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Original
 
[AZA]
C 350/99 Ge
II. Kammer
Präsident Lustenberger, Bundesrichter Meyer und Ferrari;
Gerichtsschreiber Maillard
Urteil vom 7. Februar 2000
in Sachen
N.________, 1961, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechts-
anwalt B.________,
gegen
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Lagerhaus-
strasse 19, Winterthur, Beschwerdegegner
A.- Mit unangefochten gebliebener Verfügung vom
25. Januar 1995 forderte die Arbeitslosenkasse X.________
vom 1961 geborenen N.________ in der Zeit von 1. Oktober
1993 bis 31. Oktober 1994 zu Unrecht bezogene Arbeits-
losenentschädigung im Betrag von Fr. 16'138.90 zurück. Das
am 6. Dezember 1996 gestellte Erlassgesuch wies das
Kantonale Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit, Abteilung
Arbeitslosenversicherung (KIGA; nunmehr: Amt für Wirtschaft
und Arbeit [nachfolgend: kantonales Amt]), Zürich, mangels
Gutgläubigkeit beim Leistungsbezug mit Verfügung vom
28. August 1997 ab.
B.- N.________liess hiegegen Beschwerde führen und
ersuchte unter anderem um Bewilligung der unentgeltlichen
Verbeiständung, welche das Sozialversicherungsgericht des
Kantons Zürich mit Entscheid vom 3. September 1999 abwies
(Dispositiv-Ziffer 2).
C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt N.________
beantragen, Dispositiv-Ziffer 2 des vorinstanzlichen
Entscheids sei aufzuheben und ihm bis 26. Januar 1999 die
unentgeltliche Verbeiständung zu gewähren.
Das kantonale Gericht verzichtet auf eine Stellungnah-
me zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.- Der kantonale Entscheid über die Verweigerung der
unentgeltlichen Rechtspflege gehört zu den Zwischenverfü-
gungen, die einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil be-
wirken können. Er kann daher selbstständig mit Verwaltungs-
gerichtsbeschwerde beim Eidgenössischen Versicherungsge-
richt angefochten werden (Art. 5 Abs. 2 in Verbindung mit
Art. 45 Abs. 1 und 2 lit. h VwVG sowie Art. 97 Abs. 1 und
128 OG; BGE 100 V 62 Erw. 1, 98 V 115).
Im Beschwerdeverfahren über die Verweigerung der un-
entgeltlichen Rechtspflege durch das kantonale Versiche-
rungsgericht sind keine Versicherungsleistungen streitig,
weshalb das Eidgenössische Versicherungsgericht nur zu prü-
fen hat, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzt hat, ein-
schliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens,
oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich un-
richtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher
Verfahrensbestimmungen festgestellt worden ist (Art. 132 in
Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2
OG; BGE 100 V 62 Erw. 2).
2.- Nach Gesetz und Praxis sind in der Regel die Vor-
aussetzungen für die Bewilligung der unentgeltlichen Pro-
zessführung und Verbeiständung erfüllt, wenn der Prozess
nicht aussichtslos, die Partei bedürftig und die anwalt-
liche Verbeiständung notwendig oder doch geboten ist (BGE
103 V 47, 100 V 62, 98 V 117)
Als aussichtslos sind nach der bundesgerichtlichen
Praxis Prozessbegehren anzusehen, bei denen die Gewinnaus-
sichten beträchtlich geringer sind als die Verlustgefahren
und die deshalb kaum als ernsthaft bezeichnet werden kön-
nen. Dagegen gilt ein Begehren nicht als aussichtslos, wenn
sich Gewinnaussichten und Verlustgefahren ungefähr die
Waage halten oder jene nur wenig geringer sind als diese.
Massgebend ist, ob eine Partei, die über die nötigen finan-
ziellen Mittel verfügt, sich bei vernünftiger Überlegung zu
einem Prozess entschliessen würde; eine Partei soll einen
Prozess, den sie auf eigene Rechnung und Gefahr nicht füh-
ren würde, nicht deshalb anstrengen können, weil er sie
nichts kostet (BGE 125 II 275 Erw. 4b, 124 I 306 Erw. 2c
mit Hinweis).
3.- a) Das kantonale Gericht begründet die Ablehnung
der unentgeltlichen Verbeiständung damit, der Beschwerde-
führer habe die gegen den Schuldspruch des Obergerichtes
des Kantons Zürich vom 12. November 1998 betreffend Wider-
handlung gegen das Arbeitslosenversicherungsgesetz erhobe-
nen Rechtsmittel am 26. Januar 1999 zurückgezogen, weshalb
vorliegende Beschwerde angesichts der rechtskräftigen Ver-
urteilung von vornherein aussichtslos erscheine.
b) Dieser Auffassung kann nicht beigepflichtet werden.
Ob ein Verfahren aussichtslos ist und deshalb ein Gesuch um
unentgeltliche Rechtspflege abgewiesen werden darf, ist
- worauf der Beschwerdeführer zu Recht hinweist - nach
ständiger Rechtsprechung aus der Sicht des Gesuchstellers
zur Zeit, in der er das Gesuch stellt, namentlich aufgrund
der bis dann vorliegenden Akten zu beurteilen. Da der
Anspruch auf unentgeltliche Prozessführung primär das Recht
auf Zugang zum Gericht schützt, müssen die Erfolgsaussich-
ten nach den Verhältnissen zur Zeit der Einreichung des
Gesuchs beurteilt werden (BGE 124 I 307 Erw. 2c, 122 I 6
Erw. 4a je mit Hinweisen). Die Erfolgsaussichten einer
Klage oder eines Rechtsmittels dürfen nur am Anfang des
Verfahrens beurteilt werden, weil sie sich häufig nach Ab-
schluss des Beweisverfahrens klären. Könnte mit dem Ent-
scheid über diesen Punkt zugewartet werden, würde dem Ge-
suchsteller die unentgeltliche Rechtspflege bei erkennbar
gewordenem Verlust des Prozesses unzulässigerweise rück-
wirkend entzogen (SVR 1998 IV Nr. 13 S. 48 Erw. 7b).
c) Der Beschwerdeführer hat sein Gesuch um Gewährung
der unentgeltlichen Verbeiständung zusammen mit der Be-
schwerde am 6. Oktober 1997 bei der Vorinstanz eingereicht.
Zu diesem Zeitpunkt lag zwar bereits das Strafurteil des
Bezirksgerichts Zürich vom 15. Juli 1997 vor, dagegen erhob
er indessen am 9. September 1997 Berufung, welche vom Ober-
gericht am 12. November 1998 abgewiesen wurde. Die kantona-
le und die Nichtigkeitsbeschwerde an den Kassationshof des
Bundesgerichts zog er am 26. Januar 1999 zurück. Zum für
die Beurteilung der Erfolgsaussichten der Beschwerde vom
6. Oktober 1997 allein massgebenden Zeitpunkt der Gesuchs-
einreichung lag noch keine rechtskräftige Verurteilung des
Beschwerdeführers vor. Die Begründung, mit der das kanto-
nale Gericht die Beschwerde als aussichtslos bezeichnet,
und der allein darauf beruhende Entscheid verletzen nach
dem Gesagten Bundesrecht. Die Sache geht daher mangels
anderweitiger Feststellungen, die eine Beurteilung erlaub-
ten, an die Vorinstanz zurück, damit sie die Erfolgsaus-
sichten der Beschwerde im Zeitpunkt der Einreichung des
Gesuches und gegebenenfalls die weiteren Voraussetzungen
für die Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung prüfe
und hernach darüber neu entscheide.
4.- Beim Streit um die unentgeltliche Prozessführung
sind praxisgemäss keine Gerichtskosten zu erheben (SVR 1994
IV Nr. 29 S. 76 Erw. 4). Dem Ausgang des Verfahrens ent-
sprechend steht dem Beschwerdeführer eine Parteientschädi-
gung zu (Art. 159 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 135 OG).
Diese geht zu Lasten des Kantons Zürich, da dem kantonalen
Amt im Verfahren um die Bewilligung oder Verweigerung der
unentgeltlichen Rechtspflege keine Parteistellung zukommt
(Art. 159 Abs. 2 OG; SVR 1994 IV Nr. 29 S. 76 Erw. 4).
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
I.Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne
gutgeheissen, dass Dispositiv-Ziffer 2 des Entscheids
des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom
3. September 1999 aufgehoben und die Sache an die Vor-
instanz zurückgewiesen wird, damit sie im Sinne der
Erwägungen verfahre und über den Anspruch auf unent-
geltliche Verbeiständung für das kantonale Verfahren
neu entscheide.
II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
III. Der Kanton Zürich hat dem Beschwerdeführer für das
Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht
eine Parteientschädigung von Fr. 2500.- (einschliess-
lich Mehrwertsteuer) zu bezahlen.
IV.Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonalen Amt
für Wirtschaft und Arbeit, Zürich, und dem Staats-
sekretariat für Wirtschaft zugestellt.
Luzern, 7. Februar 2000
Im Namen des
Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident
Der Gerichts-
der II. Kammer:
schreiber: