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5P.432/1999/bnm
II. Z I V I L A B T E I L U N G
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13. Januar 2000
Es wirken mit: Bundesrichter Reeb, Präsident der II. Zivilabteilung,
Bundesrichter Raselli, Bundesrichter Merkli und
Gerichtsschreiber Gysel.
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In Sachen
A.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwältin Hannelore Fuchs, Oberer Graben 44, 9000 St. Gallen,
gegen
B.________, Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Adrian Rüesch, Oberer Graben 43, 9000 St. Gallen,
Kantonsgericht St. Gallen (II. Zivilkammer),
betreffend
willkürliche Beweiswürdigung, hat sich ergeben:
Gestützt auf eine Klage des Ehemannes sprach das Bezirksgericht St. Gallen (II. Abteilung) am 14. September 1998 die Scheidung der von B.________, geboren 1923, und A.________, geboren 1935, am 23. April 1960 geschlossenen Ehe aus. Es erkannte ferner, dass keine Frauenrente festgesetzt und B.________ verpflichtet werde, der geschiedenen Ehefrau aus Güterrecht Fr. 3'635'683. 25 zu zahlen. Ausserdem traf das Bezirksgericht eine Regelung für das Nach- und Strafsteuerverfahren und verwies die Aufteilung des Mobiliars in einen separaten Prozess. Die Kosten wurden den Parteien je zur Hälfte auferlegt.
A.________, die sich der Scheidungsklage von Anfang widersetzt hatte, erhob Berufung an das Kantonsgericht mit dem Begehren, die Klage abzuweisen. Mit Anschlussberufung verlangte B.________, die Kosten des erstinstanzlichen VerfahrensseienvollumfänglichA. ________aufzuerlegen.
Am 30. September 1999 wies das Kantonsgericht (II. Zivilkammer) beide Rechtsmittel ab.
Gegen den Entscheid des Kantonsgerichts hat A.________ sowohl staatsrechtliche Beschwerde als auch eidgenössische Berufungerhoben. MitderstaatsrechtlichenBeschwerdeverlangtsie, denangefochtenenEntscheidaufzuheben.
Vernehmlassungen zur Beschwerde sind nicht eingeholt worden.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.- Die Beschwerdeführerin wirft dem Kantonsgericht, das ein im Sinne von Art. 142 Abs. 2 aZGB der Scheidungsklage entgegenstehendes Verschulden des Beschwerdegegners an der Zerrüttung des ehelichen Verhältnisses verneint hat, in verschiedener Hinsicht willkürliche Beweiswürdigung vor.
a) Willkür liegt nach ständiger Rechtsprechung nicht schon dann vor, wenn eine andere Lösung als die beanstandete ebenfalls vertretbar erscheint oder gar vorzuziehen wäre: Das Bundesgericht hebt einen kantonalen Entscheid wegen materieller Rechtsverweigerung bezüglich einer tatsächlichen Feststellung nur dann auf, wenn diese offensichtlich unhaltbar ist, d.h. mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, auf einem offenkundigen Versehen beruht, sich sachlich in keiner Weise rechtfertigen lässt (BGE 120 Ia 31 E. 4b S. 40 mit Hinweisen). Die Aufhebung eines kantonalen Entscheids rechtfertigt sich zudem nur dort, wo nicht nur die Begründung, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist (BGE 124 I 247 E. 5 S. 250 mit Hinweisen).
Eine staatsrechtliche Beschwerde, mit der Willkür geltend gemacht wird, genügt den Begründungsanforderungen von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG nur dann, wenn klar und detailliert dargelegt wird, inwiefern der kantonale Entscheid im erwähnten Sinne qualifiziert unrichtig sein soll (vgl. BGE 123 III 261 E. 4a S. 270; 122 I 70 E. 1c S. 73 mit Hinweisen). Es genügt nicht, bloss den angefochtenen Entscheid zu kritisieren, wie dies in einem kantonalen Appellationsverfahren möglich ist, wo die Rechtsmittelinstanz Beweiswürdigung und Rechtsanwendung frei überprüft (vgl. BGE 117 Ia 10 E. 4b S. 11 f. mit Hinweisen).
b/aa) Eine unhaltbare Verharmlosung erblickt die Beschwerdeführerin darin, dass das Kantonsgericht sich damit begnüge, das Verhalten des Beschwerdegegners mit "kleinlich" und "altmodisch" zu umschreiben. Tatsächlich habe der Beschwerdegegner Macht ausgeübt und sie in seiner Abhängigkeit gehalten; er habe in ihrer unter anderem durch sein Verhalten verursachten Erkrankung keinen Anlass zu einer Veränderung gesehen und sein Finanzgebaren auch dann beibehalten, als sie dringend Mittel zur Unterstützung ihrer Mutter benötigt hätte. Nach den Aussagen der Zeugin Schwester C.________ sei der Beschwerdegegner eine Person, deren Interesse ganz auf das Materielle ausgerichtet sei, das ihm wichtiger sei als seine Frau.
