BVerfGE 113, 154 - Auslieferung IV | |||
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Bearbeitung, zuletzt am 24.03.2022, durch: Dominika Blonski, A. Tschentscher | |||
Beschluss |
des Zweiten Senats vom 6. Juli 2005 |
-- 2 BvR 2259/04 -- |
in dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde des US-amerikanischen Staatsangehörigen M..., alias B..., alias K... -- Bevollmächtigter: Rechtsanwalt Jacob Hösl, Boisseréestraße 3, 50674 Köln -- gegen a) den Beschluss des Oberlandesgerichts Köln vom 18. November 2004 -- Ausl 189/04--28 --, b) den Beschluss des Oberlandesgerichts Köln vom 5. November 2004 -- Ausl 189/04--28 -- und Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. |
Entscheidungsformel: |
Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen. |
Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. |
Gründe: | |
A. | |
Die mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbundene Verfassungsbeschwerde betrifft die Zulässigkeit der Auslieferung zum Zwecke der Strafverfolgung in die Vereinigten Staaten von Amerika, und zwar wegen "schweren Mordes" bei drohender Verurteilung zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe ohne die Möglichkeit einer Strafaussetzung.
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I. | |
1. Der Beschwerdeführer, ein US-amerikanischer Staatsangehöriger, wurde am 7. Juli 2004 festgenommen. Der Festnahme lag ein Haftbefehl des Superior Court für den Justizbezirk Marin County/Kalifornien vom 13. November 1998 in Verbindung mit einer Anklageschrift der Grand Jury vom selben Tag zu Grunde. Hierin wird dem Beschwerdeführer schwerer Mord, Einbruch, Freiheitsberaubung durch Gewalt und Drohung, Angriff mit einer tödlichen Waffe, Angriff mit einer Schusswaffe sowie Grausamkeit gegen ein Kind zur Last gelegt.
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Er soll am 9. Januar 1997 kurz nach Mitternacht mit mindestens drei weiteren Personen auf Grund eines gemeinsamen Tatplanes in eine Wohnung in Marin City/Kalifornien gestürmt sein, in der gerade eine Party stattfand und in der sich mindestens 17 Personen befanden. Der Beschwerdeführer und die anderen Eindringlinge sollen Schusswaffen bei sich geführt und allen Gästen befohlen haben, sich auf den Boden zu legen und nicht mehr zu bewegen. Der Beschwerdeführer soll sodann den Wohnungsinhaber, mit dem er wegen Drogengeschäften im Streit gelegen habe, mit sieben Schüssen getötet haben.
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2. Mit Verbalnote vom 27. August 2004 ersuchten die Vereinigten Staaten unter Vorlage der Auslieferungsunterlagen um Auslieferung des Beschwerdeführers. Neben dem Haftbefehl und der Anklageschrift der Grand Jury wurden schriftliche eidliche Erklärungen einer Staatsanwältin und eines Detective-Sergeant vorgelegt. Danach droht dem Beschwerdeführer im Falle der Verurteilung wegen schweren Mordes eine Verurteilung zu lebenslanger Haft ohne Möglichkeit der vorzeitigen Entlassung. Unter dem 20. September 2004 hat die Regierung der Vereinigten Staaten zugesichert, dass die Todesstrafe bei der Strafverfolgung des Beschwerdeführers nicht beantragt und nicht verhängt werde.
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3. Der Beschwerdeführer erhob Einwendungen gegen die Zulässigkeit der Auslieferung. Er trug unter anderem vor, die den Auslieferungsunterlagen beigefügten eidlichen schriftlichen Erklärungen seien unvollständig; diese gäben die Zeugenaussagen bezüglich des Tatgeschehens unvollständig oder sinnentstellend wieder. Vor diesem Hintergrund stehe zu befürchten, dass dem Beschwerdeführer bei seiner Strafverfolgung in den Vereinigten Staaten unfaire Verfahrensweisen drohten. Die Auslieferung sei ferner unzulässig, weil die drohende Bestrafung im Verhältnis zur begangenen Tat unverhältnismäßig hart sei. Die Zulässigkeit der Auslieferung sei nach den Maßstäben des deutschen Rechts zu prüfen. Nach deutschem Verfassungsrecht müsse ein Verfolgter jedenfalls die Perspektive haben, irgendwann wieder auf freien Fuß gelangen zu können. Dies gebiete nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der Schutz der Menschenwürde. Das US-amerikanische Bestrafungssystem werde im Hinblick auf die hier im Raum stehende lebenslange Freiheitsstrafe ohne Möglichkeit der vorzeitigen Entlassung diesen Anforderungen nicht gerecht.
