkünfte im Sinne des steuerrechtlichen Einkommensbegriffs dar. Der Landesgesetzgeber habe deshalb bestimmen können, ob und inwieweit sie steuerfrei sein sollten. Eine Besteuerung der bisher steuerfreien Entschädigungen werde die Entwicklung zum Berufsparlamentarier fördern, weil sie die berufliche Betätigung neben der Ausübung des Mandats wirtschaftlich nicht mehr reizvoll erscheinen lasse.
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Soweit ein Abgeordneter neben den Aufwandsentschädigungen noch weitere Einkünfte aus öffentlichen Kassen erhalte, komme eine gegenseitige Anrechnung nur in Betracht, wenn die verschiedenen Bezüge "zu ein und demselben Zweck" gezahlt würden.
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Neben den im Landtagsgesetz geregelten Bezügen fielen andere mit dem Mandat rechtlich oder tatsächlich verbundene Einkünfte im Saarland nicht ins Gewicht.
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2. Der Deutsche Bundestag:
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Die Rechtsstellung des Abgeordneten unterscheide sich grundlegend von der Rechtsstellung aller Angehörigen des öffentlichen Dienstes. Den Abgeordneten charakterisiere auch heute noch das freie Mandat; er sei nach wie vor Repräsentant des Gesamtvolkes. In Art. 38 GG habe das repräsentative Prinzip der Demokratie der Bundesrepublik Deutschland seinen klaren Ausdruck gefunden. An diesem repräsentativen Grundzug der Verfassung habe Art. 21 GG, der die Anerkennung der politischen Parteien in ihrer bedeutenden Rolle ausspreche, nichts geändert. Zwar mögen sich aus der Rolle der politischen Parteien im Verfassungsleben Folgerungen für die Ausübung des freien Mandats ergeben, aber von einer Wandlung zu einer identitär-plebiszitären Demo ![]() ![]() | |
Der Grundcharakter der Entschädigung als einer Aufwandsentschädigung habe sich nicht geändert, auch wenn die neuere Entwicklung hinsichtlich der Bemessung und Ausstattung dieser Entschädigung der Fortentwicklung der sozialen Lage der Abgeordneten Rechnung trage; insbesondere sei die Entschädigung nicht zu einer Art Gehalt geworden. Als Entgelt für die geleistete Tätigkeit sei die gegenwärtige Ausstattung der Bundestagsabgeordneten bei der zeitlichen Ausdehnung und der Qualifikation der Tätigkeit der Abgeordneten sowie im Hinblick auf vergleichbare Positionen im öffentlichen Leben nicht angemessen; daraus ergebe sich, daß der Rahmen für eine Qualifikation der gegenwärtigen Ausstattung der Bundestagsabgeordneten als Aufwandsentschädigung nicht überschritten sei. Aus der bloß technischen Regelung der Anknüpfung der Grunddiäten an das Amts ![]() ![]() | |
Die Ausgestaltung der Entschädigung der Abgeordneten gehöre dem Parlamentsrecht an; die Regelung, nach der Angehörigen des öffentlichen Dienstes während der Zeit ihrer parlamentarischen Tätigkeit Ruhegehalt oder Rente gezahlt werde, sei Bestandteil des öffentlichen Dienstrechts, bei dem allerdings ein Bezug zur Stellung des Abgeordneten und des Parlaments nicht zu verkennen sei. Diese Regelung sei eine Folge der in Art. 137 Abs. 1 GG eröffneten Möglichkeit, durch Gesetz für Angehörige des öffentlichen Dienstes eine Unvereinbarkeit für Amt und Mandat festzulegen. Zwar sei sie verfassungsrechtlich nicht geboten, aber sie sei verfassungsrechtlich zulässig. Allgemeine Vorschriften der Verfassung, die den öffentlichen Dienst betreffen, stünden nicht entgegen; Bedenken aus Art. 3 Abs. 1 GG bestünden nicht. Zwar habe im Bundestag und in den Landtagen im Laufe der Jahre der Anteil der Angehörigen des öffentlichen Dienstes unter den Abgeordneten immer mehr zugenommen, aber daraus dürfe nicht der Schluß gezogen werden, dies beruhe auf einer ungleich günstigeren finanziellen Regelung für den genann ![]() ![]() | |
Im Hinblick auf die Regelung für Abgeordnete aus dem öffentlichen Dienst sei es unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 Abs. 1 GG zwar zulässig, aber keineswegs geboten, Abgeordneten aus anderen Berufen eine pauschalierte Verdienstausfallentschädigung zu gewähren. Die Verhältnisse im einzelnen seien für die verschiedenen Gruppen von Berufsangehörigen, die in das Parlament einziehen, unter den verschiedensten Gesichtspunkten verschieden. Daran könne auch die Regelung der Aufwandsentschädigung nichts Wesentliches ändern. Die Abgeordneten träten mit unterschiedlicher Einkommenslage in das Parlament ein und nähmen auch je nach ihrer beruflichen Zugehörigkeit unterschiedliche Berufsrisiken auf sich. Dies werde durch die Gewährung der pauschalierten Grundentschädigung nur in demjenigen Maße ausgeglichen, das zur Sicherung ihrer Unabhängigkeit notwendig erscheine.
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Da nach der vom Bundestag vertretenen Auffassung die Bezüge des Abgeordneten nach wie vor eine pauschalierte Aufwandsentschädigung seien, könne die gegenwärtige Regelung im Einkommensteuergesetz, nach der sie steuerfrei sind, nicht verfassungswidrig sein; insbesondere sei diese Regelung nicht unvereinbar mit dem Gleichheitssatz. Es sei Sache des Gesetzgebers, ob er sich für eine Besteuerung der Grunddiäten entscheiden wolle, - eine Frage, die wegen ihrer zahlreichen Implikationen zur Zeit Gegenstand der Untersuchung einer Expertenkommission sei.
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An zusätzlichen Einnahmen, die mit dem Mandat eines Bundestagsabgeordneten verbunden sein können, käme für die Mitglieder des Parlaments der Europäischen Gemeinschaften neben dem Ersatz der Fahrtkosten ein Tagegeld von 183 DM und für die Mitglieder des Verwaltungsrats der Deutschen Bundespost eine monatliche Vergütung von 450 DM sowie ein Tage- und ![]() ![]() | |
3. Der Landtag von Baden-Württemberg:
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Für die Tätigkeit des Landtagsabgeordneten könne keinesfalls angenommen werden, sie sei zu einem den vollen Einsatz der Arbeitskraft fordernden Beruf geworden. Diese Abgeordneten übten in der Mehrzahl neben dem Mandat einen Beruf aus und bezögen hieraus ihren Lebensunterhalt. Der Anteil derer, die neben ihrer Abgeordnetentätigkeit ihren Beruf nicht weiterführen können, liege in allen Landtagen unter 15 %. Die Angehörigen des öffentlichen Dienstes seien dabei nicht mitgezählt, weil sie ihre Berufstätigkeit nicht wegen ihrer Belastung durch das Mandat, sondern kraft der Inkompatibilitätsvorschrift einstellen müßten. Die Landtage bemühten sich überdies durch eine Reihe von Maßnahmen organisatorischer Art und teilweise durch Gewährung von Verdienstausfallentschädigungen zu verhindern, daß das Landtagsmandat zum vollen Beruf und der Landtagsabgeordnete zum Berufsparlamentarier werde. Die Grunddiäten, die in den Flächenstaaten zwischen 1550 und 2550 DM, in den Stadtstaaten zwischen 1000 und 1350 DM lägen, seien ihrer Höhe nach nicht dazu bestimmt, ohne Hinzutreten sonstiger Einkünfte den angemessenen Lebensunterhalt des Abgeordneten und seiner Familie sicherzustellen, zumal aus den Grunddiäten hohe Unkosten bei der Arbeit im Wahlkreis, Beiträge an die Fraktion und Partei (bis zu monatlich 800 DM) sowie Wahlkampfrücklagen zu bestreiten seien. Was der Abgeordnete eines Landtages an Bezügen erhalte, sei weder Gehalt noch Besoldung, sondern Aufwandsentschädigung.
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Die landesrechtlichen Regelungen, nach denen Richter und Beamte, denen Inkompatibilitätsvorschriften die gleichzeitige Ausübung von Mandat und Beruf verbieten, in den Ruhestand zu versetzen sind und Anspruch auf Ruhegehalt haben, entsprächen den Regelungen in § 33 Abs. 1 BRRG und § 71 Abs. 1 DRiG; diese Vorschriften seien im Hinblick auf Art. 137 Abs. 1 GG gerechtfertigt. Soweit andere Abgeordnete durch ihr Mandat ![]() ![]() | |
Da die Bezüge der Landtagsabgeordneten der Sache nach Aufwandsentschädigungen seien, sei eine Besteuerung dieser Bezüge verfassungsrechtlich nicht geboten. Eine Besteuerung sei auch rechtspolitisch unerwünscht; denn sie könne eine Entwicklung zum Berufsparlamentarier fördern und könne für Mandatsbewerber, die ein höheres Berufseinkommen erzielen, zu einer faktischen Beeinträchtigung des Zugangs zum Parlament führen.
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Ins Gewicht fallende weitere Einkünfte, die der Abgeordnete neben der Aufwandsentschädigung in Zusammenhang mit seinem Mandat beziehe, seien nicht feststellbar.
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4. Die Landtage von Bayern, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz sowie das Berliner Abgeordnetenhaus und der Bayerische Senat haben sich unter Mitteilung einzelner landesrechtlicher Besonderheiten im Bereich des Diätenrechts den Ausführungen des Landtages von Baden-Württemberg angeschlossen.
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5. Die Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg hat ausgeführt: Die Diätenregelung in Hamburg gewähre nach den bisher in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts angedeuteten Beurteilungsgrundsätzen den Abgeordneten kein Entgelt, sondern nur eine Aufwandsentschädigung. Der Abgeordnete erhalte eine monatliche Aufwandsentschädigung von 1000 DM, ein Sitzungstagegeld von 25 DM sowie eine Entschädigung für Gehalts- oder Lohnausfall, der durch die Teilnahme an einer Sitzung entstanden sei; die Sitzungen in der Bürgerschaft und ihren Ausschüssen fänden in der Regel nach 16.00 Uhr statt, um die Abgeordneten in ihrer beruflichen Tätigkeit möglichst nicht zu beeinträchtigen. Die Höhe der Diäten sei im Gesetz fixiert und seit 1971 unverändert; sie sei nicht mit der Entwicklung der Besoldung von Beamten oder Ministern gekoppelt. Der Abgeordnete habe auch keinen Anspruch auf Ruhegeld nach Beendi ![]() ![]() | |
6. Die Christlich-Demokratische Union Deutschlands hat sich unter Vorlage eines Gutachtens von Professor Hans H. Klein wie folgt geäußert: Die Bezüge der Abgeordneten im Bund und in den Ländern seien weder als Gehalt oder Besoldung noch überhaupt als Entgelt für geleistete Dienste zu charakterisieren; sie entschädigten die Abgeordneten für die ihnen in der Ausübung des Mandats entstehenden Auslagen, für gewisse immaterielle Nachteile und für den Einnahmeausfall, den sie dadurch erleiden, daß sie ihrem bürgerlichen Beruf während der Innehabung des Mandats nicht oder nicht voll nachgehen können, und sicherten dadurch ihren Lebensunterhalt. Die Rechtsnatur der dem Abgeordneten gewährten Bezüge als Aufwandsentschädigung im Sinne des Art. 48 Abs. 3 Satz 1 GG habe sich bis heute nicht geändert.
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Es sei verfassungsrechtlich zulässig, wenn auch nicht verfassungsrechtlich geboten, für die Aufgabe eines Amtes oder einer Tätigkeit, die mit dem Mandat rechtlich oder tatsächlich unvereinbar sei, auch eine Verdienstausfallentschädigung oder Ruhegehalt vorzusehen unter der Voraussetzung, daß dies nicht zu einer willkürlichen Differenzierung zwischen den aus verschiedenen Berufen kommenden Mandatsträgern führe.
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Jeder Abgeordnete, dessen berufliche Existenz auf vertraglicher Grundlage beruhe, habe kraft Verfassung oder kraft Gesetzes einen Anspruch darauf, ungeschmälert in diejenige Position wieder einzurücken, aus der heraus er in die parlamentarische Tätigkeit gelangt war. Angesichts der großen Bedeutung der Zu ![]() ![]() | |
Es sei verfassungsrechtlich weder verboten noch geboten, die Aufwandsentschädigung im Sinne von § 1 des Diätengesetzes vom 3. Mai 1968 (BGBl. I S. 334) der Steuerpflicht zu unterwerfen. Bedacht werden müsse bei einer Besteuerung der Diäten u. a., daß nicht der Grundsatz der Zugänglichkeit des Parlaments für alle Bevölkerungsgruppen und alle Berufe praktisch dadurch verletzt werde, daß übermäßige Belastungen die Angehörigen bestimmter Berufs- und Einkommensgruppen von der Kandidatur für eine parlamentarische Tätigkeit abhalten.
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In der mündlichen Verhandlung vom 18. Juni 1975 haben der Beschwerdeführer durch seinen Bevollmächtigten und die angehörten Parlamente und Parteien durch ihre anwesenden Vertreter den schriftlichen Vortrag vertieft und ergänzt.
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Gegen die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde bestehen nach der Teilentscheidung vom 21. Januar 1975 keine Bedenken. Das gilt auch gegenüber den Einwendungen des Landtages des Saarlandes für den weiteren Verfahrensabschnitt.
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1. Die vom Beschwerdeführer gewählte Verfahrensart - das Verfassungsbeschwerdeverfahren - ist zulässig. Der Beschwerdeführer hat von Anfang an nicht um seinen Status als Landtagsabgeordneter, den er während der 5. Legislaturperiode innehatte, gekämpft - das wäre eine Meinungsverschiedenheit gewesen, die im Organstreit vor dem zuständigen Verfassungsgericht auszutragen gewesen wäre -, sondern gesetzliche Regelungen angegrif ![]() ![]() | |
2. An dieser rechtlichen Beurteilung ändert sich auch dadurch nichts, daß das Gericht in diesem Verfahren weitere Vorschriften des Landtagsgesetzes, die vom Beschwerdeführer nicht angegriffen worden sind, auf ihre Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz zu untersuchen genötigt ist. Eine solche Ausdehnung der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit von Normen, die u. U. zu einer teilweisen Neubestimmung eines verfassungsrechtlichen Status führen kann, ist keineswegs eine Eigentümlichkeit gerade des Verfassungsstreits, näherhin des Organstreits. Das Problem kann immer auftreten, wenn die Verfassungsmäßigkeit einer Norm zu prüfen ist, - also sowohl im Organstreit als auch im Verfahren der abstrakten und konkreten Normenkontrolle sowie im Verfassungsbeschwerdeverfahren, in dem unmittelbar oder mittelbar eine gesetzliche Vorschrift auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu überprüfen ist. Das Ausgreifen bei der Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit auf Normen über den Antrag des Beschwerdeführers (oder Antragstellers) hinaus ist stets dann unvermeidlich, wenn die angegriffene Norm durch Verweisung auf eine andere ![]() ![]() | |
3. Der Beschwerdeführer war jahrelang Mitglied des Saarländischen Landtages. Er erhob die Verfassungsbeschwerde, um sich Klarheit zu verschaffen, ob und unter welchen rechtlichen Bedingungen er für die damals anstehende Neuwahl zum Landtag kandidieren könne. Er war schließlich nicht bereit, bei dieser Wahl zu kandidieren, weil ihm unter den ihn betreffenden, im bisherigen Verfahren noch nicht abschließend auf ihre Verfassungsmäßigkeit überprüften rechtlichen Vorschriften des Landtagsgesetzes die Übernahme eines Mandats unzumutbar erschien. Er hat in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich erklärt, daß er für den Saarländischen Landtag bei der nächsten Wahl zu kandidieren entschlossen sei, wenn er mit dem noch anhängigen Teil seiner Verfassungsbeschwerde Erfolg habe. Unter diesen Umständen läßt sich nicht bezweifeln, daß der Beschwerdeführer nach wie vor selbst, unmittelbar und gegenwärtig durch die von ihm angegriffenen Normen betroffen ist. Aus denselben Gründen ist das Rechtsschutzbedürfnis für den Beschwerdeführer auch im Zeitpunkt der Entscheidung über seinen noch anhängigen Antrag zu bejahen.
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Die angegriffene Vorschrift des § 13 Abs. 1 Nr. 4 LTG ist mit dem Grundgesetz unvereinbar; sie verstößt sowohl gegen Art. 48 Abs. 3 Satz 1 GG als auch gegen den formalisierten Gleichheitssatz. Auch die §§ 5, 6, 9, 13 Abs. 1 und 2, 14 und 16 Abs. 1 Satz 2 LTG, die mit der angegriffenen Vorschrift in Zusammenhang stehen und deshalb zu prüfen sind, sind mit dem Grundgesetz unvereinbar.
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I.
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Die Regelungen im Landtagsgesetz gehen ebenso wie die entsprechenden Regelungen für die Abgeordneten des Deutschen ![]() ![]() ![]() ![]() | |
1. Heute hat jedermann die rechtliche Möglichkeit, mit Erreichung der Volljährigkeit, das ist ab Vollendung des 18. Lebensjahres, Abgeordneter zu werden. Im allgemeinen kann nicht mehr davon ausgegangen werden, daß ein Abgeordneter für die Zeit seiner Mitgliedschaft im Parlament den wirtschaftlichen Rückhalt für sich und seine Familie aus eigenem Vermögen oder eigenem Einkommen aus beruflicher Tätigkeit erzielen kann. Der Typ des unabhängigen, als Einzelpersönlichkeit gewählten Honoratioren-Abgeordneten, dessen wirtschaftliche Existenz durch das Mandat nicht beeinträchtigt wird und mit ihm nicht verbunden ist, ist immer seltener geworden. Der Umfang der Inanspruchnahme durch das Mandat ist so stark gewachsen, daß der Abgeordnete in keinem Fall mit der im Arbeitsleben sonst üblichen und allgemein als Fortschritt empfundenen wöchentlichen Regelarbeitszeit von 40 Stunden seine Verpflichtungen bewältigen kann. Er wird im Parlament durch Plenar- und Ausschußsitzungen, in der Fraktion und Partei durch Sitzungen und Arbeiten sowie im Wahlkreis durch Veranstaltungen der verschiedensten Art, nicht zuletzt durch Wahlvorbereitungen und Wahlversammlungen in Anspruch genommen. So sehr er theoretisch die Freiheit hat, seine Aktivitäten in diesen drei Bereichen nach eigenem Ermessen bis über die Grenze der Vernachlässigung seiner Aufgabe hinaus einzuschränken, in der Praxis kann er sich dies aus den verschiedensten Gründen nicht leisten. Deshalb sind nach den Bekundungen der Experten in der mündlichen Verhandlung für Bundestagsabgeordnete, die neben ihrer Abgeordnetentätigkeit noch versuchen, ihrem Beruf wenigstens teilweise nachzugehen, Wochenarbeitszeiten zwischen 80 und 120 Stunden und für Landtagsabgeordnete, die ihrem Beruf nachgehen, Wochenarbeitszeiten zwischen 60 und 100 Stunden typisch und unvermeidbar. Außerdem: Niemand bewirbt sich heute um einen Abgeordnetensitz, um ihn nach vier Jahren wieder aufzugeben. Regelmäßig faßt er den Entschluß, für den Bundestag oder einen Landtag zu kandidieren in der Absicht, alles zu tun, um das ![]() ![]() | |
Diese Veränderungen der Verhältnisse hatten ihre Auswirkungen auf die Gestaltung der Abgeordnetenentschädigung: Während zunächst die Abgeordnetendiäten nichts anderes und nicht mehr als ein Ausgleich des mit dem Abgeordnetenmandat verbundenen besonderen Aufwands waren - ursprünglich gehörte nicht einmal der Verdienstausfall dazu -, mehrten sich nach und nach, seit 1950 immer rascher, die Formen der verschiedenen Entschädigungen; ein Teil, die Grundentschädigung, wurde vielfach dynamisiert, indem man sie mittelbar mit der Beamtenbesoldung koppelte; in den meisten Ländern zogen die Ruhegehälter der Abgeordneten aus dem öffentlichen Dienst (das sog. Beamtenprivileg) die Verdienstausfallentschädigung für Abgeordnete nach sich, die einen privaten Beruf ausübten; in Bund und Ländern wuchsen nicht zuletzt infolge des Übergangs zum Pauschalierungsprinzip die Beträge der Entschädigungen beträchtlich ![]() ![]() | |
2. Den Schwerpunkt der Entschädigung für den Abgeordneten des Saarländischen Landtags bilden die Entschädigung nach § 11 LTG, die im Januar 1975 nach Auskunft des Direktors des Landtages 2039,80 DM betrug und steuerfrei ist, und - für Beamte, die gemäß § 5 in den Ruhestand treten - mindestens 60 v. H. der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge (§ 6 Abs. 2 LTG), - für Angestellte des öffentlichen Dienstes - ebenfalls mindestens 60 v. H. der Vergütung, die ihnen bei Verbleiben im Dienst in ihrer Vergütungsgruppe zugestanden hätte (§ 9 Abs. 1 LTG), - für ![]() ![]() | |
II.
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1. Im Lichte der dargelegten, nicht zufälligen, sondern notwendigen und innerlich folgerichtigen, schwerlich reversiblen Entwicklung gewinnt Art. 48 Abs. 3 GG eine neue Bedeutung. Die dort für die Abgeordneten geforderte "angemessene, ihre Unabhängigkeit sichernde Entschädigung" muß für sie und ihre Familien während der Dauer ihrer Zugehörigkeit zum Parlament eine ausreichende Existenzgrundlage abgeben können. Sie muß außerdem der Bedeutung des Amtes unter Berücksichtigung der damit verbundenen Verantwortung und Belastung und des diesem Amt im Verfassungsgefüge zukommenden Ranges gerecht werden. Die Bemessung des parlamentarischen Einkommens darf die Entscheidungsfreiheit des Abgeordneten und die praktische ![]() ![]() | |
2. Die Entschädigung wird damit keineswegs zu einem "arbeitsrechtlichen Anspruch, mit dem ein Anspruch auf Erfüllung dienstlicher Obliegenheiten korrespondieren würde - der Abgeordnete "schuldet" rechtlich keine Dienste, sondern nimmt in Unabhängigkeit sein Mandat war -; ebensowenig wird sie damit zu einem Gehalt im beamtenrechtlichen Sinn - der Abgeordnete ist, wie dargelegt, kein Beamter -, steht also nicht unter den verfassungsrechtlich gesicherten hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG); sie wird von diesen Grundsätzen überhaupt nicht berührt. Diese Entschädigung hat auch nichts mit den Regelungen des Gehalts in den Besoldungsgesetzen zu tun. Sie verträgt deshalb auch keine Annäherung an den herkömmlichen Aufbau eines Beamtengehalts und keine Abhängigkeit von der Gehaltsregelung, etwa in der Weise, daß sie unmittelbar oder mittelbar in Von-Hundert-Sätzen eines Beamtengehalts ausgedrückt wird. Denn dies letztere ist kein bloß "formal-technisches Mittel" zur Bemessung der Höhe der Entschädigung, sondern der Intention nach dazu bestimmt, das Parlament der Notwendigkeit zu entheben, jede Veränderung in der Höhe der Entschädigung im Plenum zu diskutieren und vor den Augen der Öffentlichkeit darüber als einer selbständigen politischen Frage ![]() ![]() | |
3. a) Die Demokratie des Grundgesetzes ist eine grundsätzlich privilegienfeindliche Demokratie. Zwar fordert der Gleichheitssatz nicht, daß der Gesetzgeber die Einzelnen und ihre relevanten gesellschaftlichen Gruppen unbedingt gleichmäßig behandelt; er läßt Differenzierungen zu, die durch sachliche Erwägungen gerechtfertigt sind. Ob und in welchem Ausmaß der Gleichheitssatz bei der Ordnung bestimmter Materien dem Gesetzgeber Differenzierungen erlaubt, richtet sich nach der Natur des jeweiligen Sachbereichs (BVerfGE 6, 84 [91]; 32, 157 [167]; ständige Rechtsprechung). Für den Sachbereich der Wahlen ist nach der historischen Entwicklung zum Demokratisch-Egalitären hin, die im Grundgesetz für das Bundestagswahlrecht in Art. 38 Abs. 1 Satz 1 und für das Wahlrecht in den Ländern, Kreisen und Gemeinden in Art. 28 Abs. 1 Satz 2 ihren verfassungsrechtlich verbindlichen Ausdruck gefunden hat, davon auszugehen, daß jedermann seine staatsbürgerlichen Rechte in formal möglichst gleicher Weise soll ausüben können (BVerfGE 11, 266 [272]; 34, 81 [98] mit weiteren Hinweisen; ständige Rechtsprechung). Das gilt nicht nur für die Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts im engeren Sinn, es gilt auch für die Ausübung des Mandats. Das Grundgesetz kennt im Wahlrecht und im Parlamentsrecht keine für den Status des Abgeordneten erheblichen beson ![]() ![]() | |
Die so verstandene einheitliche Entschädigung mit Alimentationscharakter schließt aus den dargelegten Gründen alle weiteren, der Höhe nach differenzierten, individuellen oder pauschalierten finanziellen Leistungen an einzelne Abgeordnete aus öffentlichen Mitteln aus, die nicht einen Ausgleich für sachlich begründeten, besonderen, mit dem Mandat verbundenen finanziellen Aufwand darstellen. Danach werden also künftig z.B. eine Reihe von Pauschalen, Tage- und Sitzungsgeldern, Verdienstausfallentschädigungen und ähnlichen Zuwendungen aus der Parlamentskasse sowie gestaffelte Diäten für Abgeordnete mit besonderen parlamentarischen Funktionen entfallen.
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b) Art. 48 Abs. 3 Satz 1 GG in Verbindung mit Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG und der formalisierte Gleichheitssatz, der bei der Ausgestaltung und Bemessung der Abgeordnetenentschädigung zu beachten ist, berühren die Frage der Begründung und Fortführung eines Berufes neben der Parlamentstätigkeit und das daraus ![]() ![]() | |
Die nähere Regelung entsprechend diesen aus Art. 48 Abs. 3 Satz 1 GG entwickelten Grundsätzen ist Sache des Gesetzgebers.
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III.
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Die Verfassung des Saarlandes enthält keine Regelung über die Entschädigung für Abgeordnete. Für das Saarland gelten die aus Art. 48 Abs. 3 GG entwickelten Grundsätze über Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG. Denn Art. 48 Abs. 3 GG, der seinem Grundsatzcharakter entsprechend innerhalb der aus ihm entwickelten Grundsätze durch den Gesetzgeber näher konkretisiert werden kann, gehört zu den Essentialen des demokratischen Prinzips, das in Art. 28 Abs. 1 GG als ein für die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern wesentlicher Bestandteil gefordert wird; demgemäß muß eine landesrechtliche Regelung des Parlamentsrechts an jener Vorschrift des Grundgesetzes gemessen werden. Die Frage, wie sich dies auf die Interpretation von Landesverfassungsbestimmungen auswirkt, die eine Regelung über die Entschädigung von Landtagsabgeordneten enthalten, kann hier offenbleiben.
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IV.
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Auf der Grundlage des bisher Dargelegten ergibt sich für die Vorschriften des Landtagsgesetzes, deren Prüfung dieses Verfahren erforderlich macht, im einzelnen folgendes:
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2. Die von § 3 Abs. 1a und b LTG betroffenen Richter und Beamten treten gemäß § 5 LTG mit der Annahme der Wahl in den Ruhestand. Sie erhalten nach § 6 Abs. 1 LTG für den Monat, in dem sie in den Ruhestand treten, ihre bisherigen Dienstbezüge in unveränderter Höhe und vom anschließenden Monat ab auf die Dauer der Mitgliedschaft im Landtag Ruhegehalt. Solange dieses Ruhegehalt weniger als 60 v. H. der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge beträgt, wird den Richtern und Beamten eine Ausgleichszulage in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen dem Ruhegehalt und 60 v. H. der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge gewährt. Diese Regelung ist in die Prüfung einzubeziehen, weil von ihr nach der Systematik des Gesetzes die Regelung für Angestellte in § 9 LTG und die Regelung über die Verdienstausfallentschädigung in § 13 Abs. 1 LTG abhängen.
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a) Die die Beamten unter den Abgeordneten betreffenden Regelungen gehören materiell zum Recht des Status des Abgeordneten, gleichgültig, ob sie in Rechtsstellungs-, Diäten- oder Beamtengesetzen enthalten sind. Daß der ins Parlament gewählte Beamte sein Gehalt behält oder in den Ruhestand tritt und Ruhegehalt bezieht, war von Anfang an und ist bis zu den noch in Geltung stehenden Regelungen ein mit dem Mandat verbundenes Privileg geblieben.
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Dieses Privileg gehört nicht zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG); es steht vielmehr mit dem überkommenen Beamtenrecht in Widerspruch. Das Beamtenverhältnis begründet für den Beamten die Pflicht, seine volle Arbeitskraft - grundsätzlich auf Lebenszeit - dem Dienst ![]() ![]() ![]() ![]() | |
b) § 6 Abs. 2 und 3 LTG macht besonders deutlich, daß die Vorschriften der §§ 5 und 6 Abs. 1 LTG der Sache nach nicht eine beamtenrechtliche Regelung enthalten, sondern auf die Alimentierung des Abgeordneten zielen. Denn § 6 Abs. 2 und 3 LTG beläßt es nicht bei dem dem Beamten zukommenden Ruhegehalt, sondern garantiert ihm durch einen Unterschiedsbetrag, daß ihm mindestens 60 v. H. seiner ruhegehaltfähigen Bezüge ausgezahlt werden, und bestimmt u. a., daß das Land dem Dienstherrn die Versorgungsbezüge erstattet, soweit nicht die Ruhegehaltskasse des Saarlandes Leistungen gewährt. Indem aber das Gesetz das Ruhegehalt zum Teil der Abgeordnetenalimentation macht, verstößt es wiederum gegen den formalisierten Gleichheitssatz. Denn dieser Teil der Alimentation ist nicht für alle gleich; er schwankt insbesondere der Höhe nach zwischen 60 v. H. und 75 v. H der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge, die ihrerseits verschieden hoch sind, ganz abgesehen davon, daß für Bundesbeamte und Soldaten, die ihr volles Gehalt beziehen, die Abgeordnetenalimentierung noch vorteilhafter ist.
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Demnach sind die §§ 5, 6 LTG mit dem Grundgesetz nicht vereinbar.
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3. § 9 LTG, der die Rechtsstellung der Angestellten des öffentlichen Dienstes als Abgeordnete betrifft, kann, wie sich aus Absatz 1 Satz 1 ergibt - er verdankt seinen Inhalt dem Bestreben, die Angestellten des öffentlichen Dienstes den Beamten nach Möglichkeit gleichzustellen -, schon deshalb keinen Bestand haben, weil die §§ 5, 6 LTG, wie dargelegt, verfassungswidrig sind. Für ihn gilt außerdem das zu 2 b) Ausgeführte in gleicher Weise. Die Angestellten des öffentlichen Dienstes erhalten als Abgeordnete nach dieser Vorschrift vom Arbeitgeber in der Form eines Anteils der ihnen vertraglich zugesagten Vergütung etwas, ![]() ![]() | |
4. a) Der Ersatz des Verdienstausfalls nach § 13 Abs. 1 LTG bildet nach der Systematik des Gesetzes ebenfalls einen Teil der Abgeordnetenalimentation. Das Bestreben des Gesetzgebers, in diesem Punkt die privaten Angestellten, Arbeiter und Selbständigen ähnlich zu behandeln wie die Angestellten des öffentlichen Dienstes, die ihrerseits annähernd gleich wie die Beamten behandelt werden, ist unverkennbar.
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Gleichwohl gibt es in § 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 LTG beträchtliche, sachlich nicht begründete Unterschiede sowohl innerhalb des dort genannten Personenkreises als auch zwischen diesem und den Angestellten des öffentlichen Dienstes: Abgeordnete, die als Arbeiter beschäftigt sind, erhalten vollen Ersatz des nachgewiesenen tatsächlichen Verdienstausfalls; Abgeordnete, die als Angestellte beschäftigt sind, erhalten Ersatz des - ebenfalls nachzuweisenden und nicht nur zu behauptenden - Lohn- oder Verdienstausfalls, jedoch nur bis zur Hälfte der Bruttobezüge, soweit nicht der gemäß § 13 Abs. 2 LTG vom Präsidium festge ![]() ![]() | |
b) Der saarländische Gesetzgeber sieht die Entschädigung der leitenden Angestellten im Sinne von § 3 Abs. 1 Buchst. c LTG ebenfalls als Ersatz von Verdienstausfall an, der der Regelung der §§ 6 Abs. 2, 9 Abs. 1 LTG über das Ruhegehalt und die diesem entsprechende Vergütung angenähert ist. § 13 Abs. 1 Nr. 4 LTG limitiert aber die Entschädigung in doppelter Hinsicht, nämlich auf "60 vom Hundert des bisher bezogenen steuerpflichtigen Entgelts, höchstens jedoch 60 vom Hundert der BesGr. 3 der Besoldungsordnung B des Bundesbesoldungsgesetzes einschließlich Ortszuschlag".
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Es gibt weder einen sachlich vertretbaren noch gar einen zwingenden Grund, für die Privatangestellten (§ 13 Abs. 1 Nr. 2 LTG) von der "Hälfte der Bruttobezüge" und für die leitenden Angestellten (§ 13 Abs. 1 Nr. 4 LTG) von 60 v. H. des bisher bezogenen steuerpflichtigen Entgelts auszugehen und außerdem die danach errechneten Beträge abweichend von den Höchstbeträgen für die Entschädigungen nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 und 3 LTG auf höchstens 60 v. H. der BesGr. B 3 des Bundesbesoldungsgesetzes (jetzt Bundesbesoldungsordnung B) zu begrenzen. Der Einwand, daß diese Abgeordneten als Folge der Inkompatibilitätsregelung ihre Stellung aufgeben müssen, während andere Abgeordnete u. U. die Möglichkeit haben, neben dem Landtagsmandat ihre private Tätigkeit auszuüben, verschlägt gegenüber der nach den dargelegten Grundsätzen für alle Mitglieder des ![]() ![]() | |
Die Bemessung der Entschädigung der von § 3 Abs. 1 Buchst. c LTG betroffenen Abgeordneten läßt sich auch nicht im Hinblick auf die für Angestellte des öffentlichen Dienstes getroffene Regelung sachlich begründen. Einmal abgesehen von der Verfassungswidrigkeit des § 9 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit den ebenfalls verfassungswidrigen §§ 5, 6 Abs. 2 und § 9 Abs. 2 LTG, erfahren diese Abgeordneten weder eine Beschränkung auf 60 v. H. ihrer Aktivbezüge noch eine Beschränkung auf Bezüge höchstens aus der BesGr. 3 der Besoldungsordnung B des Bundesbesoldungsgesetzes; für Angestellte im öffentlichen Dienst ohne vertraglichen Anspruch auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen sind zwar 60 v. H. der ihnen im Zeitpunkt der Mandatsübernahme zustehenden Vergütung, aber sonst keine Begrenzung der Höhe nach vorgesehen. Demgegenüber lassen sich insbesondere für die absolute Begrenzung der Verdienstausfallentschädigung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4 LTG auf einen der BesGr. B 3 zuzüglich Ortszuschlag entsprechenden Betrag keine vernünftigen Gründe anführen. Leitende Angestellte im Sinne von § 3 Abs. 1 Buchst. c LTG erhalten in der Regel ein beträchtliches Gehalt, wie das Beispiel des Beschwerdeführers zeigt. Mit der etwaigen Absicht des Landesgesetzgebers, dieser Entwicklung bei der Entschädigung der Abgeordneten entgegenzutreten und gleichzeitig kurzfristige Gehaltserhöhungen vor der Mandatsübernahme auf Kosten der Parlamentskasse zu verhindern, kann die dargelegte Differenzierung des Gesetzes gegenüber dem Gebot der formalen Gleichbehandlung der Abgeordneten nicht gerechtfertigt werden. Da die Verfassungswidrigkeit des § 13 Abs. 1 Nr. 4 LTG feststeht, bedarf es keiner Entscheidung, soweit der Beschwerdeführer auch bemängelt, daß die Gewährung der Entschädigung nach dieser Vorschrift von der Aufgabe der Stellung abhängig gemacht sei und der Gesetzgeber es unterlassen habe, eine Regelung zur Sicherung des Arbeitsplatzes des Betroffenen für die Zeit nach Ablauf des Mandats zu schaffen.
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5. Nach § 16 Abs. 1 Satz 2 LTG sind die in den §§ 11 bis 14 vorgesehenen Entschädigungen der Abgeordneten steuerfrei. Das widerspricht dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung aller vor dem Gesetz (Art. 3 Abs. 1 GG).
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a) Offenbleiben soll daher hier die Frage, ob der Landesgesetzgeber bestimmen kann, daß gewisse Einkünfte der Abgeordneten steuerfrei sein sollen. Auch wenn man die Regelung materiell als zum Abgeordnetenrecht gehörig auffaßte, bliebe noch zu entscheiden, ob einfaches Landesrecht, wenn es inhaltlich mit einfachem Bundesrecht (§ 3 Ziff. 12 EStG 1975) übereinstimmt, als vereinbar mit Art. 31 GG gültig ist - eine Frage, die in der Entscheidung vom 29. Januar 1974 (BVerfGE 36, 342 [357, 367]) offengelassen worden ist. Dahinstehen kann auch, inwiefern der Ersatz des Ausfalls von Einkommen (§ 13 Abs. 1 LTG), das seinerseits steuerpflichtig ist, steuerfrei bleiben konnte.
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6. a) Demnach sind die §§ 5, 6, 9, 13 Abs. 1 und 2, 14 und 16 Abs. 1 Satz 2 LTG mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Über die Vorschrift des § 13 Abs. 1 Nr. 4 LTG, die vom Beschwerdeführer angegriffen ist, muß in der Entscheidungsformel entschieden werden. Sie ist, wie dargelegt, u. a. mit dem formalisierten Gleichheitssatz unvereinbar. Da mit dem Gleichheitssatz auch die Vorschriften der §§ 5, 6, 9, 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, 16 Abs. 1 Satz ![]() ![]() | |
b) Bei der Neuregelung wird zu beachten sein, daß nun in einer Person zwei Bezüge aus öffentlichen Kassen mit Alimentationscharakter zusammentreffen können: die Abgeordnetenentschädigung und beispielsweise das Gehalt eines Hochschullehrers, eines Parlamentarischen Staatssekretärs, eines Ministers. Die Alimentationsverpflichtung der öffentlichen Hand geht in einem solchen Fall nicht notwendig auf eine doppelte Aufbringung des angemessenen Lebensunterhalts. Es fehlt jedenfalls an jedem sachlich zureichenden Grund, diesen Fall anders als entsprechend den gegenwärtig im Beamtenrecht geregelten Grundsätzen zu behan ![]() ![]() | |
c) Außerdem wird bei der Neuregelung zu überlegen sein, ob nicht im Hinblick auf die dargestellte Verfassungsrechtslage auch die Regelung über das Übergangsgeld und über die Altersrente geändert oder ergänzt werden muß (letzteres beispielsweise, wenn zwei Altersversorgungen aus der öffentlichen Kasse zusammentreffen) und ob Übergangsregelungen (beispielsweise zur Angleichung des Rechtsstandes ausgeschiedener Abgeordneter an den neuen Rechtsstand) oder Vorbehalte zugunsten eines erworbenen Rechtsstandes ausgeschiedener Abgeordneter nötig sind.
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V.
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Gemäß § 34 Abs. 4 BVerfGG hat das Saarland, dem die festgestellten Verfassungswidrigkeiten zuzurechnen sind, dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen zu erstatten.
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VI.
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Diese Entscheidung ist mit sechs Stimmen gegen eine Stimme ergangen.
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A. | |
1. Das Urteil unterläßt es, in der Entscheidungsformel festzustellen, welche Vorschrift oder Vorschriften des Grundgesetzes verletzt wurden; nach § 95 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG ist diese Feststellung jedoch in der Entscheidung zu treffen. Mit der so gut wie einheitlichen bisherigen Übung des Gerichts bin ich der Auf ![]() ![]() | |
§ 95 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG ist eine zwingende Vorschrift. Es kann dahingestellt bleiben, inwieweit es im Einzelfall Gründe geben kann, die es untunlich oder entbehrlich erscheinen lassen, die Bezeichnung der verletzten Vorschrift des Grundgesetzes in einer Entscheidungsformel vorzunehmen. (In der bei Leibholz-Rupprecht a.a.O. erwähnten und kritisierten Entscheidung BVerfGE 22, 49 ist diese Angabe in demjenigen - letzten - Teil der Entscheidungsformel unterblieben, in welchem eine Gesetzesbestimmung für nichtig erklärt wurde, nachdem vorher dreimal die verletzten Verfassungsvorschriften bei der Aufhebung von Ur ![]() ![]() | |
§ 95 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG ist keine Formalvorschrift, sondern hat, wie oben dargelegt, gute sachliche Gründe. Das tritt insbesondere hervor, wenn die Unvereinbarkeit von Gesetzen oder anderen Akten - wie es auch in diesem Urteil mehrfach geschieht - aus allgemeinen Verfassungsgrundsätzen abgeleitet wird. Dann muß besonders deutlich gemacht werden, welchen Vorschriften des Grundgesetzes diese Grundsätze zu entnehmen sind; sind sie mehreren Vorschriften zu entnehmen, so hat das Bundesverfassungsgericht gerade dann bisher sorgfältig darauf Wert gelegt, das zum Ausdruck zu bringen ("verstößt gegen Art. ... und Art. ..."; "verstößt gegen Art. ... in Verbindung mit Art. ..."). Der Spielraum des Gesetzgebers im Rahmen des Grundgesetzes, vor allem gegenüber den Grundrechten ist, wie die Rechtsprechung zeigt (es dürfte überflüssig sein, das im einzelnen darzutun), im Bereiche fast jeder einzelnen Vorschrift des Grundgesetzes von jeweils verschiedenen Gesichtspunkten maßgeblich bestimmt. Diesen Spielraum hat das Bundesverfassungsgericht zu bezeichnen, und es hat ihn zu achten; das geschieht eindeutig durch die Feststellung derjenigen Vorschrift des Grundgesetzes, nach der sich dieser Spielraum bemißt, in der Entscheidungsformel. Wird darauf verzichtet, so entsteht nicht nur die Gefahr, daß die gebotene Nähe der Rechtsprechung des Gerichts zur geschriebenen Verfassung nicht hinreichend gewahrt wird. ![]() ![]() | |
Nach meiner Meinung war bei denjenigen Gesetzesbestimmungen, die zu Recht als unvereinbar mit dem Grundgesetz zu erklären waren, ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG festzustellen.
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2. Das Urteil spricht in den Gründen (C IV 6) aus, daß § 13 Abs. 2 und § 14 LTG nicht vereinbar seien, nimmt diesen Ausspruch aber nicht in die Entscheidungsformel auf, weil nach seiner Auffassung (der ich beitrete) § 78 Satz 2 BVerfGG dies nicht zuließ. Nach § 31 Abs. 2 Satz 3 BVerfGG ist, wenn ein Gesetz als mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt wird, die Entscheidungsformel im Bundesgesetzblatt zu veröffentlichen. Daraus ergibt sich, daß das Gesetz einen Ausspruch über die Unvereinbarkeit eines Gesetzes, der nicht in einer Entscheidungsformel enthalten ist, nicht kennt. Dem, was in den Gründen über § 13 Abs. 2 und § 14 LTG ausgeführt ist, kann mithin nur die Bedeutung zukommen, die Erwägungen und Begründungen des Gerichts allgemein zusteht, kann aber keine darüber hinausgehende Rechtswirkung beigemessen werden.
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Auch § 16 Abs. 1 Satz 2 LTG konnte nach § 78 Satz 2 BVerfGG nicht in der Urteilsformel als unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt werden. Der Landesgesetzgeber ist nicht in der Lage, Bestimmungen über die Steuerpflicht von Abgeordnetenbezügen zu erlassen; falls mit § 16 Abs. 1 Satz 2 LTG überhaupt eine solche Bestimmung getroffen werden wollte, ergibt sich ihre Unvereinbarkeit nicht aus Art. 3 Abs. 1 GG, sondern aus anderen Gründen (Art. 72 GG).
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Darauf, ob eine Stellungnahme zu diesen Vorschriften in diesem Verfahren möglich und veranlaßt war, sowie auf die sachliche Begründetheit der in den Urteilsgründen gegebenen Stellungnahmen wird jedoch in diesem Votum noch zurückzukommen sein.
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B. | |
Das Urteil geht davon aus (C II 2 der Begründung), daß der Abgeordnete rechtlich keine Dienste schuldet, daß aus dem Mandat sich kein Anspruch auf Erfüllung dienstlicher Obliegenheiten durch den Abgeordneten ergibt und daß deswegen die Entschädigung auch nicht auf einem "arbeitsrechtlichen" Anspruch des Abgeordneten beruht. (Es kann wohl unterstellt werden, daß damit auch ein werkvertraglich oder ähnlich gestaltetes Rechtsverhältnis, das die Leistung von Diensten und die Vergütung dafür zum Gegenstand hat, abgelehnt wird.) Diese Grunderkenntnis kann in der Tat nicht deutlich genug ausgesprochen und festgehalten werden. Das Grundgesetz sieht nicht nur davon ab, sondern verbietet es geradezu (wegen des "freien Mandats", Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG; der Grundsatz des freien Mandats gilt über Art. 28 Abs. 1 GG für alle Volksvertretungen der Länder, was im übrigen unangefochten ist), irgend jemand in irgendeiner Form einen Rechtsanspruch auf Dienste des Abgeordneten im Parlament zu gewähren. Die selbstverständlichen moralischen und politischen Anforderungen an die Tätigkeit des Abgeordneten bleiben unberührt; sie werden in Art. 38 Abs. 2 Satz 2 GG durch die Erinnerung an die Gewissensbindung des Abgeordneten vorausgesetzt und bekräftigt und am nachdrücklichsten dadurch gewahrt, daß die Wiederwahl des Abgeordneten immer einer neuen Entscheidung seiner Partei und seiner Wähler bedarf.
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Dann verbietet es sich aber auch, die Abgeordnetenentschädigung rechtlich als Entgelt oder Gehalt für Dienste zu qualifizie ![]() ![]() ![]() ![]() | |
C. | |
Aus diesen unklar motivierten Widersprüchlichkeiten der Urteilsbegründung haben sich mehrere Fehlentscheidungen ergeben.
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1. Die Urteilsgründe gehen davon aus, daß die Begriffe der "Alimentierung" und "Vollalimentierung" auch in bezug auf Abgeordnetenentschädigungen anwendbar sind, und halten deswegen sowohl die Entscheidung, daß Art. 48 Abs. 3 Satz 1 GG heute eine Vollalimentierung aus der Staatskasse für alle Abgeordneten vorschreibt (C II 1 der Gründe) für möglich, wie die Entscheidung, daß im Saarland eine Vollalimentierung der Landtagsabgeordneten aus der Staatskasse stattfindet (C I 2 der Gründe). Dem kann nicht gefolgt werden.
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a) Der Begriff der Alimentierung - richtig der "angemessenen Alimentierung", denn ohne diese Ergänzung ist der Begriff nicht sinnvoll anwendbar - gehört zunächst dem Beamtenrecht und denjenigen Dienstrechten (insbesondere des öffentlichen Dienstes) ![]() ![]() | |
Im übrigen bestreitet der Saarländische Landtag die "Vollalimentation" der saarländischen Abgeordneten sowohl der Absicht wie dem Tatbestand nach; auch ist hier nicht weiter darauf einzugehen, ob in der in C I 2 der Urteilsgründe aufgestellten Rechnung einzelne Posten zu Recht oder Unrecht einbezogen worden sind.
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Daß Vertretungskörperschaften, die ihrer Sinngebung nach die repräsentative Betätigung ihrer Mitglieder in freien Berufs- und Erwerbszweigen gerade zur Voraussetzung der Mitgliedschaft machen (wie der Bayerische Senat), bei dieser Fragestellung ganz auszuscheiden sind, darf wohl auch für die Urteilsbegründung unterstellt werden.
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Richtig bedeutet die "angemessene Sicherung der Unabhängigkeit" bei gleichem Wahlrecht und gleichem, freien Zugang zum Mandat heute, daß "Berufspolitiker" im Parlament möglich sein müssen und nicht diskriminiert sein dürfen. Das ist die Absage des Grundgesetzes an das Honoratiorenparlament (während ![]() ![]() | |
2. Das Urteil behandelt (C II 3a der Gründe) die besonderen Vergütungen, die für die Übernahme besonderer Ämter und Funktionen im Parlament ausgeworfen werden, unterschiedslos als Differenzierungen der Abgeordnetenentschädigung - "gestaffelte Diäten" - und folgert daraus, daß sie eine Ausnahme vom Grundsatz der jedem Abgeordneten in gleicher Höhe zustehenden Entschädigung darstellen, für die es zwingender Gründe bedürfe; diese sollen nur für den Parlamentspräsidenten und seine Stellvertreter anerkannt werden. ![]() ![]() | |
Entsprechendes muß gelten, wenn Parlamente Abgeordnete mit besonderen Aufgaben, Reisen usw. beauftragen oder Mitglieder zur Vertretung des Parlaments in andere Gremien entsenden.
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Vernachlässigt man, wie es in der Urteilsbegründung geschieht, die hier zu treffende Unterscheidung, so müßte man folgerichtig dazu kommen, daß auch die Vergütungen für die vom Parlament gewählten Minister usw. von den Normen über die Ab ![]() ![]() | |
3. Die Urteilsbegründung (C IV 6b) sieht in dem Fall, daß ein Abgeordneter Bezüge aus öffentlichen Kassen für eine ihm freigestellte Tätigkeit hat (Minister usw., Hochschullehrer - dazu gehört auch der Bundesbedienstete im Landesparlament), ein Zusammentreffen von zwei Bezügen mit Alimentationscharakter und sieht es als eine mit dem Gleichheitssatz unvereinbare Privilegierung des Abgeordneten an, wenn der Fall "anders als entsprechend den gegenwärtig im Beamtenrecht geregelten Grundsätzen" behandelt wird.
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Richtig ist freilich, daß hier keine Verpflichtung der öffentlichen Hand zur doppelten Aufbringung des angemessenen Lebensunterhalts bestehen kann (ebenda). Wenn unter "angemessenem Lebensunterhalt" eine Vollalimentation verstanden werden soll, so hat weder der Abgeordnete - entgegen den Urteilsgründen - einen Anspruch darauf noch der wegen des Mandats in seinem Dienst freigestellte Bedienstete der öffentlichen Hand (dazu vgl. C IV 2a der Gründe). Wenn aber eine Behandlung des gegenseitigen Anrechnungsverhältnisses zwischen Abgeordnetenentschädigung und anderen Bezügen aus öffentlichen Kassen entsprechend den (jeweils) im Beamtenrecht geregelten Grundsätzen gefordert wird, so wird damit Unvergleichbares in einen Topf geworfen. Art. 3 Abs. 1 GG in der Anwendung auf die Abgeordnetenentschädigung verlangt, daß diese Entschädigung für alle Abgeordneten gleich sein muß, mithin nicht nach bisherigem oder sonstigen Einkommen verschieden bemessen sein darf. Maßgeblich ist also, ob Bezüge aus öffentlichen Kassen wegen der Mandatsübernahme selbst anfallen (wie die Ansprüche aus den Rechtsstellungsgesetzen oder hier aus §§ 6, 9 LTG) und deswegen als Teil der Abgeordnetenentschädigung an ![]() ![]() | |
Die dienstrechtliche Regelung der Fälle, in denen der aus einem Dienstverhältnis zur Dienstleistung Verpflichtete in ein Parlament eintritt und damit, wie im deutschen Parlamentsrecht durchgehend (vgl. Art. 160 WV; Art. 29 Abs. 2 Verf. Bad.-Württ.; Art. 30 Bayer. Verf.; Art. 97 Verf. Bremen; Art. 76 Verf. Hessen; Art. 17 Abs. 2 Verf. Nds.; Art. 46 Abs. 1 Verf. NRW; Art. 96 Abs. 1 Verf. Rhld.-Pf.; Art. 85 Saarl. Verf.; Art. 4 Abs. 2 Verf. Schl.-H.; auch § 17 HambWahlG) bestimmt, zur Sicherung der Unabhängigkeit und des Vorrangs der Mandatswahrnehmung vor allen anderen Verpflichtungen einen Urlaubs- oder Freistellungsanspruch erhält, einschließlich der Anpassung der Dienstbezüge an diesen Tatbestand, ist nicht Gegenstand die ![]() ![]() | |
Im übrigen gibt es nicht einmal im Beamtenrecht allgemeine Grundsätze für Anrechnungs-, Ruhens- und Kürzungsnormen bei Zusammentreffen mehrerer Bezüge (vgl. BVerfGE 32, 157 [166]), geschweige denn im Grundgesetz.
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Es entspricht der in diesem Votum vertretenen Auffassung, daß Ruhegelder usw. für gewesene Abgeordnete, auf welcher Grundlage sie auch gewährt werden, nicht als "Annex der Besoldung des Abgeordneten" angesehen werden können und daß sie nicht Gegenstand dieser Entscheidung sein können.
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4. Die Urteilsgründe bezeichnen es unter C II 2 als verfassungswidrig, wenn eine Abgeordnetenentschädigung zur Bemessung ihrer Höhe in Von-Hundert-Sätzen eines Beamtengehalts ausgedrückt wird.
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Daß eine solche Bemessungsweise, die in Vereinbarungen und Festsetzungen des privaten und öffentlichen Rechts vollkommen ![]() ![]() | |
D. | |
Zu den geprüften Bestimmungen des Landtagsgesetzes im einzelnen:
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2. Ich habe Bedenken dagegen, daß § 5 LTG für verfassungswidrig erklärt wird. Das müßte geschehen, wenn mit der Anordnung, daß der Beamte oder Richter in den Ruhestand tritt, bereits über finanzielle Ansprüche des Betroffenen etwas bestimmt werden sollte. Das kann aber für § 5 Satz 2 LTG nicht gelten, und auch für die anderen Fälle wird die finanzielle Regelung erst in § 6 LTG getroffen, wo auch (§ 6 Abs. 2 Satz 1 LTG) erst ausdrücklich bestimmt wird, daß Ruhegehalt zusteht (allerdings nicht das an sich zustehende Ruhegehalt, sondern eine weitgehend - § 6 Abs. 1, 2 Satz 2 LTG - aufgebesserte Vergütung). Besagt aber § 5 LTG zunächst nicht mehr, als daß der durch § 3 Abs. 1 LTG Betroffene von seinen Amtsgeschäften entfernt wird, so ist das nur der Vollzug der in § 3 Abs. 1 LTG getroffenen, für verfassungsmäßig erkannten Entscheidung. Die Vorschrift dürfte damit in den Bereich der rein dienstrechtlichen Vorschriften der §§ 7,8 LTG gehören, die in der Teilentscheidung vom 21. Januar 1975 zur Prüfung vorbehalten, nunmehr aber ohne besonderen Ausspruch stillschweigend übergangen wurden.
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3. §§ 6, 9 und 13 Abs. 1 LTG sind verfassungswidrig; sie verstoßen gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
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Die Prüfung hat aus Art. 3 Abs. 1 GG sowie aus Art. 48 Abs. 3 GG (C III der Urteilsgründe) zu erfolgen.
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Art. 48 Abs. 3 GG verlangt zwar nicht eine "Vollalimentation", wohl aber gehört zur "angemessenen, die Unabhängigkeit sichernden Entschädigung" bei der heutigen Belastung der Abgeordneten durch die Mandatswahrnehmung in der Regel (in den Stadtstaaten kann das noch anders liegen), mit dieser Entschädigung ein gewisses Einkommen zu gewähren. Das ist auch vom Bundestag so vorgetragen und von vielen Parlamenten, die sich geäußert haben, anerkannt worden. Damit ist der frühere Begriff der "Aufwandsentschädigung" (das Wort wird auch vom ![]() ![]() | |
Insoweit besteht im Ergebnis Übereinstimmung mit C I 1 der Gründe. Es handelt sich hier allerdings - wie zu ergänzen wäre - nicht um eine erst neuerdings nach Erlaß des Grundgesetzes eingetretene Entwicklung, sondern um eine Lage, die im demokratischen Parlamentarismus von jeher angelegt war und mit der das Grundgesetz von vornherein rechnete; das wird eben auch deutlich dadurch, daß Art. 48 Abs. 3 GG nicht mehr von bloßer "Aufwandsentschädigung" spricht.
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Maßstab dafür, was zur Sicherung der Unabhängigkeit erforderlich ist, ist die Beanspruchung des Abgeordneten durch das Mandat und die dadurch bedingte Minderung seiner anderweitigen Berufs- und Erwerbsmöglichkeiten. Diesen Maßstab hat zunächst der jeweils zuständige Gesetzgeber zu finden. Art. 3 Abs. 1 GG - hier in der Ausprägung durch das gleiche passive Wahlrecht und den gleichen, ungehinderten Zugang zur Mandatsausübung - verlangt, daß diese Entschädigung für alle Abgeordneten gleich bemessen wird (Urteilsgründe zu C II 3a). Der Maßstab für die Entschädigung muß also für alle gleich angesetzt und deswegen pauschal ermittelt werden. Wenn - wie ![]() ![]() | |
Dagegen kann nicht zum Maßstab gemacht werden, in welcher Tätigkeit der einzelne Abgeordnete beeinträchtigt ist, und ob das aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen der Fall ist (so auch C II 3a der Urteilsgründe). Es verstößt also gegen Art. 3 Abs. 1 GG, wenn neben einer - ausreichenden oder nicht ausreichenden - allgemeinen Grunddiät weitere Abgeordnetenentschädigungen (C IV 2a und b, C IV 4a der Gründe) ausgeworfen werden, die nach dem bisherigen oder einem für den Einzelfall gedachten Einkommen des Abgeordneten bemessen sind, oder Pauschalen angesetzt werden, die nur Abgeordneten in bestimmter Berufslage zukommen. Erst recht liegt ein Verstoß vor, wenn diese zusätzlichen Entschädigungen untereinander eine so wenig ausgewogene und gerechtfertigte Differenzierung aufweisen, wie das für §§ 6, 9 und 13 Abs. 1 LTG in C IV 2 bis 4 der Gründe dargelegt ist.
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Beamtenrechte können, wie in C IV 2a der Gründe ausgeführt, der gleichheitlichen Bemessung der Abgeordnetenentschädigung nicht entgegenstehen; dies um so weniger, als Art. 137 Abs. 1 GG ausdrücklich gestattet, die Angehörigen des öffentlichen Dienstes für die Übernahme von Mandaten ungünstiger zu stellen als andere Bewerber.
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Den Gründen, warum die verfassungswidrigen Gesetzesbestimmungen nicht für nichtig erklärt werden (C IV 6a des Urteils), ist beizutreten.
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1. In der Teilentscheidung vom 21. Januar 1975 (BVerfGE 38, 326 [335]) ist ausgeführt, daß § 3 Abs. 1 a) und b), §§ 5 bis 9 sowie §§ 13 Abs. 1 Nr. 1 und 3, 14 LTG deswegen in die Prüfung einzubeziehen sind, weil in ihnen Parallelfälle geregelt sind, die mit dem Fall des Beschwerdeführers unter dem Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG zu vergleichen sind. Es bedarf keiner Erörterung, daß das zutrifft für die §§ 3, 6, 9, 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 LTG; sie enthalten mit § 13 Abs. 1 Nr. 4 LTG parallel laufende Regelungen, deren Bestand vor dem Grundgesetz, insbesondere vor Art. 3 Abs. 1 GG, zu prüfen war, bevor über § 13 Abs. 1 Nr. 4 LTG entschieden werden konnte. Das gleiche gilt für § 3 Abs. 1 a) und b) LTG im Verhältnis zu § 3 Abs. 1 c) LTG; diese Vorschriften geben zudem erst die Grundlage ab für §§ 5 bis 9 LTG.
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§ 13 Abs. 2 LTG wird dagegen mit dem Wegfall von § 13 Abs. 1 des Gesetzes ohnehin gegenstandslos. Was die in § 14 LTG behandelten "sonstigen Entschädigungen" anlangt, so ist ihr Bestand für die Beurteilung der in §§ 5 bis 9, 13 LTG geregelten Fälle und deren Verhältnis zueinander, wie sich herausgestellt hat, belanglos. Die Prüfung, ob die in §§ 13 Abs. 2, 14 vorgesehenen Verfahren dem Grundgesetz nach dem Demokratieverständnis des Gerichts entsprechen, war deswegen in diesem Verfahren nicht veranlaßt, nicht einmal möglich. Zu einem Urteilsausspruch konnte sie, wie auch das Urteil besagt, nicht führen. Das Gericht begibt sich aber auf einen gefährlichen Weg, wenn es seinen Entscheidungen Erwägungen und Aussprüche beigibt, auf denen der Entscheidungsspruch selbst nicht beruht, die auch zu seiner Begründung nicht dienlich sind.
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Auch über § 16 Abs. 1 Satz 2 LTG war ein Ausspruch in den Urteilsgründen nicht veranlaßt und nicht möglich. Die Begründung des Urteils stellt bei der Prüfung der §§ 6, 9, 13 Abs. 1 LTG auf ihre Vereinbarkeit mit Art. 3 Abs. 1 und Art. 48 Abs. 3 GG nicht darauf ab, daß die in diesen Vorschriften geregelten Entschädigungen nach der Auffassung des saarländischen Gesetz ![]() ![]() | |
2. In der Sache selbst bin ich folgender Meinung:
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a) Nach dem Urteil (C IV 4c) verstößt das Verfahren nach §§ 13 Abs. 2, 14 LTG gegen das demokratische und rechtsstaatliche Prinzip.
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Ich vermag weder dem Demokratiegebot des Art. 20 GG (hier in Verbindung mit Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG) noch einer sonstigen Bestimmung des Grundgesetzes Vorschriften darüber zu entnehmen, welche Ausführungsregelungen zu seiner Diätenregelung ein Parlament seinen von ihm eingesetzten Organen überläßt oder wie es innerhalb des Parlaments für besondere Funktionen oder Aufgaben anfallende Vergütungen (§ 14 LTG) festsetzt. Weder verlangt das Grundgesetz, daß der gesamte Willensbildungsprozeß bis zum letzten Ergebnis sich "vor den Augen der Öffentlichkeit abspielt" (was auch gar nicht durchführbar ist), noch ist es richtig, daß ein Verfahren, wie es in §§ 13 Abs. 2, 14 LTG vorgesehen ist, das Ergebnis "der Kontrolle der Öffentlichkeit entzieht" und das Vertrauen des Volkes in die Demokratie grundgesetzwidrig unmöglich macht. Es wäre verwunderlich, wenn nicht jeder Interessierte jederzeit erfahren könnte, was nach §§ 13 Abs. 2, 14 LTG festgesetzt worden ist; eine Anfrage beim Landtag dürfte dafür ohnehin der bequemere und sicherere Weg sein im Vergleich zum Studium von Gesetzblättern oder Parlamentsprotokollen. Was hier in der Begründung des Urteils gesagt ist, geht denn doch wohl von einem sehr pauschalen Verständnis des Verhältnisses zwischen Staatsbürger und Parlament ![]() ![]() | |
Was das rechtsstaatliche Prinzip anlangt, so könnte man zu merkwürdigen Ergebnissen kommen, wenn man etwa die Entscheidungsprozesse in der Rechtsprechung unter ähnlichen Gesichtspunkten würdigen wollte.
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Ich kann deswegen auch in der Sache § 13 Abs. 2 und § 14 LTG nicht für verfassungswidrig halten. Ob etwas anderes da zu gelten hätte, wo die Festsetzung der Abgeordnetenentschädigungen durch Gesetz von der Verfassung oder sonst vorgeschrieben ist, kann dahinstehen; im Saarland ist das nicht der Fall.
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b) Zur Frage der Steuerpflicht kann nicht offenbleiben (C IV 5a der Gründe), ob der Landesgesetzgeber, etwa als Abgeordnetenrecht, bestimmen kann, daß gewisse Einkünfte der Abgeordneten steuerfrei sein sollen. Damit wäre dem Landesgesetzgeber die Möglichkeit gegeben, den Abgeordneten als solchen Steuerprivilegien zuzusprechen, was nach C IV 5b der Gründe mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar ist. Nicht nur eine einkommensteuerrechtliche, sondern auch jede andere Regelung, die solche Privilegien einräumt, wäre verfassungswidrig. ![]() ![]() | |
Im übrigen wird zu erwägen sein, daß durch dieses Urteil die Anwendbarkeit des § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG für Abgeordnetenentschädigungen entfällt. Der dort verwandte steuerrechtliche Begriff der Aufwandsentschädigung geht davon aus, daß Aufwand vorliegt, der, wenn keine Steuerfreiheit bestünde, als Werbungskosten geltend gemacht werden könnte; er schließt damit Entschädigungen aus, die ihrem Zweck nach Einkommen gewähren (vgl. Peters-Hermann, Anm. 13a zu § 3 EStG). Das trifft aber für die Abgeordnetenentschädigung zu; dieses Urteil hat festgestellt, daß die Abgeordnetenentschädigung, soweit sie über Unkostenersatz hinausgeht, Einkommen gewährt und nach dem Grundgesetz gewähren soll. ![]() ![]() | |
Damit ist nichts für den Fall gesagt, daß der zuständige Gesetzgeber das Steuerrecht für Vergütungen, die mit der Übernahme öffentlicher Ehrenämter zusammenhängen, allgemein neu ordnen wollte.
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