Diese lediglich den eigenen Standpunkt wiedergebenden Ausführungen der Beschwerdeführerin sind rein appellatorischer Natur und entsprechen den dargelegten Begründungsanforderungen nicht. Es ist darauf von vornherein nicht einzutreten.
b/bb) Für willkürlich hält es die Beschwerdeführerin des Weitern, die Ursachen der Zerrüttung einzig in einem biologisch-sozialen Faktum, nämlich in ihrem jugendlichen Alter im Zeitpunkt der Heirat und im grossen Altersunterschied zwischen den Parteien, sehen zu wollen und ausser Acht zu lassen, dass der Beschwerdegegner nicht bereit gewesen sei, den Diskurs für die notwendigen Veränderungen zu führen und Entwicklungen zuzulassen, die für sie von existentieller Bedeutung gewesen seien. Die Beschwerdeführerin anerkennt durchaus, dass die dominante Stellung des Beschwerdegegners in der ersten Phase der Ehe durch den grossen Altersunterschied begünstigt worden ist, und bestreitet die kantonsgerichtliche Feststellung nicht explizit, wonach auch sie mit ihrer bedingungslosen Anpassung ihren Anteil daran zu vertreten habe, dass die Parteien das jahrelang gelebte Lebensmuster nicht mehr zu ändern vermocht hätten. Unter Hinweis auf den von ihr am 18. März 1997 verfassten Lebenslauf macht sie jedoch geltend, der Beschwerdegegner habe sich ihren Bemühungen, die ehelichen Belange partnerschaftlich zu regeln, widersetzt und sich geweigert, seine Vorrangstellung aufzugeben.
Die Ausführungen, mit denen die Beschwerdeführerin die Feststellungen des Kantonsgerichts zum Altersunterschied zwischen den Parteien und zu der während Jahren gelebten Rollenteilung sowie die entsprechenden Qualifizierungen der Zerrüttungsfaktoren als objektiv bzw. subjektiv anficht, sind wiederum bloss appellatorisch. Auch darauf ist demnach nicht einzutreten.
b/cc) Die Beschwerdeführerin bezeichnet es als unhaltbar, in ihrer depressiven Erkrankung einen objektiven Zerrüttungsfaktor zu sehen. Sie wirft dem Kantonsgericht vor, die Krankheit auf einen biologischen Vorgang (Klimakterium) zu reduzieren, obschon zwischen Krankheit und Verschulden (gemeint wohl: Verhalten) des Beschwerdegegners ein eindeutiger Zusammenhang bestehe. Die ohnehin grösstenteils appellatorischen Hinweise auf die eigene Darstellung der Kausalitäten im bereits erwähnten Lebenslauf und auf die Aussagen der Zeugin C.________ lassen indessen die Beurteilung der psychischen Erkrankung der Beschwerdeführerin als objektive Zerrüttungsursache nicht als vollkommen unhaltbar erscheinen. Ebenso wenig verfiel das Kantonsgericht in Willkür, wenn es die Ursache der Krankheit nicht einfach dem Verhalten des Beschwerdegegners zuordnete, wie dies nach Meinung der Beschwerdeführerin "eindeutig" der Fall sein soll. Was die umstrittenen Ursachen der Erkrankung betrifft, ist im Übrigen darauf hinzuweisen, dass nach den unwidersprochenen Feststellungen der kantonalen Berufungsinstanz die Beschwerdeführerin sich ausdrücklich gegen einen Einbezug ihres früheren Arztes und Therapeuten in das Verfahren ausgesprochen hat.
b/dd) Nach Ansicht der Beschwerdeführerin ist das Kantonsgericht ferner dadurch in Willkür verfallen, dass es in der Kinderlosigkeit der Ehe der Parteien ein zerrüttungskausales Element erblickt habe. In ihrer zusammenfassenden Aufzählung der objektiven Zerrüttungsursachen hat die kantonale Berufungsinstanz in der Tat unter anderem die Kinderlosigkeit erwähnt. Deren Wertung als eine hinsichtlich der Zerrüttung nicht einfach unbeachtliche Tatsache erscheint nicht von vornherein als unhaltbar. Den Vorwurf der Willkür zu begründen ist aber auch der appellatorische Hinweis der Beschwerdeführerin nicht geeignet, dass der Beschwerdegegner einerseits erklärt habe, er bedaure, dass die Parteien keine Kinder gehabt hätten, andererseits aber auch ausgesagt habe, sie hätten sich auch nicht dafür entscheiden können, Kinder anzunehmen. Zu bemerken ist ausserdem, dass die Anwältin der Beschwerdeführerin in ihrem Plädoyer vor Kantonsgericht die Kinderlosigkeit als objektiven, die Ehe belastenden Grund speziell hervorgehoben hat.