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4. Mit Beschluss vom 5. November 2004 erklärte das Oberlandesgericht die Auslieferung des Beschwerdeführers in die Vereinigten Staaten zur Verfolgung der in dem Haftbefehl des Marin County Superior Court vom 13. November 1998 aufgeführten Straftaten für zulässig. Die Auslieferungsunterlagen entsprächen den Anforderungen aus dem deutsch-amerikanischen Auslieferungsvertrag. Die beiderseitige Strafbarkeit der Taten sei gegeben. Eine Tatverdachtsprüfung finde regelmäßig nicht statt. Den behaupteten Unstimmigkeiten in den eidesstattlichen Versicherungen messe der Senat keine Bedeutung zu, selbst wenn diese die erhobenen Beweise nicht vollständig wiedergeben würden. Maßgeblich für die Verfolgung sei die Anklageerhebung gemäß der Entscheidung der Grand Jury, die auf der Würdigung aller bis dahin erhobenen Beweise, also auch der in den eidesstattlichen Versicherungen angeblich unzutreffend oder gar nicht dargestellten Beweise beruhe.
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Eine Auslieferung widerspreche auch nicht wesentlichen Grundsätzen der deutschen Rechtsordnung (§ 73 IRG). Die Vereinigten Staaten hätten zugesichert, dass die Todesstrafe nicht beantragt und nicht verhängt werde. Die Möglichkeit, dass gegen den Beschwerdeführer eine lebenslange Freiheitsstrafe ohne Möglichkeit der Strafaussetzung ("imprisonment in the state prison for life without the possibility of parole") verhängt werden könne, mache die Auslieferung nicht unzulässig. Sie verstoße weder gegen völkerrechtliche Mindeststandards noch gegen unabdingbare verfassungsrechtliche Grundsätze der Bundesrepublik Deutschland. Nach einer Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts verstoße eine lebenslange Freiheitsstrafe selbst dann nicht gegen das Gebot zur Achtung der Menschenwürde, wenn diese tatsächlich im Einzelfall bis zum Tod vollzogen werde. Der Verurteilte müsse allerdings zumindest die Chance haben, wieder in die Freiheit gelangen zu können.
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Diese Chance bestehe auch in Kalifornien im Falle einer Verurteilung zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe ohne die Möglichkeit der Strafaussetzung zur Bewährung. Section 4801 Penal Code schließe eine Begnadigung ("pardon") oder Umwandlung der Strafe ("commutation") auch für diesen Fall nicht aus. Die Aussicht, die Freiheit nur im Wege der Begnadigung zurück erlangen zu können, würde allerdings gegen das Rechtsstaatsprinzip verstoßen.
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Diese durch die Erfahrungen der Willkürherrschaft des Nationalsozialismus geprägte, sehr strenge Anwendung des Rechtsstaatsprinzips entspreche aber nicht dem Verständnis vieler anderer Staaten und gehöre auch nicht zu den unabdingbaren verfassungsrechtlichen Grundsätzen unserer öffentlichen Ordnung. Es genüge, dass das Recht des ersuchenden Staates die Möglichkeit der Strafaussetzung oder Begnadigung oder Strafvollzugslockerung mit Freigang kenne und hiervon in der Rechtspraxis Gebrauch mache. In den Vereinigten Staaten werde von der Möglichkeit der rechtlich bestehenden Begnadigung oder Umwandlung der Strafe in der Praxis Gebrauch gemacht. Anhaltspunkte dafür, dass dem Beschwerdeführer in den Vereinigten Staaten ein rechtsstaatswidriges Verfahren drohe, seien nicht gegeben. Konkrete Umstände, die eine solche Annahme rechtfertigen könnten, seien weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
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5. Der Beschwerdeführer erhob daraufhin eine Gegenvorstellung. Er habe mit den dargelegten Unstimmigkeiten in den den Auslieferungsunterlagen beigefügten eidesstattlichen Versicherungen konkrete Anhaltspunkte dafür geliefert, dass ein Einsatz rechtsstaatswidriger Mittel im vorliegenden Verfahren zu befürchten sei. Es bestünden damit auch besondere Umstände, die eine Tatverdachtsprüfung geböten. Im Hinblick auf die Verfassungsmäßigkeit einer lebenslangen Freiheitsstrafe habe das Bundesverfassungsgericht die Möglichkeit des Verurteilten, unter rechtlich geregelten Bedingungen jedenfalls die Chance zu haben, die Freiheit wiederzuerlangen, als Bestandteil der Menschenwürde angesehen. Die "Freiheitschance" sei das Regelprinzip; lediglich im Ausnahmefall sei eine Vollstreckung bis zum Lebensende zulässig. Das US-amerikanische Strafrecht kehre dieses Regel-Ausnahme-Verhältnis um. Die lebenslange Freiheitsstrafe ohne vorzeitige Entlassung sei die Regel, die vorzeitige Entlassung, die nur im Wege der Begnadigung möglich sei, die Ausnahme.
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Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei es gerade nicht ausreichend, wenn die Möglichkeit der vorzeitigen Entlassung lediglich -- wie in den Vereinigten Staaten -- in einem ungeregelten und unbestimmten Begnadigungssystem bestehe. Die Begnadigungspraxis in den Vereinigten Staaten liege weitgehend im freien Ermessen der zuständigen Behörden. Schließlich sei die Chance einer Begnadigung bei einer lebenslangen Freiheitsstrafe ohne die Möglichkeit der vorzeitigen Entlassung gerade dann sehr gering, wenn diese Bestrafung -- wie hier -- als Substitut für die ansonsten zu verhängende Todesstrafe ausgesprochen werde.
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6. Das Oberlandesgericht wies die Gegenvorstellung mit Beschluss vom 18. November 2004 unter Bezugnahme auf seinen vorangegangenen Beschluss zurück. Nach der Überzeugung des Senats gehöre das aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitete verfassungsrechtliche Gebot eines justizförmigen Überprüfungsverfahrens der weiteren Vollstreckung einer lebenslangen Freiheitsstrafe nicht zu den tragenden Grundsätzen unserer Verfassungsordnung, an denen im Auslieferungsverkehr deshalb auch die Rechtsordnung anderer Staaten zu messen sei.
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II. | |
1. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 2 Satz 2 und Art. 19 Abs. 4 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG.
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Ihm drohe die Gefahr unfairer Verfahrensweisen. Diese Gefahr ergebe sich daraus, dass die den Auslieferungsunterlagen beigefügten eidesstattlichen Versicherungen die Angaben der Zeugen teilweise unvollständig und teilweise unrichtig wiedergegeben hätten, somit ein Delikt der eidlichen Falschaussage im Raum stehe.
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Wesentliches Zulässigkeitshindernis sei jedoch die drohende Verurteilung zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe ohne die Möglichkeit der Strafaussetzung. Die Regel bei solchen Bestrafungen sei in den Vereinigten Staaten, dass der Verurteilte in der Haftanstalt sterbe. Lediglich in Ausnahmefällen bestehe die Möglichkeit einer Begnadigung, die allerdings dem freien Ermessen der Strafvollstreckungsbehörde unterliege. Der Grundsatz, dass eine lebenslange Freiheitsstrafe nur dann verfassungsgemäß ist, wenn eine realistische Chance bestehe, zu irgend einem Zeitpunkt wieder die Freiheit zu erlangen, gelte auch im Auslieferungsverfahren. Dieser Bereich der Menschenwürde gehöre zum Kernbereich unserer heutigen Grundrechtsvorstellungen und sei nicht nach Art. 19 GG einschränkbar. Seine Auslieferung begründe die Gefahr, dass die Vollstreckung der lebenslangen Freiheitsstrafe ohne die Möglichkeit der Begnadigung oder einer anderen konkreten Chance, die Freiheit wieder zu erlangen, eben dieses Konstitutionsprinzip des Grundgesetzes verletze.
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2. Das Bundesministerium der Justiz hat namens der Bundesregierung ausgeführt, die Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe ohne die Möglichkeit einer Strafaussetzung zur Bewährung führe nicht zur Verfassungswidrigkeit der Auslieferung des Beschwerdeführers an die Vereinigten Staaten von Amerika. Die nach deutschem Recht gebotene Perspektive, die Freiheit nicht nur im Wege der Begnadigung, sondern auch im Wege eines gerichtlichen Verfahrens wiederzuerlangen, gehöre nicht zu den unabdingbaren verfassungsrechtlichen Grundsätzen. Das kalifornische Strafrecht sehe die Möglichkeit der Begnadigung vor. Art. V, Section 8 (a) der Verfassung des Staates Kalifornien bestimme, dass der Gouverneur eine Aussetzung der Strafvollstreckung, eine Begnadigung oder eine Strafherabsetzung aussprechen könne. Dabei handele es sich keineswegs um eine bloß theoretische Möglichkeit; vielmehr werde -- wie die vom Oberlandesgericht zitierte Statistik belege -- von ihr regelmäßig Gebrauch gemacht.
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3. Auf die Stellungnahme des Bundesministeriums der Justiz hat der Beschwerdeführer ergänzend ausgeführt, nach seiner Auffassung gehe es vorliegend nicht um die mögliche Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe ohne die Möglichkeit der Aussetzung der Strafe zur Bewährung, sondern vielmehr um die in der Rechtsfolge darüber hinausgehende lebenslange Freiheitsstrafe ohne die Möglichkeit der vorzeitigen Entlassung. Die Angabe des Bundesjustizministeriums, dass von der Möglichkeit der Begnadigung regelmäßig Gebrauch gemacht werde, sei nach seinen Informationen unzutreffend. Die Frage der tatsächlichen Rechtsanwendung bzw. der "nicht geregelten" Anwendung der Begnadigungsmöglichkeiten sei indessen vorliegend nicht von Bedeutung, da Prüfungsmaßstab nicht die Empirie, sondern die im ersuchenden Staat vorgefundene Rechtslage sei. Anhand dieses Prüfungsmaßstabs sei die Auslieferung im Hinblick auf die fehlende Möglichkeit, eine vorzeitige Entlassung in einem rechtlich ausgestalteten Verfahren überprüfen zu lassen, unzulässig.
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B. | |
Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist unbegründet.
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I. | |
Das Oberlandesgericht hat in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise von einer Tatverdachtsprüfung gemäß § 10 Abs. 2 IRG abgesehen. Die Rüge des Beschwerdeführers, das Oberlandesgericht habe zu einer Tatverdachtsprüfung Anlass gehabt, weil Unstimmigkeiten in den den Auslieferungsunterlagen beigefügten eidesstattlichen Versicherungen bestünden, vermag einen Verfassungsverstoß nicht zu begründen. Das Oberlandesgericht hat insofern ausgeführt, dass sich der Tatverdacht jedenfalls hinreichend aus der Anklageschrift der Grand Jury ergebe, die nicht auf den eidesstattlichen Versicherungen, sondern auf den im Rahmen des Ermittlungsverfahrens erhobenen Beweisen basiere. Eines Rückgriffs auf die vom Beschwerdeführer beanstandeten eidesstattlichen Versicherungen bedürfe es mithin nicht. Gegen diese nachvollziehbaren Ausführungen hat der Beschwerdeführer im Rahmen der Verfassungsbeschwerde nichts vorgetragen, was einen Verfassungsverstoß belegen könnte.
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II. | |
Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, aus den von ihm genannten Unstimmigkeiten in den eidesstattlichen Versicherungen, die den Verdacht der eidlichen Falschaussage hervorriefen, ergebe sich die Befürchtung, die Vereinigten Staaten würden bei seiner Strafverfolgung unfaire Verfahrensweisen anwenden, sind hierfür hinreichende Anhaltspunkte weder dargetan noch ersichtlich. Es fehlt bereits an einer überprüfbaren Darlegung der Unstimmigkeiten. Unabhängig davon legt der Beschwerdeführer nicht dar, inwieweit unvollständige eidesstattliche Versicherungen den US-amerikanischen Justizbehörden zuzurechnen wären und mithin Einfluss auf die Strafverfolgung haben könnten. Sollte es sich tatsächlich um "fehlerhafte" eidesstattliche Versicherungen handeln, so wären zunächst einmal die Staatsanwältin und der Sergeant hierfür -- auch strafrechtlich -- verantwortlich; dass sich hieraus ein Hinweis darauf herleiten ließe, dem Beschwerdeführer drohe in den Vereinigten Staaten ein unfaires Verfahren, ist eine nicht belegte Behauptung des Beschwerdeführers.
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III. | |
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1. Die deutschen Gerichte sind von Verfassungs wegen gehalten, im Auslieferungsverfahren zu prüfen, ob die Auslieferung und die ihr zu Grunde liegenden Akte mit dem nach Art. 25 GG in der Bundesrepublik verbindlichen völkerrechtlichen Mindeststandard und den unabdingbaren verfassungsrechtlichen Grundsätzen ihrer öffentlichen Ordnung vereinbar sind (vgl. BVerfGE 63, 332 [337 f.]; 75, 1 [19]; 108, 129 [136]).
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Zu den unabdingbaren verfassungsrechtlichen Grundsätzen zählt der Kernbereich des aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitenden Gebots der Verhältnismäßigkeit. Den zuständigen Organen der Bundesrepublik Deutschland ist es danach verwehrt, einen Verfolgten auszuliefern, wenn die Strafe, die ihm im ersuchenden Staat droht, unerträglich hart, mithin unter jedem denkbaren Gesichtspunkt unangemessen erscheint. Tatbestand und Rechtsfolge müssen sachgerecht aufeinander abgestimmt sein (vgl. BVerfGE 50, 205 [214 f.]; 75, 1 [16]; stRspr). Ebenso zählt es wegen Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG zu den unabdingbaren Grundsätzen der deutschen verfassungsrechtlichen Ordnung, dass eine angedrohte oder verhängte Strafe nicht grausam, unmenschlich oder erniedrigend sein darf. Die zuständigen Organe der Bundesrepublik Deutschland sind deshalb gehindert, an der Auslieferung eines Verfolgten mitzuwirken, wenn dieser eine solche Strafe zu gewärtigen oder zu verbüßen hat (vgl. BVerfGE 75, 1 [16 f.]; 108, 129 [136 f.]).
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Anderes gilt hingegen dann, wenn die zu vollstreckende Strafe lediglich als in hohem Maße hart anzusehen ist und bei einer strengen Beurteilung anhand deutschen Verfassungsrechts nicht mehr als angemessen erachtet werden könnte. Das Grundgesetz geht nämlich von der Eingliederung des von ihm verfassten Staates in die Völkerrechtsordnung der Staatengemeinschaft aus (vgl. Präambel, Art. 1 Abs. 2, Art. 9 Abs. 2, Art. 23 bis 26 GG und BVerfGE 111, 307 [317 f.]). Es gebietet damit zugleich, insbesondere im Rechtshilfeverkehr Strukturen und Inhalte fremder Rechtsordnungen und -anschauungen grundsätzlich zu achten (vgl. BVerfGE 75, 1 [16 f.]; 108, 129 [137]), auch wenn sie im Einzelnen nicht mit den deutschen innerstaatlichen Auffassungen übereinstimmen. Soll der in gegenseitigem Interesse bestehende zwischenstaatliche Auslieferungsverkehr erhalten und auch die außenpolitische Handlungsfreiheit der Bundesregierung unangetastet bleiben, so dürfen die Gerichte nur die Verletzung der unabdingbaren Grundsätze der deutschen verfassungsrechtlichen Ordnung als unüberwindbares Hindernis für eine Auslieferung zu Grunde legen.
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2. Dass die Verhängung und der Vollzug einer lebenslangen Freiheitsstrafe ohne die Möglichkeit einer Strafaussetzung zur Bewährung zu den völkerrechtlichen Mindeststandards in Widerspruch stünde, wird vom Beschwerdeführer selbst nicht behauptet und bedarf angesichts der Vielgestaltigkeit der Strafrechtsordnungen und ihrer Sanktionensysteme -- selbst in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union -- keiner näheren Darlegung.
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3. Die Auslieferung bei drohender lebenslanger Freiheitsstrafe ohne die Möglichkeit einer Strafaussetzung zur Bewährung verstößt auch nicht ohne weiteres gegen unabdingbare verfassungsrechtliche Grundsätze der öffentlichen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland. Die lebenslange Freiheitsstrafe ohne die Möglichkeit einer Strafaussetzung stellt als solche keine unerträglich harte oder unmenschliche Strafe dar (a). Auch im Hinblick auf die nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bestehenden verfassungsrechtlichen Anforderungen an den menschenwürdigen Vollzug einer lebenslangen Freiheitsstrafe ist die Auslieferung des Beschwerdeführers trotz der drohenden Strafe zulässig (b).
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a) Als unerträglich hart oder unmenschlich kann die dem Beschwerdeführer in den Vereinigten Staaten drohende lebenslange Freiheitsstrafe ohne die Möglichkeit einer Strafaussetzung angesichts der Schwere der ihm zur Last gelegten Straftaten, zu denen unter anderem ein "schwerer Mord" gehört, nicht angesehen werden.
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Das deutsche Strafrecht sieht in § 211 Abs. 1 StGB als Strafe für einen Mord die lebenslange Freiheitsstrafe vor. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Androhung lebenslanger Freiheitsstrafe für schwerste Tötungsdelikte bestehen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht (vgl. BVerfGE 45, 187 [254]). Die lebenslange Freiheitsstrafe für solche schwersten Rechtsgutsverletzungen ist mit dem verfassungsrechtlichen Gebot des sinn- und maßvollen Strafens grundsätzlich vereinbar (vgl. BVerfGE 45, 187 [254 ff.]; 64, 261 [271]; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 21. Dezember 1994 -- 2 BvR 1697/93 --, NJW 1995, S. 3244, 3245 m.w.N.).
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b) Die Auslieferung des Beschwerdeführers verstößt auch im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Vollziehung einer lebenslangen Freiheitsstrafe nicht gegen unabdingbare verfassungsrechtliche Grundsätze.
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aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gehört es zu den Voraussetzungen eines menschenwürdigen Strafvollzugs, dass dem zu lebenslanger Freiheitsstrafe Verurteilten grundsätzlich eine Chance verbleibt, je wieder der Freiheit teilhaftig zu werden (BVerfGE 45, 187 [229 und Leitsatz 3 Satz 1]). Es wäre mit der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) unvereinbar, wenn der Verurteilte ungeachtet der Entwicklung seiner Persönlichkeit jegliche Hoffnung, seine Freiheit wiederzuerlangen, aufgeben müsste (vgl. BVerfGE 45, 187 [245]). Dies gilt auch im Falle einer Verurteilung zu lebenslanger Freiheitsstrafe unter Feststellung der besonderen Schwere der Schuld, wobei im Einzelfall -- verfassungsrechtlich unbedenklich -- die lebenslange Freiheitsstrafe tatsächlich auch bis zum Lebensende vollstreckt werden kann (vgl. BVerfGE 64, 261 [272]). Fallgestaltungen, die es strikt verwehrten, dem innerlich gewandelten, für die Allgemeinheit ungefährlich gewordenen Gefangenen auch nach sehr langer Strafverbüßung, selbst im hohen Lebensalter, die Wiedergewinnung der Freiheit zu gewähren, und ihn damit auch von vornherein zum Versterben in der Haft verurteilten, sind dem Strafvollzug unter der Herrschaft des Grundgesetzes allerdings grundsätzlich fremd (vgl. BVerfGE, a.a.O.).
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Um diese Aussicht auf Wiedererlangung der Freiheit in einer Weise abzusichern, die rechtsstaatlichen Anforderungen entspricht, genügt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts für den Strafvollzug im Geltungsbereich des Grundgesetzes das Institut der Begnadigung allein nicht. Vielmehr gebietet das Rechtsstaatsprinzip für die Strafvollstreckung in Deutschland eine Entlassungspraxis, die gerichtlicher Kontrolle offen steht. Die Voraussetzungen, unter denen die Vollstreckung einer lebenslangen Freiheitsstrafe ausgesetzt werden kann, und das dabei anzuwendende Verfahren sind gesetzlich zu regeln (vgl. BVerfGE 45, 187 [243 ff. und Leitsatz 3 Satz 2]). Verfahrensrechtliche Einzelheiten, mit denen die praktische Chance auf Wiedererlangung der Freiheit in Deutschland verstärkt und gesichert wird, gehören indes nicht zu den unabdingbaren Grundsätzen der deutschen Verfassungsordnung, die im Auslieferungsverkehr auch vom ersuchenden Staat erfüllt werden müssen. Hier kommt es nur darauf an, dass in einem anderen Rechtssystem jedenfalls eine praktische Chance auf Wiedererlangung der Freiheit besteht.
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bb) Das Oberlandesgericht hat unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ausgeführt, dass der zu lebenslanger Freiheitsstrafe Verurteilte zumindest die Chance haben müsse, wieder die Freiheit erlangen zu können. Dies sei beim Beschwerdeführer der Fall. So liege in Kalifornien auch für ihn im Falle einer Verurteilung zu lebenslanger Freiheitsstrafe ohne die Möglichkeit der Strafaussetzung grundsätzlich eine vorzeitige Entlassung im Rahmen des Möglichen; denn Section 4801 Penal Code schließe eine Begnadigung ("pardon") oder eine Umwandlung der lebenslangen Strafe ("commutation") nicht aus. Soweit das Rechtsstaatsprinzip es im Falle einer Verurteilung zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe und deren Vollstreckung in Deutschland gebiete, eine mögliche Strafaussetzung in einem justizförmigen Verfahren zu überprüfen, handele es sich nicht um einen unabdingbaren Verfassungsgrundsatz, der der Auslieferung des Beschwerdeführers entgegenstehe.
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Diese Ausführungen sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
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(1) Das Oberlandesgericht hat die sich aus Art. 1 Abs. 1 GG ergebenden Anforderungen an einen menschenwürdigen Vollzug einer lebenslangen Freiheitsstrafe erkannt und geprüft, ob für den Beschwerdeführer eine praktische Chance auf Wiedererlangung der Freiheit besteht. Es hat dies bejaht, ohne dass der Beschwerdeführer hiergegen durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken aufzuzeigen vermocht hätte. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Ermittlung des Sachverhalts und die Anwendung des einfachen Rechts Sache der dafür zuständigen Fachgerichte sind. Das Bundesverfassungsgericht prüft dies auch in Auslieferungsfällen insoweit nur am Willkürmaßstab des Art. 3 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 108, 129 [137]). Für einen Verfassungsverstoß nach diesen Maßstäben ist nichts ersichtlich.
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Soweit der Beschwerdeführer darauf hinweist, dass in den Vereinigten Staaten eine Begnadigung oder eine Umwandlung der Strafe im Falle eines zu lebenslanger Freiheitsstrafe ohne die Möglichkeit der Strafaussetzung zur Bewährung Verurteilten die Ausnahme darstellt, der Vollzug der verhängten Strafe bis zum Lebensende demgegenüber die Regel ist, vermag dies keine durchgreifenden Zweifel an der Einschätzung des Oberlandesgerichts zu begründen. Das Oberlandesgericht hat darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer trotz der ihm drohenden Strafe gemäß Section 4801 Penal Code die grundsätzliche Möglichkeit habe, die Freiheit wiederzuerlangen. Section 4801 Buchstabe a) Satz 1 des California Penal Code lautet:
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The Board of Prison Terms may report to the Governor, from time to time, the names of any and all persons imprisoned in any state prison who, in its judgment, ought to have a commutation of sentence or be pardoned and set at liberty on account of good conduct, or unusual term of sentence, or any other cause, including evidence of battered woman syndrome.
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Damit besteht auch für den Beschwerdeführer die Möglichkeit, dass das "Board of Prison Terms" ihn im Laufe der Zeit, etwa wegen guter Führung, für eine Begnadigung oder eine Strafumwandlung vorschlagen wird, wobei die letztendliche Entscheidung über einen solchen Vorschlag beim Gouverneur liegt. Im Ergebnis hat der Beschwerdeführer also eine -- wenn auch gemessen an der deutschen Rechtslage möglicherweise geringere -- Chance darauf, eine gegen ihn verhängte lebenslange Freiheitsstrafe tatsächlich nicht bis zum Lebensende verbüßen zu müssen.
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(2) Der Zulässigkeit der Auslieferung steht nicht entgegen, dass in Kalifornien die Begnadigung oder die Umwandlung der Strafe nicht in einem justizförmigen Verfahren geprüft werden. Das Gebot, fremde Rechtsordnungen und -anschauungen grundsätzlich zu achten (oben B. III. 1.), schließt es aus, die in der deutschen Entwicklung des Rechtsstaats liegende Forderung nach gerichtlicher Entscheidung zum unverzichtbaren Bestand der deutschen öffentlichen Ordnung im Auslieferungsverkehr zu rechnen. Es lässt sich nicht allgemein feststellen, unter welchen tatsächlichen und rechtlichen Bedingungen die Hoffnung des Verurteilten, seine Freiheit wiederzuerlangen, in realistischer Weise erhalten bleibt. Kann diese Hoffnung sich etwa -- wie hier -- auf eine behördliche, in das Rechtssystem eingebettete Gnadenpraxis stützen, besteht kein Anlass, die Auslieferung deshalb zu verweigern, weil es an der nach deutschem Verfassungsrecht gebotenen Justizförmigkeit fehlt.
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Hassemer Jentsch Broß Osterloh Di Fabio Mellinghoff Lübbe-Wolff Gerhardt | |
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