b/ee) Das Kantonsgericht gelangte zum Schluss, es bestünden keine konkreten Anhaltspunkte für Gewalttätigkeiten des Beschwerdegegners. Auch darin erblickt die Beschwerdeführerin eine willkürliche Feststellung, wozu sie Aussagen von Schwester C.________ und ein Zeugnis von Dr. med. D.________ aus dem Jahre 1995 anruft. Dem Hinweis auf die Aussagen von C.________ ist indessen entgegenzuhalten, dass die Zeugin nach der unwidersprochenen Feststellung des Kantonsgerichts nur indirekt, d.h. durch die Beschwerdeführerin, von Tätlichkeiten erfahren hat. Bei dem von der Beschwerdeführerin als Arztzeugnis bezeichneten Schriftstück handelt es sich sodann um einen (für die Krankenkasse bzw. die Versicherung bestimmten) "Vertreter- und Überweisungsschein", auf welchem Dr. med. D.________ am 28. Juli 1995 bei der Beschwerdeführerin eine "Knieprellung links" diagnostizierte und den Vermerk beifügte: "Wurde von hinten durch Gatten am Hals gepackt und gegen eine Bank gestossen". Bezüglich der Ursache der diagnostizierten Prellung liegt somit ebenfalls ein bloss indirektes Zeugnis vor. Auffallend ist zudem, dass der behauptete Vorfall weder im erstinstanzlichen Urteil noch im Verlaufe des Berufungsverfahrens, sei es in den Rechtsschriften, in den Befragungen oder im Plädoyer, jemals thematisiert wurde. Die Auffassung, die Gewaltanwendung sei unbewiesen geblieben, kann unter den angeführten Umständen jedenfalls nicht als geradezu willkürlich betrachtet werden.
b/ff) Die Beschwerdeführerin wirft dem Kantonsgericht schliesslich vor, es habe in aktenwidriger Weise festgestellt, dass das Verhalten des Beschwerdegegners während ihrer Krankheit von ihr "positiv gewürdigt" worden sei. Der weiteren Feststellung, er habe sich tatsächlich "solidarisch" verhalten, liege zudem willkürliche Beweiswürdigung zu Grunde. Es sei im Gegenteil so gewesen, dass ihre Krankheit den Beschwerdegegner offensichtlich wenig berührt habe.
Das Kantonsgericht hat sich nicht mit den von der Beschwerdeführerin angeführten Worten ausgedrückt. Es hat erklärt, aus der Schilderung der Beschwerdeführerin ergebe sich, dass der Beschwerdegegner sie im entscheidenden Moment ihrer depressiven Erkrankung gerade nicht allein gelassen habe; er habe versucht, nach Möglichkeit zu begreifen, was mit seiner Frau geschah, und habe sich sogar bei einem Facharzt erkundigt, wie er sich ihr gegenüber am besten verhalte; er habe die Probleme der Beschwerdeführerin durchaus ernst genommen. Dem Kantonsgericht ging es bei seinen Ausführungen offensichtlich darum, hervorzuheben, dass der Beschwerdegegner die Beschwerdeführerin im entscheidenden Moment physisch nicht verlassen habe. Es wollte keineswegs zum Ausdruck bringen, der Beschwerdegegner sei der Beschwerdeführerin ein einfühlsamer Partner gewesen, ging es doch selbst auch davon aus, dass er die schwere seelische Erkrankung der Beschwerdeführerin nicht richtig zu deuten und die Krise nicht zu beheben vermocht habe.
Was die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang weiter vorbringt, ist einmal mehr appellatorischer Natur und mithin nicht geeignet, kantonsgerichtliche Feststellungen als geradezu willkürlich erscheinen zu lassen.
2.- Die staatsrechtliche Beschwerde ist nach dem Gesagten abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Die Gerichtsgebühr ist daher der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 OG). Da keine Vernehmlassungen eingeholt worden sind, sind dem Beschwerdegegner keine Kosten erwachsen, so dass die Zusprechung einer Parteientschädigung von vornherein entfällt.
Demnach erkennt das Bundesgericht
im Verfahren nach Art. 36a OG:
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1.- Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000. -- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.- Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht St. Gallen (II. Zivilkammer) schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 13. Januar 2000
Im Namen der II. Zivilabteilung des
SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: